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Ausgabe:

1924 Nr. 10

Spalte:

206

Autor/Hrsg.:

Albers, Paulus Bruno (Ed.)

Titel/Untertitel:

Pachomius 1924

Rezensent:

Grützmacher, Georg

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'205

Theologische Literaturzeitung 1924 Nr. 10.

206

gen, Christen und Heiden, Bürgern und des römischen
Bürgerrechts nicht Teilhaftigen, den Göttern zu opfern
und darüber eine amtliche Beglaubigung vorzulegen. Die
Weigerung der Christen, das zu tun, bot dann die Handhabe
zu ihrer blutigen Verfolgung. Diokletian hat im
Jahre 304 und im Winter 305 auf 306 dieselbe Methode
angewendet. Das Vorkommen ausgesprochen christlicher
Namen in diesen Opfer-Attesten zeigt, daß in der
Not der Zeit auch manche Christen geopfert haben, um
dadurch ihr Leben zu retten.

Schon 1894 hat sich Professor Harnack mit diesen
damals neugefundenen Dokumenten befaßt, deren erstes
Exemplar 1893 ausgegraben worden war. Andere folgten
1894, 1900, 1904 und 1907. Diese fünf zusammen mit
19 andern, die kürzlich die Hamburger Stadtbibliothek
erworhen hat, wurden sorgfältig auf ihre Textform hin
untersucht und dann 1910 herausgegeben von Prof.
P. M. Meyer in den Abhandlungen der preußischen
Akademie der Wissenschaften in Berlin. Seitdem sind
noch 17 andere dieser Urkunden zu Tage gefördert
worden, von denen bisher 10 gedruckt worden sind;
die übrigen 7 veröffentlicht jetzt Prof. Knipfing in
Heft Nr. 4 des Jahrgangs 1923 der Theol.
Harvard-Rundschau, zusammen mit seinem oben
erwähnten Vortrag. Die Originale dieser letzteren 7 sind
in der ganzen Welt verstreut; es befinden sich zwei in
der Universitätsbibliothek von Michigan, eine an der
Universität zu Wisconsin, zwei auf der Hamburger Stadtbibliothek
und zwei in der John Rylands-Bibliothek zu
Manchester. Die Kenntnis der in Deutschland und England
befindlichen Texte verdankt Prof. Knipfing den persönlichen
Mitteilungen von Prof. P. W. Meyer in Berlin.

Die einzelnen Dokumente enthalten die Bitte des
Unterzeichners an die mit der Überwachung der Opfer
betraute Kommission, ihm zu bezeugen, daß er das vorgeschriebene
Opfer vollzogen und überhaupt schon
immer den Göttern Ehrerbietung erwiesen und regelmäßige
Libationen dargebracht habe. Eine zweite Hand
bestätigt das durch ihre Unterschrift, und ein dritter hat
das Ganze gegengezeichnet. Da die aus den verschiedensten
Teilen des Reiches stammenden Dokumente alle dasselbe
Schema aufweisen, ist die Annahme kaum zu umgehen
, daß in dem Edikt des Decius eine allgemeingültige
Form für diese Beurkundungen vorgeschrieben
war, an die die Petenten sich zu halten hatten. Kommissionen
waren in den einzelnen Städten und Ortschaften
über das Reich hin ernannt, wie sich aus den
einzelnen Datierungen ergibt; wahrscheinlich ernannten
die einzelnen Stadtverwaltungen diese Kommissionen.

Die Tätigkeit der Kommissionen variiert dem Datum
nach in den einzelnen Teilen des Reichs. Die Dokumente
zeigen, daß sie in Ägypten z. B. zwischen dem 12. Juni
und 14. Juli 250 ihre Wirksamkeit entfalteten, in
Smyrna schon um den 12. März herum, in der Provinz
Pamphylien bereits Ende Februar; in Carthago dagegen
waren sie auch noch in der zweiten Hälfte dieses
Jahres tätig. Knipfing widerspricht um dieser weit
auseinanderliegenden Datierungen willen der Annahme
Harnacks, daß das Edikt des Decius selbst die Ernennung
der einzelnen örtlichen Kommissionen enthalten habe,
und hält es für wahrscheinlich, daß das Edikt sich in allgemein
gefaßten Anordnungen gehalten hat, wenn
auch der ungefähre Wortlaut der einzelnen Petitionen
ziemlich genau festgelegt war.

Das Edikt des Kaisers selbst läßt uns durch Rückschluß
aus diesen 41 erhaltenen Petitionen einen überaus
wertvollen Einblick tun in die Beziehungen des römischen
Staates zur christlichen Kirche. Während es
bisher römische Praxis war, sich nicht in die religiöse
Betätigung der einzelnen Bürger einzumischen, ist hier
plötzlich mit diesem Grundsatz gebrochen und eine
völlig neue Rechtslage geschaffen, indem der
Staatskult allen Einwohnern des Reichs als Pflichtakt
auferlegt wird. Denn es sind die offiziell anerkannten
römischen Gottheiten, nicht etwa Mithras, Isis oder andere
, für die hier Verehrung und Devotion gefordert
wird. Diese Feststellung ist wohl die bedeutsamste Erkenntnis
, die wir jenen Dokumenten aus der Decischen
Verfolgung verdanken.

Dortmund. H. Ooetz.

Pachomius. S. Pachomii Abbatis Tabennensis Regulae monasticae.
Acc. S. Orsiesii ciusdem Pachomii discipuli Doctrina de institutione
monachorum. Coli., ed., 111. D. Dr. Paulus Bruno Albers. Bonn:
P. Hanstein 1923. (VII, 126 S.) 4°. = Florilegium patristicum.
(Nova series.) 16. Gm. 2 .

Der durch seine Herausgabe der Consuetudines der
verschiedenen Kongregationen des Benediktinerordens
um die Geschichte des Mönchtums verdiente Forscher,
D. Dr. B. Albert, hat in der von Rauschen begonnenen
und von ihm fortgesetzten Sammlung, dem Florilegium
pastristicum, die verschiedenen dem Pachomius zugeschriebenen
Mönchsregeln in kritischen Texten herausgegeben
. Es sind die lateinische auf Hieronymus zurückgehende
Version der Regel des Pachomius, für die er
2 in Monte Cassino befindliche Kodizes 443 und 444
und einen Würzburger Kodex Mp. qu. 16 neben den
Ausgaben heranziehen konnte, ferner die griechische,
wesentlich kürzere Version der Regel, die uns in verschiedenen
Rezensionen, von Palladius in seiner Historia
Lausiaca, von Sozomenos in seiner Kirchengeschichte
| und in einer Reihe von anderen griechischen Kodizes
überliefert ist, endlich die lateinische Version des Dionysius
Exiguus. Er legt so das wichtigste Material in
gesicherter Form — die äthiopische Überlieferung der
Regel, die Dillmann herausgab und König ins Deutsche
übersetzte, und das in den Viten des Pachomius beschlossene
Quellenmaterial für die Regel fehlen — vor,
um die viel umstrittene Frage nach dem ursprünglichen
Text der Regel zu entscheiden. Sein Buch eignet sich, da
Albert in der Vorrede keine Andeutung darüber macht,
wie er sich das Verhältnis der einzelnen Rezensionen zu
einander denkt, besonders gut für Übungen in kirchenhistorischen
Seminarien. Die Doctrina de institutione monachorum
des Nachfolgers des Pachomius, Orsiesius, die
Hieronymus zugleich' mit der Regel ins Lateinische übersetzte
, ist noch am Schluß hinzugefügt.

Münster i. W. O. Qrützmach er,

John of Ephesus, Lives of tbe Eastern Saints. Syriac Text edited
and translated by E. W. Brooks. Fase. 1. Paris: Firmin-Didot
et Co. 1923. (XVI, 307 S.) — Patrologia Orientalis XVII, 1.

Die Heiligengeschichten des Johannes von Ephesus
gehören zu den wertvollsten Quellen der Geschichte des
religiösen Lebens im 6. Jahrhundert. Wir benutzten
sie bisher in der guten Ausgabe von Land (Anecdota
Syriaca 2, Leiden 1868) bezw. in der von van Douwen
und Land besorgten lateinischen Übersetzung u. d. T.
Commentarii de Beatis Orientalibus (Amsterdam 1889).
Diese Hilfsmittel werden nun in den Schatten gestellt
durch die neue Ausgabe des syrischen Textes mit englischer
Übersetzung von Brooks. Nicht als wären sie
wertlos geworden, denn der jetzige Herausgeber erkennt
das Verdienst seines Vorgängers mit warmen Worten an
und meint insbesondere von der Übersetzung, daß sie
generali)' reprodnees the original accurately. Er selbst
hat sämtliche Handschriften, insbesondere die Haupthandschrift
Brit. Mus. Add. 14647, neu collationiert und
in dem Cod. Par. Bibl. Nat. Syr. 234 einen weiteren
Textzeugen, übrigens erst aus dem 13. Jahrhundert, gewonnen
. Eine wesentliche Abrundung unseres Wissens
von Johannes bedeuten die Vorbemerkungen Brooks',
auf die um so nachdrücklicher verwiesen werden muß,
als das Hauptwerk von A. Dyakonoff, Joann Efesskij
(Petersburg 1908) in Deutschland wohl so gut wie unbekannt
geblieben ist. Nach Brooks hat Dyakonoff vornehmlich
in die Chronologie neues Licht gebracht, so
daß Brooks nur nachzuprüfen brauchte. Da er nun
selbst den Sachverständigen als Autorität grade auf
diesem Gebiet bekannt ist, so darf sein mit dem von