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Ausgabe: | 1923 Nr. 6 |
Spalte: | 132-134 |
Autor/Hrsg.: | Liese, Wilelm |
Titel/Untertitel: | Geschichte der Caritas. 2 Bde 1923 |
Rezensent: | Schian, Martin |
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131 Theologifche Literaturzeitung 1923 Nr. 6. 132
Tätigkeit Harnacks (toßen, die nur freilich fehr oft mißverftanden oder
falfch angewandt find. Über die genannten Stücke hinaus aber bringt
der Verf. an fachlicher Kenntnis nichts mit, er kennt weder die dog-
matifche noch die kirchenpolitifche noch die übrige Schriftftellerei A.s,
noch die kirchen- und dogmen- und religionsgefchichtlichen Zufammen-
hänge, in denen A. fleht. Mit diefem gänzlich unzureichenden Rüft-
zeug — wobei noch zu bemerken ift, daß auch die Kenntnis des für feine
methodifche Abficht notwendigen modernen Materials fehr unzufammen-
hängend und lückenhaft ift —, geht der Verf. an eine Aufgabe heran, vor
der bekanntermaßen die größten ,Theologen von Fach' heute zurück-
fchrecken. Daß mit folchen Mitteln die .Deutung Auguftins' nicht
gelingen kann, darüber braucht kein Wort verloren zu werden. Darum
haben auch die vorgebrachten Einzelheiten wiffenfchaftlich-hißorifch
keinen Wert; was daran richtig ift, haben wir von Harnack gelernt und
gewußt. Das Neue aber, was uns geboten werden foll, bedarf erft einer
ganz anderen wiffenfchaftlichen Fundamentierung und muß erft ganz
anders zur Darfteilung gebracht werden können, ehe in eine wirkliche
Diskuffion darüber eingetreten werden könnte.
Halle a. Saale. HermanD Bauke.
Warner, H. j., M. A.: The Albigensian Heresy. London: S. P.
C. K. 1922 (94 S.) 8° = Studies in Church History.
Dies kleine hübfeh ausgeftattete Buch gibt eine brauchbare
Überficht über die Gefchichte der katharifchen Bewegung
, indem es zuerft über ihren Urfprung, dann über
den Mutterboden handelt, weiter die Angaben der Quellen
vorführt und endlich zufammenfaffend die Lehre und das
Leben der Katharer fchildert. Sehr richtig wird auch
immer die waldenfifche Bewegung herangezogen. Daß
das Katharertum nicht nur als eine in das Abendland importierte
Härefie angefehen wird, fondern auch boden-
ftändige Elemente angenommen werden, entfpricht der
Wirklichkeit, wie ich es auch für nicht unmöglich halten
kann, daß der alte Manichäismus des Abendlandes und
der Priscillianismus an der gewaltigen Ketzerbewegung
mit gearbeitet haben. Wenn ich recht fehe, hat der Verfi
in der Darlegung des Entftehens und des Wefens der
Sekte zu fehr den Gegenfatz gegen die römifche Kirche
hervortreten laffen, während er anderfeits zu wenig die
Punkte hervorgehoben hat, in denen die abendländifche
Kirche des 13. Jahrhunderts durch die Abwehr der Härefie
beftimmt worden ift. Es wäre wohl auch die große Gefahr
, in die die mittelalterliche Kirche durch die Bewegung
gebracht worden ift, deutlicher erkennbar zu machen
gewefen.
Kiel. G. Ficker.
Lohr, P. Gabriel M., O. P.: Beiträge zur Gefchichte des Kölner
Dominikanerklofters im Mittelalter. Teil IL Quellen, i,eipzig:
Otto Harraffowitz 1922 (376 S.) 8° = Quellen und Forfchungen z. Gefchichte
des Dominikanerordens in Deutfchland, 16. u. 17. Heft.
Gz. 12.
Seiner vor zwei Jahren erfchienenen Gefchichte des
Kölner Dominikanerklofters läßt L. hier die in Ausficht
geftellten Quellen folgen. Es ift ein ftattlicher Band, ein
Urkunden- und Regeftenwerk gemifcht etwa nach Art
der heffifchen Klofterarchive. Es ift begreiflich, daß man
folche Publikationen in Deutfchland nur mit ausländischer
Hilfe veranftalten kann. Der Band enthält 876 Nummern,
von denen die letzten 15, die längeren Streitigkeiten mit
der Stadt und die Papftbriefe, grundfätzlich das Inter-
effantere find; die 861 vorangehenden Stücke find fpe-
ziell für die Gefchichte des genannten Klofters wichtig.
Hier ift befonders die erfte Hälfte des 14. Jahrhunderts
bemerkenswert durch Häufung der Rechtsgefchäfte wie
Teftamente, Stiftungen, Kauf, Taufch, Sühne, Schlichtung
von Streitigkeiten, die einen Einblick in die wirtschaftliche
Lage des Klofters geben. Hinfichtlich der Bearbeitung
bleibt mancherlei unerfüllt: es fehlt ein Namen- und Sachregister
, ebenfo ein Gloffar. Der Hrsgbr. hat Sich auf
ein Verzeichnis der vorkommenden Ordensbrüder beschränkt
. Ausstattung und Druck find glänzend.
Wolfenbüttel. Otto Lerche.
Pauls, Landesbibliothekar Dr. Volquart: Geschichte der Reformation
in Schleswig-Holstein. Kiel: R. Cordes 1922 (43 S.) 8".
Wolgart, Priv.-Doz. Dr. jur.: SchleswigHolsteinische Kirchenverfassung
in Vergangenheit und Gegenwart. Betrachtungen aus Anlaß
der fchl.-holft. verfaffunggebenden Landeskirchenverfammlung
1921. Kiel: R. Cordes 1922. (46 S.) 8°.
Eine kurzgefaßte und die Ergebniffe neuerer Forfchungen
treu verwertende Reformationsgefchichte Schles-
wig-Holfteins war ein fchon lange empfundenes Bedürfnis
. Pauls hat die Aufgabe trefflich gelöft und gibt eine
anziehende, gut lesbare Darftellung diefer Gefchichte, die
zwar zunächst nicht eine ins Große gehende allgemeinere
Bedeutung hatte, aber wegen der Beziehungen zu Wittenberg
-Dänemark im Rahmen der Reformation Nord-
deutfchlands eine wichtige Stellung einnimmt. Wir find
jetzt dabei, alles aufzuarbeiten, was Sich an Urkunden und
Quellen für jene Zeit in unferem Lande erhalten hat; und
fo wird Sich vielleicht mancher kleine Zug noch Pauls'
Darftellung einfügen laffen.
Der Jurift Wolgaft hat es mit dem gegenwärtigen
(d. h. bis zur Einführung der neuen Kirchenverfaffung)
Beftand der Schleswig-Holfteinifchen Landeskirche zu
tun, wobei felbftverftändlich ein hiftorifcher, vom Standpunkte
des Kirchenrechtslehrers aus gearbeiteter Unterbau
nicht fehlen durfte. Die Schrift war gedacht als ein
Mittel, den Mitgliedern der verfaffunggebenden Kirchen-
verfammlung zu zeigen, welche Faktoren für die Ver-
faffung in Betracht kämen, wie kompliziert Sie fei, welche
Aufgaben fie ftelle. Der Zweck ift infolge der Klarheit
der Ausführungen, ihrer Vollständigkeit, auch des warmen
Tones und der Liebe zu unferer Landeskirche erreicht
worden und ich glaube, daß fie auch Nicht-Schleswig-
Holfteinern felbft jetzt noch gute Dienfte leisten kann,
wie auch deffelben Verf. größeres Werk über die rechtliche
Stellung des fchleswig-holfteinifchen Konfiftoriums
(erfchienen 1916).
Kiel. G. Ficker.
Bufch, Friedrich: Beiträge zum Urkunden- und Kanzleiwefen der
Herzöge zu Braunlchweig und Lüneburg im 13. Jahrhundert. 1. Teil:
Bis zum Tode Ottos des Kindes. (1200—1252). Mit einer Lichtdrucktafel
. Wolfenbüttcl: J. Zwißlers Verlag 1921. (84 S.) Lex.-8».
Mit der Erhebung der Lande Braunfchweig und
Lüneburg zum Reichsfürftentum auf dem Pfingftfefte zu
Mainz 1235 trat an die Spitze der fürstlichen Schreibstube
ein geistlicher Beamter der Reichskanzlei, wahrscheinlich
derfelbe, der die feierliche Urkunde gefchrieben
hatte, mit der Kaifer Friedrich II. den Herrn Otto von
Lüneburg in feiner neuen Würde feierlich bestätigte.
Während der Gefchäftskreis der braunfehweigifchen Herzöge
feit Heinrich dem Löwen und noch zu Zeiten des
Pfalzgrafen Heinrich und feines kaiserlichen Bruders ein
großer gewefen war, handelt es Sich nun um einen engen
Kreis rein lokaler Angelegenheiten, Vergabungen an die
Kirche zum Seelenheil, Belohnungen treuer Dienfte und
gelegentliche Verwaltungsmaßregeln. Bei der Ausübung
der Gefchäfte bedient Sich der Herzog des Hofkaplans
oder anderer geistlicher Hilfe. Die Arbeit Bufch's ift die
befte derartiger Unterfuchungen über eine fürstliche Kanzlei,
die in den letzten Jahren bearbeitet ift.
Wolfenbüttel. Otto Lerche.
Reichert, D. Otto: D. M. Luthers September-TePtament in feinen
und feiner ZeitgenoffenZeugniffen. Wittenberg Luther-Gefellfchaft 1922.
(16 S.) 8°.
Das eindrucksvolle Büchlein enthält Quellenftellen aus Briefen
Luthers und Melanchthons zur Gcnefis des Septembertcftaments, eine Be-
fchreibung u. Würdigung desfclben (Vergleich mit der vorlutherifchen
Bibelüberfetzung) wie auch des Dezemberteftaments und Urteile über die
Lutherbibel von Freund und Feind.
Zwickau i. S. O. Clernen.
Liefe, Willi.: Gefchichte der Caritas. 2 Bde. Freiburg i. Br.: Caritasverlag
1922 (VIII, 394., VIII, 293 S.) gr. 8°. Gz. 10.
1895 erfchien G. Uhlhorns Gefchichte der christlichen
Liebestätigkeit, ein Werk von höchstem Verdienst