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Ausgabe:

1923

Spalte:

289-292

Autor/Hrsg.:

Hölscher, Gustav

Titel/Untertitel:

Geschichte der israelitischen und jüdischen Religion 1923

Rezensent:

Schmidt, Hans

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack

Herausgegeben von Professor D. EmatlUel HirSCh unter Mitwirkung von
Prof. D. Wilh. Heitmüller, Prof. D. Dr. G. Hölscher, Prof. D. Arthur Titius, Prof. D. Dr. G. Wobbermin

Mit Bibliographischem Beiblatt, bearbeitet von Vikar Kurt Dietrich Schmidt, Erichsburg.
Jährlich 26 Nrn. Verlag: J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung, Leipzig. Bezugspreis fürs 3. Quartal Grundzahl 1.25;
bei Bestellung und Einzahlung an die die Zeitschrift zustellende Sortimentsfirma — an den Verlag also nur, falls

dieser direkt lieferte — bis 31. Juli: M. 11 250.

Bezugspreise für das Ausland vierteljährlich 12.50 s. Fr.; 31.25 fr. Fr.; 37.50 b. Fr.; 10 sh.; 2V, $; 6.25 Fl.;

11.25 d. Kr.; 12.50 n. Kr; 8.75 s. Kr.; 37.50 Lire; 56.25 tsch. Kr.; 62.50 finn. Mark._

To | T jkj i~i Manuskripte und gelehrte Mittellungen sind au sschliefilich an Professor d. Hirsch in Göttingen, i j i .. ift^j

40. Jütirg. Oir. 14. Nikolausberger Weg 31, zu senden, Rezensionsexemplare ausschließlich an den Verlag. .14. JU1I I 'Z,>.

Die für die Umrechnung von Grundzahlen festgelegte Schlüsselzahl beträgt ab 5. Juli 12000.

Hölscher, Geschichte der israelitischen und Lehmann, Mittellateinische Verse in Distinc-

jüdischen Religion (Schmidt).

Vishnu-Näräyana, Texte zur indischen
Gottesmystik (v. Glasenapp).

E b e rh a r d t, Der Weisheit letzter Schiuli (Tranke).

Cappeler, Buddhas Wandel (Ders.).

Dornsciff, Das Alphabet in Mystik und
Magie (Lidzbarski).

Caspari, Die Gottesgemeinde von Sinaj und
das nachmalige Volk Israel (Meinhold).

H a u ß l e i t e r , Die Eigenart der beiden apostolischen
Evangelien (Dibelius).

Beckmann, Das lebendige Wort (Piper).

Bartlet undCaryle, Christianity in History
(Weinel).

Cava Hera, Saint Jeröme sa vie et son oeuvre
(Grützmacher).

tiones (Lerche).
Baer, Das Protokollbuch der Landjudenschaft

des Herzogtums Kleve (Ders.).
Schneider, Die Erkenntnislchrc des Johannes

Eriugena (Scheel).
Ders., Die Erkenntnislehre bei Beginn der

Scholastik (Ders.).
Grab mann, Die Idee des Lebens in der
Theologie des hl. Thomas von Aquin (Ders.).
Pelster, Thomas von Sutton, O. Pr. (Ders.).
Grabmann, Studien zu Johannes Quidort von

Paris, O. Pr. (Ders.).
Ritter, Studien zur Spätscholastik II (Ders.).
Schmidt, Kaspar Schatzgeyer, O.F.M. (Clemen).
Ernst, Urkunden zum Unionsversuch in Ostfriesland
um das Jahr'1580 (Ficker).

Archiv für Reformationsgeschichte (Bossert).
Norvegia Sacra (Scheel).

General-Schematismus der katholischen Geistlichkeit
Deutschlands (Mirbt).

A r e n s , Die katholischen Missionsvereine (Ders.).

Howald, Die Briefe Piatons (Goedeckemeyer).

Ingenieros, Prinzipien der biologischen
Psychologie (Titius).

Fleisch mann und Grützm acher, Der
Entwicklungsgedanke in der gegenwärtigen
Natur- und Geisteswissenschaft (Ders.).

Buber, Ich und Du (Ders.).

Rust, Carl Stange, seine Religionsphilosophie
und Dogmatik (Mayer).

Verzeichnis neuester Besprechungen.

Hölscher, Prof. D. Dr. Gustav: Geschichte der israelitischen
und jüdischen Religion. Gießen: A.Töpelmann 1922. (XVI, 267
S.) 8° = Sammlg. Töpelmann I, 7. Gz. 5,4; geb. 8,5

In seinem Vorwort beklagt es der Verfasser, dal)
„die Grundlinien der israelitischen und jüdischen Literatur
- und Religionsgeschichte", wie sie „die ältere Generation
zu Ende des vorigen Jahrhunderts erstmalig sicher
gezeichnet" habe, nicht mehr als „anerkannte Ergebnisse
" geboten werden können. „Kaum ein Abschnitt der
Literatur- und Religionsgeschichte, bei dem nicht die Behauptungen
der Forscher in grundlegenden Fragen völlig
auseinandergehen." Das aber hat seinen Grund nicht so
sehr in der „Schwierigkeit neuer Probleme", als in der
„Abwendung von strenger literarkritischer Arbeit". Zu
dieser Arbeit bekennt sich der Verfasser wiederholt mit
Nachdruck. Sie ist die „allein richtige, philologisch gesunde
" Methode.

Nach dieser Einführung möchte man zunächst erwarten
, daß die durch eine so schuldbare Versäumnis entstandene
Verwirrung hier wieder beseitigt, daß die alten
Grundlinien durch neue „strenge" literarkritische Beweise
wieder ins Licht gestellt und nun endgültig festgelegt
würden.

Aber das geschieht nicht. Es geschieht etwas viel
Interessanteres. Der Verfasser unternimmt es seinerseits
einen Neubau über einem ganz neuen Grundriß aufzuführen
. Von dem, was Wellhausen und seine Schule erarbeitet
haben, bleibt hier —das darf man sagen —kaum
ein Stein auf dem andern. Gerade die Grundlinien in dem
Geschichtsbild der so gerühmten älteren Generation
werden, eine nach der andern ausgelöscht. Darin liegt
das Aufregende dieses, wie die ersten Zeilen mit Recht
sagen, auch für die Fachgelehrten wichtigen „Studentenbuches
".

Die Grundvoraussetzung des Bildes der alttest. Religionsgeschichte
, das uns Hölscher bietet, ist, daß die
Gleichsetzung des Gesetzes der Kultusreform des Josia
mit dem Deuteronomium (genauer Deut. 12 ff.), also mit
dem Gesetz, durch das der Kultus zentralisiert und der
Höhendienst beseitigt wird, ein Irrtum ist (S. 134).

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Hölscher bezieht sich dabei auf seinen Beitrag zu dem
von mir herausgegebenen Festbuch zu Gunkels 60. Geburtstag
„Eucharisterion", in dem er „die Quellen und die
Redaktion des Königsbuches" untersucht hat. Ich darf,
um die Gründe für seine Ablehnung der Deuterono-
miumshypothese möglichst vollzählig zusammenzustellen,
diesen Aufsatz mit heranziehen.

Der Ausgangspunkt der Beweisführung ist, daß in dem Bericht über
die Kultusreform des Josia II Reg. 22f. die Verse 23, 8a und 9 ursprünglich
zusammengehören und ein späterer Zusatz sind. Der Satz: „Und er
ließ alle Priester aus den Städten Judas (nach Jerusalem) kommen und
verunreinigte die Höhen, wo die Priester geopfert hatten, von Geba bis
Beersaba. Aber die Höhenpriester durften zum Altar Jahwes in Jerusalem
nicht hinauf, sondern mußten ihre Anteile (?) mitten unter
ihren Brüdern essen" wird also gestrichen. Damit fällt die einzige
Stelie, an der in dieser Erzählung von einer Knltus/entralisation die
Rede ist. Die Reform des Josia zeigt sich damit als auf den Tempel
in Jerusalem und seinen Kultus beschränkt. Dann aber kann das
Deuteronomium nicht das Gesetz dieser Reform gewesen sein.

An dieser Beweisführung ist sicherlich richtig, daß 23, 8a und Q
zusammengehören, sehr fraglich aber erscheint es mir, wenn daraus
ohne weiteres geschlossen wird, daß dieser zu Unrecht zerrissene Satz
von fremder Hand in den ursprünglichen Zusammenhang eingefügt
worden ist. Es scheint mir eine viel leichtere Annahme, daß
23,8b „Und er riß ein die Höhen der Bocksgeister usw." von einem
Ahschreiber, der soeben 23,7 „Und er riß ein die Zellen der Kede-
sehen" geschrieben hatte, zunächst des gleichen Anfangs wegen übersehen
worden und dann, nachdem er den ursprünglich auf V 8 b
folgenden V. 8 a geschrieben hatte, nachgetragen und so zwischen die
eigentlich zusammengehörigen Verse 8a und 9 geraten ist. Derartige
Verstellungen einzelner Versglieder sind im A.T. nicht selten. (Vgl.
z. B. Jes. 22,3; 31,4 f.). Denn daß 23,8 a und 9 alt ist, geht besonders
daraus hervor, daß hier das Reformwerk des Josia auf Juda
(zwischen Geba und Beersaba) beschränkt wird. Die jüngeren Zusätze
(23,4c; 15; 16—20) haben sämtlich die Vorstellung, daß die
Reform bis über Bethel ausgedehnt worden sei. Es ist sicher richtig
und eine wertvolle Beobachtung, wenn Hölscher betont, daß der
Schriftsteller, der über das Reformwerk Josias berichtet, sich lediglich
an dem interessiert zeige, was im Tempel von Jerusalem
geschehen ist. Aber auch in 23,8 u. 9 handelt es sich um Jerusalem
. Daß die von ihren Opferstellen entfernten Höhenpriester nach
Jerusalem gerufen, dann aber verhindert werden dort zu opfern;
darauf kommt es dem Berichtenden an. Die Voraussetzung dazu ist die
Zerstörung der Höhen, nur als solche wird sie erwähnt. Und eben
darum ist die Erwähnung so kurz.

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