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Ausgabe: | 1923 Nr. 4 |
Spalte: | 83-84 |
Autor/Hrsg.: | Wilpert, Joseph |
Titel/Untertitel: | Wahre und falsche Auslegung der altchristlichen Sarkophagskulpturen 1923 |
Rezensent: | Lietzmann, Hans |
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Theologifche Literaturzeitung 1923 Nr. 4.
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ungleich umfangreicheren undatierten Materials erhalten
werden, erfahren wir nicht.
Das Supplement bringt in großem Umfang Nachträge
zu den in Bd. I bereits publizierten Infchriften, oft
beffere Klifch.es, beffere Lefungen, neue Ergänzungen,
Litteratur und dergl.; dabei wird im Wiederabdruck des
früheren gelegentlich allzu verfchwenderifch verfuhren;
nicht nur, daß der ganze Text ohne Not wiederholt wird,
fondern auch de Rossis Kommentar wird in ziemlichem
Umfang abgedruckt, ohne daß aber die erfte Ausgabe
nun völlig überflüfiig gemacht würde. Etwa den dritten
Teil bilden die feit 1861 neu hinzugekommenen Infchriften
, die bisher nur in den Ausgrabungsberichten des
Nuovo Bullettino oder der Notizie degli Scavi zu finden
waren. Auch diefe find vielfach verbeffert in Lefung
und Interpretation. Lehrreich für die gelegentlich erforderliche
Vorficht ift n. 1820, wo die Photographie in
Marucchi's Monum. crist. del museo Pio-Lateran. Tab.
72 n. 10 infolge falfcher Übermalung verlöfchter Buch-
ftaben irre führt. Zu wünfchen wäre, daß von der Um-
fchrift in Minuskel mit Auflöfung der Abkürzungen und
ftärkerer Ergänzung reichlicher Gebrauch gemacht würde:
denn nicht immer ift man ficher, wie der Herausgeber
den Text interpretiert.
Einige Einzelheiten mögen noch angemerkt fein. N. 1421 Casiati
vgl. CIL XIII 10010, 470. N. 1444 ergänze Onesemo. N. 1452 ift wohl
richtig von Gatti hervorgehoben, daß Fliavi) Aurieli) casarius zu interpretieren
fein wird, denn das Cognomen Lentulus geht vorauf; intereffant
der altteftamentliche Frauenname Lea (vgl. N. 1721). Die letzte Zeile
fcheint ganz durchzulaufen: vielleicht ftand da fo etwas wie Fr miste
cu[m esset oriundd] Romae vixit dies XXII. oder Preniste cuni vixisset
annos . . .] Romae vixit dies XXII. Denn Lea hat im ganzen x Jahre
und dies XX . ., doch wohl dies XXII gelebt: dann wäre in der dar-
untergefetzten Zeile auf den merkwürdigen Zufall hingewiefen, daß fie
die volle Zahl ihrer Jahre in ihrer Heimatftadt Praeneste, die Zahl der
überfchießenden Tage in Rom zugebracht hat. N. 1458 ein Catodus
oder Catodius begegnet CIL XIII 10021, 26. Bei N. 1504 exorcista de
katolika a Partenium wird zu verliehen fein wie CIL XV 7192 acolito a
dominicu C/ementis: es muß alfo im IV Jh. eine Kapelle des hl. Parthe-
nius (und Calocerusl gegeben haben, von der uns fonft keine Kunde erhalten
ift. N. 1513 hat Gatti gut ergänzt labortim autrix cas[titat]is
socio: er fcheint nicht gemerkt zu haben, daß das ein jambifcher
Trimeter ift, der nur im zweiten Fuß eine falfche Länge hat, fobald man
Buchlatein (adiutrix) herftellt: aber was da fteht und gesprochen wurde,
ift korrekt. N. 1604 hätte wohl notiert werden dürfen, daß isculsi
vulgär für sculpsi ift. N. 1676 ergänze eko Pi(avius) Victor nie vibos |
conparasse cum con\iuge me]a locum liunc a Sat]ur(nino) /ossärem.
Die Formel me vivos ift nicht auffällig (vgl. N. 1791 Diehl, Vulgärlat.
Infchr. n. 1444), conparasse wie N. 1858 die Form des Excerpts aus dem
Grundbuch: ob constat daftand, ift mehr wie zweifelhaft. Solche Infinitive
begegnen Diehl Vulg. Infchr. n. 1075. Bei folchen chronologifchen Problemen
, wie fie durch N. 1754 aufgeworfen werden, wäre es in Zukunft gut,
die entfcheidenden Daten hinzuzufetzen: alfo hier für den 23. Aug.
386 ab. 6h die Länge des Mondes X = 296O9, fo daß der Mond im Steinbock
(270°—3000) ftand; Neumond am 11. Aug. nachm. ih 40m, alfo war
der Mond in der Nacht vom 23. auf den 24. Auguft 12 Tage alt. Seit dem
Erfcheinen von F. Wislicenus vortrefflicher aftronomifchen Chronologie
(1895I und vollends den größeren Chronologifchen Tatein von R. Schräm
(19081 und P. V. Neugebauer's Tafeln zur aftron. Chronologie (II 1914)
find diefe Dinge auch dem Hiftoriker keine Geheimniffe mehr. Ebenfo
zu N. 1842: Vodmond am 17. Sept. ab. 9h 7m; dann muß ausdrücklich
bemerkt werden, daß von allen Daten des III. und IV. Jh.,
an denen der Volimond in die Nähe des 17. Sept. fällt, nur das Jahr
392 die'en 17. Sept. auf Freitag fallen läßt. Erft wenn das feftgeßellt
wird, leuchtet dem Lefer die Beweisführung ein, die (völlig richtig)
E. Millosevich dem Herausgeber vorgetragen hat N. 1805 ift Timatio
für Timasio als datiertes Beifpiel (v. J. 389) der Ausfprache tio = zio
wichtig. N. 1837 fteht bei Buecheler Carm. epigr. 1345. N. 1841
ift wohl zu ergänzen Erittoni. N. 1853 v. 2 picon lT^ dürfte fein
CTuin rtL
Jena. Hans Li etzmann.
Wilpert, Jo'eph Wahre und fallch« Auslegung der altchrirtlichen
Sarkophaglkulpturen. (Sonderabdiuck a. d. Zeitfchrift f. kathol.
Theologie 46) (53 S.) 8°. Innsbruck, Fei. Rauch 1922.
Diefer Auflatz Wilperts aus der Zeitfchr. f. kath.
Theologie ift — leider mit anderer Paginierung, was ftets
vom Übel ift — auch separat erfchienen und verdient
forgfältige Beachtung von Seiten der Archäologen. Er
ift ein Vorläufer des feiner Vollendung entgegengehenden
Corpus der römifchen chnftlichen Sarkophage und
behandelt an der Hand gut gewählter Beifpiele die Grund-
fätze, nach denen die Sarkophagreliefs zu interpretieren
find. W. bewegt fich in der gleichen Richtung weiter,
die er in feiner Interpretation der Katakombenmalereien mit
gutem Erfolg eingefchlagen hat. Er weift mit Recht aut
die Einfachheit als das Grundgefetz der Kompofition
hin und die Wahl des wichtigften Momentes der Handlung
als entfcheidenden Gefichtspunkt für die antiken
Künftler. Sodann geht er auf die Mittel ein, durch welche
die Bildhauer fich verftändlich machten. Das find vor
allem Geften und Gewandung. Hier zeigt fich W.'s durch
jahrelanges Studium gewonnene Kenntnis des Materials
bis zu den kleinften Bruchftücken und fein energifches
Strebennach faubererBeobachtung und präziferErklärung
in beftem Lichte. Es fei befonders hervorgehoben, daß
die fogenannten Judenmützen nun wohl endgiltig als
.pannonifche' Pelzmützen erkannt und ihre Träger durch
fie ftets als Soldaten charakterifiert find. Welche Folgerungen
daraus für die fog. ,Bedrängung Mofis' fich ergibt
— die in Wirklichkeit die Verhaftung Petri ift — hat
W. in den Studi Romani III 14—34 gezeigt, wo dann
freilich zuletzt beim Beweis der päpftlichen Unfehlbarkeit
aus einem Sarkophag von Arles (S. 32) der Dogmatiker
mit dem fonft fo nüchternen Archäologen durchgeht.
W. behandelt dann das ftereotype Weitergeben der einmal
gefchaffenen Formen und fügt einen Abfchnitt über
.mißbräuchliche Verwendung von Petrusdarftellungen aus
dem chriftlichen Altertum' an, in dem nur kurz die Paffio
ss. Processi et Martiniani erwähnt, vor allem aber gegen
moderne Gelehrte polemifiert wird, die die von W. als
Petrusscenen gedeuteten Darftellungen anders erklärt
haben. Die Schärfe des Tones, die auch fonft in dem
Auffatz zu bemerken ift, geht hier für mein Empfinden
weiter, als zur wirkfamen Darlegung des eigenen Standpunktes
erforderlich ift. Und wenn W. meint, diefe, ausweichenden
Erklärungen' .bewiefen nur, daß die Petrusdarftellungen
den genannten Interpreten einen natürlichen
Widerwillen einflößen, daher nicht befruchtend
auf das Erkenntnisvermögen derfelben einwirken können'
(S. 46), fo hat er diefen Beweis jedenfalls nicht mit den
Mitteln ruhiger, fachlicher und leidenfchaftslofer Beobachtung
und Interpretation gewonnen, die wir ihn fo gern
gegenüber feinen archäologifchen Objekten anwenden
lehen. Denn, wie beim Lefen des letzten Abfchnitts
über ,Symbolifche Bedeutung der Sculpturen' ohneWeiteres
zu Tage tritt, Meinungsverfchiedenheiten über Deutung
und Auffaffung des Tai beftandes wird es auch künftig
geben, fo fehr uns W.'s Arbeit in methodifcher Hinficht
gefördert hat und noch fördern wird. Und in der Wiffen-
Ichaft gilt das m terra pax hominibus bonae voluntatis
vom ehr.ichen Willen zur Wahrheit, der ftets zu lernen
bereit ift.
Jena. Hans Lietzmann.
Baehrens, Prof. Dr. W. A.: Origenes Werke. VII. Bd. Homiiien
zum Hexateuch in Rutins Überietzung. II. Teil, Die Homiiien zu
Numeri, Jolua und Judices. (Griech. chrilU. Schriftfteller der eilten
drei Jahrhundertc. Bd. 30.) (621 S.) Gr. 8°. Leipzig, J. C. Hin-
richs 1921. Gz. 20,5; geb. 24.
Dem erften Teil der Homiiien zum AT (Genefis,
Exodus, Leviticus), der in diefer Zeitfchrift 1921, Nr. 9/10
Sp. 103 ff., befprochen worden ift, hat der Hrsg. den
zweiten Teil fchon nach Jahresfrift folgen laffen. Beide
Teile ruhen auf denfelben gründlichen Arbeiten zur Text-
gefchichte (TU. 42, 1) und bieten den zurzeit erreichbaren
beften Text, der dem Originaltext Rufins fehr nahe
kommt. Das dem erften Teil vom Ref. gefpendete Lob
gilt in vollftem Maße auch für den zweiten. Überall
wird der Lefer durch die Umficht und Sorgfalt des Hrsgs.
erfreut und folgt feiner r uhrung mit dem Gefühl der
Sicherheit und Dankbarkeit für das Gebotene.
In der Einleitung werden die wich'igften Ergeb-
niffe der hs. Unterfuchungen wiederholt und einzelne
Verbefferungen und Nachträge zum I. Teil gegeben. Mit