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Ausgabe: | 1923 Nr. 1 |
Spalte: | 229 |
Autor/Hrsg.: | Schneider, Johannes (Hrsg.) |
Titel/Untertitel: | Kirchliches Jahrbuch für die evangelischen Landeskirchen Deutschlands 1922. 49. Jahrg 1923 |
Rezensent: | Bauer, Johannes |
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229
Theologische Literaturzeitung 1923 Nr. 10/11.
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Schneider, D. J.: Kirchliches Jahrbuch für die ev. Landeskirchen
Deutschlands. F.in Hilfsbuch für die Kirchenkunde der
Gegenwart. 48. Jahrgang, 1021. 4h. Jahrgang, 1022. Gütersloh:
C. Bertelsmann. (VIII, 512 u. X, 500 S.) gr. 8° Gz. 7,5; geb. 0.
Wer das kirchliche Jahrbuch vom praktischen Gebrauch
her kennt, sieht es als unentbehrlichen und unersetzlichen
Bestandteil seiner Bibliothek an. Herausgeber
und Mitarbeiter geben sich alle Mühe, das Jahrbuch
immer reicher auszugestalten: die zwei letzten Jahrgänge
liefern dafür den besten Beweis. Soviel ich bemerke
, wird es aber von unseren Geistlichen in der Gemeindearbeit
noch nicht genügend verwertet, während
es gerade für Vorträge, Christenlehren usw. eine Fülle
von Material darbietet. Bleibt die Anlage des Werkes
auch im allgemeinen unverändert, so treten je nach der
Zeitlagc neue Stoffe hinzu und andere etwas zurück.
Die Statistik, die Zeitlage und die Uebersicht über die
Gliederung der Kirchen mit dem Personalstand der Behörden
und Synoden bilden den Grundstock — die nicht
hoch genug zu schätzende Arbeit des Herausgebers.
Vor allem sei das Kapitel über die Statistik hervorgehoben
mit wohlabgewogenen, besonnenenen Urteilen
über zahlreiche Einzelfragen wie die Mischeheschließungen
, die Konfirmation von Kindern, die den Religionsunterricht
nicht besuchten, die Kommunikantenzahl, die
Zahl der Theologiestudierenden und Pfarramtskandidateii,
der Kirchenaustritte und Wiedereintritte; dann aus der
Uebersicht über die Zeitlage die Besprechung der religiösen
Bewegungen der Gegenwart. Gemeindeorganisationsfragen
sind von Prof. Schian behandelt, die innerkirchliche
Evangelisation von Bunke-Spandau, die Innere
Mission von Direktor Ulbrich-Magdeburg — was bedeutet
der hier öfters verwendete Ausdruck christusgläubig
? —, die Heidenmission von Richter-Werleshausen
, die Judenmission von Schaeffer-Berlin, das ev.
Auslandsdeutschtum von Schubert-Rom. Im Jahrgang
1922 bespricht Frick-Bremen die Wirksamkeit der großen
Vereine und Prof. Bachmann in einen größeren Abschnitt
das Verhältnis von Kirche und Schule. Ein das ganze
Werk einleitendes Kapitel von Koch-Münster gibt eine
allgemeine Uebersicht über Staat und Kirche.
Angesichts der auf das Werk verwendeten Sorgfalt
und des Reichtums der Gebiete wäre es kleinlich, einzelne
Versehen anzuführen oder Wünsche zu äußern, die der
Herausgeber wahrscheinlich selbst schon erwogen hat.
Aber auf zwei Punkte möchte ich doch hinweisen. Der
Vorteil, daß die Einzelfragen jeweils von Sachkennern
dargestellt werden, ist gewiß überaus groß. Aber wäre
es nicht vielleicht möglich, die dadurch entstehenden
Wiederholungen, wie z. B. über das Gebiet der Evangelisation
und Volksmission zu vermeiden? Solche Wiederholungen
wären dann kein Nachteil, wenn auch der
Standpunkt der Bearbeiter verschieden wäre. Allein eben
dies führt zum zweiten Wunsch. In gewissen Kapiteln
drängt sich die kirchenpolitische und politische Ansicht
des Referenten, die sich ja nicht unterdrücken läßt, zu
stark und zu scharf hervor. Das Ziel einer sachlich berichtenden
Chronik wird dabei überschritten, und es entsteht
ein kirchenpolitischer Aufsatz oder Leitartikel. Da
und dort werden auch Tatsachen angeführt, die ohne
Quellennachweis für den Benutzer einen zweifelhaften
Wert haben.
Heidelberg. Johannes Baue r.
Freiburger Diözesan-Archiv. Zeitschrift des kirchengeschichtlichen
Vereins für Geschichte, christliche Kunst, Altertums- und Literaturkunde
des Erzbistums Freiburg mit Berücksichtigung der angrenzenden
Bistümer. Neue Folge, 23. Bd. Freiburg i. Br., Herder u.
Co., t922. (160 S.) 8°.
Von den Abhandlungen dieses Bandes sind die Beiträge
zur Geschichte der vormals Mainzischen Pfarreien
des badischen Odenwalds im 16. und 17. Jahrhundert von
Andr. Ludwig Veit weitaus die wichtigsten und verdienen
mit ihren Mitteilungen aus Visitationsakten von 1594 bis
c 1655 auch in weiteren Kreisen Beachtung. Wir sehen
hier bestätigt, was Ref. in seinem „Interim in Württemberg
" (Sehr, des Ver. f. Ref. G. 1895) S. 174 u. 204 gezeigt
hat, daß die Pfarrer im Würzburger und Mainzer
Gebiet verheiratet waren und Bischof Julius Echter einen
heißen Kampf gegen die Priesterehe führte, während
die Gemeinden damit wohl zufrieden waren und die
Pfarrer schützten. Als der Pfarrer in Altheim, Dekan des
Kapitels Buchen, auf Würzburgs Drängen seine Frau
entließ, wurden ihm die Fenster eingeworfen. In Walldürn
ging 1619 das Gerücht, das Volk werde sich empören
, wenn der verheiratete Kaplan entfernt würde.
Die letzte Oelung war nahezu ganz unbekannt und wurde
nur langsam wieder eingeführt. Exequien wurden meist
unregelmäßig gehalten. Der Gebrauch, dem Täufling
eine Kerze vorauszutragen, war mannigfach abgegangen.
Fleischessen in der Fastenzeit war nicht ganz selten.
Theologische Bildung war von den Pfarrkandidaten nicht
immer nachzuweisen. Sie wurden geweiht, wenn sie nur
Poesie bis zum Baccalaureat studiert hatten. Zu Paul
Mittle von Westernhausen, nicht Westenh., S. 30 vgl. die
Beschreibung des Oberamts Künzelsau S. 875, 876, zu
Thomas Hendt von Sindeldorf ebd. S. 831, 832. Auffallend
ist, daß S. 48 nicht bemerkt ist, daß es sich bei
Konrad Koch um Wimpina handelt. Bertsche gibt eine
Bibliographie der Frühdrucke von Werken Abrahams
a Sancta Clara 1670—1792, wobei die holländischen
Uebersetzungen zu beachten sind. Schön ist S. 55 die Benutzung
von diesen Werken im Volksleben gezeichnet.
Friedrich schildert die Schicksale der Propstei Oelenberg
im Elsaß, früher Kloster der Augustinerchorherrn, welches
Erzherzog Leopold von Oesterreich 1626 den Jesuiten
in Freiburg übergeben hatte, unter französischem
Regiment bis 1773. Albert zeigt gegen Pfeilschifter auf
Gruna eines Briefs von Falk, daß die erste Anregung zur
Germania sacra nicht von dem Abt üerbert von S. Blasien
aus ging, sondern schon in den 1760er Jahren von
dem Mainzer Weihbischof Würdtwein. E. Göller gibt
einige Notizen zu den päpstlichen Bullen von 1477 und
1476 zu Gunsten der Kollegialkirche in Baden-Baden.
In seiner Anzeige von Bruder Klaus, die ältesten Quellen
über den seligen Nikolaus von der Flue teilt Albert die
Aufzeichnungen des Bischofs Franz Johann von Konstanz
von 1647 und 1654 über seine Reisen nach Sachsen
mit, um dort Erhebungen für die Seligsprechung des
Bruders zu machen.
Stuttgart. G. Bosse rt.
Frommanns philosophische Taschenbücher herr.usg.uud eingeleitet
von Prof. Dr. Hans Ehrenberg. 2. Gruppe: Geisterreich.
Schröder, William I reih. v.: Mystische Geisterseher. (80 S.)
kl. 8° [1]
Ders.: Christliche Theosophett. (94 S.) |2]
Schopenhauer: Versuch über das Geistersehen und was
damit zusammenhangt. Eingel. und herausg. v. Dr. O. F. Hartlaub.
(95 S.) [3]
Fechner: Tagesansicht und Nachtansicht. Eingeleitet u. herausg
. v. Prof. Dr. med. V. Frh. v. Weizsäcker. (94 S.) [4]
Schell ing: Clara oder über den Zusammenhang der Natur mit
der Geisterwelt. Hrsg. u. eingel. v. Prof. Dr. H. Ehrenberg.
(98 S.) [5]
Stuttgart: Fr. Frommann 1922.
Die philosophischen Taschenbücher wollen keine neuen Texte
oder neue kritische Ausgaben vorhandener Schriften vorlegen — soweit
an den überlieferten Texten Aenderungen vorgenommen werden,
sind sie durch den Zweck der Sammlung, nicht durch kritische Bedenken
begründet — sondern der Leser soll über bestimmte Sachen
näheren und zutreffenden Aufschluß bekommen. Bei der vorliegenden
Gruppe lag dem Verlag offenbar daran, das weitverbreitete Interesse
an spiritistischen und okkulten Phänomenen in die enge, durch Philosophie
und Protestantismus begrenzte Bah n zu weisen. Es eignet den
kurzen, sachlichen Einleitungen wie auch den ausgewählten Texten
eine gewisse Zurückhaltung und Nüchternheit: man erkennt die Realität
der okkulten und magischen Phänomene an, aber man splritualisiert
und idealisiert sie und lehnt die ,,volkstümlich"-realistische Deutung
(anders der ältere Blumhardt, Vilmar!) als roh und verkehrt ab.
Der erste Band gibt durch Auszüge vor allem aus Böhme, Jane
Leade, Swedenborg und Teresa a Jesu eine Theorie vom Wesen und
Wirken der Geister sowie einige Gesichte. Der zweite vereinigt Zitate
von Val. Weigel, Böhme, üetinger und Baader zu einem System
christlicher Theosophie. Sehr klar und instruktiv sind die Einlei-