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Ausgabe:

1923 Nr. 5

Spalte:

101

Autor/Hrsg.:

Wide, S.

Titel/Untertitel:

Griechische und römische Religion. Einleitung in die Altertumswissenschaft, hrsg. v. A. Gercke u. E. Norden. II. Bd., 4. Heft 1923

Rezensent:

Anrich, Gustav Adolf

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IOI

Theologifche Literaturzeitung 1923 Nr. 5.

102

meift nach eigener Überfetzung, die, wenn fie dichterifchen
Werken entnommen find, in fehr guter Nachdichtung
gegeben werden.
Marburg. Rudolf Otto.

B6 Yin Rä: Das Mylterium von Golgatha. Leipzig, Verlag Magifche
Blätter (XI, 129 S.) kl. 8°. Gz. 0,85.

Das .Buch vom Jcnfeits' diefes deutfehen Autors mit dem etwas
auffälligen Pfeudonym habe ich Th. Ltzg. 1921, I2t f., kurz angezeigt.
Im Verlage der .Weißen Bücher' (Kurt Wolff-Verlag) in München find
noch fünf andere Bücher von ihm erfchienen. Vorliegendes Opusculum
geht mich als Indologen eigentlich nur info!ern etwas an, als zwei oder
drei indifche Ausdrücke darin vorkommen (von denen noch dazu einer,
Hätayoga zweimal, 83 und 84, l'alfch fo ftatt Hathayoga gefchrieben
ift), und einige inditche Philofophiefätze als Nährbouillon feiner Gedankenkulturen
nachzuweilen find. Einiges von dem, was er vorbringt,
kann man fich gefallen laffen, wenn es auch nicht überwältigend neu
ift: In der Reihe der Menlchheitsiührer fleht lefus am höchften, da er
die Liebe verkörpert. Seinen Kreuzestod (teilt Verf. darum in den Mittel
punkt feiner Erörtei ungen. Jefu vor allen müften wir nacheifern, ,ohne
Liebe kann dir niemals Erlöfung werden' (44). Der Menfch foll nach
der Einigung mit der Gottheit ftreben. In ihm felbft ift der Zauberbrunnen
(31). Auch das wollen wir bereitwilliglt anerkennen, daß Verf.
zu denen gehört, denen das Überempirifchc die Hauptfache ift, und die
einen Weg zum Wahren fuchen. Ob fein Weg aber der rechte ift, fleht
dahin. Er bchaup et, nicht Spiritift oder Okkultift zu fein. Er ift es aber
doch, denn er erkennt fpiritiftifche und okkultiftifche Kräfte, Leiftungen
und Sätze als ganz felbltverftändlich an (52, 57 f., 61, 81, 85, 82, 92 f.,
q6, 102), nur daß er fich als darüberstehend erachtet. Er rechnet nämlich
auch fich (f. z. B. 88, 127, 125 '6, 121) zu den .Führern' (59, 89),
den .Leuchtenden des Urlichles' (66, 89), den .Meiftern der Weißen Loge'
(S9, 117 —126, was aber ein bloßer Name fei), zu der und denen auch
Jefus gehört, und der ,auch Pythagoras und Plato ihr Beftes dankten'
(5). Neben dem einen göttlichen Urprinzip (z. B. 108 f.) weiß er doch
von lemurenhaften Wefen (z. B. 57 f.) zu berichten, .Bewohnern der
unfichtbaren Teile der phyfifchen Welt' (57, 63 fr., 87, 92 ff.), und von
.mächtigen unfichtharen Intelligenzen', die ,nur zeitlich befristetes Leben'
.haben' (42, 107, 112 f.). Auch die Meifter der .Weißen Loge' existieren
als individuelle Wefen vor ihrer erdcninenfchlichen Geburt', ufw. Man
fragt nur immer wieder, woher ihm folche Kunde gekommen ift. Er
beruft lieh auf fein Fühlen oder Erleben (128), auf .direkte Anfchauung'
(114). Wen aber fchon fein Sprachgefühl fo weit im Stich läßt, daß
er z.B. .gebärr und ,frug' ftatt .gebiert' uod .fragte' fagt, denen meta-
phyfifchem Fühlen wird nicht jeder vertrauen wollen. Für einen .Leuchtenden
des Urlichtes' kann er auch recht wacker fchimpfen (73 ff, 97 f)
König^erg i. Pr. R, Qtto Franke.

Wide.S. u. Nilsson, HP.: Griechilche und rö 1 iTehe Religion. Einleitung
in die AltertumswilTenfchaft, hrsgeg. v. A. Gercke u. E. Norden,
II. Band, 4. Heft. Leipzig B. G. Teubner 1922. (103 S.) 8°. Gz. 1,6.
Wide's bekannte Cberficht über die griechifche und rümifche Religion
, deren zweite Auflage 1912 erfchienen war, liegt hier, von Nilffon
überarbeitet, von neuem vor. Diefer letztere hat den an die Quellen zur grie-
chilchen Religion anfchließendenSchlußabfchnitt.Gefichtspunkteund Probleme
' völlig neu gearbeitet und von JVj auf 11 Seiten erweitert und an die
Quellen zur römifchen Religion einen entfprechenden kurzen Abfchnitt angefügt
. Dafür find'l'/j Seiten Literaturangaben gestrichen und die Darstellung
der griechifchen Religion durch Auslaffungcn um etwa 6 Seiten gekürzt
, ohne fonftige nennenswerte Eingriffe in den Text. So ift der
Umfang dcrfelbe geblieben. Die vortrefflich orientierende und dabei

zuverlälfig befchrieben find.1 Ins Bodenlofe verfällt die
Interpretation, wo Sprach- und Literaturdenkmäler
berückfichtigt werden, wo z. B. für die deutfehe Stein-
plaftik des Mittelalters die Eddamythologie der Skandinavierin
Kontribution gefetzt wird.2 Da der Verf. auf philologischem
Gebiet eingeftandenermaßen nicht kompetent
ift, durfte er in die Erörterung fo eminent philologifcher
Probleme wie die mythologifchen es find, nicht eingreifen
. Ich verwehre es ihm nicht, auf feine völkifche
oder religiöfe Gerinnung fich zu berufen, aber er follte
doch zum minderten wiffen, daß Mythologie etwas ganz
anderes als Religion ift und daß daher, felbft wenn zwifchen
Nordgermanen und Weftgermanen eine Art von Glaubens-
gemeinfehaft (Kultus) beftanden haben follte, damit über
den Mythus nicht das geringfte entfehieden ift. Es
lohnt fich darum nicht, das Verfahren des Verf. im einzelnen
zu begutachten,3 das ihm ermöglichte, die Götter
der altnordifchen Mythologie in den von der bildenden
Kunft des chnftlichen Mittelalters verherrlichten .Helden'
wiederzuerkennen.

1) Das Hakenkreuz, ein die Phantasie des rafleftolzen Autors be-
fonders fefftjndes Symbol, ift in die verfchiedenflen Muster hineingefehen
worden (.Hakenkreuz und Sonnenroffe' S. 251 ff; vgl. ,die heraldifche
Linie oder die dreiflammige Kerze' S. 323 ff; .Bandverfchlingung' S. 339 ff).

2) ,l)cr Untergang der alten Götter' S. 39 ff; ,der einarmige Schwertgott
und der FenriswolP S. 63 ff. (Kreuzgang in Berchtesgaden!.

3) Vgl. cue Bemerkung auf S 124; Heidenkirchlein (Wodansbild
von Hünningen) S. 270 ff. (z. B. S. 282 f.); Kapelle in Schwertsloch
(,Hain des Schwerlgotles') S. 24 f. u. a.

Kiel. Friedrich Kauffmann.

Bauer, Hans: Islam (che Ethik III: Erlaubtes und verbotenes Gut. Das

14. Buch von AI Gazalis Hauptwerk der Religionswiffenfchaften.
Halle a. S.: Niemeyer 1922 (212 S.) 8°. Gz. 5.

Die Überfetzung des 14. Buches von Gazali's Neubelebung
der Religionswiffenfchaften ift eine ftreng wörtliche
und als folche eine Vorlegung von Rohmaterial für
eine ideengefchichtliche und lyftematifche Betrachtung.
Diefe wird erft das eigentliche wiffenfehaftliche Verftänd-
nis G.'s bringen, der in der Linie der inneren Reformbewegungen
im Islam fleht. Sie haben nicht zu rituellen
und juriftifchen Abfpaltungen geführt, fondern eine Neubelebung
und Vertiefung der religiöfen Gefinnung bewirkt
. In jeder .Periode' erwartet man einen Reformator,
wie dies fogar Qazwini in feinem kosmographilchen Werke
erwähnt, wo er über Basrah fpricht. So felbftverltändlich
und allgemein verbreitet war diefer Glaube.

Das hier behandelte Material ift für das Verftändnis
G.'s außerordentlich wichtig. Zeigt es doch, daß er, fü.
den der Islam die tieffte Gefinnungsreligion ift, die
Gefamtheit der Ritualvorfchriften mit peinlicher Genauigkeit
übernimmt und in keiner Weife von der Tradition

r

1 uucrnmiiiiL unu in Keiner weite von der Tradition
gutTesWeÄ abweicht Er kämpft darin gegen den Subjektivismus

der Religiofität legt und dabei Ii„ Aufiäffungen und Be- j der Myftiker, die den äußeren Rahmen des Islam auf-
berückfichtigt, infonderheit tuenjue überfichtlich darlegt, braucht I iöfen wollten, um alle Religion in das Subjekt zu verlegen.

arbe.tungen der antiken-"WC*««* Uafl die Einteilung in die beiden ; q jfl. dem gegenüber ein prinzipieller Objektivift, der der

Häf^enmtriechifche und Römifche Religion bei materiellen Formen als Kleid für fein religiöfes Innenleben

rrften aalte bis ^^.^^X^mc&Si^n ; nicht entbehren kann. Das Material hierzu weiteren
mehr zur altgr.echifchen die *»^3rÄ«i m Parallele zu fetzen Kreifen vorgelegt zu haben ift gerade deshalb jetzt zeit-
die hell«Ze^^^°iX^t den Schluß zu bilden hä-te, gemäß, weil jüngft auf Grund von allerfchlimmften Mißver-
w (,rBearbeiter felbft S. 316 au^efprochen, wie er auch fonft gelegent- b,andniffen der Originaltexte von einem .Subjektivismus
m£L (^Biß«Lt*> andeutet (S. 286). Von fernen Zufatzen find be- ; „efprochen wurde.

hch lernen i/iu»" 1 < ,. „timographi che Methode & . F . T, , . , . ,. r -n

fonders intereffant die Ausführungen u^rk^ifXmvkeSircheii Religion ; Bei einer Darbietung von Rohmaterial wie diefer ift
(S. 273I1.) und Uber das Nachleben der kreU.cn my , ^ j^^^ d;e fich ftellt: kann man aus der Uber-

is. 278fr.). Anrieh, j fetzung den ganzen Sinn des Originals erkennen, lo daß

Bonn-___._--■--- | aUch ein Nichtarabift allein auf Grund der Überfetzung

n.nn Frich- Germanir.'he Götter und Helden in chriftlicher Zeit. kulturwjffenfchaftlich über G. und feine Zeit arbeiten
Machen Lehmanns Verlag .922 (303 S.) - Beitrag zur Entw.ck- ^ muß vernejnt werden, ohne daß damit der

lungsge chichte der dtfeh Geftesform. den'deutfcheri ' Überfetzung ein Vorwurf gemacht werden foll. Das Ori-

Der Verf. d-efes Buches komm' ^^«JfflS^S ' ginal ift fem- reich an prägnanten Ausdrucksweifen und
Kunftdenkmälern her und ftellt, WM WrY«M die im Deutfchen&nicht den vollen Reichtum des
nicht unerwünfeht fein m«, l^f^^S"^^ Originals haben. S. 9, 2 fteht: .über ihr Inneres herrfcht,
Material zufammen. Es Ut nur die 1'<if,e, 00 . ■ wasfaf,e erworben haben'. .Erwerb' als Terminus bedeutet

der *MMm.^^^^±SS^S£ fowohl die Freiheit der menfehlichen Handlung als auch
ikonographifchen Deutung zu uiunoe geicöi.ci