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Ausgabe:

1924

Spalte:

9-10

Autor/Hrsg.:

Hawley, Charles Arthur

Titel/Untertitel:

A Critical Examination of the Peshitta Version of the Book of Ezra 1924

Rezensent:

Rahlfs, Alfred

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Was an Hand der Gottesnamen zunächst vermutet war, suchen
die Verfasser dann zu beweisen, indem sie nach dem Vorgang von
Thackeray den Sprachgebrauch vergleichen. Wenn sich nun die Tatsache
ergibt, daß im ganzen Buch ein Wort auf mannigfache Weise
wiedergegeben wird und in den einzelnen Teilen zwar nicht die
Wiedergabe völlig verschieden ist, aber doch die eine Übersetzung
häufiger angewandt wird als die andere, so ist es doch wohl etwas
gewagt, hierauf die Annahme verschiedener Übersetzer zu gründen. Oft
auch enthalten die mitgeteilten Listen Wörter, die überhaupt selten
sind oder doch in dem betreffenden Buch nur selten vorkommen; ihre
Bedeutung scheint zum Teil aus dem Zusammenhang erschlossen zu
sein. Auch kann man sich nicht wundern, wenn an weit voneinander
entfernten Stellen für das gleiche hebräische Wort in der Übersetzung
verschiedene Wörter von gleicher Bedeutung gebraucht werden. Nicht
selten lassen sich für die Wortwahl gewisse Gründe geltend machen,
die nicht nur durch den Wechsel im Ausdruck bedingt sind. Schließlich
muß auch dem Zufall gebührend Rechnung getragen werden. Jedenfalls
ist es undenkbar, daß ein Übersetzer stets das gleiche Wort seiner
Sprache für das gleiche Wort der Vorlage gebraucht. Wenn sich auch
Aquila bemüht hat, in solcher Weise zu übersetzen, so darf man doch
nicht den gleichen Maßstab an die Septuaginta legen; vielmehr wechseln
hier die Übersetzer oft willkürlich im Ausdruck. Man kann daher nicht
einmal an Stellen, wo verschiedene Lesarten vorliegen, die Entscheidung
dadurch treffen, daß man den Ausdruck aufnimmt, der sonst ausschließlich
oder überwiegend gebraucht wird. Bedenklich ist es auch,
wenn die Verfasser gelegentlich den bei Swete abgedruckten B-Text
einfach als den echten (sogar orthographisch richtigen) LXX-Tcxt ansehen
.

Die Methode, das Vorhandensein mehrerer Übersetzer
bei einzelnen Büchern zu erweisen, muß unter
solchen Umständen abgelehnt werden. Damit sind die
angenommenen Ergebnisse ohne weiteres in Frage gestellt
. Was für die Annahme verschiedener Übersetzer
entscheidend wäre, ist vor allem der Stil. Hierauf erstrecken
sich die Untersuchungen jedoch nicht; es würde
auch schwerlich etwas dabei herausgekommen sein.

Was die Entstehung der Septuaginta zu den Propheten
und zum Pentateuch betrifft, so mag es sehr
reizvoll sein, jene bekannte Legende auf ihren geschichtlichen
Kern zu untersuchen. Mit grobem Scharfsinn hat
sich Herrmann dieser Aufgabe unterzogen. Aber wenn
man die vorangehenden Untersuchungen zu den einzelnen
Büchern und die angewandte Methode in Zweifel zieht,
so wird man auch den neuen Ergebnissen über Entstehung
der LXX ein gewisses Mißtrauen entgegenbringen
. Vielleicht kann man hier über Vermutungen
überhaupt nicht weit hinauskommen, da der Möglichkeiten
gar zu viele sind. Natürlich hindert nichts anzunehmen
, daß die LXX oder Teile von ihr auf eine
Kommission von Gelehrten in Alexandria zurückgeht,
aber für die Übersetzung eines jeden Buches eine mechanische
Zweiteilung anzunehmen, ist durch den vorliegenden
Tatbestand nicht gerechtfertigt. Wichtiger als die
Frage nach dem, was wir, wenigstens zur Zeit noch, nicht
wissen können, scheint mir die Kenntnis von der Entwicklung
unseres gegenwärtigen Septuaginta-Textes zu
sein, um von hier aus vielleicht einmal in das unbekannte
Land vorzudringen.

Oöttlngen. E. Gr oß c - Br a uckin a ii n.

Ha wl e y , < Iharle« Arthur, S. T. M.: A Critical Examlnation of the
Peshitta Version of the Book of Ezra. New York: Columbia
Univcrsity Press ig22. (69 S.) 8° = Contributions to oriental
Iiistory and philology Nr. VII.

Diese Schrift eines Schülers von Julius A. Bewer
bildet eine Ergänzung zu Bewers „Text des Buches
Ezra" (Forschungen zur Rel. u. Lit. des A. u. N. T.,
N. F. 14, Gött. 1922). Wie Bewer die Septuaginta, so
untersucht Hawley die Peschita. Auch die Anlage beider
Arbeiten ist dieselbe: sie bestehen aus einem eingehenden
textkritischen Kommentar und einer Einleitung, welche
allgemeine Fragen behandelt und die Forschungsergebnisse
zusammenfaßt. Besonders interessant ist die Feststellung
, daß wie die Septuaginta (Bewer S. 2 f.) auch
die Peschita viele alte Schreibfehler, besonders in Eigennamen
, aufweist, die durch Verwechselung ähnlicher
Buchstaben entstanden sind. Allerdings schießt H. hierbei
mehrmals über das Ziel hinaus. Wenn er z. B. das

in 1, 8 überlieferte Mhdrt in Mtrdt =-- tYTiniD
korrigiert, so hat er zwar darin recht, daß r und d hier
vertauscht sind; aber h ist kein Schreibfehler für t,
sondern ganz richtig: der Übersetzer hat den Namen
Mithridates hier nicht mechanisch aus dem Hebr. transkribiert
, sondern in der Form geboten, die er aus dem
Leben kannte, vgl. Mihrdät bei Payne Smith col. 2028
als Namen von Abgars Schwiegervater; Mihr heißt
Mithra auch im Armen., es ist eine dialektische Nebenform
von Mithra. Ebenso steht es mit dem L'z/r ohne

anlautendes Aleph für ~|T)/?N 10,25, welches durch
das "ITy? der Mischna und das neutest. JaCagog als Form
der lebendigen Sprache erwiesen wird. Ganz verfehlt ist
die Verbesserung von mnjn' 2, 2 in Mspr = "EDD (S. 8);
hier liegt, wie H. selbst S. 23 bemerkt, eine andere Auffassung
des hebr. Textes vor: der Übersetzer faßte "EDS
nicht als Eigennamen, sondern als „Zahl", was es sonst
immer bedeutet; es wäre doch ein zu sonderbarer Zufall
, wenn aus ursprünglichem Mspr gerade mii/n'
geworden wäre, das sich als Übersetzung von "EDS sofort
erklärt, aber mit Mspr gar keine Ähnlichkeit hat. Aber
trotz solcher Versehen empfehle ich die Liste der durch
Buchstabenverwechselungen entstandenen syrischen Lesarten
S. 8—10 zu besonderer Beachtung.

Göttingen. A. Rahlfs.

Krau ss, Samuel: Synagogale Altertümer. Mit 4 Bildern im Text
und 22 Tafeln. Berlin: Benjamin Harz 1922. (VIII, 470 S.) 8°.

Der Verf. einer umfassenden „Talmud. Archäologie"
(1910—12), welche den sakralen und gesetzlichen Stoff
außer Betracht läßt, behandelt jetzt als „Synagogale
Altertümer" alles, was mit Name, Organisation, Ort, Gestalt
, Einrichtung und Rechtsstellung der Synagoge zusammenhängt
unter Ausschluß des Gottesdienstes, der
nur gelegentlich gestreift wird. Diesmal werden von
ihm nicht nur die Resultate von Untersuchungen beschreibend
vorgeführt, sondern die Untersuchungen selbst
mit Beurteilung der Anschauungen anderer wollen den
Leser zu der schließlich vorgetragenen Ansicht des Verf.
führen. Neben der jüdischen Literatur und dem Neuen
Testament dienen die bisherigen Untersuchungen antiker
Synagogen als Material, sodaß fast alles Hiehergehörende
herangezogen ist. Das Buch fordert deshalb,

j nicht nur wegen seiner neutestamentlichen Beziehungen,
sondern auch wegen des geschichtlichen Zusammenhangs
von Synagoge und Kirche, bei Theologen sorg-

: same Beachtung.

Die> Bezeichnung ouvaywyrj gilt Krauss als dem
christl. btxkMkt gleichbedeutend, das letztere sei nur
• gewählt worden, um die neue Größe von der älteren zu
unterscheiden. Die von der rabbin. und hellenist. Tradition
angenommene Entstehung des synagogalen Gottesdienstes
„in den frühesten Zeiten" lehnt Kr. ab. Warum
er wohl die ausdrückliche Behauptung der mosaischen
Urheberschaft (j.Meg. 78 a, Soph. X 1, vgl. Bloch, Sepher
Schaare Torath ha-Takkanoth I 6ff., Jos. c. Ap. II 17)
dabei unerwähnt läßt? Wichtig ist ihm, daß die Rabbinen
durch ihr Recht der Bamoth in tempelloser Zeit von dem
Gebot der Einheit der Opferstätte (5. M. 12) eine „freisinnige
und echt historische Ansicht" bekundeten, weil
er an die Bamoth dann die Jahvetempel außerhalb Palästinas
anknüpft, mit denen die Synagogen in ursächlichem
Zusammenhang stehen sollen. Er betont, daß
ein Tannait (b. Meg. 10 a) die Rechtmäßigkeit des
Oniastempels auf dieser Basis konstatiert habe, verschweigt
aber, daß dieser selbst dies nachträglich leugnete
, offenbar, weil die allgemeine Tradition irgendwelcher
Geltung von Bamoth seit der Erbauung des
Tempels von Jerusalem nicht günstig war. Aus äußeren
und inneren Gründen sei der Opferdienst allmählich aus
den außerpalästinischen Tempeln verschwunden, und so
seien sie zu den Synagogen geworden, die dann auch
nach Palästina einwanderten (S. 88). Dem Tempel von