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Ausgabe:

1923 Nr. 22

Spalte:

471-472

Autor/Hrsg.:

Schulte, Aloys

Titel/Untertitel:

Der Adel und die deutsche Kirche im Mittelalter. 2., erg. Aufl 1923

Rezensent:

Stimming, Manfred

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Theologische Literaturzeitung 1923 Nr. 22.

472

Aber trotz dieser etwas veralteten Gruppierung erreicht
der Verf. sein Ziel. Möchte dem Buch nun auch
der Erfolg beschieden sein, den seine Beweisführung
verdient: den Gegner zu überzeugen und die bekämpfte
These aus der Welt zu schaffen!

Heidelberg Martin D i b e 1 i u s.

MnaXavog, J^fir^Qiog IoLämQog o IlrjXovaiohrjg. Athen 1922.
(184 S.). BißXioTiwXeloy Ieodvvtv N. i'tdtpjj.

Die kleine Monographie über den ägyptischen Abt
von Pelusium verdient überall beachtet zu werden, als
eine neue Anregung, diesem liebenswürdigen und innerlichen
christlichen Asketen genauere Aufmerksamkeit zu
schenken. Der Verf., der die ganze bis dahin erschienene
Literatur über Isidor kennt, bringt freilich nur eine besonnene
biographische Skizze (sehr viel wissen wir überhaupt
nicht), eine kurze Erörterung über Handschriften
und Ausgaben der Briefe, und dann eine systematisch
geordnete Darstellung seiner Glaubens- und Sittenlehre,
so wie sie sich aus den Briefen zusammenstellen läßt.
Den Aufsatz von K. Lake im Journal of theological Studies
1905 p. 270—282; Further notes on the Ms of Isidor
of Pelusium zitiert er nur nach Bardenhever, ohne ihn
selbst zu kennen. Der Wunsch nach einer neuen kritischen
Ausgabe der Briefe wird lebhaft vom Verf. unterstrichen
. Er selbst bietet nur einige Richtigstellungen
über die Reihenfolge und Zusammengehörigkeit der
veröffentlichten Briefe und Brieffragmente. Die Hypothese
, Isidor sei auch Presbyter gewesen, lehnt er ab:
Sein Geburtsjahr setzt er auf ca. 360 n. Chr., sein Todesjahr
auf ca. 440 n. Chr. an.

Da diese kleine Monographie in neugriechischer Sprache
nur Wenigen zugänglich werden wird, so soll diese Anzeige
vor allem die Anregung erneuern, daß der handschriftliche
Apparat neu geprüft, die Briefe gesichtet
und geordnet herausgegeben und dann ihr reicher Gehalt
in deutscher Sprache gewürdigt werde — es würde
sich lohnen! Insbesondere sind die hermeneutischen und
rhetorischen Regeln des Isidor, auch viele seiner ethischen
und pädagogischen Betrachtungen es wert, der
Vergessenheit entrissen zu werden. Mein Rezensionsexemplar
stelle ich Jedem zur Verfügung, der hier weiter
arbeiten will.

Greifswald. Ed. v. d. Goltz.

M n a X « v 6 g, zfrturzQiog 2.: 'H itoXvTeheia xutu tovg xgovovg ziäv
naxiQWv trjg exxXrjciag. Jerusalem 1922. (33 S.).

Dieser hübsche Aufsatz über den Luxus zur Zeit der
Väter der Kirche ist hervorgegangen aus einer dta/eftc
ev ftp 0üokoyiMp Svkloyq) JInQvaaao) am 19. Mai 1922
und liegt nun gedruckt vor als Separatabdruck aus der
Zeitschrift TV^ag Situv. Er charakterisiert die Polemik
der Väter (bes. Klemens Alex., Chrysostomus, Gregor
von Nazianz, gelegentlich auch Tertullian und die
diarayal ziuv slitoo-tiikwv) gegen den Luxus der Frauen
und Männer in Kleidung, Haartrachten, Kosmetik jeder
Art, Wohnungsausstattung und Bestattungsformen, nicht
in heidnischen sondern grade in christlichen Kreisen bis
zum Luxus in der Ausschmückung der kirchlichen Gewänder
und der kirchlichen Räume., Verf. zeigt, wie
uralt die Klagen der Kirchen darüber sind, wie unausrottbar
der menschliche Trieb der Gefallsucht ist, der nur
in einfacher echter vornehmer christlicher Gesinnung zu
allen Zeiten ein Gegengewicht finden kann — gewiß
eine auch dem Archäologen ebenso wie dem Ethiker
willkommene Studie, die ich der Beachtung empfehle.

Greifswald. Ed. v. d. Goltz.

Schulte, Prof. Dr. Aloys: Der Adel und die deutsche Kirche
im Mittelalter. Studien zur Sozial-, Rechts- und Kirchengeschichte.
2., durch einen Nachtrag ergänzte Aufl. Stuttgart: Ferd. Enke
1922. (XV, 460, 32 S.) gr. 8° = Kirchenrechtl. Abhandlungen.
Hrsg. v. Ulrich Stutz. 63. u. 64. Heft. Gz. 15,90.

Es ist ein erfreuliches Zeichen dafür, daß die wissenschaftliche
Welt die bahnbrechenden Forschungen Schul-

tes voll zu würdigen verstanden hat, daß nach 12 Jahren
das Buch über den „Adel und die deutsche Kirche im
Mittelalter" in zweiter Auflage erscheinen konnte, obwohl
die Schrift, die aus einer Anzahl nur lose verbundener
Einzeluntersuchungen besteht, keine leichte und
bequeme Lektüre darstellt. Vielleicht wäre es zweckmäßiger
gewesen, die neue Ausgabe etwas lesbarer zu
gestalten, um dem Buche in weiteren Kreisen neue
Freunde zu gewinnen. Immerhin, die Ergebnisse stehen
bis heute unerschüttert da. Die inzwischen neu angestellten
Untersuchungen über die ständische Zusammensetzung
einzelner deutscher Kirchen und Klöster haben
die Aufstellungen Schultes im vollen Umfange bestätigt
und sie noch fester begründet. Der Verfasser glaubte
daher, sich damit begnügen zu können, einen anastatischen
Neudruck seines Buches vorzulegen und nur in
einem Nachtrage „die weitere Entwicklung der aufgerollten
wissenschaftlichen Fragen zu erörtern und
einige neue Ziele aufzustellen". Der neu angefügte
Nachtrag gliedert sich in 13 Exkurse und enthält neue
Einzeluntersuchungen, polemische Auseinandersetzungen
und Berichte über Neuerscheinungen auf dem Gebiete
der ständischen Forschung, denn die Schulte'sche Schrift
beginnt erfreulicherweise immer weitere Kreise zu ziehen
und hat auf den verschiedensten Gebieten anregend und
befruchtend gewirkt. Schulte hält gegenüber Dungern
und Forst unter besonderem Hinweis auf die freiherr-
lichen Kapitel und Konvente daran fest, daß das Ebenbürtigkeitsprinzip
der Edelfreien nicht vor dem 15. Jahrhundert
preisgegeben worden sei. Bei seinen Auseinandersetzungen
über die Terminologie der mittelalterlichen
Stände nimmt er von den Schriften Viktor Emsts
über den Niederen Adel und die Mittelfreien keine Notiz;
er scheint also wie viele andere die Forschungen des
württembergischen Gelehrten abzulehnen. Von Interesse
sind auch die Ausführungen über freiständische und
edelfreie Bischöfe, Klöster und Stifte in England, Italien,
Frankreich und Spanien. Es zeigt sich, daß die bevorzugte
Stellung des Adels in der Kirche nicht auf Deutschland
beschränkt war; indessen scheint die adelige Vorherrschaft
in jenen Ländern weniger stark gewesen und
früher in Verfall geraten zu sein.

Breslau. Manfred Stimming.

Johannes Eck: Disputatio Viennae Pannoniae habita(1517).

Hrsg. von Dr. Therese Virnich (Bonn). Münster, Westf.: Aschendorff
1923. (XXIV, 80 S.) gr. 8° = Corpus Catholicorum. 6.

Gz. 3.25.

Der Sammeldruck, der hier im wesentlichen originalgetreu
wiedergegeben wird (es sind nur zwei Stücke
anders eingestellt worden), ist am 27. Jan. 1517 bei
Joh. Miller in Augsburg erschienen. Er enthält zwei
Komplexe: 1. drei akademische Reden, die Eck in Ingolstadt
am 31. März 1516 und am 26. Nov. 1515 bei
Prinzenempfängen und bei einer Doktorpromotion 1511
gehalten hat, mit Widmungsschreiben an den Propst
Zinngießer des Chorherrnstiftes Polling vom 24. Okt.
1516, 2. den Bericht über seine Reise nach Wien vom
12. Juli bis 28. Aug. 1516 und seine dortige Disputation
, den Eck seinem Eichstätter Bischof Gabriel von
Eyb erstattet hat, nebst den Disputationsthesen und den
Empfehlungsschreiben, die er aus Wien mitgebracht hat.
Eingefügt sind (schon früher einmal gedruckte) Thesen
für Ecks Disputation in Bologna vom 12. Juli 1515 und
Gedichte, mit denen ihm humanistische Freunde gehuldigt
haben. Mit Recht bemerkt die Herausgeberin:
„Es gibt wohl wenige Quellenschriften, die bei gleich
geringem Umfang ein so anschauliches Bild vom Geistesleben
des beginnenden 16. Jahrhunderts bieten wie das
vorliegende Werkchen." Es bezeugt die Vielinteressiertheit
, Elastizität und Beschlagenheit Ecks auf allen Wissensgebieten
. Einleitung, Kommentar und Register sind
vortrefflich. Aus dem „Berste, gefräßiger Neid" auf
dem Titel und der Nichterwähnung des Widmungsschreibens
an den Propst von Polling im Titel (Eck tritt