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Ausgabe:

1924 Nr. 14

Spalte:

311-312

Autor/Hrsg.:

Guardini, Romano

Titel/Untertitel:

Vom Sinn der Kirche 1924

Rezensent:

Schian, Martin

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Seite 1

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311

Theologische Literaturzeitung 1924 Nr. 14.

312

Würde bald den zweiten Band des Werkes vorlegen.

Die Studie über Dionysius den Großen von Alexandrien
schließt sich an die Ausgabe von Feltoe an, der
in Cambridge 1904 die Schriften dieses Alexandriners
herausgab. Der Verfasser bespricht seine Jugendentwicklung
, seine hirtenamtliche Tätigkeit, seine Kämpfe
gegen Chiliasmus und Sabellianismus, seine xavovixij
ematoh] an Basilius, seine letzten Briefe und seinen
Tod. Wie weit er die bisherige Forschung bereichert,
kann ich nicht beurteilen. Alle neuere Literatur ist berücksichtigt
.

Für die Gegenwart von besonderem Interesse ist
seine Skizze der Kirchengeschichte von Serbien und Rumänien
bis zur neuen Gestaltung ihrer kirchlichen Verhältnisse
nach dem Weltkrieg. Es ist von besonderem
Wert zu beobachten, wie auch hier ebenso wie in Griechenland
die Verselbständigung der Kirche gegenüber
dem Staat im Wachsen begriffen ist ohne doch ihr
Ziel erreichen zu können. Die kulturelle Minderwertigkeit
eines großen Teils des Klerus ist jedenfalls das
wesentlichste Hindernis für die Möglichkeit einer freien
kirchlichen Verfassung.

Der Aufsatz über die hcagyiai des Patriarchats
von Konstantinopel vom 7. bis 15. Jahrhundert sei hier
nur kurz genannt. Der kleine Aufsatz über den neugriechischen
Kirchenkalender, der den Termin des Osterfestes
der abendländischen Praxis wesentlich annähert,
gibt eine kurze Orientierung über die Hauptfrage, welche
die große Kirchenversammlung der griechisch-orthodoxen
Kirchen im Frühjahr 1923 beschäftigte. Beteiligt
waren die Kirchen des alten Patriarchats, Griechenland
, Serbien, Montenegro, Rumänien und der Erz-
bischof der Griechen in Amerika. Die ausführlichen
Verhandlungen und Beschlüsse dieses griechischen Konzils
, die in dem zuletzt genannten Bande vorliegen,
sind eines der wichtigsten Dokumente der neueren
morgenländischen Kirchengeschichte; sie betreffen in
der Hauptsache die Reform des Kirchenkalenders, aber
auch die Verheiratung und Wiederverheiratung der
Priester und einige kleinere Fragen.

Die hier aufgeführte Literatur übergebe ich der
Universitätsbibliothek in Greifswald, von der sie entliehen
werden können.
Orcifswald. Ed. v. d. Goltz.

Guardini, Romano: Vom Sinn der Kirche. Fünf Vorträge

Mainz: Mattliias-Gninewald-Verlag 1Q22. (VIII, 96 S.) 8».

geb. Qm. 3.90.

Die Vorträge sind anscheinend vor einer breiten
Hörerschaft gehalten; daher sind sie allgemeinverständlich
abgefaßt und begnügen sich, große Leitgedanken
eindrücklich zu machen. Die Themata: Das Erwachen
der Kirche in der Seele; Kirche und Persönlichkeit; der
Weg zum Mensch-Werden; der Weg zur Freiheit; Gemeinschaft
. Die Behandlungsweise ist religiös-philosophisch
; beim Hörer ist der katholische Standpunkt als
selbstverständlich angenommen. Das Nachwort gibt an,
die Vorträge hätten nicht wissenschaftlich erörtern, sondern
die Überzeugung aussprechen wollen, die katholische
Glaubenswelt, die Kirche, sei „nicht eine Möglichkeit
unter anderen, sondern die religiöse Wirklichkeit
schlechthin, das Reich Gottes". Diese Formulierung
ist charakteristisch. Dazu passen Sätze wie diese: Es
ist sinnlos, „zwischen Wirklichkeit und Idee der Kirche
zu unterscheiden" fS. 95). „So viel ist der Mensch
wirklich frei, als er katholisch ist" (S. 73). „Die Kirche
steht vor uns als die große Macht, welche volle Persönlichkeits
-Gemeinschaft ermöglicht" (S. 78). Während
es zwecklos wäre, solchen Ausführungen hier zu widersprechen
, muß doch gesagt werden, daß die Schilderung
der geistigen Einstellung der Gegenwart (S. 6 ff.)
mehrfach zu großen Fragezeichen Anlaß gibt. Daß
wir die „Wirklichkeit als Urtatsache" empfinden, daß
wir „das Konkret-Wirkliche als das Einzig-Gegebene"
nehmen, daß jetzt „Gott selbstverständlich" ist, das und
vieles Andere kann doch sehr ernstlich bestritten werden.
Gießen. M. Schi an.

Mai, Pfarrer Otto: Der Kindergottesdienst auf dem Lande.

seine Notwendigkeit, Einrichtung und Ausgestaltung. (Erweiterter
Abdruck aus der Monatsschrift „Der Kindergottesdienst".) Gütersloh
: C. Bertelsmann 1923. 8°.
Verfasser und Verleger haben sich entschieden ein Verdienst erworben
, wenn sie diesen anregenden Aufsatz einem weiteren Leserkreis
zugänglich gemacht haben. Ich empfehle ihn allen Geistlichen
, besonders denen auf dem Lande. Auch Studenten und Kandidaten
sollten ihn lesen. Die Ausführungen des Verf. zeigen dem praktischen
Theologen wie jeder einzelne Arbeitskreis mit Lust und Liebe
gepflegt zu einem Mittelpunkt eines lebendigen Gemeindelebens
werden kann. Die Ansicht, so etwas lasse sich in Landgemeinden
nicht machen, wird gründlich widerlegt. Alles genau ebenso zu
machen wie der Verf., ist gewiß nicht nötig. Der Verf. begründet
seine Praxis überall auch grundsätzlich. Von diesen Grundsätzen aus
ist die zweckmäßige Anwendung auf die lokalen Verhältnisse zu
finden. Das ist praktische Theologie.

Greifswald. Ed. v. d. Goltz.

J. C. HINRICHS'sdie BUCHHANDLUNG. LEIPZIG
Soeben erschien:

Die althebräischen Inschriften
vom Sinai

und ihre historische Bedeutung.

Von Dr. Daniel Völter

Professor der Theologie in Amsterdam.

56 Seiten, gr. 8°. Gm. 1.80.

Die Entdeckung der althebräischen Inschriften am Sinai
durch Flinders Petrie und ihre Entzifferung, die wir jetzt
vornehmlich der Arbeit von Professor Grimme in Münster
verdanken, darf wohl als ein wissenschaftliches Ereignis
ersten Ranges bezeichnet werden Füliren uns doch diese
Inschriften mitten hinein in die sogenannte mosaische Zeit,
über die wir nun die wichtigsten authentischen Aufschlüsse
empfangen. Die vorliegende Arbeit enthält ein Referat, mit
Hilfe dessen sich jedermann über den Stand der Dinge
orientieren kann. Zugleich aber bringt sie eine Anzahl erläuternder
Ausführungen, besonders aber neue kritische Beiträge
zur Lesung der Inschriften und zur Feststellung ihrer
historischen Bedeutung.

Vom gleichen Verfasser erschien früher:

Die Patriarchen Israels im Licht der
ägyptischen Mythologie.

Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage.
122 Seiten, gr. 8°. 1921. Gm. —.80.

Die nächste Nummer der ThLZ erscheint am 26. Juli 1924.
Beiliegend Nr. 14 des Bibliographischen Beiblattes.

Verantwortlich: Prof. D. E. Hirsch in Göttingen, Nikolausberger Weg 31.
Verlag der J. C. Hinrichs'schen Buchhandlung in Leipzig, Blumengasse 2. — Druckerei Bauer in Marburg.