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Ausgabe:

1923 Nr. 19

Spalte:

393

Autor/Hrsg.:

Ungnad, Arthur

Titel/Untertitel:

Ursprung und Wanderung der Sternnamen 1923

Rezensent:

Baumgartner, Walter

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393

Theologische Literaturzeitung 1923 Nr. 19.

394

alle diese kritischen Bemerkungen sollen die Tatsache
nicht verdunkeln, daß sich der Verfasser fleißig in die
Texte vertieft, sie verarbeitet und vieles Neue zur Erklärung
des Alten Testamentes im Einzelnen beigebracht
hat. So ist ein brauchbares Werk entstanden, das man
in vielen Fällen dankbar zu Rate ziehen wird.

Berlin-Schlachtensee. Hug° Oreßmann.

U n g n a d , Arthur: Ursprung und Wanderung der Sternnamen.
Ders.: Das wiedergefundene Paradies. Kultlirfragen, Heft 2 u. 3.
Breslau 1923, Selbstverlag.
Der bekannte Assyriologe erzählt hier einem weiteren Publikum
von der beträchtlichen Erweiterung unserer Kenntnis von der babylonischen
Himmelskunde und Astrologie durch das in den letzten
Jahren bekannt gewordene Keilschriftmaterial: Der babylonische Himmel
ist uns nun etwa so genau bekannt wie der griechische und weist
mit diesem viele Übereinstimmungen auf, die die Annahme geschichtlicher
Zusammenhänge notwendig machen. Namentlich die Auffassung
und Bezeichnung einzelner Sternbilder hat ihre Voraussetzung
in der babylonischen Religion. Als Ubermittler der babylonischen
Kultur nach dem Abendland sind die Hethiter nachgewiesen.
— Einem besonders interessanten Beispiel ist dann das zweite Heft
gewidmet: Das Sternbild des Pegasus — ein Viereck — hieß bei den
Babyloniern iku ,,Oarten" (sumerisch gan), was bei den Hethitern
durch Mißverständnis zu eque „Pferd" wurde und schließlich als
Pegasus zu den Griechen kam. Eingerahmt wird dies Sternbild von
den Fischen des Tierkreises, zu denen die Phantasie das dazugehörige
Wasser ergänzte, die vier Paradiesflüssc, von denen Eufrat und Tigris
bereits nachgewiesen sind. Das Sternbild des Stieres ist der Cherub
(Stiermensch) — die Cheruben in der Mehrzahl sind aus Ez. 1
eingetragen, einer Schilderung des funkelnden Sternenzelts —, das
Krummschwert (gamlu, heute Perseus) ist das Flammenschwert usw.
Auch das friedliche Zusammenwohnen der Tiere im Paradies, die Bezeichnung
Christi als Lamm Gottes u. a. hat astrale Grundlage.

Der Grundgedanke — das Paradies am Himmel — ist ja nicht
neu, wird aber neu und besser als je zuvor begründet. Die gelehrten
Unterlagen sind einer fachwissenschaftlichen Erörterung vorbehalten.
Ihre Zuverlässigkeit einmal angenommen, so scheint mir das Problem
doch noch verwickelter zu sein. Ehe man das Paradies vom Himmel
ablesen konnte, mußte doch seine Idee schon vorhanden sein. Und
wie steht es mit den ersten Menschen, den beiden Bäumen, der
Schlange, dem Sündenfall? Vor allem aber fürchte ich, täuscht sich
U. über die Tragweite seiner Entdeckung für den Kampf gegen den
Materialismus, der ihm so sehr am Herzen liegt. Wird das Paradies
nun wirklich eher zu uns kommen, wenn wir wissen, wo es zu suchen
ist? — Doch trotz solcher Bedenken seien die zwei interessanten Hefte
der Beachtung empfohlen.

Marburg. W. Baumgartner.

Duhm, Bernhard: Israels Propheten. 2., verb. Aufl. Tübingen:
J. C. B. Mohr. (VIII, 484 S.) 8° = Lebensfragen. Hrsg. von Heinrich
Weinel 26. Gz. 6, -.
Daß Duhms meisterhaftes Buch zur 2. Auflage gekommen
ist, begrüße ich lebhaft. Es ist für den Forscher
überall anregend, für den Studierenden der Theologie die
fesselndste Darstellung der alttestamentlichen Religionsgeschichte
, für jeden Gebildeten der beste Führer durch
das Heiligtum und die Vorhöfe des Alten Testaments.
Das Buch ist sich in der 2. Aufl. so gut wie ganz gleich
geblieben, ganz ausnahmsweise ist leise geändert, ab
und zu sind Belegstellen beigefügt. Nur im letzten Abschnitt
(„Rückblick") findet sich ein größerer, eine
Seite langer Einsatz, in dem Duhm über das Bleibende
und die Schranke der großen prophetischen Männer
spricht; hier stehen feine Worte über das Gotteserlebnis
der Propheten, über die Vermenschlichung Gottes und
über die Kraft, die die Propheten aus der Hoffnung
schöpften. Dies letzte ist zugleich der eine wesentliche
Punkt, in dem ich mich von Duhm unterscheide. Duhm
betont, wie man jetzt zu sagen liebt, den „futurischen"
Charakter der Religion; die prophetische Religion ist
ihm auf Hoffnung gegründet, und diese Hoffnung ist
„die Kraft, die nicht allein den Hoffenden befähigt, sich
dieser Welt gegenüber zu behaupten, sondern ihn antreibt
, der künftigen Welt würdig zu werden, die größte
Kraft, die der Menschheit gegeben ist". Ich sehe dagegen
in diesem futurischen Charakter der Religion das
Volkstümliche, was gerade in Wendepunkten der Religion
besonders lebhaft verbreitet ist, und finde, daß die

größten Männer der Religion, die Propheten, Jesus,
Paulus, der Johannesevangelist, Luther, zwar an dieser
volkstümlichen Kraft teilgenommen haben, aber daß
sie Gott und das ewige Leben gegenwärtig hatten und
so in den entscheidenden Wendepunkten der Religion die
futurische Spannung der Frömmigkeit durch ihren
Gegenwartsbesitz in sich überwunden haben. Der zweite
wesentliche Punkt, in dem ich mich von Duhm unterscheide
, ist die höhere Wertschätzung von Moses Persönlichkeit
und Werk. Seine Darstellung der Prophetie des
8. und 7. Jahrh. können wir nur bewundern. Möge durch
die zunehmende Verbreitung von Duhms Buch der Sinn
für die Größe des Alten Testamentes in weitesten Kreisen
geweckt werden.

Tübingen. P. Volz.

Knopf, weil. Prof. Rudolf: Einführung in das Neue Testament.

Bibelkunde des Neuen Testaments. Geschichte und Religion des
Urchristentums. 2. Aufl. unter Mitw. v. Hans Lietzmann bearb. v.
Heinrich Weinel. Gießen: Alfred Töpclmann 1923. (XIV, 406 S.) 8°
= Sammlung Töpelmann 1. Gr. Bd. 2. Gz. 5,4.

Die neue Bearbeitung hat dem Buche im wesentlichen
seine alte Gestalt gelassen; im einzelnen ist manches
ergänzt und gebessert. So findet sich in § 17 ein neuer
Absatz über die textkritische Methode H. v. Sodens; so
sind die Inhaltsangaben der neutestamentlichen Schriften
ertreulicher Weise erweitert worden. Die Literaturangaben
sind bald gekürzt, bald ergänzt. (In § 31,1
sollte m. E. auf Stählins Bearbeitung der urchristlichen
Literatur in Christ-Schmids Geschichte der Griechischen
Literatur hingewiesen werden.) Die Echtheit und der
literarische Charakter der Paulusbriefe werden ausführlicher
erörtert; dabei gilt jetzt Eph. als sicher nicht
echt (§ 20,1, im Gegensatz zu § 21,1). Für die Möglichkeit
der zweiten Gefangenschaft des Paulus ist auf
das Zeugnis der Past. verzichtet (§ 63, 2). Die Gedanken
des Paulus über die Bedeutung des Todes Christi werden
etwas ausführlicher dargestellt (§ 66,4). Als Zeugnis
für das Judenchristentum werden mit Recht die Pseudo-
Klementinen gewürdigt (§ 68,1). Die Darstellung der
Religion des nachapostohschen Heidenchristentums ist
durch einen Absatz über die Mystik sachgemäß ergänzt
(§ 75 A 7). Bei der Auseinandersetzung des Heidenchristentums
mit dem Griechentum ist der Logoslehre gedacht
(§ 75 B5).

Für eine künftige Auflage erlaube ich mir einige kritische
Bemerkungen. Um mit dem Äußerlichen zu beginnen
, so wünschte ich, daß an Stelle der häßlichen
Lettern in den griechischen und lateinischen Zitaten wieder
die Lettern der 1. Aufl. treten. — Fraglich ist mir das
Recht des Verfahrens, die Literaturangaben immer erst
am Schluß der Hauptteile zu bringen; ich glaube, sie fänden
besser ihren Platz am Schluß der einzelnen Kapitel
oder Paragraphen; ja, dabei sollten Wiederholungen
nicht gescheut werden. Und ob nicht die Darstellung
eines Problems oder einer Streitfrage konsequent mit Beziehung
auf die wissenschaftliche Literatur erörtert werden
sollte? Ich glaube, der Anfänger würde dann besser
in die Literatur eingeführt werden. Vor allem aber
wünschte ich, daß die gesamte Darstellung durchweg die
Problematik viel stärker zum Ausdruck brächte. Mag der
Anfänger, der hier seine Einführung finden soll, erstaunen
und erschrecken über die Unsicherheit; das
kann und darf ihm nicht erspart werden; denn das entspricht
der Sachlage.

Das gilt z. B. für die Capp. über das Leben und die
Predigt Jesu. Ist wirklich die „Kampfesstellung, in der
Jesus und das Pharisäertum gegeneinander standen, eines
der sichersten Daten der synoptischen Überlieferung"
(§ 50,9)? Oder ist nicht bei dieser Auffassung viel zu
stark das Vertrauen auf die redaktionellen Partien der
Evangelisten maßgebend? Das Vertrauen aut die redaktionellen
Stücke und die redaktionelle Ordnung des Mar-
kusevg. bestimmt auch viel zu sehr die Darstellung des
Lebens Jesu in § 51. Im § 54 über das Messiasbewußtsein
Jesu sind die Urteile trotz des zur Vorsicht mahnen-