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Ausgabe:

1923 Nr. 9

Spalte:

195

Autor/Hrsg.:

Kotz, Ernst

Titel/Untertitel:

Im Banne der Furcht. Sitten und Gebräuche der Wapare in Ostafrika 1923

Rezensent:

Haas, Hans

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195

Theologische Literaturzeitung 1923 Nr. 9

196

Kotz, Ernst: Im Banne der Furcht. Sitten und Gebräuche der
Wapare in Ostafrika. Hamburg: Advent-Verlag. (245 S.) 8°

Das Buch eines gewesenen Ostafrikamissionars, aus
13jährigem vertrauten Umgange mit den Schwarzen geschrieben
. Der Direktor des Berliner Museums für
Völkerkunde, Prof. v. Luschan, hat ihm ein Geleitwort
beigegeben, das, uneingeschränkter Anerkennung voll, bestimmt
dahin wirken wird, ihm den Absatz zu sichern,
den es verdient: eine wissenschaftlich völlig einwandfreie
Monographie, die für die Völkerkunde dauernd von
großem Werte sein wird, tatsächlich darum in keiner
ethnographischen oder afrikanischen Bibliothek fehlen
darf und sicher auch in den Kreisen der Missionsfreunde
sehr viele Leser finden wird. Auch für den Religionshistoriker
hat das, übrigens durch zahlreiche
Kunstdruckbeilagen und Textzeichnungen illustrierte,
Werk ein Kapitel. Ihn wird es so groß nicht stören, daß
aut dessen ca. 50 (theoretisch an Wundts „Mythus und
Religion" orientierten) Seiten („Formen des Kultus bei
den Wapare") auch manches Anfechtbare mit in den Kauf
zu nehmen ist. Dergleichen rückt man sich selbst zurecht.
An der Beschriftung der Bildtafel gegenüber S. 112:
„Christenfrauen beim Maisstampfen" stößt mich die sinnlose
Hervorhebung des Christentums. Sehr viel anders
sehen doch wohl Maisstampferinnen im Wapareland auch
nicht aus, wenn sie noch ungetauft sind.

Leipzig. H. Haas.

Gemen, Prof. D. Dr. Carl: Das Leben nach dem Tode im
Glauben der Menschheit. Leipzig: B. G. Teubner 1920. (119 S.)
kl. 8° = Aus Natur und Geistesvvelt, 544. Bdehn. Gz.l; geb. 1,5.
Vf. führt ein reiches Material vor. Ob er bei der Deutung in jedem
Fall das Richtige trifft, ist vielleicht nicht so wichtig, als daß der Leser
in der Tat einen guten Ueberblick erhält und zu eigenen Lösungsversuchen
angeregt wird. Der Stoff wird, zur Vermeidung von Wiederholungen
, nicht nach Völkern oder Religionen angeordnet, sondern unter
folgenden1 3 Ueberschriften: 1. Die Form, 2. Der Ort, 3. Der Inhalt
des Lebens nach dem Tode. Allerdings leidet darunter, wie bei allen
systematischen Anordnungen, das Bild der großen historischen Zusammenhänge
. Vermißt habe ich eine Besprechung der theosophischen
und okkultistischen Versuche, dem Rätsel auf die Spur zu kommen. Das
Büchlein wird seinen Zweck, einen weiteren Leserkreis in den Stoff
einzuführen, gewiß gut erfüllen.
Göttingen. Hans Duhm.

Wr es z i n s k i, Walter: Atlas zur altägyptischen Kulturgeschichte.

1.—12. Lief. Leipzig: J. C. Hinrichs. (1.—5. Lf. je 20, 6.—12. Lf:
je 30 Lichtdr.-Taf. m. eingedr. Text.) Lex. 8° Subskr.-Preis: Taf.
1—100 Gz. 37,5; Taf. 101 ff. je — 40. Fürs Ausland Preise in der
fr. Währung.

Wreszinski's Atlas führt uns das Leben des alten
Aegypters in seiner Vielseitigkeit und Buntheit bei Arbeit
und Ruhe, in Fröhlichkeit und Trauer, in privater Stille
und offizieller Oeffentlichkeit leibhaftig vor Augen. Das
Werk kann vom Ref. nicht nach der ägyptologischen Seite
hin beurteilt werden, wohl aber möchte er auf seine Bedeutung
für die alttestamentliche Wissenschaft nachdrücklich
hinweisen. Haben die bisherigen Ausgrabungen in Palästina
, ganz besonders was die südliche Hälfte des Landes
betrifft, erwiesen, wie stark die materielle Kultur
Aegyptens hier Einfluß geübt hat, so wird der Alttesta-
mentler allen Grund haben, sich um diese Darstellungen
ägyptischen Lebens und Kleinlebens zu kümmern, nicht
nur um konkrete Anschauungen zu gewinnen, sondern
auch um in Einzelheiten über die Erscheinungsformen
des israelitischen Volkslebens Belehrung zu schöpfen.
Nach Paul Karge, Rephaim, Paderborn 1917, ist die
Pflugkultur und die damit eng verbundene Rinderzucht,
im Gegensatz zu Ed. Hahn, aus Aegypten nach Palästina
eingeführt; auf den diesbezüglichen Darstellungen in
Wr.'s Atlas lernen wir die Analoga atlicher Szenen
kennen von dem hinter seinem Rindergespann vom Felde
heimkehrenden Saul Sam«XI,5 an bis zu den Gefäßen,
aus denen die Schnitter ihren Durst löschen Rt 2, 9.
Auch die Handwerke, wie das des Töpfers, Maurers,
Tischlers, Wagenbauers u. a. werden uns in ihren verschiedenen
Tätigkeiten veranschaulicht. Dabei ist die

häufige — nach meiner Zählung 7 — Darstellung der
Wagenbauerei bemerkenswert. Wenn also Reg «X, 29
berichtet, daß Salomos Aufkäufer Wagen „aus Aegypten"
(LXX Aiyvivcov) ausführen, so dürfte diese LA doch nicht
so verkehrt sein, als wie sie seit H. Winckler gewöhnlich
angesehen wird. Fernerhin scheinen mir die zahlreichen
Jagdbilder und Darstellungen des Fisch- und
Vogelfangs lehrreich zu sein. Die m. W. fast in allen
j Behandlungen dieses Themas seitens der Alttestament-
I 1er vertretene Ansicht ist, daß Altisrael kein Liebhaber
von Jagd und Vogelstellerei gewesen sei; um mit Heinr.
j Heine zu reden: „meine Ahnen gehörten nicht zu den
j Jagenden, viel eher zu den Gejagten". Dieser Ansicht
steht die Popularität der Vergleiche aus dem Jagdbetrieb
| bei Propheten und Dichtern entgegen und die ägyptischen
Bilder vermitteln eine konkrete Vorstellung von
diesen Vergleichen. Um nur noch Eins hervorzuheben:
die Gelage mit ihrem ganzen Milieu, den Musikanten,
Tänzerinnen und der die Genüsse herbeitragenden Dienerschaft
, ferner mit ihren Freuden und auch nachfolgenden
Leiden sind vorzügliche Illustrationen zu mancher Stelle
AT's, wie etwa Gen. XLII, 34 b Sam «I 13 b. 14; bei
den Aegyptern wie in Israel pflegten beide Geschlechter
bei solchen Gelegenheiten nicht selten einen verhängnisvollen
Uebereifer zu entwickeln. Es ließen sich noch
manche andre Parallelen anführen, wie beispielsweise
eine mögliche Verwandtschaft zwischen den ägyptischen
Totenstelen und den israelitischen Masseben am Grabe,
vgl. hierzu auch G. Dalman PJB XV (1919) S. 25. Aber
es sei des Raumes wegen hiermit genug. — Alles in
allem scheint mir Wr.'s Atlas mit seinen vorzüglichen
Reproduktionen, die zugleich mit Erläuterungen versehen
sind, ein für den Alttestamentler besonders in
archäologischer Beziehung höchst beachtenswertes und
dankbar zu begrüßendes Werk.

Königsberg, Pr. Max Lohr.

Schaeffer, Henry, Prof. Ph. D., S. T. M.: Hebrew Tribal Eco-
nomy and the Jubilee as illustrated in Semitic and lndo-European
village communities. Leipzig: J. C. Hinrichs 1922. (VIII, 198 S.) 8°

Oz. 3.

Die Jobeljahr-Gesetzgebung von Lew 25, die vorschreibt, daß alle
50 Jahre jeder Israelit von etwaiger Sklaverei befreit und zu seinem
etwa verlorenen Besitz zurückkehren soll, wird als ein Nachklang der
altisraelitischen und ursemitischen Stammes-Verfassung erklärt, die kein
Besitzrecht des einzelnen, sondern nur der Gruppe kennt. In den, das
Hauptstück des Buches darstellenden, Kapiteln V u. VI wird diese These
erörtert. In Kap. I—IV werden diesem Hauptstück allgemeine Ausführungen
über die Stammes-Verfassung und ihre Bedeutung für Religion
, Politik und Ethik vorausgeschickt, und ihm folgt in Kap. VII bis
XVI eine Darstellung von wirtschaftlichen Ordnungen bei anderen
Völkern, die sich letztlich auch aus der Stammes-Verfassung erklären
(The Palestinian village Community; The Babylonian village Community;
The tribal villages of India; Homeric land tenure; Roman ager publi-
cus; Russian village communities; The German mark System; The tribal
System of ancient Ireland; The tribal System of ancient Wales; The old
English township). Diese Schlußkapitel, wie das Buch überhaupt,
zeugen von einer ausgebreiteten Belesenheit des Verf. und von seiner
Urteilsfähigkeit in soziologischen und ökonomischen Dingen. So hat er
denn auch manche Erscheinung des isr.-jüd. Wirtschaftslebens in neue
Beleuchtung gerückt und es verstanden, für seine Haupt-These beachtenswerte
Gründe ins Feld zu führen. Leider wird aber der Wert
seiner Arbeit stark eingeschränkt durch ihren völligen Mangel an literarischer
und an historischer Kritik. Erzählungen, deren Kompositionscharakter
allgemein anerkannt ist, werden als eine Einheit betrachtet
und für die Argumentation verwertet, sodaß es nur der Erinnerung an
die Zusammengesetztheit dieser Berichte bedarf, um die auf ihnen beruhende
Beweisführung als nichtig zu erkennen (Vgl. etwa S. 64).
Weiter wird die in 1. Mose bis zur Mitte des 2. Königsbuches mitgeteilte
Stoff-Masse, und zwar Erzählung wie Gesetz, ohne weiteres als
vorprophetisch in Anspruch genommen und als Beleg für die Zeit verwertet
, aus der sie stammen will. Hier hätte der Verf. mindestens
seine Position zu begründen versuchen müssen. Mit diesem Mangel
hängt es auch zusammen, daß die Frage, wieweit die Jobeljahr-Gesetzgebung
und ähnliche zugunsten der Armen und Bedrängten getroffene
Bestimmungen durch die prophetische Verkündigung bedingt sind, gar
nicht gestellt wird, und doch vermag erst eine in dieser Richtung
gehende Behandlung jener Gesetze sie ganz verständlich zu machen.
Ergänzt man auf diese Weise die Fragestellung des Verf., so wird sich