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Ausgabe:

1924

Spalte:

17-18

Autor/Hrsg.:

König, Erich

Titel/Untertitel:

Konrad Peutingers Briefwechsel 1924

Rezensent:

Clemen, Otto

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17

18

König, Prof. Dr. Erich: Konrad Peutingers Briefwechsel.
Gesammelt, herausgeg. u. erläutert. München: C. H. Beck 1923.
(XV, 527 S.) gr. 8° ■= Veröffentlichungen der Kommission für
Erforschung d. Geschichte d. Reformation u. Gegenreformation
Humanisten-Briefe [. Band.

H.A. Lier schrieb in seinem Artikel über Peutinger
A. D B. 25, 564: Wir besitzen nicht einmal eine vollständige
Ausgabe seiner ausgebreiteten Privatkorrespondenz
und müssen annehmen, daß eine solche nicht nur
eine Menge bisher übersehener wissenschaftlicher Beziehungen
aufdecken, sondern überhaupt zu den lehrreichsten
der Zeit gehören würde". Diese Annahme wird
durch die vorliegende Ausgabe vollauf bestätigt. Sie gehört
in der Tat „zu den lehrreichsten der Zeit". Der
Band enthält im wesentlichen nur, wie Lier vorgeschlagen
hatte, die „Privatkorrespondenz" Peutingers.
Wir werden also — wie durch die 1914 erschienenen
„Peutingerstudien" König's — hauptsächlich über den
Humanisten P. belehrt. Was Friedrich Roth am
Schlüsse seiner Besprechung dieses Buchs (Zeitschrift
des hist. Vereins für Schwaben und Neuburg 44, 83 ff.)
bemerkte: „Ein Bild des Stadtschreibers steht
noch aus", das gilt auch von der vorliegenden Briefausgabe
. König erklärt ausdrücklich in der Einleitung:
„Ganz außer Betracht bleiben mußten die Briefe, die
Peutinger als Stadtschreiber im Namen des Augsburger
Rates verfaßte oder in dieser Eigenschaft erhalten hat;
sie gehören in eine .Politische Korrespondenz der Reichsstadt
Augsburg'." Aber auch von den Schreiben, die P.
unter seinem eigenen Namen habe ausgehen lassen, habe
er viele, die ein mehr oder weniger amtliches, geschäftsmäßiges
, unpersönliches Gepräge tragen und für die
Biographie und die geisteswissenschaftliche Würdigung
des Mannes belanglos sind, ausgeschieden. Ausnahmslos
aufgenommen habe er alle Briefe von und an P., die
als „humanistisch" bezeichnet werden können, d. h. alle
Briefe, deren Empfänger oder Absender Humanisten
gewesen sind oder doch mit humanistischen Kreisen in
Verbindung gestanden haben, ferner alle Schreiben, in
denen von Wissenschaft u. Kunst die Rede ist. Von den
zahlreichen juristischen und politischen Gutachten an
reichsstädtische Obrigkeiten und Privatpersonen habe er
nur die berücksichtigt, in denen es sich um Dinge von
historischem Interesse handelt und die gleichzeitig des
Verfassers Stellung zu wichtigen Zeitfragen, z. B. zur
Reformation, erkennen lassen. Die Berichte, die P. als
Gesandter Augsburgs auf Reichstagen und Tagungen des
Schwäbischen Bundes dem Rate erstattet, habe er aufgenommen
, soweit sie persönliche Färbung tragen. Endlich
habe er alle diejenigen Briefe von und an P. abgedruckt
, die von seinen engen Beziehungen zur Augsburger
Handelswelt Zeugnis ablegen. Man wird sich
mit dieser Sichtung des Stoffes (die natürlich einen vollkommenen
Überblick voraussetzte) nur durchaus einverstanden
erklären können, zumal wenn man bedenkt, daß
der Band das der „Kommission zur Erforschung der Geschichte
und Gegenreformation" von der „Historischen
Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
" überlassene, von Hermann v. Grauert geleitete
Unternehmen der Humanistenbriefe — er ist zugleich
die 1. Veröffentlichung jener Kommission überhaupt —
eröffnet. Absolut neu sind nur etwa 2/5 der hier vereinigten
Briefe. Trotzdem erhält man den Eindruck einer
ganz frischen Gabe. Erst in ihrer Gesamtheit geben die
Briefe ein Bild von P.s regem, umfassendem Geiste,
seinen mannigfaltigen wissenschaftlichen, meist geschichtlich
antiquarischen und geographischen und künstlerischen
Interessen, dem unermüdlichen Eifer, mit dem
er ihnen nachgegangen ist und anderer Forschungen und
Arbeiten gefördert hat, von seinen religiösen und politischen
Anschauungen. Selbstverständlich wird nicht
alles berührt, z. B. nicht seine Übersetzung der Schrift
Oecolampads von Verteilung des Almosens (Weller,
Suppl. I (3076), Stähelin, Ükolampadbibliographie Nr.
94) oder seine Stellung zu den Wiedertäufern (Hans

Hut). — Was König in den erläuternden Anmerkungen
und den übrigen Beigaben bietet, ist einfach glänzend,
staunenswert der Nachweis der Zitate. Auch die äußere
Ausstattung des Bandes ist vorzüglich.

Zwickau i.S. O. C lernen.

Jordan, Prof. D. Hermann t: Reformation und gelehrte Bildung
in der Markgrafschaft Ansbach-Bayreuth. Eine Vorgeschichte der
Univ. Erlangen. 2. (Schluß-) TL (1556—1742). Nach dem Tode
des Vf. abgeschl. u. hrsg. v. Prof. D. Dr. Christian Bürckstümmcr
Leipzig: A. Deichert 1922. (VI, 157 S.) gr. 8° = Quellen u. Forschungen
z. bayer. Kirchengeschichte. I. Bd. 2. TL Gz. 4—.

Erst seitdem in den letzten Jahrzehnten die Geschichte
der Hohenzollerschen Fürstentümer in Franken
näher erforscht wurde, ist ihre Bedeutung für die Entwicklung
des Protestantismus im deutschen Reiche erkannt
worden. Hat man aber zuerst naturgemäß die
Religionspolitik der Markgrafen ergründet, so wandte
sich Jordan den Auswirkungen der Reformation auf
die gelehrte Bildung und ihrem Ziele, der Errichtung
einer eigenen Universität auch in diesem Gebiete, zu.
Im Jahre 1917 war es ihm vergönnt, einen ersten Band
erscheinen zu lassen, der alle Bestrebungen auf diesem
Gebiet bis zum Ende der vormundschaftlichen Regierung
des Markgrafen Georg Friedrich zusammenfaßte und
eingehend würdigte. Seitdem hatte er unermüdlich weiter
gearbeitet, um die schon in dieser Zeit in Aussicht gefaßten
, und nach vielen vergeblichen Bemühungen endlich
1743 in der Errichtung der Universität Erlangen
doch noch zum Ziele gekommenen Pläne näher aufzuhellen
. Er sollte den Abschluß seines mühsamen Forschens
nicht mehr erleben. 17. Juni 1922 ist er, nachdem
er noch bis in die letzte Zeit an diesem Werke gearbeitet
hatte, schnell verschieden. Freundeshand hat
es möglich gemacht, die bereits weit gediehene Arbeit
doch noch abzuschließen und zum Druck zu bringen.

Die Arbeit zerfällt eigentlich in 4 Teile. Zunächst
zeigt Jordan, wie man unter Markgraf Georg Friedrich
daran ging, das ganze Bildungswesen neuzuordnen
, die als Abschluß gedachte Universität aber nicht
erreichte, sondern mit der Errichtung der Heilsbronner
Fürstenschule (1581) sich begnügen mußte. Einen erneuten
Anlauf nahm man gegen das Ende seiner Regierung
. Wohl wurde das ganze kirchl. Leben auf
eine heute noch gültige Grundlage (Konsistorialordnung
1594) gestellt, aber die Errichtung einer Universität kam
über die ersten Entwürfe nicht hinaus. Die Not des
dreißigjährigen Krieges legte auch hier nahe, alles zu
tun, um wirtschaftlich und sittlich das Land zu heben.
I So tauchen auch in Bayreuth und Ansbach bald wiederum
i derartige Pläne auf. Aber die Bemühungen weitschauender
Persönlichkeiten fanden nicht die Unterstützung beim
Markgrafen und dem Landtag, so daß man schließlich
zufrieden war, wenn die alte Fürstenschule in Kloster
Heilsbronn wieder ins Leben treten konnte. Aber diese
Gedanken ruhten nicht, und nach mehrfachen Notbehelfen
, als welche die Gründung von Ritterakademien
von Erlangen und Bayreuth zu betrachten sind, kam
endlich 1743 die ganze Entwicklung zum rechten Abschluß
.

Es ist zu bedauern, daß Jordan der Abschluß dieses
seines Lieblingswerkes nicht beschieden gewesen ist.
Trefflich hat er gezeigt, wie die großen geistigen Strömungen
auch ihre Wellen in die fränkischen Mark-
graftümer warfen; wer seinen ersten Teil kennt, dem
ists klar, daß es ihm auch nun gelungen wäre aufzuhellen
, wer die Männer waren, die vor allem diese Ideen
aufnahmen, oder deren Handeln, soweit sie sich schon
fassen ließen, noch näher zu ergründen. Die Markgraf-
tümer führten kein Einzelleben, sondern waren auch
ein Glied in der Reihe der ev. Staaten. So scheint jmir die
ganze Bewegung am Beginne der Regierung des Markgrafen
Georg Friedrich nur dann verständlich, wenn
man sie betrachtet als einen Versuch des Generalsuperintendenten
Karg und des Kanzlers Wolf gang von Köteriz