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Ausgabe: | 1924 Nr. 11 |
Spalte: | 223-225 |
Autor/Hrsg.: | Horst, Friedrich |
Titel/Untertitel: | Die Anfänge des Propheten Jeremia 1924 |
Rezensent: | Eissfeldt, Otto |
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Theologische Literaturzeitung 1924 Nr. 11.
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begriffen sei, also daß wohl gar, wie manche wollen,
damit zu rechnen wäre, daß er inskünftig dem christlichen
Gedanken des Abendlandes ein Konkurrent sich
erweist. Dies letztere erscheint dem Verfasser — mit gut
geführter Begründung — ausgeschlossen, so hoch er
die Person des Meisters wie den Wert seiner Lehre einschätzt
oder, wie sicherlich — anders als ich — manche
finden werden, überschätzt. Die Übersetzung, an die sich
Moser hält, ist die von R. Wilhelm. Ausschließlich auf
ihrem Wortlaut bauen sich auch seine eigenen Deduktionen
auf. Noch eine andere Weisheit, liest man z. B.
S. 124, war sein eigen: „Irrlehren anzugreifen, das
schadet nur" (II, 16). „Welch ein Auge für das Leben
verrät doch dieser einzige Ausspruch, der den Kampf der
Geister nicht zu einem Wortgefechte der Zungen erniedrigt
sehen wollte, wie dies Goethe dem Klugen
empfahl:
Laß dich nur zu keiner Zeit
Zum Widerspruch verleiten:
Weise verfallen in Unwissenheit,
Wenn sie mit Unwissenden streiten."
Demgegenüber muß mir schon verstattet sein, auf
meine Auslassungen über die ganz außerordentliche
Mehrdeutigkeit des hier angezogenen und ganz ungeprüft
in Wilhelms subjektiver Interpretierung genommenen
Kungtsze-Wortes in meinem Beitrag „Lun-yü II, 16"
im Hirth Anniversary Volume 144—164 sowie auf die
durch ihn veranlaßten Darlegungen von A. Forke in der
neuen Zeitschrift „Asia major" I, Heft 1 „Zu Lun-yü
II, 16" zu verweisen. Vgl. auch H. Haas, „Der Meister
sprach", Überlegungen zu der These von der religiösen
Unduldsamkeit des Konfuzianismus: Ostasien-Jahrbuch
1924, 77—100. Auf S. 12 ist Jarrie zu korrigieren in
Jarric; S. 45 figuriert der Frankfurter Senior Professor
D. Bornemann als Missionar, der er doch nie gewesen,
wie mit gleichem Unrecht neben ihm der Berliner
Missionsdirektor und Privatdozent D. Witte. Außer
diesen Geringfügigkeiten habe ich an meinem Teile an
Mosers Leistung eigentlich so gut wie nichts auszusetzen
, um so mehr dagegen durchhin zu loben, leden-
falls kann ich ihm ehrlich versichern, daß ich mit ihm
zufriedener bin als er mit mir (vgl. S. 58). Ich finde sein
Buch geeignet, unser Verständnis Klings zu fördern und
zu vertiefen. Gut ist besonders dessen pädagogische Bedeutung
gewürdigt, sehr viel besser, als dies seitens eines
japanischen Konfuzianers, Endo, in einer Leipziger
Dissertation von 1893, dem einzigen Einschlägigen, das
ich selber kenne, geschehen ist. Als fein und treffend j
sei ferner hervorgehoben Mosers Charakterisierung des '
großen Meisters Chinas im Vergleich mit seinem vielleicht
doch noch größeren, jedenfalls tieferen Zeitgenossen
und geistigen Antipoden Laotsze: „Kung geht
nach oben, Lao kommt von oben" (S. 142). „Freuen
sollten die Menschen sich, daß beide da waren und ihre
leuchtende Spur durch das Ideenland der Menschheit
gezogen haben, die nie verglimmen wird. Freuen sollten
sie sich, daß sie einander so gründlich ausschließen, daß
der eine, menschentrunken, nach oben geht, der andere,
menschenerhaben, von oben kommt. So kann sich jeder
die Gefolgschaft jenes aufsuchen, der seinem Wesen
entspricht" (S. 156). Kritik wird Mosers Stellungnahme
gegenüber der Mission hervorrufen. Ich selber habe
volles Verstehen für sie, würde aber doch meinen, ihn da
zu einiger Revision seines Urteils bringen zu können.
Tritt doch auch er selbst mit seinem Buch als Missionar
in unsere Mitte, als ein Missionar Kungtszes, dem dabei
doch (das wurde schon gesagt) nichts ferner liegt, als
das, auch nur einen von uns zum Konfuzianer zu machen.
Leipzig. H. Ha as.
Horst, Priv.-Doz. Lic. Dr. Friedrich: Die Anfänge des Propheten
Jeremia in: Zeitschr. f. d. alttest. Wiss., 41. Bd. 1923. (S. 94 bis
153). Gießen: A. Töpelmann.
Ders.: Die Kultusreform des Königs Josia (II. Rg. 22—23) in:
Zeitschr. d. deutschen Morgenl. Ges., N. F., 2. Bd. 1923. (S. 220 bis
238.) Leipzig: F. A. Brockhaus.
Die beiden Aufsätze bilden insofern eine Einheit, als die im
ersten analysierten Jeremia-Stücke (1,1—3; 25; 3,6—15; 11,1—14:
34,8—22; 7; 26) und die im zweiten behandelten beiden Kapitc!
des 2. Königsbuches als Kompositionen aus Erzeugnissen derselben
„Jeremia-Kommentatoren" (A u. B) betrachtet werden, von denen
A kurz vor dem Auftreten Ftaggais und Sacharjas geschrieben und eine
bildlose, geistige und alleinige Verehrung Jahwes und rechten sittlichen
Wandel als Vorbedingung für das Gedeihen der kleinen nachexilischcn
Stadtgemeinde gefordert hat, während der von A abhängige B für das
um 500 v. Chr. entstandene Deuteronomium eintritt, dessen Befolgung
als heilsnotwendig hinstellt und Jeremia zum Mithelfer bei der — erdichteten
— deuteronomischen Reform des Josia macht. Die Analyse
der genannten Abschnitte ist aber nicht um ihrer selbst willen vorgenommen
, sondern sie ist durch die Bemühung um die Lösung wichtiger
sachlicher Fragen veranlaßt. So geht der erste Aufsatz von der Frage
nach dem Beginne der Wirksamkeit Jeremias aus, der von den vier
Stellen 1,2; 3,6; 25,3; 36,2 in die Regierung des Josia, und ZWai
in sein 13. Jahr (628) verlegt wird, während die Hauptwirksamkeit des
Propheten nach unserer Oberlieferung erst mit Jojakim (seit 608) einsetzt
. Die übliche Meinung, daß Jeremia unter josia nur bis zu dessen
„deuteronomischer" Reform (623) als Prophet habe aufzutreten
brauchen, da von da ab die sittlichen und kultischen Verhältnisse in
Ordnung gewesen seien, und daß erst der Regierungs-Antritt des unfrommen
Jojakim ihn wieder auf den Plan gerufen habe, hält der Verf.
mit Recht für unbefriedigend. Von der Erkenntnis, daß unser Jeremia-
Buch wesentlich die Addition der beiden Traditions-Quellen A und B
darstelle, ausgehend, zeigt er, daß A, die glaubwürdigere Quelle,
für Jeremias Wirksamkeit die Zeit von 608—586 (1,3) annehme,
während B ihn seit 628 wirken lasse (1,2; 25,3). Der Grund für
diese Hinaufdatierung Jeremias ist der, daß B den Jeremia zum
Mithelfer der nach ihm 623 durchgeführten deuteronomischen Reform
gemacht hat. Die chronologische Ansetzung Jeremias bei B
und die ihm hier zugedachte Rolle eines Mithelfers bei der angeblich
deut. Reform von 623 hängen also zusammen. Beides steht und
fällt mit einander. — Die zweite im ersten Aufsatz behandelte Frage
ist die nach dem Verhältnis von Kap. 7, der sog. Tempelrede Jeremias
, zu Kap. 26, dem angeblichen Geschichtsrahmen zur Tempelrede.
In der älteren, für die Rekonstruktion der Verkündigung Jeremias allein
inbetracht kommenden, Schicht A hat Kap. 7 nichts mit Kap. 26 zu
tun; und auch der A-Anteil von Kap. 7 darf nicht als Wiedergabe
einer Tempelrede Jeremias in Anspruch genommen werden, sondern ist
als eine auf die Zeit des A berechnete Darlegung zu verstehen. ,
Nach dem zweiten Aufsatz hat A in 2 Reg. 22. 23 erzählt, daß im
18. Jahre des Josia (623) ein Prophetenbuch — kein mosaisches Gesetzbuch
! — gefunden worden ist, daß Josia in feierlicher Bund-
schließung sich und sein Volk zum Gehorsam gegen die Forderungen
dieses Buches verpflichtet und die für den Baal und die Astarte
angefertigten Kultgeräte aus dem Tempel entfernt hat. B hat, Bestrebungen
seiner Zeit (um 500) verfolgend, aus dem Propheten-
Buch ein mosaisches Gesetzbuch, das Deuteronomium, gemacht und die
unbedeutende kultische Maßnahme bei A zu einer umfassenden Kult-
Reform im Sinne des Deuteronomiums ausgeweitet. Der Vergleich von
B mit A zeigt, daß die Erzählung von der Auffindung des Gesetzbuches
und von der Durchführung der deuteronomischen Reform eine sekundäre
Tendenzlegende ist ohne jeden historischen Wert.
Man sieht: die beiden Aufsätze erörtern Fragen von
weittragender Bedeutung und beantworten sie in einem
der gangbaren Auffassung widersprechenden Sinne,
wenn auch H o e 1 s c h e r, der in seiner Gesch. d. isr.-
jüd. Rel. sowohl die Wiederaufnahme der literarkriti-
schen Arbeit an den Propheten-Büchern gefordert als
auch die übliche Ansetzung des Deuteronomiums bestritten
und es auf die Zeit um 500 heruntergedrückt hat,
dem Verf. kräftig vorgearbeitet hat. Aber die beiden Aufsätze
sind, wie der Verf. selbst wiederholt bemerkt, zu
knapp gehalten und weiterer Ergänzungen zu sehr bedürftig
, als daß es möglich wäre, zu ihren Ergebnissen
jetzt schon endgültig Stellung zu nehmen. Ich bemerke
darum vorläufig nur dies, daß mir des Verf.
Kritik an den Angaben, die Jeremias Anfänge in die
Zeit des Josia legen, überzeugend zu sein scheint und
ebenso sein Nachweis, daß dieselbe späte Hand, die jene
chronol. Angaben geschaffen, Jeremia zum Deuteronomium
in Beziehung gesetzt hat. Dagegen habe ich zu der
Richtigkeit seiner Auffassungen über die historischen
Hintergründe von Jer. 7 u. 26 und von 2. Reg. 22. 23
einstweilen weniger Vertrauen. Aber wichtiger als das
Ergebnis ist hier die Methode, und da muß gesagt werden
, daß die Arbeitsweise des Verf. hohe Anerkennung
verdient. Entschlossen und scharfsinnig geht er, von guten
sprachlichen Kenntnissen und feinem exegetischen