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Ausgabe:

1923 Nr. 22

Spalte:

479

Autor/Hrsg.:

Mahling, Friedrich

Titel/Untertitel:

Soziale Gesichtspunkte im Religionsunterricht und in der religiösen Unterweisung, zugleich eine Einführung in die soziale Gedankenwelt des Neuen und Alten Testaments 1923

Rezensent:

Niebergall, Friedrich

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479

Theologische Literaturzeitung 1923 Nr. 22.

480

Grabmann, Martin■ Wesen und Grundlagen der katholischen
Mystik. München: Theatiner-Verlag 1922. (66 S.) kl. 8° = Der
katholische Gedanke, Veröff. d. Verb. d. Vereine kathol. Akademiker
zur Pflege der kathol. Weltanschauung. Gz. 0.60, geb. 0.80.

Da der Katholizismus eine viel reichere Mystik hat,
als der Protestantismus, und Mystik modern ist, könnte
eine Einführung ins Wesen katholischer Mystik, kürzer
und weniger theologisch als die von J. Zahn, sehr willkommen
sein. Gr. gibt trotz der Kürze eine Menge Literatur
an, aber eigentümlicher Weise mehr wissenschaftliche
— wo statt mancher dem Laien schwer zugänglicher
Aufsätze vielmehr Werke wie das große F. v. Hügels
genannt werden sollten —, als religiöse — hier wäre
neben Denifles geistlichem Leben Heilmanns Seelenbuch
der Gottesfreunde zu nennen gewesen, auch des Jesuitengenerals
Martin kurze ins Deutsche übersetzte Einführung
in die Mystik der hl. Teresia. Das ist ja überhaupt für
die einschlägigen Arbeiten katholischer Theologen bezeichnend
: unter Mystik verstehen sie nicht bloß die
religiösen Erscheinungen, die wir so nennen, sondern zugleich
deren theologische Erörterung, die uns aber, weil
sie nicht rein psychologisch ist, sondern in weitem Umfang
die von der Kirche anerkannte Wahrheit der mystischen
Gedanken voraussetzt, merkwürdig gemischt erscheint
: wenn ein katholischer Theoretiker der Mystik
den Lesern Methoden seelischer Konzentration angibt,
so wird das als sehr modern angesehen werden; wenn
er aber Erlebnisse aufzählt, die in ihrer Zusammenstellung
doch durch die Sprache der Überlieferung sehr zufällig
bedingt sind und zugleich behauptet, echte Privatoffenbarungen
ließen sich von falschen und krankhaften
unterscheiden und die katholische Mystik sei ihrem Wesen
nach etwas anderes als die sonstige (von der als
Probe Ghazali vorgeführt wird), so bringt das Buch uns
insofern nicht weiter. In die katholische Mystik läßt
sich schlichter und reizvoller einführen, weniger dogmengeschichtlich
gelehrt als psychologisch lehrreich.

Kiel. H. Mulert.

Mahling, Friedrich: Soziale Gesichtspunkte im Religionsunterricht
und in der religiösen Unterweisung, zugl. e.
Einf. in d. soziale Gedankenwelt d. Neuen u. Alten Testaments.
Langensalza: H. Beyer & Söhne 1923. (232 S.) 8° = Abhandlgn.
zur Pflege evang. Erziehungs- u. Unterrichtslehre. H. 4. = Friedrich
Mann's pädagog. Magazin. H. 933.
Wie eine jede Zeit die Bibel mit ihren Augen liest, so sind wir
gegenwärtig daran, aus ihr auch die sozialen Gedanken herauszuholen
, die neben den individuell religiösen reichlich in ihr vorhanden
sind. Mit großer Liebe und gründlichtm, einfühlenden Verständnis
greift M. diese Aufgabe im Dienste des Religionsunterrichtes an.
Eingehend behandelt er die Schriften des A. und die des N. T. Oberall
weiß er den Geschichten und Worten eine Wendung in das Soziale
zu geben; dabei fällt manche eigene und entlehnte exegetische Auffassung
ab, die überrascht und ein neues Licht auf vermeintlich verstandene
Stellen wirft. Die Grundgedanken hat M. am Schluß, nachdem
er den Katechismus in ähnlicher Weise durchgegangen, übersichtlich
zusammengestellt. Weit davon entfernt auf dem Gebiet der
Institutionen etwas abzuschaffen oder einzuführen, legt das Wort
Gottes alles darauf an, die Gesinnungen der Liebe, der gegenseitigen
Verantwortlichkeit und Dienstbarkeit zu erwecken. So gewinnen wir
aus ihm die Axiome wahren Gemeinschaftslebens, die für alle Zeiten
gelten. Daneben fällt noch manches Licht auf ganz aktuelle Fragen
wie /. B. die der Anwendung von Gewalt, des Verhältnisses von Güte
und Rechtsordnung, des wirtschaftlichen Existenzminimums, der Masse
usw. Freilich wie lange mag es dauern, bis sich der so schwerfällige
Betrieb des Religionsunterrichtes dieser Seite an der christlichen
Religion bemächtigt hat?

Marburg. Niebergall.

Eberhard, Schulrat Otto: Der Katechismus als pädagogisches
Problem im Lichte des Arbeitsschulgedankens. Ein Beitrag
zur Theorie und Praxis der christlichen Lebenskunde. Ostcrwieck
a. Harz: A. W. Zickfeldt 1923. (VII, 100 S.) 8° = Zur Theorie
und Praxis der Arbeitsschule. Heft 8. Gz. 1.35.

„Das durch die letzten zwanzig Jahre (Gottschick, von Rohden,
Eckert u. a.) völlig veränderte Verständnis des Katechismus findet
gerade an der Form der Arbeitsschule seine pädagogische Ergänzung"
(S. 36) — dieser Satz bildet den Kern der vortrefflichen neuesten
Schrift des bekannten Religionspädagogen. Eingehend weist er nach,
wie jene beiden neuen Erkenntnisse zusammengehören: im Gegensatz
zum alten dogmatischen Verständnis und der Begrifflichkeit steht die
Erkenntnis, daß der Katechismus lebendige Frömmigkeit und zwar als
Tatchristentum und als Gemeinschaftsglaube enthält; im Gegensatz
zum alten Verbalismus und Mechanismus tritt das selbständige Arbeiten
am Stoffe ein, das die „Energie der Passivität", die Bedeutung des
empfangenen Lernens einschließt; im Gegensatz zum alten Glaubensjoch
steht der Grundsatz der ev. Freiheit. Wie der Katechismusunterricht
zum Lebensunterricht werden kann, der statt Begriffe
Motive gibt, führt E. dann zuerst mit methodischen Grundsätzen, dann
an Beispielen aus. Hand und Auge, das Katechismusbeten, das Unterrichtsgespräch
mit dem Katechismussatz als Endpunkt, Willensübungen
— das alles soll dazu beitragen, in einer neuen lebensnahen
Weise Motivationskräfte zu erwecken, wie sie dem Gehalt und der
Stimmung des Katechismus entsprechen, der nicht als Glauhens-
und Lebensgesetz, sondern als Kompaß sein Recht behält.

Marburg. Niebergall.

I

J. C. HIN RI CHS'sehe BUCHHANDLUNG, LEIPZIG

Als Nr. 9 der Veröffentlichungen des Staatl. Forschungsinstituts
für vergl. Religionsgeschichte an der Univ. Leipzig
erschien soeben:

Buddha

in der abendländischen Legende?

Von

Dr. Hans Haas

Professor der Religionsgeschichte a. d. Univ. Leipzig.

34 S. gr. 8°. Gz. 0,70.

Ein Epilog, sowohl zu des Verfassers in unserem Verlag erschienener
Untersuchung: „'Das Scherflein der Witwe' und
seine Entsprechung im Tripitaka", die an Hand eines bestimmten
Beispiels alles zur Sprache bringt, was bei gründlicher Erörterung
der Frage des Zusammenhangs zwischen buddhistischen
und ncutestamentlichen Texten Berücksichtigung und Abwägung
erfordert, wie zu Heinrich Günters unter dem gleichen
Titel erschienener Studie. Soweit das hier wie dort erörterte
Problem: Sind buddhistische Einflüsse in der abendländischen
christlichen Legende zuzugeben? überhaupt zu klären ist, dürfte
es nun geklärt sein. Die Ausführungen von Haas dürften vor
allem den Vertretern der neutestamentlichen
Wissenschaft wie Theologen überhaupt von
Wichtigkeit sein und jedenfalls alle interessieren, die schon nach
seinen obengenannten, als Meisterwerk stoffgcschichtlicher Analyse
allgemein anerkannten Untersuchungen gegriffen haben.

Die nächste Nummer der ThLZ erscheint am 17. November 1923.
Beiliegend Nr. 25 des Bibliographischen Beiblattes.

Verantwortlich: Prof. D. E. Hirsch in Göttingen, Nikoiausberger Weg 31.
Verlag der J. C. Hinrichs'schen Buchhandlung in Leipzig, Blumengasse 2. — Druckerei Bauer in Marburg.