Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1923 Nr. 15

Spalte:

318-319

Autor/Hrsg.:

Macchioro, Vittorio

Titel/Untertitel:

Teoria generale della religione come esperienza 1923

Rezensent:

Koch, Hugo

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

317

Theologische Literaturzeitung 1923 Nr. 15. 318

ist nach 5,2 ,der heilige Geist'. Der Sovkog ,der nachher .Miterbe
des Sohnes' wird (2,7) und der in 5,2 vlog &eov heißt, ist eben
der Geist-Sohn nach seiner irdischen Erscheinung d. h. die "dpi, in
der das nvevfia üyinv Wohnung nahm (6, 5) und die der Herr dann
wegen ihrer trefflichen Dienstleistung ,mit dem heiligen Geiste' zum
xoivtovog machte (6, 6). Von dieser <rrtpf heißt es allerdings,
daß sie mit dem ,Geiste' zusammen gearbeitet habe (avy-
xonuiaaaav xai avvepyqoaaax). Das Urteil des Herrn und seines
.Sohnes' (6,7) gilt aber nicht dem .Fleisch' und dem .Oeist', sondern
nur dem .Fleisch', es heißt ausdrücklich: ,da beriet er sich mit
dem Sohn und den herrlichen Engeln, damit auch dieses Fleisch,
das dem Oeiste tadellos gedient hatte, einen Wohnort bekomme usw.'.
Der Geist-Sohn ist von Haus aus ,Erbe', es handelt sich nur noch um
die «rrtpf, den äoxXog, der nun .Miterbe' wird. Die Bemerkung
daß der .Geist' doch unmöglich über sich selbst urteilen könne, ist
darum hinfällig. Man könnte zudem gegen S. einwenden, daß auch
die Engel schwerlich über den .Geist' urteilen können. Wie sehr bei
Hermas Geist und Sohn eins sind, geht auch aus 6,5 hervor, wo die
Weltschöpfung, die sonst überall dem Sohne, dem Logos, zugeschrieben
wird, ein Werk des Tivevfia ayinv -npaov ist. Mit
dieser Deutung steht auch Sim. IX, 1,1 und 12,1 im besten Einklang.
S. 130 läßt S. den Ignatius Eph. 7,2 sagen, Christus sei ,nicht nur
aus Maria, sondern auch aus Oott und daher zuerst leidensunfähig,
dann leidensfähig'; es heißt aber gerade umgekehrt: xai ix
Mapiag xai ix 9eov, npiörov na&r,Tog xai rort anaii^g
S. 365 rühmt S. an Irenaus .Klarheit' und .einheitliche Auffassung der
6ache'. Diese Vorzüge erscheinen aber in eigenem Lichte, wenn nach
S. 306 die Anschauung des Kirchenvaters vom Urständ des Menschen
dahingeht: ,Der Mensch ist von Oott nach seinem Bilde erschaffen
und sollte durch den göttlichen Oeist zur Ähnlichkeit mit ihm kommen.
Das ist bei dem Fall verloren gegangen, eine gewisse Abbildlichkeit
blieb, aber die Ähnlichkeit schwand mit dem sie bewirkenden göttlichen
Geist'. Hatte nun der Mensch die .Ähnlichkeit' oder hatte er sie
nicht? (Ich werde darüber in den Theol. Stud. u. Krit. handeln.) Zu
S. 460f.: zwischen der Mitteilung Tertullians apol. 30, daß die
Christenheit regelmäßig ,pro mora finis' bete und seinem Tadel de or. 5,
daß .einige einen gewissen Aufschuh für die Welt verlangen, während
doch das Reich Oottes zum Abschluß der Welt hindrängt', besteht
offenbar eine Spannung, die sich aus einer Wendung seiner Anschauung
zum Montanismus hin erklärt (vgl. auch seine Ansicht über den Jung-
frauenschleier c. 21 f.). S. 581 A. 2: zum Oedanken Novatians de
trinit. 31, daß die Gottheit des Sohnes vom Vater .emissa' ist und
ZU ihm .revolvitur' vgl. Ign. ad Magncs. 7,2: tbr da> ixog narpbg
npocX&ovia xai sig iW övta xai ytopiaarra. Es ist eine platonische
Betrachtungsweise (vgl. meine Schrift über Ps.-Dionysius 1000,
70ff. und E. Norden, Agnostos Theos 1013, 240ff. 347ff.). Zu S.
613: seine Ansicht, daß jeder Bischof durch ein .divinum iudicium'.
,de dei sententia' eingesetzt werde (ep. 50,5 und 66,1), hat Cyprian
bald darauf unter dem Zwang der Erfahrung in ep. 67,4 dahin eingeschränkt
, daß .manchmal Unwürdige bestellt werden nicht nach dem
Willen Gottes, sondern nach menschlicher Vermessenheit'. Zu S. 620f
A. 2: bei der Würdigung der .merkwürdigen und bedeutenden' Schrift
de rebaptismate wäre wohl ein Hinweis darauf am Platze, daß sich in
ihr das opus operatum und der character indelebilis ankündigen. Die
Annahme, daß Cyprian diese Schrift in ep. 73,16 ff. im Auge habe,
halte ich nach wie vor für verfehlt. Übrigens hat Joh. Ernst seine Ansicht
in der Theol. Quartalschr. 1008, 570ff. 1000, 20ff. und 364ff.
gegen mich und den mir beipflichtenden H. v. Soden, ebendas. 1017,
164 ff. und 450 ff. gegen den ihm ebenfalls widersprechenden G. Rauschen
aufs neue verfochten. Die Abfassung der Schrift im 4. Jahrhundert
, wie sie Rauschen vorschlägt, ist freilich auch nicht zu halten.
Eine neue Abhandlung darüber habe ich längst fertig; sie wird namentlich
auch zeigen, von welcher falschen Grundvoraussetzung Ernst bei
allen seinen Beweisen ausgeht. Auch über die Schrift ad Novatianum,
deren Zuweisung an Sixtus II (Harnack) S. zuzustimmen in höchstem
Orade geneigt ist (S. 622 A. 3), habe ich eine zu andern Ergebnissen
kommende LJntersuchung schon seit längerer Zeit abgeschlossen. Bei
der Theologie der alexandrinischen Väter wäre wohl ein Hinweis darauf
nicht überflüssig, wie sehr sie eine bildlose Gottesverehrung im Wesen
des Christentums begründet finden. — Leider ist so mancher Druckfehler
stehen geblieben. S. 671 A. 1 ist sogar aus dem Schächer am
Kreuz ein Schäfer geworden.

Seebergs DO. beruht auf ausgezeichneter Kenntnis
der Quellen und bietet ständig den Stoff zur Nachprüfung
dar. Sie spendet eine Fülle von Belehrung und Anregung
und wird stets einen Ehrenplatz einnehmen.
München. Hugo Koch.

Teologlsk Tidsskrift. 4. Reihe, Bd. III 1. Kopenhagen : Gads Vlg. 1922.

Aus dem anregenden Inhalt dieser Zeitschrift sei
herausgehoben der Aufsatz von Dozent Dr. Th. N. M.
Plum über Otto: Das Heilige. Plum würdigt den reichen
Inhalt und die tiefen Gedanken dieses Buches mit

starken Akzenten, meint aber, daß Otto im Eifer seines
berechtigten Kampfes gegen den Evolutionismus das
Christentum zu einer ruhenden Anlage in der Seele
macht (Wiederaufnahme der anima naturaliter christi-
ana). Das Schwanken zwischen „Religion" und Christentum
mache die Ergebnisse etwas zweifelhaft, das ethische
Element (terrores ... agnito peccato) erscheine hin und
wieder zurückgedrängt. Um zu sagen, was Religion sei
und wert sei, müsse man nicht einen Religionsbegriff,
sondern ein Religionsideal haben. Otto schreibe als
Christ und Lutheraner, und doch scheine es, als ob er
seine Schlüsse aus einer allgemeinen Offenbarung und
nicht aus historischen Daten ziehe. Christus sei eigentlich
keine Realität, sondern Offenbarer von Realitäten.
Wichtiger als diese kritischen Randnoten sei aber die Beschäftigung
mit dem ungewöhnlich reichen und tiefen
Buch. Man kann nicht Schleiermachers unsterbliche
„Reden" benutzen ohne Ottos „Das Heilige" daneben zu
legen, das auf seine Art eine Auslegung der „Reden" für
die Gegenwart ist und weite Horizonte öffnet. Nörre-
gaard äußert sich im Anschluß an Monceaux', histoire
litteraire le l'Afrique chretienne IV. V zum Donatismus.
Scharling berichtet über Harnacks Marcion. Er zweifelt
, ob die Kirche Harnacks Stellung zum alten Testament
sich aneignen und ob die Wissenschaft ihm darin
folgen wird, die gnostischen Elemente in Marcions Lehre
so einzuschränken, wie Harnack es tue.

Tübingen. O. Scheel.

Macchioro, Vittorio: Teoria generale della religione come
esperienza. Saggio. Rom: „La Speranza" 1922. (189 S.) 8°
Das Bändchen enthält fünf religionsphilosophische
Vorträge, die der Verf. im April 1921 in der methodistischen
Theologenschule zu Rom gehalten hat. Der
erste Vortrag behandelt das Wesen der Religion: sie ist
nicht Erkenntnis, sondern Erfahrung (Erleben) 1. weil
sie am Maßstabe der Erkenntnis gemessen unlogisch und
irrational erscheint; 2. weil sie ihre eigene Entwicklung
hat, die nicht gleichmäßig mit der der Erkenntnisse
verläuft; 3. weil die Geschichte der Religionen sich als
eine Reihe von Erlebnissen erweist, die jeweils nicht
auf dem Wege der Vernunfterkenntnis, sondern durch
ein neues Erleben überwunden werden; 4. weil die Religion
nicht in sich selbst den Beweis der eigenen Gültigkeit
trägt, wie das bei den allgemeinen Erkenntnissen
der Fall ist; 5. weil ihr von Haus aus alles Theoretisieren
fehlt. II. Die Entwicklung der Religion besteht in einer
fortlaufenden Verpersönlichung Gottes. Das menschliche
Bewußtsein ist ursprünglich monotheistisch. Die religiösen
Erfahrungen betreffen aber immer nur einen Teil
Gottes, gewissermaßen Bruchstücke Gottes, die nur im
Glauben zu einer Einheit zusammengefaßt werden
müssen. Wo es an dieser Zusammenfassung fehlt, da
entsteht der Polytheismus, der nichts anderes ist als eine
Reihe von mythischen Darstellungen verschiedener Erlebnisse
ohne zusammenfassendes Ich. Der Mythus selber
ist notwendig, er ist die unentbehrliche Form, worin
das religiöse Erleben sich auswirkt. Religionsgeschichtlich
zeigt sich nun eine fortschreitende Vereinfachung
des Mythus und damit der Übergang von der polytheistischen
Anschauung zur monotheistischen. III. Die Abgrenzung
(determinazione) der Religion. Die Religionsgeschichte
ist eine Geschichte religiöser Erfahrungen,
durch die die Überlieferung entweder bestätigt oder abgelehnt
wird. Es gibt eben zweierlei religiöse Erfahrungen
: eine überlieferungsmäßige und eine selbständig-
ursprüngliche, und ihnen entsprechen zwei Religionstypen
, der eine mit, der andere ohne ursprüngliches Erleben
d. h. geoffenbarte und nichtgeoffenbarte Religionen
. Jene erhalten sich 1. durch das Dogma, worin das
ursprüngliche Erleben zum Ausdruck kommt, ohne sich
darin zu erschöpfen. 2. durch die Theologie, den verstandesmäßigen
Ausbau der ursprünglichen Erfahrung.
3. Durch das heilige Buch, das den Inhalt und das Ergebnis
der religiösen Erfahrung vermittelt. 4. Durch die