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Ausgabe:

1923 Nr. 23

Spalte:

493

Autor/Hrsg.:

Neuß, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Die Anfänge des Christentums im Rheinlande 1923

Rezensent:

Stuhlfauth, Georg

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493

Theologische Literaturzeitung 1923 Nr. 23.

494

Neuß, Wilhelm: Die Anfänge des Christentums im Rheinlande.

Bonn: Kurt Schroeder 1923. (90 S. mit 34 Abb. a. 6 Taf.) =
Rheinische Neujahrsblätter. Herausgegeben vom Institut für geschichtliche
Landeskunde der Rheinlande an der Universität Bonn
II. Heft. Qz. 3—.

In flüssiger Darstellung schildert Neuß aus den literarischen und
den monumentalen Quellen, was von den Ursprüngen und Anfängen,
der Organisation und dem Charakter des Christentums in unserer
heutigen Kheinprovinz während der römischen Herrschaft, d.h. bis zur
Eroberung des Landes durch die Franken bekannt und zu ermitteln ist.

I. „Das Rheinland als Gebiet des römischen Reiches und die
christliche Mission", 3—6, beschreibt den Umfang des heutigen Rheinlandes
im Verhältnis zum römischen Gebiet (Germania prima und
secunda, provincia Belgica prima) unter Anfügung kurzer Bemerkungen
über die Einbürgerung (von Südgallien aus) und den Bestand der
römischen Kultur. II. „Die Einführung des Christentums nach den
literarischen Quellen", 7—31, schöpft die nicht allzu ergiebig fließende
Quelle der literarischen Zeugnisse aus, die über die Anfänge und die
Schicksale des rheinischen Christentums innerhalb des angenommenen
Zeitraumes Aussagen geben, wobei die Hauptorte Köln, Tongern,
Mainz, Trier mehr oder weniger hervortreten. III., der längste Abschnitt
, behandelt „die Anfänge des Christentums im Lichte der Denkmäler
", 32—68, während der Schlußabschnitt IV. unter der Überschrift
„Römisch-christliche Anfänge im fränkischen Christentume der
Rheinlande", 69—76, sich auseinandersetzt mit dem besonders durch
Alphons Dopsch in neuen Fluß gebrachten Problem über die Bedeutung
der Völkerwanderung für den Fortbcstand der römischen Kultur. „Anmerkungen
", 77—90, mit zahlreichen Literaturnachweisen und mancherlei
wertvollen kritischen Äußerungen beschließen den Text, dem leider
das sehr vermißte Register fehlt,1 und 6 Tafeln mit 34 vortrefflichen
Abbildungen von Denkmälern, die durchweg in III. besprochen sind,
das schöne, inhaltreiche Heft.

Das besondere Verdienst der Arbeit scheint mir darin zu liegen, daß
N. die Gesamtheit der Quellen, die literarischen und die monumentalen,
gleichmäßig herangezogen und mit ihnen ein Gesamtbild von den Anfängen
des Christentums im Rheinlande während der Zeit der römischen
Herrschaft entworfen hat, soweit es irgend erfaßt werden kann. Muß
er zum Ergebnis seiner Ausführungen (76) auch bekennen: „Es ist
nicht allzu viel, was wir über die Anfänge des Christentums in den
Rheinlanden wissen, jedenfalls viel weniger, als wir gern wissen
möchten", so darf er doch auch erklären: „Aber wir wissen genug,
um zu erkennen, wie früh und wie tief das Christentum sich in den
Boden unseres Rheinlandes eingewurzelt hat und wie sehr seine
Einführung die ganze spätere Geschichte unserer Heimat maßgebend
bestimmt und das Antlitz seiner Kultur geformt hat."

An dem Wenigen und doch nicht ganz Wenigen, was wir
wissen, haben aber die Denkmäler, das soll auch hier eigens betont
werden, einen hervorragenden Anteil. Ihr Dasein und ihre Ausnutzung
als historischer Zeugnisse bewähren sich in dem von N. gespannten
Rahmen aufs glänzendste. Die Menge der Inschriften (Trier voran mit
über 400, S. 61), die Zahl der Gold- und geschliffenen Gläser (Köln
ein Zentrum der Glasindustrie), die Reihe der stilistisch und ikono-
graphisch hochinteressanten Metallbeschläge mit gestanzten 'Reliefs,
die Gruppe der, durchweg importierten, Elfenbeinschnitzereien: diese
alle mit der Fülle ihrer Szenen und der Mannigfaltigkeit ihrer
Kompositionen und ihrer Technik lassen Einblicke tun in äußere
Beziehungen und Verbindungen (des Rheinlandes, mit dem Orient, mit
Rom, mit der Picardie bzw. Kölns mit Vermand), in religiöse und
kultureile Zuständlichkeiten und Bewegungen, welche die literarischen
Quellen ganz oder nahezu ganz versagen. Zwar läßt sich im Einzelfalle
das Urteil da und dort noch bestimmter formulieren (z. B. ist die
Berliner Elfenbeinpyxis, trotz Sauer, ein echt syrisches Werk und
in der ersten Hälfte des 5. Jhs., nicht früher, geschnitzt, vgl. S.89
Anm. zu S. 59); doch ist andererseits die maßvolle Vorsicht des Verfassers
in der Verwertung der Gegenstände an sich durchaus anzuerkennen
und die Rücksichtnahme auf die verschiedenen guten Vorarbeiten
, die ihm gerade für die rheinischen altchristlichen Denkmäler
zu Gebote standen, zu begreifen. Hervorgehoben zu werden verdiente
für das Ganze die beachtliche Tatsache, daß die christlichen Monumente
des Rheinlandes in ihrer weit überwiegenden Mehrheit dem 4.
und der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts angehören, so daß die
drei ersten und, was fast noch bemerkenswerter, die drei letzten
Jahrhunderte der altchristlichen Ära in dieser Hinsicht vor jenen

Krieg, Hochschulprofessor Dr. Julius: Die Landkapitel im Bistum
Würzburg von der 2. Hälfte des 14. bis zur 2. Hälfte des
16. Jahrhunderts. Stuttgart: Ferd. Enke 1923. (XII, 228 S.) gr. 8°
= Kirchenrechtl. Abhdlgn. Hrsg. v. Ulrich Stutz. 99. Heft. Gz. 7,50.

Die mitteialteriiche Kirche' war dem Staate durch
ihre Verfassung und Organisation weit überlegen. Das
wird immer wieder durch neue Einzelforschungen bestätigt
. Über die Landkapitel besaßen wir bisher verhältnismäßig
wenige Monographien, besonders über die
spätere Entwicklung. Es ist daher erfreulich, daß Krieg
seine Forschungen über die Würzburger Ruralkapitel, die
er in seiner 1916 erschienenen Arbeit bis in das 14. Jahrhundert
geführt hatte, nunmehr bis in das 17. Jahrhundert
fortgesetzt hat. Einen kurzen Aufsatz über den
gleichen Gegenstand hatte er bereits 1917 in der Zeitschrift
der Savignystiftung (Kanon. Abt. Bd. 7, 97—135)
vorausgeschickt. Die Arbeit ist aus handschriftlichen
Akten, von denen ein Teil auf Seite 126—214 abgedruckt
ist, geschöpft und behandelt in übersichtlicher Gliederung
und gründlicher Darstellung die innere und äußere
Entwicklung der Würzburger Dekanate; allerdings haben
irgendwelche neue überraschende Resultate sich nicht
ergeben. Die wichtigsten Rechte der Landkapitel waren:
die Bewilligung und Urnlegung des Subsidium charita-
tivum, die Genehmigung der vom Bischof erlassenen
Kapitelstatuten und die Wahl des Dekans und seiner Gehilfen
, der Prokuratoren und Definitoren. Mindestens
einmal im Jahre fand eine Kapitelversammlung statt.
Nachdem im Laufe des späteren Mittelalters die Organisation
der Landkapitel sich immer mehr vervollkommnet
hatte, trat durch die Reformation eine Erschütterung, ja
teilweise sogar eine völlige Auflösung ein, wo nämlich die
Dekanate sich über evangelische Territorien erstreckten.
Im Zusammenhange mit der Gegenreformation wurden
die Ruralkapitel reorganisiert. Das geschah in Würzburg
durch die Ruralstatutcn des Bischofs Julius Echter
von Mespelbrunn im Jahre 1584.

Breslau. Manfred S t i m m i n g.

Schornbaum, D. Dr. Karl: Geschichte der Pfarrei Alfeld.

Ein Beitrag zur Geschichte des Nürnberger Landes. Auf Grund
archivalischer Forschungen. Leipzig: A. Deichert 1922. (VI, 189
S.) gr. 8° = Quellen u. Forschungen z. bayer. Kirchcngeschichte.
VII. Bd. Gz. 11,25.

Es ist nicht sowohl die Geschichte der Pfarrei Alfeld
mit ihren zahlreichen Nebenorten in ihrem bergigen
Gebiet, als der damit geschaffene Beitrag zur Geschichte
des Nürnberger Landes, welcher in der Th. L. Z. Beachtung
verdient. Auffallend ist, wie wenig wir über die
Pfarrei Alfeld im Mittelalter erfahren. Sollte es im Ordinariatsarchiv
von Eichstätt keine Urkunden über Stiftungen
z. B. zur Gründung der Frühmesse oder Präsentationsbücher
geben, wie z. B. im Freiburger Bistumsarchiv
, oder Urkunden über Neuweihe der Kirche in
Folge von Entweihung durch Schlaghändel in der sehr
rauflustigen Gemeinde? Sonst ist es zum Staunen, was
Schornbaum aus archivalischen Quellen geschöpft hat.
Wertvoll ist es zu beobachten, was in dem ersten Jahrhundert
seit der Reformation bis zum Anfang des dreißigjährigen
Kriegs durch treue Arbeit der Pfarrer zur Hebung
des religiös-sittlichen Lebens in der tiefstehenden
Gemeinde geschehen ist, aber wie im Lauf des Kriegs
eine große Verwilderung mit Mord und Todschlag, Rau-
, fereien und Streitigkeiten aller Art, Unzucht, Aberglaube,
anderthalb Fahrhunderten in der Mitte durchaus leer erscheinen. Wie Segensprechen Um sich griff. Das beachtenswerteste
"m auch"sei, jedenfalls bleibt.das mit ganzer L.ebe zur Sache und zur j ^ ftJ|W Hie rWhfeh£ a„_ r,------«-----

Heimat erarbeitete Gesamtbild, unbeschadet der Möglichkeit der einen
und anderen leichten Änderung oder Ergänzung im einzelnen, bestehen.
Berlin. Georg Stuhlfauth.

1) Einige Druckversehen seien hier namhaft gemacht: S. 49,9
I. Abb. 19 st. 13; S. 85,7 v.u. 1. 48 st. 84; S. 87,13 v.u. mal
wieder Bulletino st'. Bullettino; S. 89,1 1. S. 59 st. 57; S. 85 Anm. zu
S. 44 zitiert N. den Titel seines eigenen Werkes nicht korrekt.

Stück bildet die Geschichte der Gegenreformation nach
der Schlacht am weißen Berg, als die Oberpfalz an die
Münchner Wittelsbacher fiel und Pfalz-Sulzbach unter
den Renegaten Wolfgang Wilhelm kam. Es ist unsäglich
, welche Quälereien über die Evangelischen, auch
Untertanen Nürnbergs kamen: Geldstrafen, Gefängnisse
und Einquartierung von Soldaten, welche den ökonomischen
Ruin der Leute herbeiführten, und zuletzt Aus-