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Ausgabe:

1924 Nr. 17

Spalte:

383-384

Autor/Hrsg.:

Heiler, Friedrich

Titel/Untertitel:

Das Gebet. Eine religionsgeschichtliche und religionspsychologische Untersuchung. 5. Aufl 1924

Rezensent:

Wobbermin, Georg

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383

Theologische Literaturzeitung 1924 Nr. 17.

384

„panische" gerühmt. Und man wird sich überdem nicht
so ganz klar darüber, ob der Christus oder ob der Buddha
der wahre Erlöser ist. Jedenfalls liegt nicht einfach
im „Asiatentum" die Erlösung. Daß er der Asienschwärmerei
nicht das Wort reden wolle, versichert
der Verfasser ausdrücklich gegen ihm — sehr verständlicher
Weise — zuteilgewordenes Mißverständnis.
Auch der Gedanke leuchtet gelegentlich auf, daß eine
Kultureinstellung möglich sei, die nicht so ganz vom
Leben gelöste Bewußtheit ist, und als ob diese das
Ziel sei. So redet grade das Vorwort dieser neuen Auflage
von einer „neuen Jugend" „auf hellenischen Inseln
", die der Verfasser in die Zukunft schauend grüßt,
als einer, der ihr Vorarbeit getan hat.

Mein Eindruck vom Ganzen ist nicht der klarer
Geschlossenheit — aber das wäre am Ende wohl zu
sehr „Geist" —, sondern vielmehr jener Zerrissenheit,
wie sie dem großen Kulturkritiker einer früheren Epoche
, Rousseau, eignete.

Die sicher überaus ernste Frage, ob wir am Ende
unsre Kultur und unser ganzes Menschentum im Ganzen
des Daseins zu wichtig nehmen, und wieweit uns mehr
als nur grade ein Herantasten an letzte Erkenntnisse
möglich ist, klingt aber doch, ruhiger durchdachte Antwort
heischend, in uns nach, wenn wir dieses Buch bei
Seite legen.

Herrnhut. Th. Steinmann.

Heiler, Friedrich: Das Gebet. Eine religionsgeschichtliche und
religionspsychologische Untersuchung. 5. Aufl. München: Ernst
Reinhardt 1923. (XX, 622 S.) gr. 8°. Gm. 8—; geb. 10—.

Das Hauptwerk Friedrich Heilers, das seinen wissenschaftlichen
Ruf begründet hat, war 1918 in erster,
schon im nächsten Jahre in erweiterter zweiter Auflage
erschienen. Die weiteren Auflagen sind Stereotyp-Ab-
drucke der zweiten, denen nur in einem Nachtrag Ergänzungen
und Berichtigungen hinzugefügt sind. Dieser
Nachtrag hat nun aber in der vorliegenden fünften Auflage
beträchtlichen Umfang angenommen; er umfaßt
die Seiten 566 bis 622.

Die Vorzüge des Heilerschen Werkes sind bekannt
. Sie beruhen auf der umfassenden religionsgeschichtlichen
Materialsammlung einerseits, der Fähigkeit
tiefdringender religionspsychologischer Einfühlung
andrerseits. Über diesen Vorzügen des Buches waren
seine Mängel — die Unausgeglichenheit großer Gedankenreihen
unter einander und der darin begründete
innere Widerspruch der Gesamtposition — zunächst verständlicher
und berechtigter Weise weniger beachtet
worden. Daß zu diesen Mängeln in erster Linie die
Stellungnahme zum Mystikproblem gehöre, hatte in
Übereinstimmung mit manchen anderen Forschern auch
der Unterzeichnete in eingehender Auseinandersetzung
mit Heiler gezeigt.

Gerade auf die Mystik beziehen sich denn auch die
meisten und wichtigsten Zusätze im Nachtrag. Zugleich
verweist Heiler auf seine Darstellung der Mystik in
seinem neueren Werk „Der Katholizismus". Heiler ist
zu einer Revision seiner Auffassung der Mystik besonders
durch den Einfluß der englischen Forscher Friedrich
von Hügel, William Ralph Inge und Mrs. Evelyn
Underhill veranlaßt worden. Er legt jetzt mit Rud.
Otto entscheidendes Gewicht auf die Doppeltendenz der
Mystik, die gleichzeitig zum Personalismus und zum
Impersonalismus führe. Der wahre Gottesumgang müsse
die Polarität von Personalismus und Impersonalismus
umspannen, das Frömmigkeitsleben müsse zwischen dem
trauten „Du" des Betens und dem scheuen „Er" des
Betrachters hin- und herschwingen.

Die Position Heilers hat durch diese Änderung
seiner Ansicht zweifellos an innerer Geschlossenheit,
Klarheit und Sicherheit gegenüber den früheren Aufstellungen
gewonnen. Auch sachlich bedeutet die Änderung
meines Erachtens wenigstens in einer Hinsicht
eine wirkliche Korrektur. Heiler trifft jetzt mit meinen
eigenen Ausführungen darin völlig zusammen, daß die
These, die er von Ritsehl übernommen hatte, alle Mystik
führe in ihrer Konsequenz notwendig zum Pantheismus,
einseitig und deshalb unhaltbar sei. Aber wirklich befriedigend
ist, scheint mir, auch Heilers jetzige Stellungnahme
nicht; sie wird auch dem in der Geschichte vorliegenden
Gesamttatbestand nicht wirklich gerecht. Vielmehr
ist Heiler jetzt der Gefahr erlegen, in entgegengesetzter
Richtung gegen früher in Übertreibung
und Einseitigkeit zu geraten. Seine jetzige
Stellungnahme bedeutet bereits das Überwiegen k a t h o -
lisierender Neigung. Jetzt sollte er von neuem
von Albr. Ritschis gewiß einseitig-schroffer, aber doch
in ihrer Art ein bedeutsames Wahrheitsmoment enthaltender
Auffassung lernen.

Man wird in der Mystikfrage nur dann klar sehen
und scharf urteilen lernen, wenn man von der mystischen
Grundtendenz auf möglichst unmittelbare Berührung
mit der Überwelt den Versuch unterscheidet,
diese unmittelbare Berührung und die von ihr aus zu
erstrebende Gemeinschaft in ein ganz unvermitteltes,
von allen geschichtlichen und ethischen Vermittlungen
freies Verhältnis umzusetzen. Dann wird man auch imstande
sein, in der Polarität von Personalismus und Impersonalismus
, in dem Abwechseln zwischen persona-
Iistischer und impersonalistischer Einstellung nicht
mehr dashöchste Ziel und wahre Ideal des
Gottesumganges zu sehen, sondern bei aller Weite
des religionsgeschichtlichen Blickes sowie bei aller Unbefangenheit
des religionsgeschichtlichen und konfessionellen
Urteils doch den christlich-evangelischen Standpunkt
des „Vater Unser" zu seinem vollen übergreifenden
Recht kommen zu lassen.

Göttingen. Q. Wobbermin.

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Peters, Die Leidensfrage Im Alten Testament. 96 S. Dr. Alfons
Schulz, Erzählungskunst In den Samuel-Büchern. 48 S Dr. Ignaz
Rohr, Das Gebet Im Neuen Testament. 48 S. Dr. Andreas Eberharter
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[Die Beiträge sind auch einzeln zu beziehen.]

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Die nächste Nummer der ThLZ erscheint am 6. September 1924.
Beiliegend Nr. 17 des Bibliographischen Beiblattes.

Verantwortlich: Prof. D. E. Hirsch in Göttingen, Nikolausberger Weg 31.
Verlag der J. C. Hinrichs'schen Buchhandlung in Leipzig, Blumengasse 2. — Druckerei Bauer in Marburg.