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Ausgabe:

1924 Nr. 12

Spalte:

249-251

Autor/Hrsg.:

Mingana, A.

Titel/Untertitel:

‘Ali Tabari. The Book of Religion and Empire 1924

Rezensent:

Horst, Friedrich

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Theologische Literaturzeitung 1924 Nr. 12.

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Setzung; S. 33—45) hält die zweite Apologie für eine Fortsetzung
der ersten und glaubt, daß sie nicht vor 161 verfaßt sei als Antwort
des Christentums auf die Thronbesteigung Mark Aurels, mit dem die
Philosophie der Stoa aufs neue die Aufmerksamkeit auf sich lenkte.
— Ein „Bulletin" von Condamin (S. 62—77) gibt einen fesselnden
Oberblick über die neuesten Forschungen auf dem Gebiet der Assyrio-
logie und Hethitologie, im Anschluß an wichtige Neuerscheinungen,
die auch über das engste Gebiet der Fachgenossen hinaus Interesse
verdienen. Dasselbe gilt entsprechend für Huby (S. 78—64), der
in der Hauptsache die Forschungen über die synoptische Frage, und
d'Ales (S. 165—190), der die kirchengeschichtlichen Studien behandelt
.

Berlin-Schlachtensee. Huß° Greßmann.

Mingana, A., D. D.: 'Ali Tabari. The Book of Religion and
Empire. A semi-official defence and exposition of Isläm written
by order at the court and with the assistance of the Calipb
Mutawakkil. (A. D. 847—861.) Manchester: University Press 1922.
(XXIV, 174 S.) 8°. 10 s. 6 d.

Ders.: The Book of Rel. and Empire usw. Arabic Text
edlted. Manchester: Univ. Press 1923. (144 S.) 8°. 5 s.

Der Herausgeber und Übersetzer dieses kitäb ud-
din wa'd-daula, A. Mingana, sagt mit Recht von diesem
Buch: The work is likely to throw great light on the
religious tendencies of Muhammadanism at the time of
its greatest expansion and orthodoxy. Auch ist diese
Apologie des Islam die älteste, die uns bisher bekannt
ist; sie stammt aus der Zeit des Kalifen Mutawakkil
(847—61) und dürfte wohl um das Jahr 855 verfaßt
worden sein. Geschrieben hat sie ein Mann Namens Ali
ibn Rabban (sie!) aus Tabaristan, der außer dem hier
edierten Werk noch ein weiteres ähnlicher Art geschrieben
hat, ein Radd alä asnäj in-nasärä, das im
kitäb ud-dtn wa'd-daula zweimal erwähnt wird, sonst
aber uns unbekannt ist. Im übrigen war Ali Tabari ein
sehr fruchtbarer medizinischer Schriftsteller.

Was die hier edierte Apologie wichtig und interessant
macht, ist der Umstand, daß sie von einem Konvertiten
verfaßt ist. Ali Tab. war nämlich zuerst (nesto-
rianischer) Christ und als solcher kätib des Fürsten
MAzjär; später kam er in gleicher Stellung an den
Kalifenhof, nachdem er inzwischen zum Islam übergetreten
war. Seine christliche Herkunft verrät sich dementsprechend
auch in seinem Buch. Er kennt die damaligen
christlichen Einwände gegen den Islam genau
und weiß ihnen darum umso geschickter zu begegnen
(für uns natürlich in einer meist recht wunderlichen
Weise). Er kennt die Christi. Polemik gegen Juden,
Manichäer und Magier (von letzteren gibt er eine kurze
und interessante Schilderung), sie erscheint jetzt zugunsten
des Islam ausgenutzt. Er kennt vor allem das
Christentum seiner Zeit und seiner Gegend. So zitiert er
S. 14 (Text) wörtlich einen Satz aus dem Nicänum; so
veranlaßten ihn das asketische Schrifttum seiner Kirche
und die hierdurch genährten Frömmigkeitsmomente, nun
seinerseits die islamischen Vorbilder der Tugend und Bedürfnislosigkeit
zu preisen, ja selbst einen Mann wie
Mutawakkil hier unterzubringen. Vor allem weiß er mit
der Bibel Bescheid, aus der er die Stellen genau in der
syrischen Anordnung der einzelnen Bücher bringt (z. B.
Dodekaproph. zwischen Jes. und Jer.!). Seine Zitate gibt
er übrigens mit Angabe der Kapitelzahlen, wobei die
Kap. den dreifachen Umfang der untern aufweisen. Er
kennt 152 Psalmen, wie das nestorianische Breviarium
Chaldaicum. Auch kann er nicht unbeeinflußt gewesen
sein von der exegetischen Literatur seiner Zeit, deren
Übergang von den älteren Traditionen zu stärkeren
Allegorisierungen uns damals gerade in Isö'däd gekennzeichnet
ist. Eine Reihe von Bibelstellen, z. B. solche,
die mit mitlu eingeführt ein Plus gegenüber sonstigen
Textformen aufweisen, u. ä. Ersch. lassen sich wohl am
besten als aus einem Kommentar zitiert verstehen (man
vergl. etwa den Text von Jes. 35,2 b und beachte die
verwandte Bemerkung des Hieron. z. d. St.). Auch die
dreimal bezeugte Kenntnis von Versionslesarten dürfte

wohl nur aus solcher Komm.-Quelle stammen, denn
Hebr. u. Griech. waren dem Verf. unverständlich. In
diesen Fällen ist dabei nur die G-Lesart richtig wiedergegeben
, die „hebräischen" dagegen entsprechen jedenfalls
nicht dem mas. Text. In Jes. 9, 6 sollen nämlich
die „hebr. Schriften" ein 'alämat an-nabuwati haben, tatsächlich
aber hat hier MT mit Syr übereinstimmend
ein Wort in der Bedeutung „Herrschaft". Das Targ.

liest zwar hier „er nahm das Gesetz auf sich mtD^ÖT1,
um es zu erfüllen" und Aq hat hier sogar to uiroov, wie
genau auch Syr-hex (Field) mesuhtä hat. Nur diese
Lesart könnte m. A. von einem syr. Interpreten irgendwie
als „Messianität" verstanden und dabei als hebräisch
ausgegeben worden sein. Targ.-Beziehung liegt
deutlich in der andern für „hebr." beanspruchten Stelle
Jes. 24,16—18 vor; denn das für „Muhammad" erforderliche
Derivat von sbh weist an dieser Stelle allein
das Targ. auf. Im einzelnen zeigt aber auch hier der
weitere Text, daß die Kenntnis der Variante nicht einer
direkten Bekanntschaft mit dem Targ. entstammen kann,
sondern durch irgendein Komm.-Werk vermittelt gewesen
sein muß. Für weitere Beziehungen zum Targ.
vergl. man z. B. die Wiedergabe von Jes. 49,8 u. 60, 1.
Ali's Bibeltext selbst geht auf das Syrische zurück. Das
beweisen die syr. Textformen mancher Stellen und vor
allem manche innersyr. Fehler in der arab. Wiedergabe
bei Ali. So sind z. B. die „starken Mauern" in Jes.
2, 11 ff. zu „Bergen" geworden, d. h. mrw.>tür<hnlam
tastakür Jes. 9, 2 ff. ist syr. Iah zu lau verlesen u. dergl.
Immerhin war dieser syr. Text, wie das viele Stellen
zeigen, kein reiner Pesitä-Text, so sehr er ihr auch im
einzelnen nahestand (auch Ali Tab. würde damit zeigen,
daß es mit der Alleinherrschaft der Pesitä in der syr.
Kirche nicht so stand, wie man das öfter annimmt). Ali

| Tab. selbst gibt diesen Text für den eines gewissen

j Markos aus. Dazu bringt Mingana in s. Einl. (S. XX)
aus der noch unedierten Gannal Bussame die Tradition,

; wonach der Apostel Markus es gewesen sei, der die
syr. Übersetzung der Bibel gemacht habe. Eine ähnliche
Tradition, wenigstens für das N.T. notierte schon Nestle
in s.Art. in P. R. E. III S. 169. Jedoch bliebe nicht
ausgeschlossen, daß der erwähnte Markos der zu fordernde
Übersetzer und Kommentator war, wie anscheinend
auch ein gegnerischer Exeget zweimal genannt
wird, ein gew. Gurmuqäni, der nicht verstehen konnte,

; that the words of revelation have meanings and mvste-
ries (S. 83 Übers.).

Wenn sich bei einer Reihe von Stellen zeigt, daß die
alleg. Exegese der Nestorianer sie auf Christus bezog, so
bedeutet es nichts so Absonderliches, wenn Ali Tab. sowohl
diese wie alle die andern Stellen, die ihm gerade
für seine Zwecke paßten, auf Muhammad deutete. Dafür
hat er sich eines eigenartigen Mittels bedient: syr.
sbh (messianischer Stellen!) setzte er der arab. Wurzel
hmd gleich; das ergab tesbohtä bezw. subhä hamd
bezw. Ahmad, mesubbcha «- Muhammad. „Da seht ihr
doch klar, daß hier unser Profet mit Namen genannt
ist (S. 100 u. ö.). Weitere Kuriositäten seiner Exegese
brauchen nicht erwähnt zu werden.

Der Text, den Mingana hier in dankenswerterweise
veröffentlicht hat, entstammt einer HS der John Rvlands
Library u. zw. wohl der einzigen, die uns erhalten ist.
Gewisse Eigentümlichkeiten der Komposition lassen vermuten
, daß der Urtext von ihr wohl getreu wiedergegeben
ist.

S. 68 Z. 3 soll wohl tammat heißen; Z. 11 lies
najida. S. 103 Z. 11 hat die HS gäza, was mir textlich
durchaus das Richtige zu sein scheint; Ming. verbessert
hier unnötig in häza. Auch anlsun S. 101 Z. 16 ist
gegenüber dem verbesserten insun beizubehalten.