Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1923

Spalte:

433-435

Autor/Hrsg.:

Sellin, Ernst

Titel/Untertitel:

Mose und seine Bedeutung für die israelisch-jüdische Religionsgeschichte 1923

Rezensent:

Volz, Paul

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

Theologische JJteraturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack
Herausgegeben von Professor D. EmanUfc.1 Hirsch unter Mitwirkung von
Prof. D. Wilh. Heltmüller, Prof. D. Dr. G. Hölscher, Prof. D. Arthur Titlus, Prof. D. Dr. G. Wobbermin

Mit Bibliographischem Beiblatt, bearbeitet von Lic. theol. Kurt Dietrich Schmidt, Erichsburg.

Verlag: .). C. Hinrichs'sche Buchhandlung, Leipzig.

Jährlich ?6 Nrn — Bezugspreis der einzelnen Nummer Grundzahl 0.25 x Buchhändler-Schlüsselzahl des Zahlungstages
(Die Schlüsselzahl ist in jeder Buchhandlung zu erfahren wie auch aus den Tageszeitungen zu ersehen.)

Bezugspreise für das Ausland vierteljährlich 12.50 s. Fr.; 40— fr. Fr.; 50— b. Fr.; 10 sh.; 2'/«$; 6.25 Fl.;
11.25 d. Kr.; 12.50 n. Kr.; 8.75 s. Kr.; 52.50 Lire; 200000 öst. Kr.; 75— tsch. Kr.; 81.25 finn. Mark.

„ Manuskripte und gelehrte Mitteilungen sind ausschließlich an Professor D. Hirsch in Göttingen, in ni,in|.., in?5
48. Jahrg. IN f. iu Nikolausberger Weg 31, zu senden, Rezensionsexemplare ausschließlich an den Verlag. UKlUUcr VfLO.

Sellin, Mose und seine Bedeutung für die

isr.-jüd. Religionsgeschichte (Volz).
Wood, Moses (Ders.).

Zapletal, Das'Buch der Richter (Hertzberg).

Klameth, Die neutestamentlichen Lok.iltradi-
tionen Palästinas in der Zeit vor den Kreuzzügen
(Dalnian).

B ü c h s e 1, Die Christologie des Hebräerbriefs
(Dibelius).

Buhl, Hebraeer-Brevet fortolket (Mosbech).
Zeitschrift für Kirchengeschichte (K. D. Schmidt).
Diepgen, Die Theologie und der ärztliche

Stand (Strunz).
Dold, Die Konstanzer Ritualientexte in ihrer

Entwicklung von 14S2-1721 (Smend).
Grab mann, Neu aufgefundene lateinische

Werke deutscher Mystiker (Clemen).

M e r k e r, Der Verfasser des Eccius dedolatus
und anderer Reformationsdialoge (Clemen).

Fendt, Der lutherische Gottesdienst des 16.
Jahrhunderts (Niebergall).

Köhler, Huldreich Zwingli (Baur).

P f ü 1 f , Die Anfänge der deutschen Provinz der
neu erstandenen Gesellschaft Jesu . .. (Graf
Hoensbroech f).

Friedrich von Gentz' Staatsschriften und
Briefe (Mulert).

Schwer, Papst Leo XIII. (Ders.).

Koeniger, Ein Inquisitionsprozeß . . . (Graf
Hoensbroech t).

Sutter, Satans Macht und Wirken in zwei besessenen
Kindern (Ders.).

Hermelink, Katholizismus und Protestantismus
in der Gegenwart (Krüger).

Frommel, Präsident Helbing (Niebergall).

B ru h n , Einführung in das philosophische Denken
für Anfänger und Alleinlernende (Mayer).

Joel, Geschichte d. antiken Philosophie (Strunz).

Mauthner, Der Atheismus und seine Geschichte
im Abendlande (Hirsch).

Fichte, Philosophie der Maurerei (Ders.).

Schulz, Fichte in vertraulichen Briefen seiner
Zeitgenossen (Ders.).

Schwarz, Das Ungegebene (Steinmann).
Namen- und Sachverzeichnis zu Oswald Spengler
(Ficker).
Berichtigung (Dibelius).

Sellin, Prof. D. Dr. Ernst: Mose und seine Bedeutung f. d.
isr.-jüd. Religionsgeschichte. Leipzig: A. Deichen 1922. (159 S.)
8° Gz. 4.

Ein vierfaches Bild von Moses Persönlichkeit und
Werk ist im Alten Testament zu finden. Die echte Tradition
haben die Propheten bewahrt, vor allem Hosea und
Deuterojesaja. Für sie ist Mose der Stifter der religiösen
Gemeinde in der Wüste, Urheber des Dekalogs, vgl.
Hos. 6,4—6; 12,11; 8,12; 14,3. Hosea weiß aber auch
noch, daß das Volk bei seinem Eintritt in das Kulturland
mit der Religion Moses brach, und daß Mose in Schittim,
als er das Volk wegen des Abfalls zum Baal Peor zur
Buße rief, getötet wurde, also vom eigenen Volk den
Märtyrertod erlitt 5,1; 9,7—14; 12,14—13,1. Bei den judä-
ischen Propheten (Arnos, Jesaja usw.) ist die Erinnerung
an Mose blasser als bei Hosea, und während Hosea von
der Zukunft eine Rückkehr der mosaischen Zeit in
der Form einer Rückkehr zu dem Gott in der paradiesisch
gewordenen Wüste erwartet, sammelten sich die Hoffnungen
dieser Propheten um Jerusalem. Bei Deuterojesaja
steht Mose im Mittelpunkt der ganzen religiösen
Gedankenwelt in Bezug auf Vergangenheit und Zukunft.
Er nimmt die Ueberlieferung von Moses Märtyrertod
auf, und der Glaube an die Rückkehr durch die Wüste
ins gelobte Land entzündet in ihm den Glauben an einen
Mose redivivus: der einst Getötete wird aus dem Tod
wiederkehren, sein Volk abermals durch die Wüste dem
Heil zuführen und dann als Weltheiland aller Völker der
Erde den Willen und das Heil Gottes bringen. Mose ist
der individuelle Gottesknecht, den die Ebedlieder besingen
(außer den bekannten Stellen auch 42,18—21;
43,8—10; 48,16), und nur bei dieser Deutung des
Ebed auf Mose ergibt sich eine geschlossene Deutung
des Ebed in Dtjs.; denn das Schicksal des Ebed Mose
und des Ebed Israel ist das gleichender Volksführer ist
zur Zeit noch tot wie sein Volk, seine Rückkehr fällt mit
der Wiedererstehung des Volkes aus dem Tod zusammen
. In Dtjs., besonders in Jes. 53 erreicht die alt-

;r>-H" H»k—„„M ,,nH Wirkt n.ihp

Religion zu einer an die Person Moses, sein Leben, Leiden
und Sterben geknüpften Erlösungsreligion entwickelt
, die den Keim in sich schloß, eine Weltreligion
zu .verden. Endlich nimmt Deuterosacharja diese prophetische
Mosetradition auf; der Hirte in Kp. 11, ebenso der
Durchbohrte in Kp. 12 ist Mose, der falsche Hirte vielleicht
der, der die Mordwaffe gegen Mose gezückt hat.
Von einer Rückkehr Moses wagt zwar Deuterosacharja
nichts zu sagen und von einem stellvertretenden Leiden
wie Jes. 53 weiß er nichts; aber er beweist, daß noch im
3. Jahrh. trotz aller priesterlichen Vertuschung die Tradition
vom Märtyrertod Moses lebendig war, und daß
dieser Mord und der Abfall des Volkes von Mose als
d i e große Sünde Israels empfunden wurde. Noch die
Verklärungsgeschichte Mt. 17 bezeugt den Glauben an
die Rückkehr des Mose.

Die andern Traditionen über Mose lassen sich kurz
schildern: in der judäischen Tradition, dargestellt vom
Jahwisten, ist Mose der inspirierte Hirte, der Jahwes
Willen und Worte dem Volk zu verkünden hatte, aber
nicht Religionsstifter war; in der levitischen (vgl. besonders
Deut. 33, 8—10) ist er der große Priester; er bewährte
sich in zwei Prüfungen schwerster Art, in scheinbar
unheilbarer Krankheit und im Gotteskampf, und bekam
als Lohn Urim undTummim; in der ephraimitischen
(elohistischen) Tradition ist er der Visionär, der wunderkräftige
Nabi, der inspirierte Priester und sanftmütige
Gottesmann.

Die eigenartige und anregende Broschüre gibt aufs
neue Zeugnis von dem lebhaften Forschungsdrang und
der Gestaltungskraft des Verf. Bei dem Urteil über das
Ergebnis ist zu unterscheiden zwischen dem, was grundsätzlich
über Moses Persönlichkeit und Werk vorgetragen
ist, und der exegetischen Beweisführung im einzelnen
, die das ganze Alte Testament auf Mose hin durchsucht
. Im ersteren liefert die Broschüre ausgezeichnete
Erkenntnisse und Worte; mit wahrer Begeisterung wird
Moses Persönlichkeit und Stiftung geschildert, der De-

|,,|nn coinom Uor-Ul---1----Li J— A----L

- testamentliche Religion ihren Höhepunkt und ruckt nahe kalog zu seinem Recht gebracht, der durch die folgen-

' 'an das Evangelium heran: vorübergehend hat sich hier den Jahrhunderte hindurchfließende Strom der echten

infolge der Hochhaltung des Religionsstifters die alte Mosereligion verfolgt (vgl. z. B. 1. Sam. 15,22 und

'433 434