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Ausgabe:

1923

Spalte:

303

Autor/Hrsg.:

Ernst, Heinrich

Titel/Untertitel:

Urkunden zum Unionsversuch in Ostfriesland um das Jahr 1580 1923

Rezensent:

Ficker, Gerhard

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303

Theologische Literaturzeitung 1Q23 Nr. 14.

304

Schmidt, P. Dr. Ulrich, O. F. M.: Kaspar Schatzgeyer, O. F. M.,
Scrutinium divinae sripturae pro conciliatione dissidentium dogma-
tum (1522). Münster: Aschendorff 1922. (XXVII, 179 S.) gr. 8» =
Corpus Catholicorum 5. Gz. 6,5.

Diese zuerst März 1522 bei Adam Petri in Basel erschienene
Schrift des Provinzials der oberdeutschen Franziskanerobservanten verdiente
trotz ihres Umfangs und ihrer stilistischen Mängel die Aufnahme
ins Corpus Catholicorum. Ihre Eigentümlichkeit liegt in ihrer versöhnlichen
Haltung und darin, daß der Verf. fast nur aus der heil. Schrift
argumentiert. „Das Scrutinium scheint abgefaßt zu sein aus dem Eindruck
heraus, daß die Neuerer an sich wertvolle Gedanken zu verstiegener
Einseitigkeit ausgebaut hatten, die nun nach den in der heil.
Schrift offen zutage liegenden Ergänzungen richtig gestellt werden
sollen." Bibliographie, Textkonstitution, Anmerkungen und Register sind
von bekannter Güte. Ausg. C auch in Zwickau (17.8.14,1).

Zwickau i.S. O. C lernen.

Ernst, Lic. theol. Heinrich: Urkunden zum Unionsversuch in
Ostfriesland um das Jahr 1580. Die zu diesem Zwecke eingereichten
Bekenntnisschriften. Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
1922 (64 S.) 8° = Studien zur Kirchengeschichte Niedersachsens
hrsg. von Carl Mirbt, 2.
Die Urkunden, die von Ernst auf der Grundlage
von Handschriften des Nordener Kirchenarchivs wiedergegeben
werden, sind die Isagoge ad Concordiarn in
Controversia de caena Domini des Lutheraners Johannes
Ligarius von 1580 (das Nordener Exemplar ist datiert
1595) und Ein christlick Bedenken van eine formula
Concordiae u. s. w. des reformierten Coetus von Emden,
verfaßt von Menso Alting. Sie sollten einem Einigungsversuch
zwischen Lutheranern und Reformierten dienen,
den Graf Edzard II. von Ostfriesland im Jahre 1580
unternahm und 1583 erneuerte; er ist gescheitert; im
Jahre 1599 sicherten die Konkordate den Konfessionen
ihren Besitzstand. Die Urkunden waren bisher nur in
sehr mangelhaftem Druck bekannt, und die zweite noch
dazu nur in holländischer Uebersetzung. Ernst hat die
besseren Handschriften entdeckt; das allein schon wäre
verdienstlich; aber auch, was er in der Einleitung (Skizze
der historischen Vorgänge, Beschreibung und Würdigung
der Handschriften) und in dem Schlußabschnitt
(Antwort auf die Frage, warum der Einigungsversuch
scheitern mußte) gibt, ist so besonnen und treffend, daß
es nur zu bedauern ist, daß seine Lizentiatenarbeit nur im
Auszuge hat gedruckt werden können. Es ist zu hoffen,
daß unsere jungen Theologen sich immer eifriger mit
der niedersächsischen Reformationsgeschichte beschäftigen
; es gilt da noch eine reiche Ernte in die Scheuern
zu bringen. Die Studien zur Kirchengeschichte Niedersachsens
haben sich ein Verdienst erworben, indem sie
diese Arbeit zum Druck brachten.

Kiel. G. Fi c k e r.

Archiv für Reformationsgeschichte. Texte und Untersuchen.

Hrsgeg. v. D. Walter Friedensburg. Leipzig: M. Heinsius

Nfl. 1922. (XIX. Jahrg.)
Der 19. Jahrgang des Archivs für Reformationsgeschichte
bietet in erster Linie Neues an Quellen. Sehr
wichtig ist die Untersuchung Haußleiters: Das Rätsel
der Gothaer Luther-Handschrift A. 102 und seine Lösung
. Es handelt sich um Farrago litterarum ad amicos
et colloquiorum in mensa Reverendi Patris Domini Martini
Lutheri, die 150 Briefe Luthers, 33 Melanchthons,
3 Bugenhagens und eine sehr große Anzahl Tischreden
Luthers enthält, deren Inhalt sachlich nach 93 Titeln
geordnet ist. Der große Sammelband, dem heute am
Schluß 6—8 Blätter fehlen, hat auf dem vordem Deckel
die Inschrift: M.B. 1551. Wer damit gemeint ist, war
bisher unbekannt. Haußleiter stellt überzeugend fest, daß
damit M. Hieronymus Besold gemeint ist, der von März
1542 bis zu Luthers letzter Reise nach Eisleben, dessen
Tischgenosse war und dann an Melanchthons Tisch
übersiedelte, und für die Zeit nach Luthers Tod bis 1551
nur ganz wenige Stücke in seine große Sammlung aufnahm
. Besold bietet z. B. für Luthers Koburger Trostsprüche
den reinsten Text ohne alle Zusätze. Die Lutherbriefe
, welche die Farrago enthält, müssen für W. A. genau
verglichen werden, während Enders ihren Text nicht

berücksichtigt hat. In epistolam ad Titum scholia f. 56
bis 60 sind noch nicht verwertet und gedruckt und unterscheiden
sich von den Annotationes Lutheri in epistolam
Pauli ad Titum nach der Nachschrift Stövers W. A. 25,
6—19. Jetzt ist das ganz unverständliche Morituus
Doctor S. 97, aus dem Mathesius Martinus machte, geklärt
durch die Worte: Tum Mauritius: Domine Doctor
etc. und Mauritius als der Wittenberger Buchhändler
und Ratsherr Martin Golz nachgewiesen. Ebenso ist
S. 98 statt des ungeschichtlichen Pestfalls in Naumburg
Nürnberg festgestellt. Aurifaber, der die Farrago stark
ausgeschlachtet hat, arbeitete recht flüchtig und schrieb
z. B. Melanchthon eine höhnische Äußerung über die
kirchliche Trauung von Eheleuten mit Gebet zu, während
das Wort von D. Pist. d. h. Pistoris, Kanzler des Herzogs
Georg von Sachsen, stammt. Auritaber las statt Pist.)
Phil. Neben der Farrago hat Besold Collectanen gesammelt
, die chronologisch geordnet waren, aber leider
bis jetzt nicht wieder aufgefunden sind. Es ist erfreulich,
daß Haußleiter beauftragt ist, in der W. A. den reichen
Ertrag des codex Besoldi mit c. 120 neuen Tischreden
mitzuteilen.

K. A. Meißinger gibt eine Übersicht über die von
Nik. Müller in wahlloser Buntheit für das Melanchthon-
haus in Bretten gesammelten Urkunden aus dem Kreis der
Melanchthonianer, während H. v. Schubert schon 1918
! Luthers erste Vorlesung über den Galaterbrief herausgegeben
hat. Der größte Teil der 71 Urkunden fällt
| in die Zeit von 1530—1560. 8 sind älter 1508—1529, 10
; jünger bis 1596. Viel später ist das Schreiben des Hamburger
Martin Resch 1685. Nr. 11 ist eine Finanzverfügung
des Königs Franz I. von Frankreich, Nr. 10 eine
Mahnung König Ferdinands an Georg von Bitsch wegen
rückständiger Steuer. Weltbewegende Enthüllungen
finden sich nicht, aber wertvolle Einzelheiten. Z. B. ist
Joachim Camerarius englischer Agent. Nürnberg fordert
Steuer beim Verkauf von Immobilien und Meldung bei
Pestfällen. Abgedruckt ist die Visitationsvollmacht des
Landgrafen Philipp für Adam Krafft, Jost v. Weiters
und Kraft Ruwe vom 27. Febr. 1528 und ein schöner
Brief Johann Friedrichs, mit dem er ablehnt, sich nach
dem Wunsch einiger seiner Anhänger durch einen Zauberkünstler
aus des Kaisers Haft befreien zu lassen.
Gugel ist Rechtsgelehrter in Nürnberg, Mich. Römer
Pfarrer in Friedeishausen, nicht Krickelshausen oder
Frickenhausen (Buchwald Ordiniertenbuch Nr. 11,27.).
Vgl. Germann, Joh. Forster, Urkunden zur Henneberger
Ref. G. 61. Scheggius ist der Tübinger Professor der
Philosophie Jakob Scheck, Joh. Sichard, Prof. jur. in
Tübingen, Camerarius Kollege. Zu Ampelander S. 61,
Rebmann vgl. Berner Taschenbuch 1883, 53 ff. Ref. teilt
mit: einen Brief Bucers aus Augsburg vom 9. Juni 1537
an die Basler Prediger mit beachtenswerten Nachrichten
aus Augsburg, 2. einen Briet von Cochleus an Joh. Dan-
tiskus vom 9. Sept. 1534, 3. ein Fragment aus einer
Abhandlung Joh. Forsters über fides, Caritas, spes,
4. einen Brief des Kardinal Albrecht an seinen Kanzler
Christoph Türk vom 28. Jan. 1536, der zeigt, wie gern
Albrecht den Schenitzhandel aus der Welt geschafft
sehen wollte, und 5. Berichtigungen zu dem Brief des
Erasmus an Graf Hermann von Neuenahr.

W. Köhler gibt Luthers Vorrede zur Galaterbrief-
vorlesung 1531, welche Veit Dietrich aufzeichnete und
an Brenz sandte, und findet es nicht wahrscheinlich, daß
Dietrich die Aufzeichnung Rörers benutzte und frei gestaltete
. S. 153,35 ist ferent nicht recht verständlich.
Einen Brief Veit Dietrichs an den Nürnberger Schaffer
Joh. Seubold vom Regensburger Religionsgespräch 10.
März 1546 teilt Schornbaum mit.

E. Körner gibt ein Lebensbild Dietrichs von Rae-
schedel, Hofmarschalls und Prinzenerziehers Joh. Friedrichs
, der in seiner Jugend auf dem Reichstag zu
Worms war und die Äußerungen Luthers eigenartig
wiedergibt. Th. W o t s c h k e „Georg Weigel, ein Beitrag
zur Reformationsgeschichte Altpreußens und Lithauens",
zeichnet den 1529 in Nürnberg gebornen unruhigen