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Ausgabe:

1924 Nr. 19

Spalte:

431

Autor/Hrsg.:

Arper, Karl

Titel/Untertitel:

Evangelisches Kirchenbuch. II. Band: Die Bestattung 1924

Rezensent:

Smend, Julius

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431

Theologische Literaturzeitung 1924 Nr. 19.

432

sie doch nach der nüchternen Wirklichkeit äußeren Kirchenwesens
hin ergänzt. S t ä h 1 i n s Aufsatz über evangelische Liturgie gab
mir viel zu denken; aber er läßt Fragen der letzten Zeit ohne Antwort
. Kostproben evangelischen Denkens und Sinnens bietet das
Heft. Es mag den Tatlesern zeigen, daß sich so gut wie der
katholischen auch der evangelischen Weltanschauung tiefste Probleme
zeigen, — Probleme, die nicht scholastischer Art sind, sondern
Lebensfragen unserer Zeit. Die schriftstellerische Art verstärkt den
Eindruck, daß vom Standpunkt des evangelischen Glaubens sehr
Ernstes zu Gegenwart und Zukunft unseres Geisteslebens zu sagen
ist. Und so wird das Heft seinen Zweck erfüllen. Vielleicht folgen
ihm weitere?

Breslau. M. Schi an.

Arper, D. Karl, und D. Alfred Zill essen: Evangelisches

Kirchenbuch. 2. Band : Die Bestattung. Göttingen : Vandenhocck
& Ruprecht 1Q23. (XVI, 296 S.) 8°.

Diese Fortsetzung des vielbenutzten Kirchenbuches
betrifft nur die Begräbnisfeier. Sie bietet 15 fertige
Entwürfe und daneben zur Wahl 205 Gebete (181 in
Prosaform), 144 ausgesetzte Schriftabschnitte, 177 Dichtungen
und 27 Formeln für die „Einsegnung" (darunter
das Schillersche „Dem dunkeln Schoß der heiigen
Erde"), die aber nicht Segnung der Leiche ist. Bei der .

Berücksichtigung aller erdenklichen Möglichkeiten bleibt ! Einbeziehung in den Unterricht Einspruch erhebe) etwas

Anregung zur Seite stellen. Zwar fehlen auch hier einige
grundsätzliche Ausführungen nicht; aber sie sind
nur einleitend gegeben. Weitaus den größten Teil des
Buchs füllen 58 Skizzen „aus der Werkstatt". Sie sind
geordnet nach den Gruppen: 1. Freie geistige Tätigkeit
, a) Selbständige Problemstellung; b) selbsttätige Veranschaulichung
und Vertiefung, c) geistige Durchdringung
, d) freie Aussprache der Schüler. IL Erlebnismöglichkeiten
, a) Die Kunst der Darbietung und Gestaltung
durch den Lehrer; b) das Nacherzählen und Nachgestalten
der Kleinen; c) das Nach- und Mitschaffen auf
den höheren Stufen; d) das einfühlende Verstehen; e)
Erlebnissteigerungen. III. Tatpädagogik, a) Die Darstellung
auf graphischem, plastischem, dramatischem
Wege; b) Lebenskundliche Auswertung; c) das religiöse
und sozialethische Tun in der Schul- und Lebensgemeinschaft
; d) Gemeinschaftspflege; e) Gebetserziehung
. Dabei ist zugleich Vorsorge getroffen, daß alle
verschiedenen Stoffe des RU.'s berücksichtigt werden,
und ebenso, daß für jede Schulart, für jedes Alter, für
jede Unterrichtsmöglichkeit (auch Konfirmandenunterunterricht
, sogar Sonntagsschule, wobei ich gegen ihre

wohl nichts zu wünschen übrig; auch der Fall ist vor- ! f3oteri wird Nicht weniger als 25 Mitarbeiter haben
bedacht, daß Gebetsgemeinschaft mit den Anwesenden | beigesteuert; darunter sehr bekannte Methodiker (K

ausgeschlossen ist, so daß nur Psalmworte ohne Gebetscharakter
verwendet werden. Der Luthertext ist nicht
selten „berichtigt", häufiger geschickt zurecht geschnitten
(z.B. „Sprich nicht: Der Herr hat mein vergessen"
statt: Zion spricht...). Auf die Kirchenzeiten ist Bedacht
genommen. Der Name Jesus Christus wird, wie
jetzt weithin üblich, nur im Genitiv und Vokativ dekliniert
; in den Liederstrophen dagegen kommen auch die
übrigen Kasus zu ihrem Recht. Befremdlich wirkt unter
den mit viel Freiheit ausgewählten Dichtungen die
brockenhafte Wiedergabe des innigen „Wenn mein
Stündlein vorhanden ist" und das Fehlen des großartigen
„Nun lasset uns den Leib begraben" (Man denke
etwa an Joh. Brahms' wunderbare Komposition des
ganzen Liedes!). Texte für die Ansprachen sind nicht
gegeben worden; sie lassen sich aber mühelos aus den
Schriftabschnitten hervorholen, namentlich aus den (oft
etwas gewaltsam) zusammengesetzten. Das Fehlen jedes
Hinweises auf die musikalische Ausstattung der Feier —
bekanntlich eines der betrüblichsten Kapitel pastoraler
Praxis! — muß man bedauern; die Einleitung hätte in
wenig Zeilen klassisches Material für jede Art von Ausführung
geben können. Zu den Dichtungen möchte ich
noch Folgendes anmerken: In Nr. 60 ist das „mein
Gott" nur beim Singen zu wiederholen; bei den Liedern
„O Welt, ich muß dich lassen" (1555) und „Auf
meinen lieben Gott" (1607) fehlen die sonst beigefügten
Ursprungsangaben; die bekannte Kögeische Dichtung
beginnt „Zions Stille"; das „Was wir bergen" ist von
Ernst Schulze. — Alles in allem wird das Buch sicherlich
viel dankbare Benutzer gefunden haben und ferner
finden. Ich darf auch hier mitteilen, daß meine beiden
Kirchenbücher und meine Handagende in Neuauflagen
unter der Presse sind; sie werden bei Bertelsmann in
Gütersloh erscheinen.

Münster i. W. J. Smend.

Eberhard, Otto: Arbeitsschulmäßiger Religionsunterricht.

Gesammelte Stundenbilder aus pädagogischer Werkstatt. Stuttgart:
J. F. Steinkopf 1924. (XIX, 308 S.) 8°. geb. Gm. 7—.

Der als Schriftsteller auf dem Gebiet des Religionsunterrichts
bekannte Verf. hat in letzter Zeit mit
besonderem Nachdruck den sehr modernen Gedanken
der „Arbeitsschule" aufgegriffen und die Verbindung
zwischen ihm und dem R. U. herzustellen unternommen
(Arbeitsschule, R. U. und Gemeinschaftserziehung, 2. A.
1921; Der Katechismus als pädagogisches Problem im
Lichte des Arbeitsschulgedankens, 1923). Die vorliegende
Sammlung will nun der Theorie die praktische

Eger, H. Matthes, E. Pfennigsdorf, A. Uckeley) und oft
genannte Praktiker (H. v. Lüpke, Agnes Petersen usw.)
So ist ein ungemein reichhaltiges, nach vielen Seiten
hin sehr anregendes Buch entstanden, dessen Benutzung
jedem, der in irgendeiner Form R. U. zu geben hat,
außerordentlich nützlich werden kann. Daß es keine
mehr oder weniger mechanisch zu benützende Vorlage
ist, sondern ganz selbständige Arbeit fordert, gereicht
ihm zum Ruhm. Sachlich ist charakteristisch, daß der
Herausgeber wie sonst so auch hier den Arbeitsschulgedanken
ganz positiv nimmt, daß er ihn aber von jeder
Enge befreit, kräftig ausweitet und vertieft und zugleich
seiner Auswirkung die mannigfaltigsten Wege sichert.
Das Leitmotiv ist die „Erregung der Eigentätigkeit" des
Schülers; aber in dieser Fassung ist jeder Mechanismus
überwunden. Tatsächlich verläuft nur ein kleiner Teil
der Skizzen lediglich in der Form der freien Aussprache
der Kinder; auch bei diesen ist eine Erzählung oder ein
bestimmter Anschauungsstoff (Bild) Voraussetzung. Manche
Skizzen gehen ganz den Weg, daß der Lehrer allein
führt. Natürlich erwecken die neuartigen Versuche besonderes
Interesse. In einer Zeit, in der laut verkündet
wird, daß die alte Katechese gerichtet ist, muß man
mit aller Sorgfalt prüfen, was die neue Methode der
kindlichen freien Selbsttätigkeit zustande bringt. Ich
habe die dafür vornehmlich in Betracht kommenden
Skizzen mit besonderer Aufmerksamkeit geprüft. Das
Ergebnis ist vorläufig für mich dies, daß ich, so gewiß
die Erweckung und Auswertung der Selbsttätigkeit ein
höchst wichtiger Gesichtspunkt ist, so gewiß auch die
völlig freie Aussprache der Kinder zu diesem Zweck ein
wertvolles Hilfsmittel bildet, dennoch eine starke Gefahr
darin sehe, daß den Kindern (und damit oft dem
Zufall) allzu sehr die Führung überlassen wird. Die
Führung muß unter allen Umständen der Lehrer behalten
. Mir scheint, auch einige Skizzen dieses Buchs beweisen
das, vielleicht gegen den Willen der Verfasser.
Im Übrigen mache ich nur noch auf einige Stücke besonderer
Art aufmerksam: Die Sixtinische Madonna; Unsere
Stephanskirche; Die Totenglocke (Empfindungen
einer Klasse beim Läuten der Totenglocke); Ein Gang
über den Friedhof; Mutters Ehrentag. Das Angeführte
mag genügen, um zu zeigen, worin die nicht geringe
Bedeutung des Buches liegt. An E.'s grundsätzliche
Schriften und an diese praktische Arbeit muß sich jetzt
eine hoffentlich lebhafte Erörterung anschließen. Die
Praxis aber muß unbedingt auf die neuen Anregungen
achten.

Breslau. M. Schi an.

Die nächste Nummer der ThLZ erscheint am 4. Oktober 1924.
Beiliegend Nr. 19 des Bibliographischen Beiblattes.

Verantwortlich: Prof. D. E. Hirsch in Göttingen, Nikolausberger Weg 31.
Verlae der J. C. H i n ri c h s'schen Buchhandlung in Leipzig, Blumengasse 2. — Druckerei Bauer in Marhurv.