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Ausgabe:

1923 Nr. 15

Spalte:

325-326

Autor/Hrsg.:

Holl, Karl (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Epiphanius (Ancoratus und Panarion). 2. Bd.: Panarion haer. 34 - 64 1923

Rezensent:

Lietzmann, Hans

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Theologische Literaturzeitung 1923 Nr. 15.

326

nungen werden durch Parallelen aus der heutigen
Missionserfahrung (neben Warneck besonders J. L. Ne-
vius, Demon Possession pp., Miß Mildred Cable, The
Fulrilment of a Dream, beide auf China bezüglich; W. T.
Ehnore, Dravidian Gods in Modern Hinduism) und der
ärztlichen Praxis erläutert. Ergänzendes an berühmten
Krankheitsbildern bietet mein Aufsatz in der Festschrift
für N. Bonwetsch. Dort hätte M. auch eine Parallele zu
den Fernheilungen finden können, die er bei der Psychotherapie
vermißt (S. 131). Hingewiesen sei auch auf die
Untersuchungen von Konst. Oesterreich über Besessenheit
.

Berlin. Titius.

Juncker, Prof. D. Alfred: Jesu Stellung in der Geschichte des
Gebets. Berlin-I.ichterfelde: E. Runge 1922. (24 S.) 8° = Zeit-
und Streitfragen des Olaubens, der Weltanschauung und Bibelforschung
, hrsg. v. Prof. D. J. von Walter, XV. Reihe. 3./4. Heft.

Oz. 0,6.

Eine frömmigkeitsgeschichtliche Betrachtung, die
mit innerer Notwendigkeit bei der Frage nach der religiösen
Bedeutung der Person Jesu endet. Mit Fleiß und
vorsichtigem exegetischem Urteil, aber auch dem Anspruch
, neben der äußeren geschichtlichen Tatsächlichkeit
der idealen Wahrheit gerecht zu werden, stellt J.
die Aussagen der 4 Evangelien über den Beter und Gebetslehrer
Jesus zusammen und faßt den Ertrag in die
Sätze: Jesus ist 1. der ideale Vollender des jüdischen
Gebetslebens, seine üebetsfrömmigkeit die vollendete
Ausgestaltung des prophetischen Typus (vgl. Heiler),
2. der unüberbietbare Höhepunkt der gesamten Gebetsgeschichte
, der Vertreter des denkbar höchsten Gebetsideals
überhaupt (vollendete Kindlichkeit und vollendete
Brüderlichkeit) und 3. der Bringer einer neuen Gebetswirklichkeit
, der Gebetsschöpfer ohnegleichen, auf den
selbst letztlich auch das Gebet „in Jesu Namen" und die
urchristliche Anrufung Jesu zur Ehre Gottes zurückgeht.
Die rein thetischen Ausführungen zu 3. sind doch wohl
selbst für ein solches Heft zu knapp gehalten. Die Verabsolutierung
des Betens Jesu, die auch dem Verf. für
seinen historisch angelegten Aufsatz bedenklich erschienen
ist, sprengt den durch das Thema gesteckten
Rahmen; der Anstoß hätte sich durch andere Themastellung
und Anlage vermeiden lassen. Als religiöswertende
Betrachtung des Gebets bei Jesus hat die
Studie ihre charakteristische Note und ihr Verdienst.
Göttingen. J. Behm.

Epiphanius (Ancoratus und Panarion). Herausgeg. im Auftrage der
Kirchenväter-Commission der Preuliischen Akademie der Wissenschaften
von D. Dr. Karl Holl. 2. Band : Panarion haer. 34 - 64.
Leipzig: J. C. Hinriclis 1922. (VIII, 624 S.) gr. 8°= Die Griechischen
Christlichen Schriftsteller Bd. 31. Gz. 20,5; geb. 24.

Nun ist der zweite Band von Holl's Epiphanius erschienen
. Über sieben Jahre hat sich der Druck hingezogen
, der anfangs mit der gewohnten Schnelligkeit arbeitend
im Juli 1916 bereits 20 Bogen geliefert hatte,
um dann in der Hoffnung auf baldigen Frieden und
und bessere Zeiten auszusetzen. Aber als auch nach
1918 beides dem deutschen Volke versagt blieb, wurde
schließlich trotz aller Hindernisse die Arbeit wieder auf-

genommen und ist jetzt zum Abschluß des zweiten
andes gediehen. Er umfaßt Haer. 34—64, also das
Mittelstück, das sich bis Haer. 46 auf die Hss. V s. IX
und M s. XI stützt, während für Haer. 46—64 die
V-Tradition durch die minderwertige Kopie U s. XIII
vertreten wird. Was ich in Jahrg. 1916 S. 150 ff. über
die fast unglaublichen Verderbnisse der Überlieferung
gesagt habe, gilt in gleichem Maße auch für diesen
Band. Auch hier sind wieder lehrreiche Kontrollmöglichkeiten
in den Partien geboten, die Epiphanius anderen
Schriftstellen entnimmt. Haer. 34, 2—20 stammt aus
Irenaeus: wir können dazu also die lateinische Übersetzung
, und auf erhebliche Strecken auch Hippolyts
Auszug vergleichen, wobei sich wieder bestätigt, daß bereits
dem Hippolyt ein fehlerhafter und der Vorlage des
Epiphanius verwandter Codex zu Grunde lag (vgl. S.
10,13; 15,12.13; 17,3; 21,16 u. ö.). Für Haer. 64,

10—62 bietet die slavische Übersetzung des Methodius,
aus dem die Kapitel entlehnt sind, eine Gelegenheit zur
Prüfung, für 64, 6 die Philokalie aus Origenes. Überall
zeigt sich das gleiche Bild einer schon in den Wurzeln
verdorbenen Überlieferung, die in den späteren Stadien
ihres Wachstums ständig weiteren Entstellungen ausgesetzt
gewesen ist. Insbesondere bekommt man einen
starken Eindruck von der Minderwertigkeit des V-Ab-
kömmlings U und kann sich durch den Vergleich von U
mit M eine Vorstellung davon machen, wie viel Verderbnisse
und Entstellungen wir unbemerkt in den Partien
hinnehmen müssen, die nur auf U oder seine noch
schwächlicheren Nachkommen begründet sind: mit Haer.
64 hört ja M auf.

Aber auch was zum Lobe der Textbehandlung durch
Holl beim ersten Bande gesagt ist, kann beim zweiten in
vollem Maße wiederholt werden. Seit Jahren benutze
ich den Band in Aushängebogen und habe immer und
immer wieder Gelegenheit genabt, die Sorgfalt zu bewundern
, mit der nicht nur offen zu Tage liegende
Wunden geheilt, sondern auch die zahllosen, allen Lesern
bisher entgangenen versteckten Fehler aufgespürt und
nach Möglichkeit beseitigt sind. Dabei ist in methodischer
Hinsicht erwähnenswert, daß Holl der bei einem
solchen Schriftsteller häufig sich aufdrängenden Versuchung
mit Erfolg widerstanden hat, den Autor selbst
zu korrigieren. Es ist insbesondere bei den Excerpten
aus Irenaeus und Origenes nicht immer leicht zu entscheiden
, ob die Epiphaniusüberlieferung entstellt ist,
oder ob Epiphanius einen fehlerhaften Text seiner Vorlage
benutzte. Selbst da, wo Epiphanius seine eigenen
Excerpte aus Marcions Neuem Testament (S. 108—123)
wiederholt und kommentiert (S. 125—182), tritt zu den
allgemeinen Fehlerquellen noch die Frage nach Flüchtigkeiten
des Epiphanius bei seiner eigenen Arbeit. Eine
solche nimmt Holl z. B. auch S. 121,15 an, wo I. Cor.
9,9 citiert wird: vielleicht mit Recht, doch wäre zu bedenken
, daß auch bei Orig. c. Cels. IV 49 (nicht II 3!)
und Ambstr. Mwotwg fehlt. Von größtem Wert sind auch
in diesem Teil wieder die Quellen-, Parallelen- und
Litteraturbeigaben samt den interpretierenden Bemerkungen
im kritischen Apparat: ein Kommentar, den
jeder Benutzer als grundlegende Hilfe zum Verständnis
des so unentbehrlichen und leider so unerfreulichen Autors
empfinden und dankbar würdigen wird. — Die
Zeiten sind schwer für unsere Wissenschaft: aber dies
Werk steht in erster Linie unter denen, die auch mit dem
letzten Rest unserer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
vollendet werden müssen.
Jena. Hans Lietzmann.

Getzeny, Heinrich: Stil und Form der ältesten Papstbriefe

bis auf Leo d. Gr. Ein Beitrag zur Geschichte des römischen
Primats. (Diss. Tübingen.) Günzburg: Alfons Hug 1922. (100 S.)
8° Qz. 0,80,

Des Verf. Wiege stand nicht etwa, wie der Name
vermuten lassen könnte, in der wilden Pußta, sondern
in Ludwigsburg, der Stadt D. F. Straußens und F. Th.
Vischers. Früh verwaist, wurde er von seinem Oheim, dem
Tübinger katholischen Theologieprofessor Paul Rießler
an Kindesstatt angenommen und erzogen. Nachdem er
drei Jahre kath. Theologie nebst Philosophie und Geschichte
studiert hatte, ging er zur philosophischen Fakultät
über. Seine Dissertation verdankt ihre Entstehung
den Anregungen des bekannten Historikers Joh. Haller.
Sie untersucht im ersten Teil den Stil, im zweiten die
Form der Papstbriefe bis auf Leo I. und vergleicht sie
mit den Briefen anderer Kirchenschriftsteller und den
Kundgebungen von Synoden, sowie mit der damaligen
weltlichen Amtssprache und der Haltung von persönlichen
Briefen. Die Papstbriefe dieser Zeit tragen in ihrer
ganz überwiegenden Mehrzahl das Gepräge des christlichen
brüderlich-erbaulichen Einzelbriefes. Nur wenn sie
Urteile oder Grundsätze des kirchlichen Disziplinargerichts
aussprechen, gebrauchen sie den weltlichen
Amtsstil, aber nicht den seit Diokletian von den Kaisern
angewandten, sondern den einfacheren der Magistrate.