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Ausgabe:

1923 Nr. 5

Spalte:

104-106

Autor/Hrsg.:

Robinson, J. Armitage

Titel/Untertitel:

Barnabas, Hermas and the Didache 1923

Rezensent:

Anrich, Gustav Adolf

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103 Theologifche Literaturzeitung 1923 Nr. 5. 104

ihr Ertchaffenwerden durch Gott, von dem der Menfch
feine ,freie' Handlung als eine fertige Größe einfach annimmt
. Dies ift die Lehre Afcharis von der,Aneignu ng',
die die Prädeflinationsfrage eher als eine unlösbare klarlegt
, als fie befriedigend löft. Daß in dem Terminus
,was fie erworben haben' eine ganze Weltanfchauung
fleckt, wird kein Nichtarabift aus der Überfetzung vermuten
.

Diefes Beifpiel führt zu der Frage des reftlofen Ver-
ftändniffes eines Kulturdokumentes. Jedes Zeugnis der
Geifteskultur ift ein Exponent feiner Zeit und kann nur
aus diefer verftanden werden. Ein Uberblick über den
Gedankenkreis der Zeit wird daher für die Lektüre von
G. vorausgefetzt. G.'s Syftem ift noch nicht genügend
klargeftellt. Wichtiger als die Veröffentlichung von neuem
Rohmaterial fche nt es mir daher zu fein, den Aufbau
der Gedanken und des ganzen feelifcben Erlebens G.'s
überfichtlich auf Grund markanter Originaltexte zu entwickeln
; denn erft auf diefer Folie und innerhalb diefer
Szenerie find feine Emzelausfuhrungen verftändlich. Den
Luxus großer Textveröffentlichungen folhen wir auf fpä-
tere wirtfchaftlich glücklichere Zeit verfchieben. Ohne
jenes führt diefer leicht zu Mißdeutungen, wie fie gerade

Wahrheit der Predigt von ihm, oder aber als eine
Mahnung und Stärkung der Gläubigen in Hinficht rechten
Verhaltens, das habe man ignoriert oder allenfalls halb
zufällig mit feftgehalten im Gedächtnis. Was zunächft
mündlich in der Gemeinde überliefert, ausgefchmückt
und in feinem Belange klargelegt worden, fei dann zu
gegebener Zeit auch literarifch verarbeitet worden. Man
müßte die Evangelien zu richtiger Deutung immer darauf
anfehen, was der praklifche Hintergrund fei dafür, daß
gerade diefes und jenes Stück in der Erinnerung geblieben
und für die Dauer in fchnftlicher, buchmäßiger
Erzählung fixiert worden. Beachte man das, fo begreife
man auch und erft, meint Baldenfperger, warum die Szene
vor Pilatus, die an fich doch wirklich nebenfächlicher
Art fcheinen könne, folche Beachtung gefunden habe,
wie die Evangelien, und nicht nur fie, deutlich zeigten.
Teils habe man in ihr die Erfüllung bedeutfamer Weis-
fagungen gefunden, teils eine Ermahnung zu tapferer
Bekundung des Chriftenftandes vor Gericht und in Todesgefahr
um des Evangeliums willen. B. faßt die paä-
netifche Verwendung der Szene als Hauptthema in's
Auge und beieichtet fpeziell 1. Tim. 6, 12, den Hinweis
auf Xptöröc J/jOoöq als (ja{>TV(>r/r>(xg tjrt üovxiov IliAaTov

über G. fo fehr verbreitet find. j rrjv xaArjv o^ioXoylav. Was er ausfuhrt, ift ein beaihtens

Zahlreich find die Probleme, die fich an Hand des j werter, in manchen Einzelheiten neuartiger Beitrag zur
dargebotenen Stoffes ftellen. Sie können aber erft in j Gefchichte der erften Chriftenverf tkgn ngc n, des Zufammen-
einer fyftematifchen Darftellung zur Behandlung kommen, ftoßes des Glaubens an den Kvyioq Irjoovq und des
Das .Verbotene und Erlaubte' wirkt in geradezu phy- Kultes, den der Staat für den KvQioq KaloaQ verlangte,
fifcher Weife. Diefe wird mit dem Ethifchen in außer- i Naturgemäß erweitert fich die Studie zu einer Beleuchtung

ordentlich nahe Beziehung gefetzt. Die Verfchlingung
diefer beiden Linien wäre zu verfolgen. Die erftere ift
ohne Zurückgehen auf animiftifche Vorftellungen nicht
zu verftehen. Dasfelbe gilt auch von dem Gedanken
(S. 115), ,Der Teufel durchfließt den Menfchen wie das
rinnende Blut.' Aus den Werken Scharanis find die
,Kanäle des Teufels' bekannt, d. h. die beiden Ausfchei-
dungskanäle des Menfchen. Würde der Muslim mit unbedeckter
Scham beten, fo würde der Teufel auf diefem
Wege in den Leib desfelben ,hineinfließen'(l) und das
Gebet ungültig machen.

des Artikels im Tauffymbol, der Xq. 'I. als oravQco&üq
tjtl II. W kennzeichnet. Ich hätte in letzterer Beziehung
mancherlei Einwendungen zu erheben. Die Frage ift erheblich
verwickelter, als B. fieht. Seine Auffaffung der
Stelle im Timotheusbrief halte ich alles in allem erwogen
für richtig. Daß B. den Schwierigkeiten fämtlich begegne
, kann ich nicht fagen. Aber er bewährt doch
den richtigen B.ick. Er meint, .Timotheus' werde der
Gemeinde vorgeführt als einer, der fchon einmal in
Todesgefahr treu befunden, angefichts einer neuen aber
nun erft recht gemahnt werde, nicht zu vertagen. Man

Neben folchen derben Vorftellungen find aber auch j berührt dabei die fchwierige Frage, wie die .Notizen' in
zarte zu verzeichnen, wie fich aus einer Studie über die ! den Paftoralbriefen zu bewerten find.
Gottesfurcht ergeben würde. Mit wara1 wird etwas an- Halle a. S. F. Kattenbufch.

deres bezeichnet als mit häuf. .Behutfamkeit' und .Furcht

in der Überfetzung fpiegeln diefe Feinheiten nicht deutlich
wieder. In dem tslamifchen Begriffe des ethi ch
Guten find die älteften Kulturlchichten von der dyna-
miftifchen und animiftifchen an bis zur höchften geiftigen
Gefinnungsreligion deutlich nachwe;sbar. Ihre Lagerung
und Harmonifierung erfordert j doch eine lyftematifche
Behandlung des G.-Problems. Diefe ift daher ein dringenderes
Bedürfnis als materiell genaue Überfetzungen.

Dem Verfaffer muß man dafür Dank wiffen, daß er
die Vielfeitigkeit und Eigenart des G.-Problems von
neuem gezeigt hat.

Bonn. Horten.

Baldensperper. G.: II a rentfu temoigrage fevant Ponce Pilate.

(Cahiers de la Revue d'histoiie et de philo^-o) hie re.igiei.ses publies
par la lacul e de theologie protestan'e de l'universi'e de Strasbourg,
Nr. 2.) (50 S.) Sirasbourg, Librairie Istra 1922.

Eine gdchickte, feffelnde Unterli chi ng. Sie will an
einem bezeichnenden Bei'piele einführen in ein Verftändi is
der Art und Weife des Inteieffes an der Chriftus-
gefchichte, wovon die Urgemtinde befeelt gewefen.
Es habe fich für diefe im zweierlei gehandelt: im die
ErfülU ng der Weisiagunt en von dem Meffias ind um eine
Auiweifing fowie Aiswerting des Vorbildes Jefu als
Me fias. Alfo ein dogmatifches und ein ethi ches Bedürfnis
habe dazu gefuhrt, in mer wieder davon zu .erzählen
', wie Jeffs .gelebt' habe, was ihm widerfahr n,
was an ihm gefchehen, und was er getan, wie er fich
verhalten habe. Was nicht ausgewertet werden konnte
als Beweis für Jefu wirkliche Meffianität, als Stütze der

Robin Ton, J. Armitage, D. D.: Barnabas. Hermas and the Didache.

Being the Donnellan Lectures delivered beiore the University ol Dublin
in IQ20. London, S. F. C K. 1920. (V, 119 S.) 8". 6 sh.
Die hier gebotenen Vorlefungen des bekannten Gelehrten
behandeln die genannten urchriftlichen Schriften
in der Hauptfache unter dem Gefichtspunkt des Problems
der Didache und ihrer Quellen und find infofern e ne
Weiteifuhiung einer 1912 im Journal of Theological Stu-
dies veröffentlichten, hier als Anhang wieder abgedruckten
Studie über letztere Schrift. Sie bieten eine Lölung, die
unter überrafchender, tehr abschätziger Beurteilung
der Didache teilweile zum erften Anfang der Didache-
forfchung zuvücklenkt.

Die Studie von 1012 faßt den zweiten Teil der Didache
in leirer Abhängigkeit vom Neuen Teftament ins
Auge. Der .Didachift', fo kutet die Thefe, hat gar nicht
die Abfüllt, die kirchlichen Einrichtungen feiner Zeit
richtunggebend zufammenzufaffen, er will vielmehr die
Matth. 2820 den Apofteln anbefohlene öidax^j an die
tffr?/ fo formulieren, wie die Apoftel fie formuliert haben
könnten. So lehnt er fich durchweg an .apoftolifche'
Schriften an, bietet aber, weil er nicht zitieren und nicht
einem einzelnen Apoftel folg'n wi 1, eine ganz raffinierte
Kombination. Der Abfchnitt 6 2_3 fetzt Act. 1510 28
vortus (Lvyov, ßaoräoai, äjrdxto&ctt tWcoX.oUvTciv), 63
jitQ) Tqc ßgwoteoe ftan mt aus 1. Cor. 84, wie die weitere
Hi Führung mi' jn pl dt 1. Cor nachgebildet ift. D e Eu-
chariftiegebete find vom Verf. felbft komponiert, haupt-
fächheh durch Anleihen aus Joh. (auch tvxaQiorttv,
nXrjOÜiji ai, xAao/ia aus Joh. 6uff.), JiorrjQiov und feine