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Ausgabe:

1924 Nr. 10

Spalte:

207

Autor/Hrsg.:

Trier, Jost

Titel/Untertitel:

Der heilige Jodocus, sein Leben und seine Verehrung, zugleich ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Namengebung 1924

Rezensent:

Wenck, Karl

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207

Theologische Literaturzeitung 1924 Nr. 10.

208

Dyakonoff meist zusammentreffendes Urteil als abschließend
gelten. Der zweite Teil der Arbeit (Nr.
24—58) steht noch aus.
Gießen. G. Krüger.

Trier, Jost: Der heilige Jodocus, sein Leben und seine Verehrung
, zugleich ein Beitrag zur Geschichte der deutschen
Namengebung. Breslau: M. u. H. Marcus 1924. (VIII, 286 S.)
gr. 8°. = Germanistische Abhandlungen. 56. Heft. Gm. 15—.
Der bekannte Baseler Gelehrte Stückelberg gab die Anregung

zu den im Titel genannten Forschungen, die sich zu einer Freiburger

Dissertation und dem vorliegenden stattlichen Beitrag zur Hagio-

graphie und Namenskunde auswuchsen. Die hingebungsvolle Arbeit

des jungen Germanisten, ihre vorbildliche methodische Durchführung

und die ausgezeichnete Ausstattung seitens des Verlegers haben ein

schönes Ergebnis erzielt, das zweifellos Vielen zur Freude gereichen

wird, Deutschen und Franzosen. Die Verehrung des bretagnischen

Königssohnes des 7. Jahrh/s ist von der Nordküste Frankreichs durch I sehige" VerhältaTs

VprmiUp nnrr Hpr KlocTpr rerrlprpc Itnn Prüm inc Phplnlann nnri von .S3 . . .. . ° ö. .__......

beiden Pfarrkirchen am besten ans der ganzen Entwicklung
der Stadt zu klären gewesen. Auch ist der
Grundsatz der allmählichen Entwicklung und Weiterbildung
der Verhältnisse gar nicht in Betracht gezogen
worden. Selbst bei diesen vielleicht mehr als anderes
zum Beherrschungszustand neigenden Einrichtungen gab
es doch ein Vorwärtsschreiten. — Den Hauptanteil an
diesem Bande aber hat eine Abhandlung des Herausgebers
selbst über die Pfarrstiftung Napoleon I. für
Jena und die Diözesanzugehörigkeit der Katholiken des
Großherzogtums Sachsen-Weimar seit 1821. Die Erkenntnis
, daß J. Freisen in seiner Verfassungsgeschichte
der kath. Kirche Deutschlands in der Neuzeit (1916)
gerade über den letzten Punkt teilweise unrichtige Ausführungen
gemacht hat, hat ihn in Würzburg, Jena,
Weimar und Paderborn zu ausgedehntem Quellenstudium
veranlaßt. In eingehender Weise hat er das gegen-

VermittelunEf der Klöster Ferneres und Prüm ins Rheinland und von , P , - ■ , _ s 5,,M,, . ...

da bis in die slawische Nachbarschaft Ostdeutschlands, nach der Salute animanim Und provida solersque (1821) richtig
Schweiz und bis nach Schleswig gewandert, ebenso der Name, dessen dargestellt. Die durch den Staatsvertrag vom 22. Sept.

französische Fassung Josse den deutschen Jost, den Patron der Siechenhäuser
, z. B. in Marburg, und mit Angleichung an den biblischen
Hiob: Jobst hervorgebracht hat. Der sprachgeschichtlichen Entwicklung
der Namensform ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Die Geschichte
der Legende wird vom karolingischen Anonymus, dessen Text auf
Grund zweier Hss. in Ronen wiedergegehen wird, auch durch alle
späteren Bearbeitungen bis auf Kosegarten verfolgt. Sehr anziehend
sind die Bemerkungen über den „kurzfristigen" und den „langfristigen
" Legendentypus. Zum Grabe des tilg. Jodocus, der doch
keineswegs in erster Linie der Heiligen stand, ist ein deutscher Erz-
bischof Heinrich II. von Trier 1286, vom Podagra geplagt, als vielleicht
der erste Wallfahrer gepilgert, 1416 der deutsche König Sigmund
(nicht Kaiser Sigismund) auf der Reise nach England. Im
letzten Kapitel sind über 50 Seiten der Statistik der Kultstätten und
der Orts- und Personennamen gewidmet. Die Heranziehung der ortsgeschichtlichen
Literatur und brieflicher Auskünfte ist bewundernswert
, das kunstgeschichtliche Interesse voll berücksichtigt. Das Buch
ist auch mit allen irgend erwünschten Beigaben versehen, es erweckt
den Wunsch, daß andern Heiligen die gleiche Gunst der Erforschung
zu Teil werde.

Marburg. Karl Wende

Schultz, Dr. Max: Die pfarrechtliche Organisation der Stadt

Jena im Mittelalter. —
Richter, Dr. G.: Die Pfarrstiftung Napoleons I. für Jena

bis zur Verlegung des Pfarrsitzes nach Weimar (1819) und die
Diözesanzugehörigkeit der Katholiken des Großherzogtums Sachsen-
Weimar seit 1821. Nebst einem Anhang über die sächsisch-ernesti-
nischen Herzogtümer. Mit zwei Einschaltbildern. Fulda: Fuldaer
Aktiendruckerei 1923. (XXII, 370 S.) gr. 8°. = Quellen und
Abhandlgn. zur Geschichte der Abtei u. der Diözese Fulda. XL Gm. 5 —.
Dieser Band bietet zunächst eine kirchenrechtliche
Abhandlung von Dr. Max Schultz über die pfarrechtliche
Organisation der Stadt Jena im Mittelalter. Zuerst
wird nachgewiesen, daß die erste Pfarrkirche von Jena
die heutige kath. Kirche, die St. Johanniskirche war;
dann die Stellung des die Pfarrei als Verweser versehenden
Propstes des Michaelisklosters dargestellt. Den
Hauptteil aber bilden die Untersuchungen über die an
den Kirchen Jenas bestandenen Vikarien. Ihre Gründung
, ihre Besetzung, ihr Aufgabenkreis werden auf
Grund des im Urkundenbuch der Stadt Jena abgedruckten
Materials eingehend beschrieben. Kurze Ausführungen
über das Verhältnis der alten Schule zur Pfarrei
bilden den Schluß. Der Herausgeber betont in dem inhaltsreichen
Vorwort, daß derartige Arbeiten bis jetzt nur
in geringer Zahl vorliegen. Das ist wohl verständlich.
Sie könnten aus Süddeutschland in verhältnismäßig kurzer
Zeit um eine Reihe derartiger Forschungen vermehrt
werden; aber sie haben alle doch nur einen beschränkten
Wert, wenn sie nicht als Glieder eines größeren
, geschichtlichen Zusammenhangs gewertet werden.
Auch zeigt es sich immer, daß es nicht genügt, das vorhandene
gedruckte oder ungedruckte Material zur Darstellung
zu bringen, sondern daß historische Forschung
das Beste zur richtigen Wertung und Einordnung erst
bieten kann. So wäre auch in Jena das Verhältnis der

1815 von Preußen an Sachsen-Weimar-Eisenach abgetretenen
Gebiete von Geisa und Dermbach mit ihren
9 Pfarreien waren durch erstere mit nichten dem Bistum
Paderborn zugesprochen und dadurch aus dem Verband
mit Fulda ausgeschieden, Paderborn hatte nur die Diö-
zesangewalt über die Katholiken im alten Weimarer
Gebiet mit der kombinierten Pfarrei Jena - Weimar
erhalten. Aber unser Interesse wendet sich nicht nur
diesen Fragen und ihrer endgültigen Lösung durch Zuweisung
des ganzen Weimarer Gebietes an Fulda (1857)
zu, sondern auf den wichtigsten Beitrag, der damit für die
Geschichte des Staatskirchenrechtes im 19. Jahrhundert
geliefert wird. Es ist außerordentlich wertvoll zu beobachten
, wie die starre staatliche Autorität und Omni-
potenz, wie sie zuerst von der Regierung in Weimar vertreten
wurde, allmählich einen Ausgleich mit den kirchlichen
Anforderungen zu finden sucht und weiß. Das
Bedeutsamste ist aber doch wohl die Fundamentierung
dieser ganzen Arbeit: Die Gründung der kath. Pfarrei
Jena bis zu ihrer Kombinierung mit der in Weimar. Zunächst
ein wertvoller Beitrag zur Geschichte der Toleranz
am Ausgange des 18. Jahrhunderts; dann aber vor
allem wertvoll wegen der vielen neuen Momente zur
Charakterisierung der führenden Männer jener Zeit, vor
allem auch Goethes und Wielands, von welchen beiden
der Herausgeber bisher unbekannte Originalschreiben
ausfindig zu machen wußte. Wohl die interessanteste
Persönlichkeit ist aber der langjährige Kuratus der kath.
Gemeinde zu Jena, der französische Emigrant Gabriel
Henry. Ihm, dem Bewunderer Napoleons L, gelang
es in den Tagen des Erfurter Kongresses 1808 nicht
nur eine ansehnliche Dotation für .seine Kirche vom
franz. Kaiser zu erwerben, seinem Auftreten schreibt es
der Verfasser vielmehr noch zu, wenn in den Friedensschlüssen
jener Tage der Gedanke der Parität immer
zum Ausdruck kam. Bei solcher Bedeutung begrüßt man
es dankbar, wenn die wichtigen Aktenstücke genau zum
Abdrucke gebracht wurden. Allerdings, noch vieles
bleibt im Dunkel; seine Entführung aus Jena durch
preußische Husaren 1813, seine Entlassung von der
Weimarer Regierung 1815 sind noch nicht aufgeklärt;
auch scheint sein Verhältnis zu seiner Gemeinde im
Unterschiede zu dem Ansehen, das er sonst überall genoß
, nicht das beste gewesen zu sein (S. 244), aber in
viele dunkle Partien der Geschichte jener Zeit fällt doch
ein helles Licht. So erhebt sich dann diese Publikation
weit über die durch den Titel angeführten Belange. Beigegeben
ist das Projekt der kath. Kirche zu Jena aus dem
Jahre 1811, interessant weil sie der Sammlungsort für
die Katholiken des ganzen Herzogtumes sein und das
auch äußerlich zum Ausdruck bringen sollte; das Bild
G. Henrys zeigt geistvolle, sympathische Züge.

Roth hei Nürnberg. Karl Schornbaum.