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Ausgabe:

1923

Spalte:

481-489

Autor/Hrsg.:

Beyerhaus, Gisbert

Titel/Untertitel:

Neuere Augustinprobleme 1923

Rezensent:

Jülicher, Adolf

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Postalischer Erscheinungsort Marburg

Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schurer und Adolf von Harnack

Herausgegeben von Professor D. EmatlUel Hirsch unter Mitwirkung von
Prof. D. Wilh. Heitmüller, Prof. D. Dr. G. Hölscher, Prof. D. Arthur Titius, Prof. D. Dr. G. Wobbermln

Mit Bibliographischem Beiblatt, bearbeitet von Lic. theol. Kurt Dietrich Schmidt, Erichsburg.

Verlag: J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung, Leipzig.
Jährlich 26 Nrn. — Bezugspreis der einzelnen Nummer Grundzahl 0.25 x Buchhändler-Schlüsselzahl des Zahlungstages.

Bezugspreise für das Ausland vierteljährlich 12.50 s. Fr.; 38.75 fr. Fr.; 45— b. Fr.; 10 sh • 2 74 $• 6 25 Fl •
11.25 d. Kr.; 12.50 n. Kr.; 8.75 s. Kr.; 50— Lire; 35000 öst. Kr.; 75— tsch. Kr.; 81.25'finn. Mark.

i_ 1V1 11 Manuskripte und gelehrte Mitteilungen sind ausschließlich an Professor D. Hirsch in Göttingen, 17 N„,,„_.|. iniT

48. Jahrg. INT. Lo. Nikolausberger Weg 31, zu senden, Rezensionsexemplare ausschlieiilich an den Verlag. ■•• llOVcmDer yiö.

Holl, Augustins innere Entwicklung (Jiilicher).
Nörregaard, Augustins Bekehrung (Ders.).
Beyerhans, NeuereAugustinprobleme(Ders.).
Erkes, Chinesische Literatur (Haas).
Stummer, Sumerisch - akkadische Parallelen

zum Aufbau alttestamcntlichcr Psalmen (Horst).
Di bei i us, Der Hirt des Hermas (Hennecke).
Netttl, Die Anfänge des Christentums im

Rheinlande (Stuhlfauth).

Krieg, Die Landkapitel .im Bistum Würzburg
(Stimming).

Schornbaum, Geschichte der Pfarrei Alfeld
(Bossert).

Berghoff, Francois de Bonivard (Seeberg).
Bohlin, Hcnri-Frdderic Amiel (Katz).
F1 a d, 60 Jahre in der Mission unter den
Falaschas in Abessinien (Frick).

Schriften des Vereins für schleswig-holsteinische

Kirchengeschichte (Cohrs).
Grimm, Die zwei Wege im religiösen Denken

(Schuster).

Hesse, Dogmenfreies Christentum oder geistliche
Bibelgeltung (Mulert).

Peters und Henniger, Hannoversches Reformationsbüchlein
(Cohrs).

Augustin.

Holl, Karl: Augustins innere Entwicklung. Berlin: w. de
Gruyter * Co. in Komm. 1023. (51 S.) 4° = Abh. d. preuß. Akademie
d. Wiss. Jg. 1922. Phil.-hist. Kl., Nr. 4. Oz. 2—.
Nörregaard, Priv.-Doz. D. Jens: Augustins Bekehrung. Obersetzt
v. A. Speimeyer. Tübingen: J. C. B. Mohr 1923. (VII, 246
S) gr. S° Q2. 6-.
Beyerhaus, Gisbert: Neuere Augustinprobleme. (Historische
Zeitschrift, 127. Band S. 189—209) 1923.

Das furchtbare Jahr 1923 wird einst als für die Augustin
-Forschung fruchtreiches gesegnet werden: schon
die 3 oben verzeichneten Schriften, die fast gleichzeitig,
darum völlig unabhängig von einander, im Anfang des
Jahres erschienen sind, würden diese Weissagung rechtfertigen
; trotz aller Verschiedenheit des Umfangs, der
Haltung, der Abzweckung haben sie das gemein, daß sie
durch strenges Innehalten gesunder historischer Methoden
einen guten Schritt vorwärts auf der Linie der Abkehr
von zeitweilig fast gefährlich gewordenen Irrwegen
bedeuten.

Zeitlich voran steht unter ihnen Nörregaards
breitangelegte Untersuchung über die erste Periode in
der geistigen Entwicklung Augustins. Ihr liegt zu Grunde
ein dänisch geschriebenes Werk, mit dem sich der Verf.
1920 die Habilitation an der Universität Kopenhagen verdient
hat; doch hat er für die deutsche Übersetzung eine
Reihe von Zusätzen hergestellt, in denen er sich mit Pr.
Alfaric's neuestem Werk: Revolution intellectuelle de St.
Augustin I: Du Manicheisme au Platonisme Paris 1918
auseinandersetzt. Leider läßt die Übersetzung sehr viel
zu wünschen übrig (z. B. S. 38: „dies treffe n i c h t z u m
Allergeringsten auf Moses zu" statt: in erster
Linie, und „diese Stellung mußte für die Augen eines
Katholiken besonders ärgerlich und willkürlich sein":
S. 231, Anm.: „Selbst der Opfertod und der Umstand,
kein Grab zu bekommen, oder Gefangenschaft, sei es
die eigene oder die seiner Kinder, kann man leicht ertragen
": das sehr beliebte „scheinbar" bedeutet ebenso
oft „wahrscheinlich" wie „dem Anschein nach", vielleicht
selbst: „auf den ersten Blick"; daß u. A. Reflek-
tion und „Exstase" geboten werden, fällt doch wohl auch
dem Übersetzer zur Last; am störendsten wirkt die Nachlässigkeit
im Gebrauch der Partikeln und Pronomina.
Bequem ist die Lektüre des Buches keinesfalls — selbst

abgesehen von den griechischen Zitaten. Gleichwohl
lohnt sie sich, denn N. hat sich gründlichst sowohl in
die Schriften aus Augustins Jugendzeit wie in die neuere
Literatur über die religiöse Entwicklung Augustins in
seiner ersten, 391 abgeschlossenen Periode vertieft; er
steht seinem Stoff ohne Vorurteile gegenüber, und selbst
wer seine Urteile ablehnen wollte, würde ihm für die
zuverlässigen, in vielen Punkten erschöpfenden Sammlungen
des Materials aus den hergehörigen Quellen Dank
schulden.

Nach einer die Forschung seit 100 Jahren überblickenden
Einleitung bespricht N. A.'s Entwicklung bis
zur Bekanntschaft mit dem Neuplatonismus in 4 Kapiteln,
deren 2. „Cicero's Hortensius", das vierte „Skeptizismus
und Autorität" überschrieben sind.

Abschnitt II S. 62—103 will das Verständnis der
Bekehrung durch eine kritische Darstellung dessen
sichern, was einerseits die Jugendschriften A.'s, andrerseits
die Konfessionen darüber sei es direkt mitteilen,
sei es erraten lassen; die nicht eben glückliche Formulierung
von Kap. 9: „Warum die Jugendschriften die Bedeutung
des Willensmomentes bei der endlichen Entscheidung
verschleiern", verrät uns doch zu unsrer
Freude, worin N. die eigentliche Bedeutung von A.'s Bekehrung
erblickt. Nun erst, gleichsam als nachträgliche
Unterbauung, gibt N. eine eingehende Analyse der religiösen
Überzeugung, bzw. der religiös-sittlichen Anschauungen
A.'s unter kräftiger Heraushebung der verschiedenen
Elemente; am meisten liegt ihm daran, die Grenzen
des neuplatonischen Guts nach dem Spezifisch-Christlichen
(Kirchlichen oder Paulinischen) hin scharf zu
ziehen.

Seinen Ergebnissen kann ich in höherem Maße zustimmen
als den Formulierungen, die er in den zusammenfassenden
Kapiteln dafür findet. Von mehreren Bekehrungen
zu reden wird man nun hoffentlich aufhören,
auch das Schlagwort von dem „werdenden Neuplato-
niker", der Augustin zwischen 386 und 391 sein soll,
wird verschwinden. Daß die Glaubwürdigkeit der Konfessionen
— natürlich innerhalb der bei solch einem
Unternehmen einziger Größe selbstverständlichen Schranken
— entschieden vertreten wird, sei ausdrücklich hervorgehoben
, wie man auch in der Polemik gegen Thim-
me, Becker, Alfaric fast ausnahmslos N. zustimmen

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