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1924 Nr. 10

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209

Titel/Untertitel:

Festschrift des Vereins für Hennebergische Geschichte und Landeskunde in Schmalkalden anläßlich der Feier seines 50jährigen Bestehens 1924

Rezensent:

Schornbaum, Karl

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209

Theologische Literaturzeitung 1924 Nr. 10.

210

Festschrift des Vereins für Hennebergische Geschichte und
Landeskunde in Schmalkalden anläßlich der Feier seines
50jährigen Bestehens. Heft XVIII, hrsg. im Jahre 1923. Schmalkalden
: Selbstverlag des Vereins. (36 S.) gr. 8°.

Dieses Jubiläumsheft enthält eine Reihe wichtiger,
auch allgemein interessierender Beiträge. F ü ß 1 e i n erhellt
die Anfänge des Kollegiatstiftes von Schmalkalden.
Berthold VII. von Henneberg hatte 1316 seine Herrschaft
um mehr als das doppelte vergrößert. Zur Organisation
des neuen Gebietes suchte er tüchtige Beamte zu
gewinnen, deshalb faßte er die Neugründung eines Stiftes
ins Auge, das infolge des Widerspruchs der Johanniter-
kommende nicht in Schleusingen, sondern 1319 zunächst
in Hildburghausen begründet wurde, um dann gleich
im nächsten Jahre nach Schmalkalden verlegt zu werden,
als das Augenmerk des Grafen sich auf die Lande jenseits
des Thüringer Landes richtete. Die Verhältnisse
sind typisch für die damalige Zeit. — D e r s c h weist
aus den Schmalkaldener Stadtrechnungen nach, daß in
Schmalkalden eine Terminei der Meininger Franziskaner
war und klärt damit eine Angabe der Geisthirtschen
Chronik auf; ferner gibt er einen kurzen Beitrag zum
Wirken des Kaspar Brusch als Schulmeister in Schmalkalden
; eine Bittschrift desselben kommt zum Abdruck. —
Knetsch berichtet eingehend über Balthasar Wilhelm, der
sich um die Einführung der Reformation in Schmalkalden
besonders verdient gemacht hat. In seinem Hause — es
ist auch in der Nachbildung eines Stiches v. J. 1737 festgehalten
— hat Luther öfters gewohnt. Bedauerlich ist,
daß die von Bechstein 1842 für das deutsche Museum
benützten Akten nicht mehr aufzufinden sind. Auf das
Verzeichnis der Schmalkaldener, die 1480—1520 in Erfurt
, Frankfurt, Heidelberg, Köln, Leipzig und Wittenberg
studierten, sei besonders hingewiesen.
Roth bei Nürnberg. Karl Schornbaum.

Bibl, Viktor: Die Korrespondenz Maximilians II. 2 Bände.
Wien: Adolf Holzhausen 1916 u. 1921. (XLI1I, 643 u. XVII,
308 S.) gr. 8°. = Veröff. der Kommiss. f. Neuere Geschichte Österreichs
16.

Zu den großen Quellensammlungen des Zeitalters
der Gegenreformation, den Nuntiaturberichten, den Wit-
felsbachischen, französischen, italienischen und spanischen
Korrespondenzen tritt jetzt die Familienkorrespondenz
der österreichischen Herrscher hinzu. Nachdem
W. Bauer mit der Publikation des Briefwechsels Ferdinands
I. begonnen, legt jetzt V. Bibl die beiden ersten
Bände der von ihm gesammelten Familienbriefe Maximilians
II. vor. Es sind im ganzen 799 Stücke, die die
knapp anderthalb Jahre von Maximilians Thronbesteigung
bis Ende 1567 umfassen. Ein ungeheures Material
von inhaltlich sehr verschiedenem Wert. Im ersten
Band nehmen rein formale Dinge, besonders die Trauerkundgebungen
zum Tode Ferdinands I. und die vermögensrechtlichen
Bestimmungen einen breiten, wohl
zu breiten Raum ein. Es ist deshalb zu begrüßen, daß
der Herausgeber nicht alle Stücke im vollen Wortlaut
abdruckt, sondern von den minder wichtigen nur knappe
Regesten bringt. Vom Standpunkt der allgemeinen Forschung
aus betrachtet, hätte er, namentlich im ersten
Band, von diesem Auswahlprinzip noch weitergehende
Anwendung machen können. Ein sorgfältiges Sachregister
erleichtert den Gebrauch der Publikation
wesentlich.

In der großen europäischen Politik, in dem konfessionellen
Ringen und dem habsburgisch-französischen
Gegensatz hat Kaiser Maximilian II. keine führende
Stellung eingenommen, sondern sich, wie schon sein
Vater, in erster Linie seinen Haus- und Territorialinteressen
zugewandt. Darin ist es begründet, daß der Ertrag
der Sammlung für die allgemeine Geschichte des XVI.
Jahrhunderts nicht so reich ist, wie der der Briefe Philipps
II. oder Katharinas von Medici. Im Vordergrund
stehen, wie es bei dem Zweck der Publikation selbstverständlich
ist, die Familienangelegenheiten, das Verhältnis
zu seinen Brüdern Ferdinand und Karl, zu seinem
Schwager Albrecht von Bayern, seinen nach Polen und
Italien verheirateten Schwestern und zu seinem Vetter
Philipp II. Einen persönlichen Ton trägt eigentlich nur
der Briefwechsel mit dem Bayernherzog, in den übrigen
Korrespondenzen überwiegen die geschäftlichen Angelegenheiten
. Eine große Rolle spielen darin, wie in den
gesamten internationalen Beziehungen jener Zeit, die
Heiratsprojekte. Besonders auf den Plan, dem Erzherzog
Karl die Hand der Königin Elisabeth von England zu
verschaffen, sowie auf die Verhandlungen über österreichische
Ehen Karls IX. von Frankreich und des
Infanten Don Carlos fällt im einzelnen neues Licht.

Von den politischen Fragen war für die deutschen
Habsburger die brennendste die Türkengefahr, die gerade
1566 durch den Einfall Sultan Sulejmans nach
Ungarn einen höchst bedrohlichen Charakter annahm.
Hierüber korrespondiert der Kaiser nicht nur mit seinem
gleichermaßen interessierten Bruder Karl, er geht auch
die übrigen Familienglieder um Rat und Unterstützung
an. Mit Albrecht von Bayern bespricht Maximilian daneben
die deutschen Angelegenheiten, insbesondre die
kirchlichen Streitigkeiten und die Grumbachschen Wirren.
Universalhistorisch am wichtigsten ist der Briefwechsel
mit dem katholischen König, der nicht nur über das persönliche
Verhältnis der beiden Herrscher, sondern auch
über den Aufstand in Flandern und Maximilians Stellung
zu ihm neue Aufschlüsse bringt. Erfreulicherweise sind
auch die Instruktionen für die beiderseitigen Gesandten
und die darauf erteilten Antworten in die Sammlung aufgenommen
. Über den niederländischen Freiheitskampf
und die Beziehungen zwischen Wien und Madrid wird die
Fortsetzung der Publikation, die hoffentlich nicht zu
lange auf sich warten läßt, mehr enthalten.

Frankfurt a. M. Walter Platzhoff.

Hegel, G. W. Fr.: Sämtliche Werke. Hrsg. v. Georg Lasson.

Bd. XVIII a: Jenenser Logik, Metaphysik und Naturphilosophie.
Leipzig: Felix Meiner 1923. (XLVI1I, 392 S.) 8°. = Philosophische
Bibliothek Bd. 58. Gm. 9—; geb. 11 — ; Gesch.-Bd. 13—.

Was L. in diesem Bande bringt, ist von H.
Ehrenberg und H. Linck 1915 als „Hegels erstes System"
herausgegeben worden. Die neue Ausgabe unterscheidet
sich von der älteren durch folgende Punkte: 1) die
Handschrift ist noch einmal genau durchverglichen,
sodaß zahlreiche Lesefehler der älteren Ausgabe beseitigt
werden konnten. 2) Bei notwendigen Korrekturen
und Ergänzungen des Herausgebers ist stets der
handschriftliche Text angegeben worden. 3) Der schlecht
durchgeführte Versuch der älteren Ausgabe, durch ein
verwickeltes System zugleich Hegels und eine lesbare
moderne Interpunktion zu geben, ist aufgegeben. 4) Von
Hegel wieder durchstrichene Worte und Sätze sind nur
dann wiedergegeben, wenn Hegel an Stelle der durch-
strichenen eine bessere Fassung nicht gesetzt hat.

Von diesen vier Punkten sind die ersten drei so unzweifelhafte
Fortschritte, daß L.s Ausgabe künftig für wissenschaftliche Zwecke
den ersten Platz haben wird. Beim vierten Punkt aber hat L. nicht
genug an die Bedürfnisse der Forschung gedacht. Es ist schade, daß
auf diese Weise die von L. als nicht exakt erwiesene Ehfenberg'ischc
Ausgabe nicht völlig überflüssig geworden ist. Vielleicht entschließt
sich L. zu einem Supplementum.

In der Einleitung L.s vermisse ich einen Hinweis auf die trotz
ihrer Skizzenhaftigkeit immerhin doch bedeutendsten bisherigen Auslassungen
über Hegels System in der Jenenser Zeit: auf Haym und auf
die Fragmente zur Fortsetzung der Jugendgeschichte Hegels, welche
aus Dilthey's Nachlaß Ges. Sehr. IV gedruckt sind.

Ueber die Wichtigkeit des Jenenser Systems für
die Erforschung der Entwicklungsgeschichte Hegel's,
überhaupt für das historische Verständnis von Hegels
System, braucht kein Wort verloren zu werden. Es wird
wahrscheinlich mit den übrigen Schriften der Jenenser
Zeit zusammen jetzt, anstatt der Theologischen Jugendschriften
, sich in den Mittelpunkt aller Arbeit über
Hegel drängen.

Göttingen. E. Hirsch.