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Ausgabe:

1923

Spalte:

145-149

Autor/Hrsg.:

Heiler, Friedrich

Titel/Untertitel:

Der Katholizismus. Seine Idee und seine Erscheinung. Völlige Neubearbeitung 1923

Rezensent:

Koch, Hugo

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack

Herausgegeben von Professor D. Emanuel HirSCh unter Mitwirkung von
Prof. D. Wilh. Heitmüller, Prof. D. Dr. 0. Hölscher, Prof. D. Arthur Titius, Prof. D. Dr. G. Wobbermin

Mit Bibliographischem Beiblatt, bearbeitet von Vikar Kurt Dietrich Schmidt, Erichsburg.

Jährlich 26 Nrn. Verlag: J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung, Leipzig Vierteljährlich 2400 Mark

Für den Fall der weiter fortschreitenden Markentwertung behält der Verlag sich eine entsprechende Erhöhung im Laufe des Quartals vor.

Bezugspreise für das Ausland vierteljährlich 12.50 s. Fr.; 31.25 fr. Fr.; 37.50 b. Fr.; 10 sh.; 2'/.$; 6.25 FL;
11.25 d. Kr.; 12.50 n. Kr.; 8.75 s. Kr.; 37.50 Lire; 56.25 tsch. Kr.

Manuskripte und gelehrte Mitteilungen sind ausschließlich
48 Inhrrr Nr 7 an Professor D.Hirsch in Göttingen, Nikolausberger Weg 31, 7. AOHl 1923.

tO. jaiirg. mr. / zu senden> Rezensionsexemplare ausschließlich an den Verlag.

Die für die Umrechnung von Grundzahlen festgelegte Schlüsselzahl beträgt ab 3. April 2500.

Heiler, Der Katholizismus (Koch).
Dcussen, Vedänta und Piatonismus im Lichte

der Kantischen Philosophie (Franke).
P e 11 a z z o n i, La Religione nella Grecia Autica

fino ad Alessandro (Kattenbusch).
- Dio. (Ders.).

Horowitz, Erez Jisrael uschechenotheha
(Dalman).

Birnbaum, Das hebräische und aramäische
Element in der jiddischen Sprache (Dnensing).
Grellmann, Die Anfänge Israels (Füifeldt).

G o g u e I, Introduction au Nouveau Testament
(Klostermann).

Bachmann, Der erste Brief des Paulus an
die Korinther (Klostermann).

Geffckcn, Religiöse Strömungen im 1. Jahrhundert
n. Chr. (Koch).

Jackson and Lake, The Beginnings of
Christianity (Dibelius).

Schwartz, Concilium universale Fphesenum
(Koch).

Zeitschrift der Gesellschaft für niedersächsische
Kirchengeschichte (Bossert).

Sehling, Kirchenrecht (H. Mirbt).

Nygren, Die Gültigkeit der religiösen Erfahrung
(Wobbermin).

Verweyen, Der religiöse Mensch und seine
Probleme (Mayer).

Bappert, Kritik des Okkultismus (Mayer).

Hupfeld, Grundfragen christlicher I.ebensge-
staltung (Mayer).

G ra Ii, Linien idealist. Weltanschauung (Schmidt).

Heiler, Friedrich: Der Katholizismus. Seine Idee und seine Fr-
scheinung. Völlige Neubearb. d. schwed. Vortr. über „Das Wesen d.
Katholizismus". München, E. Reinhardt 1923. (XXXX, 704 S.)
gr. 8°. Oz. 13.

Aus der Schrift Heilers über ,das Wesen des Katholizismus
' (1920 vgl. Kattenbuschs Besprechung in dieser
Ztg. 1922, 266 ff.) ist durch völlige Neubearbeitung
ein Werk geworden, das sein Buch über das Gebet an
Umfang beträchtlich übertrifft. Alle Vorzüge und alle
Schwächen H.scher Forschung und Darstellung treten
auch in dem neuen Werk zu Tage: umfassende Beherrschung
von Quellen und Literatur, tiefes Eindringen
bis auf den Grund der Fragen und Erscheinungen, liebevolles
Einfühlen in alle Formen der Frömmigkeit, Verständnis
für die mannigfachen Regungen und Stimmungen
einer religiösen Seele, Herausfinden der treibenden Kräfte
, des Wertvollen und Bleibenden in der Flucht der Erscheinungen
, die Gabe, eine Sache von allen Seiten zu
beleuchten und auch in Entartungen noch einen gewissen
Kern von Berechtigung zu entdecken, glänzende Sprache.
Daneben aber eine gewisse Neigung, seine eigenen Gedanken
in die Dinge und Personen hineinzulegen, Übertreibungen
und zugespitzte Aufstellungen, Sprünge der
Einbildungskraft, Unbestimmtheiten, ein Ausholen und
Zurückziehen, ein Geben und Nehmen, Nehmen und
Geben. So wird der Leser auf weiten Strecken von der
Darstellung förmlich hineingerissen, auf andern fühlt er
sich zum Widerspruch gereizt, findet aber bald darauf,
daß die Einwände und Bedenken, die ihm aufsteigen,
auch von H. berücksichtigt sind, sodaß es nun eben darauf
ankommt, wie Licht und Schatten zu verteilen und
zu bewerten sei.

In dem lang geratenen Vorwort spricht H. von den verschiedenen
Beurteilungen, die sein ,Wesen des Katholizismus' erfahren hat,
und da ist es bezeichnend, daß ihm von katholischer Seite teils
.Irrationalismus' teils .Rationalismus' vorgewurfen wurde (S. XV f.).
Diese sich widersprechenden Urteile spiegeln vielleicht doch nur die
Haltung H.s selbst wieder, der mit seiner geschichtlichen Gewissenhaftigkeit
, seinem katholischen Herzen und seinem evangelischen
Glauben eben auch als eine .complexio oppositorum' erscheint. Im
übrigen darf man H. vielleicht den Rat geben, die Gesetze seiner
inneren Entwicklung sich auswirken zu lassen, ohne viel davon zu
reden, da sonst der Eindruck entstehen könnte, den kürzlich Jülicher
von Karl Barths Mitteilungen über dessen Entwicklung empfing. (,Sie
klingen nach einem zukünftigen Calvin oder Augustin'. In dieser
Ztg. 1922, 539.)

145 146

Das Werk steht, wie sein Vorläufer, ganz unter dein
Zeichen der „evangelischen Katholizität", nicht im Sinne
eines hochkirchlichen Umbildungsentwurfs, sondern lediglich
eines ganz persönlichen Standpunkts (der übrigens
, ebenso wie jener, in dem von kurzsichtigen Regierungen
so verständnislos behandelten Altkatholizismus
in kleinem Kreise verwirklicht ist, zu S. XXX A.). Der
erste Hauptteil behandelt ,das Werden des Katholizismus
im Spiegelbild seiner Genien', in vier Abschnitten:
die neutestamentl. Wurzeln des Kath., d. altchristl., d.
mittelalterl., d. neuzeitl. Katholizismus. H. rollt eine XC'd't;
atiQci evangelischer Katholiken auf von Jesus Christus
bis in die Neuzeit herein. Daß die in der Predigt Jesu
zu Tage tretende Enderwartung eine .Stiftung' irgendwelcher
Art ausschließt, wird kräftig betont. Aber ,als
„Hintergrundsreligion" würde Jesus den römischen Kath.
genau so bestehen lassen wie das jüdische Religionsgebäude
seiner Zeit' (S. 36). Paulus ist ,der Vater der
kath. Kirchenidee und Kirchenpädagogik, der Schöpfer
des kath. Dogmas und Mysterienkults wie der kath. Mv-
stik' (S. 59). Der vierte Evangelist hat ,ein Christusbild
geschaffen, das frei ist von aller zeitgeschichtlichen Bedingtheit
, das nicht mehr den Erdgeruch der palästinischen
Scholle an sich trägt, ein Christusbild, das universell
, „katholisch" ist, ohne aufzuhören, evangelisch
zu sein' (S. 76). Evangelische Katholiken sind Augustin,
Bernhard von Clairvaux, Thomas von Aquin, Franz von
Assisi, Dante. Dagegen sind Ignatius von Loyola und
Alphons von Liguori ,die denkbar treffendsten Beispiele
für den Degenerationsprozeß, welchem die kath. Idee
in der nachtridentinischen Periode unterworfen wurde'
(S. 149).

Der zweite Hauptteil entwickelt ,die Grundelemente
des Katholizismus' in sieben Abschnitten: die primitive
Religion (in der Volksfrömmigkeit sowie im kath. Kult
und in der kath. Kultdogmatik), die Religion des Gesetzesdienstes
und der verdienstlichen Werke, die juridisch
-politische Kircheninstitution, die rationale Theologie
, die Mysterienliturgie, das asketisch-mystische Vollkommenheitsideal
(Mönchtum, mystischer Gottesumgang
), evangel. Christentum im Katholizismus. Dabei
ist H. sich bewußt, daß eine solche .Gliederung der unermeßlichen
Wirklichkeitsfülle' ihre Gefahren hat, daß
.dieses wissenschaftliche Verfahren ein künstliches ist,