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Ausgabe:

1923 Nr. 1

Spalte:

18-19

Titel/Untertitel:

Die deutsche Bibel vom 15. bis 18. Jahrhundert 1923

Rezensent:

Clemen, Otto

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Theologifche Literaturzeitung 1923 Nr. 1.

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dem find diefe Indices latinitatis von einem Intereffe be-
herrfcht, das bei dem vorliegenden Text zurückffehen
follte; worauf es hier vor allem ankäme, wäre, diejenigen
Worte zu fammeln, an denen fich die Hand des Hieronymus
im Unterfchied von den Händen feiner Vorläufer
verrät. Mit dem Nachweis von Belegftellen für mono-
ceros, rhinoceros, basiliscus, ortygometra, felbftvon ericius
und juniperus dient man heut wohl kaum noch irgend
jemandem. ...

Da wo H. eine andre Lesart als Lagarde in den
Text gefetzt hat, muß man ihm faft immer beiffimmen,
nur in der Interpunktion verdient jener m. E., wenn er

die Anlage mit Querfchiff, 2) ohne Querfchiff, 3) die, von
der romanifchen Bafilika übernommene, Anlage in der
Form des lateinifchen Kreuzes (49fl). Zweitens. Sch.
lehnt, gleichfalls gegen Dehio, durchaus ab den Begriff
.Protorenaissance' für das Mittelalter im Zufammenhange
mit den aufkommenden antikifierenden künftlerifchen
Leiftungen in der Provence am Ausgange des n.Jhdts.;
für die Kunft des Mittelalters habe die Reproduktion
eines antik-römifchen Bauwerkes nur die Bedeutung einer
formalen Schulung; ,dies Schulexerzitium des Nachahmungsdranges
bedeutet alfo vielmehr eine Abirrung vom
eigentlichen Ziel, vereinzelt vorkommende Fehlgeburt,

auch zu viel Exegefe durch Zeichen treibt, manchmal ! wenn auch nicht ganz verlorene Liebesmüh. Und der
den Vorzug. Z. B. t/> 20, 9 ift zweifellos surreximus ft. ! eigentliche Wert der Gefamtleiftung wäre demnach nicht
resurreximus (Lag) und 20, 10 rex exaudiet ft. rex exaudi ! in dem architektonilchen, fondern in dem bildnerifchen Be-
(Lag) zu lefen, Lagardes scrobebam 1/'77, 7 unerträglich, j ffandteil der Schmuckwand zu fuchen: in der Aufnahme
Wenn H. zu ip 5, 7 abominaberis, Domine als Randlesart der Plaftik nicht allein als ebenbürtiger, fondern als beneben
abominabitur Dominus zur Auswahl ftellt, fo ift ftimmender, für den Charakter des Ganzen entfcheiden-
er, fcheint mir, Lag., der die erffe in den Text nimmt, der Aufgabe' (128). Drittens. Sch. deutet S. 80 im
zu weit entgegengekommen; es handelt fich um eine der Eingange zu leinen Unterfuchungen über den .Außenbau

fchlechten .Korrekturen' der Codices EH. Und wenn er
S. XVI für ip 86, 13 eripuisti als vielleicht richtige Variante
zu eruisti einfchätzt, fo hat er nicht beachtet, daß
Hieronymus in feiner Bibel gegen das Verbum eripere
faft einen Vernichtungskampf führt.

Wenn der Editor diefes Pfalteriums, was ich ihm und
uns wünfchen möchte, vielleicht doch noch den Zugang
zu den bisher vernachläffigten Handfchriften findet und
eine endgültige Ausgabe wagt — denn wer darf z. Z. auf
den betreffenden Band im Corpus Vindobonense hoffen? —,
fo muß er aber außer den Pfalterhandfchriften auch die
Nebenquellen gründlich berückfichtigen. Mit den paar
Zitaten im Speculum Augustini, bei dem übrigens auch
die Varianten Vrwogen fein wollen, ift es nicht getan;
Hieronymus' Briefe und Kommentare, nicht minder die
Tractatus aus den Anecdota Maredsolana, find auszubeuten

und andere Spuren von Benutzung diefes Psalt. iuxta d'e intimen Teile nur das Adyton, das Allerheiligfte oder

eine neue und höchft eigenartige Theorie von der Ent-
ftehung der altchriftlichen Bafilika an. Er denkt fich
die altchriBliebe Bafilika zwar vom antikftädtifchen Wohnbau
heraus, aber fozufagen hintenherum entftanden. ,In
den Zeiten der befcheidenen Anfänge der neuen Religion
wie der fpäterfejn Verfolgungen ihrer Bekenner traten die
Mitglieder der Gemeinde', fchreibt Sch., ,wohl gar durch
ein Hinterpförtchen in die Häuslichkeit des vornehmen
Glaubensgenoffen, der feine Räume für die gottesdienff-
lichen Zufammenkünfte hergab, und gewöhnten fich fo an
die umgekehrte Reihenfolge von dem hinten gelegenen
Hof oder Periftyl bis an die Innengemächer heran, die
gewiß unzugänglich blieben, folange die Familie nicht ganz
auf ihre Wohnung verzichtete. Die Einrichtung der Kirche
in folchen Paläffen, die fich dann vollzog, behielt die
Räume bei, wie fie vorhanden waren, und verlegte in

Hebraeos zu verfolgen

Marburg. Ad. Jiil ich er.

Schmarsow, Auguft: Kompontionsgefetze in der Kunlt des Mittelalters
. Studien. 2. Halbbd.: Gotifcher Kirchenbau u. Außenarchi-
tektur des romanifchen U. gotifchen Stils. (Forfchungcn z. Formge-
fchichte der Kunft aller Zelten u. Völker, Bd. III) (176 S. m. Abbidgn.)
gr. 8°. Bonn, Kurt Schreeder 1920. Gz. 8.

Sch. befchließt mit diefem zweiten Halbbande das
Werk, deffen erfter unter dem Sondertitel .Grundlegung
und romanifche Architektur' nebft einer Mappe mit 18 Tafeln
bereits 1915 erfchienen war und das als Ganzes ,in großem
Maßftabe' (168) die aus dem Verkehr mit den Denkmälern
felbft an Ort und Stelle gewonnenen Kompofitionsgefetze
herauszuarbeiten unternimmt, welche das Wefen der abend-
ländifchen kirchenbaulichen Erfcheinungen des Mittelalters
darfteilen. In diefem Sinne behandelt das vorliegende
Buch, eine geiftvolle Analyfe des Spitzbogens bezüglich
feines formalen Charakters im Unterfchiede zum Rundbogen
vorausfehickend, in der erften Hälfte den Innenraum
des gotifchen Kirchenbaues Frankreichs und Deutfch-
lands (Anhang: Der Weftchor des Domes von Naumburg
und fein Statuenfchmuck, 70—79) und in der zweiten
Hälfte den Außenbau des romanifchen und gotifchen
Stiles: 1) Altarhaus und Chorpartie, 2) Faffade, 3) Ge-
famtkompofition (Anhang: Die Metamorphose des Fen-
fters 158—167.) Eine Schlußbetrachtung (168—172) läßt
Abficht und Ziel der Studien noch einmal deutlich und
unmißverftändlich heraustreten.

Drei einzelne Punkte feien hier aus den Unterfuchungen
Sch.s befonders herausgeftellt. Er Bens. Sch.
lehnt die Anfchauung Dehios, der in der fortgefchrittenen
querfchifflofen Kathedrale eine Verkümmerung erblickt,
ab, fieht vielmehr in dem .Verzicht' auf das Querfchiff
eine Vereinheitlichung des Gefamtraumes und unterfcheidet
demgemäß drei Typen des gotifchen Kirchenbaues: 1)

die SakriBei mit dem Zubehör für den Bifchof und die
Diakone, fo daß fich die Zurückgezogenheit von der
Öffentlichkeit in das Innere der Gefamtanlage auch in
die allgemeine Anfchauung einbürgern mußte'. So über-
rafchend diele Theorie, fo unhaltbar iff fie für den, der
den Grundriß des normalen antik römifchen Wohnhaufes
mit dem des altchriftlichen Kirchengebäudes vergleicht
und die altchriffliche Bafilika in der Mannigfaltigkeit ihrer
tatfächlichen Erfcheinung kennt und fich vergegenwärtigt
.

Sch.sBuch möchte, nach einem Wortjacob Burckhardts,
fein .eine Anleitung zum Genuß' der Schöpfungen felber
(i7o). Es würde diefer Aufgabe praktifch noch mehr ent-
iprechen, wenn es ein Regiffer hätte, das gerade hier, bei
der großen Zahl der an verfchiedenen Stellen befprochenen
Einzelmonumente, unbedingt erforderlich war.
Berlin- Georg Stuhlfauth.

Die deutsche Bibel vom 15. bis 18. Jahrhundert. Aufteilung zur fubel-
feier des Luthcritchen Neuen Teftaments 1522 — 21. September
1922 — veranftaltet von der Staats- und Univcrfitätsbibliothek zu
Hamburg. (43 S.) &<>. Hamburg, Schröder & Jeve 1922.
Die Hamburger Staats- und Univerfitätsbibliothek
war bei ihrem Reichtum an einfehlägigem Material —
vor allem iff die den jetzt in Wolfenbüttel, Stuttgart
und Wernigerode befindlichen ebenbürtige Bibelfammlung
des Hauptpaffors Joh. Melch. Goeze vollfländig in fie
übergegangen —in befonderem Maße berufen, zum Luther-
bibeljubiläum eine AusBellung zu veranffalten. Die Bedeutung
der Lutherbibel, ihre Vorläufer und ihre Konkurrenten
, ihre Schickfale bis zum iS.Jhrh. und ihre be-
fondere Entwicklung auf Hamburger Boden iff hier fehr
gut veranfehaulicht worden. Der Katalog enthält einen
bei aller Knappheit fehr gehaltvollen Überblick über die
AusBellung, aus dem klar wird, mit welcher Stonbeherr-
fchung und nach einem wie feinen Plane fie von Prof.
Lüdtke zufammengebracht worden iff, und eine einge-