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Ausgabe:

1924 Nr. 1

Spalte:

297

Autor/Hrsg.:

Sulzberger, Mayer

Titel/Untertitel:

The status of labor in Ancient Israel 1924

Rezensent:

Baumgartner, Walter

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Seite 1

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'297

Theologische Literaturzeitung 1924 Nr. 14.

'298

Tanit, das Antlitz Baals, richte gegen den Geist jenes
Menschen." - In Inschr. 3 lese ich: "2'N4 pN4 TO
"OTSJJ TU »d'e Stein-Stele, die gelobt hat dein
Diener". Wir finden hier zum ersten Male im Phöni-
zischen bezw. Punischen -Q als Suffix der 2. sing. fem.
belegt. — In Inschr. 28 hat Z'lpn 1WH den Sinn
„heilige Statte", womit hier wohl das Allerheiligste im
Tempel gemeint ist. In dem religiösen Terminus hat
sich "HPK in seiner ursprünglichen Bedeutung erhalten,
die auch der Bezeichnung Aschera zu Grunde liegt.
Göttinnen. M. Lidzbarski.

Sulzberger, Mayer, L. I.D.: The Status of labor in Ancient

Israel. Philadelphia: Dropsie College 1923. (128 S.) gr. 8°. $1.50.

Diese Untersuchung eines Juristen will eine Anzahl Termini der
israelitischen Gesellschaft genauer bestimmen: gerim sind die von
den einwandernden Israeliten unterworfenen Einwohner Palästinas, die
/um größeren Teil als tos ab, ger tösäb, ger wstösab in den Dienst
der Eroberer traten, zum kleineren als sokirim (Tagelöhner) lebten.
Die so oft mit dem ger zusammen genannten jätöm und almänä sind
nicht beliebige Waisen und Witwen, sondern die eines verstorbenen
ger. 'ezräh bezeichnet die beim Auszug aus Ägypten sich anschließenden
Nichtisraeliten, die mit der Zeit in Israel aufgingen, 'int, dal,
'ebjön sind Bezeichnungen hebräischer Arbeiter.

Daß die soziologischen und rechtlichen Termini des AT. vielfach
noch genauerer Untersuchung bedürfen, um in ihrer Bedeutung scharf
erfaßt zu werden, steht außer Frage, sodaß eine Arbeit wie die vorliegende
sehr zu begrüßen wäre, wenn nur ihre Ausführung besser
befriedigte. Der Verf. steht der Überlieferung völlig kritiklos gegenüber
(vgl. die naive Nacherzählung der Auszugs- und Einwanderungsberichte
S. 5. 22 ff.) und scheint von der wissenschaftlichen Betrachtungsweise
nichts zu wissen oder nichts wissen zu wollen. Wie
sehr dieser Standpunkt die Ergehnisse bestimmt, zeigen namentlich
die Ausführungen über das bekanntlich nur in jungen Texten (P) vorkommende
räezh (S. 59 ff.) oder die schöne Beweisführung S. 12:
der schlagendste Beweis für die Abneigung der Hebräer gegen die
Sklaverei sei die Tatsache, daß sie bei der Eroberung Kanaans die
Eingebornen nicht zu Sklaven machten. So ist das Buch trotz allen
vom Verf. aufgewendeten Fleißes und trotz der beneidenswert
schönen Ausstattung für uns höchstens in Einzelheiten zu gebrauchen.
Marburg. W. Baumgartner.

Eberharter, Prof. Dr. Andreas: Die soziale und politische
Wirksamkeit des alttestamentlichen Prophetentums. Salzburg
: Kath. Vereinsbuchh. in Kommission 1924. (XII, 159 S.)
gr. 8°. Gm. 2.50.

So oft dieses Thema in den letzten Jahrzehnten
auch behandelt wurde, so lockt es doch immer wieder
zur Bearbeitung, sei es auch nur — wie im vorliegenden
Fall, vgl. Vorwort — um gegenüber den meist unannehmbaren
Ergebnissen der nichtkatholischen 'Forschung
den offenbarungsgläubigen Standpunkt zu vertreten
. Ein erster Teil behandelt die soziale, ein zweiter
die politische Wirksamkeit der Propheten. Die Darstellung
ist im ganzen lebendig und anschaulich. Wenn
der wissenschaftliche Ertrag gering ist, so liegt das an
dreierlei. 1. Ist der Verfasser nicht ganz der so nahe-
liegenden Gefahr entgangen, einfach mit den Propheten j
über die Mißstände zu schelten, statt erst rein sachlich !
nach ihren tieferen Ursachen zu fragen. 2. Soweit sich j
Ansätze dazu finden, sind sie gelähmt durch die völlige
Kritiklosigkeit gegenüber der Oberlieferung; wer immer
noch alte und junge Quellen ganz unterschiedslos zitiert
, die 12 Stämme wirklich von den Söhnen Jakobs !
herstammen läßt (S. 10) usw., kann eben nicht zu einem I
zutreffenden geschichtlichen Bilde kommen. 3. Kommt |
die Schärfe prophetischer Forderung nicht genügend zu
ihrem Rechte. Übertreibende Behauptungen (die Pro- j
pheten Pazifisten und Kommunisten) zu widerlegen, I
konnte dem Verf. ja nicht schwer fallen. Aber treffen |
die Scheltworte eines Arnos und Jesaia wirklich nur |
übertriebenen Luxus, nicht auch wirklichen Kulturfort- j
schritt? Und über die Haltung gegenüber dem Staate
und seiner Politik hätten Worte wie Jes. 7, 9. 30, 15,
Jer. 21, 8—10 belehren sollen — Worte, mit denen
allerdings leider auch die protestantische Wissenschaft

meist nicht genügend Ernst macht (eine rühmliche
Ausnahme stellt neuerdings H. W. Hertzbergs verdienstliche
Studie „Prophet und Gott" 1923 dar).

Marburg. W. Baumgartner.

Tischleder, Priv.-Doz. Dr. P.: Wesen und Stellung der Frau
nach der Lehre des hl. Paulus. Eine ethisch-exegetische Untersuchung
. Münster, Westf.: Aschendorffsche Verlagsbuchh. 1923.
(XV, 235 S.) gr. 8°. = Neutestamentliche Abhandlungen. X. Bd.
3.-4. Heft.

Es ist eine außerordentlich gründliche und sorgfältige
Untersuchung, die uns der Verf. vorlegt. Die
Frage nach der Stellung des Apostels Paulus zu den
Frauen ist ja oft erörtert worden, aber gerade darum ist
es ein Verdienst, wenn der geschichtliche Tatbestand
einmal genau untersucht wird. Es ist zu begrüßen, daß
der kath. Verf. betont, daß „die Briefe des hlg. Paulus
als Gelegenheitsschriften in etwa zeitgeschichtlich bedingt
sind, und daß ihre oft auf ganz besondere lokale
Verhältnisse zugespitzten Entscheidungen darum nicht
ohne Weiteres als für alle Zeiten und Verhältnisse verbindlich
betrachtet werden müssen" (S. 219). So deckt
sich der Verfasser gegenüber den Urteilen der modernen
Frauenbewegung und stellt fest „daß der hlg. Paulus
auch vom christkatholischen Standpunkte aus nicht das
allerletzte Wort zur Frauenfrage gesprochen hat". Das
wird 'freilich eingeschränkt durch den Nachsatz: „das
gilt aber selbstverständlich nur in den Punkten, in denen
die zeitgeschichtliche Bedingtheit einzelner Äußerungen
und Forderungen des hl. Paulus klar erwiesen ist, nicht
aber in den allgemeinen Grundsätzen (wie z. B. bezüglich
der rechtlichen Stellung der Frau in der Kirche), die
der Apostel in der Frauenfrage aufstellt." Nicht mit
Unrecht werden daher die christlichen Frauen zum
Schluß aufgefordert, „in ruhiger und ernstlicher Prüfung
zu fragen, ob sie nicht auch ihm (Paulus) manches vorschnelle
und darum ungerechte Urteil abzubitten haben
". Diese Erwägungen am Schluß des Buchs charakterisieren
die innere Einstellung des Verfassers. Aber
man darf nicht sagen, daß sie die Untersuchung selbst
einseitig beeinflussen.

Der Verfasser will wirklich eine vorurteilslose geschichtliche
Untersuchung bieten, und man wird
anerkennen müssen, daß er alle Einzelfragen gründlich
prüft, so gründlich, daß man ihm oft eine zu breite
Darstellungsweise zum Vorwurf machen könnte. Aber
sollen einmal alle einzelnen Stellen genau auf ihre Tragweite
geprüft werden, so wird man die Ausführlichkeit
gern mit in Kauf nehmen. Am Bedenklichsten sind
seine literarkritischen Voraussetzungen. Er zieht ohne
Unterschied die gesicherten paulinischen Sendschreiben
und die Pastoralbriefe in allen ihren Teilen, ja sogar
den Hebräerbrief (!) als Quellen heran. Da aber das
Schwergewicht doch immer auf dem Römerbrief, vor
allem aber dem ersten Korintherbrief liegt und man nicht
nachweisen kann, daß in diesen Fragen die Pastoralbriefe
wesentlich vom paulinischen Denken abweichen,
so ist der Schaden nicht allzugroß. Wie der Titel des
Buchs schon andeutet, gilt die Untersuchung zwei großen
Hauptfragen: Wie denkt Paulus über „das Wesen
der Frau" und wie über „die Stellung der Frau"?

Der Verfasser unterläßt jede allgemeine kulturgeschichtliche
Untersuchung über die Beurteilung der
Frauen im jüdischen oder im griechisch-römischen Altertum
. Er setzt ein mit der paulinischen r/ooi'-Lehre. Er
stellt fest, daß sie nichts zu tun hat mit dem späteren
gnostischen oder philosophischen Dualismus, daß sie
nur „religiös" und „ethisch" orientiert ist. Er stellt
weiter fest, daß Paulus dem geregelten Geschlechtsleben
nicht feindlich gegenübersteht und daß die Frau auch
als Geschlechtswesen durchaus und ganz religiöse Ebenbürtigkeit
hat und daß auch die Ehe von Paulus nicht
nur als notwendiges Übel, sondern als hohe religiöse
und ethische Lebensform gewürdigt wird. Die unauflösliche
Einehe ist aber die einzig erlaubte Form.