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Ausgabe:

1922

Spalte:

156-157

Autor/Hrsg.:

Endres, Jos. Ant.

Titel/Untertitel:

Einleitung in die Philosophie 1922

Rezensent:

Kowalewski, Arnold

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Theologifche Literaturzeitung 1922 Nr. 7.-

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Schriften" enthalten. Infolgedeffen werden die Werke der Altersperiode
nur in geringem Maße berückfichtigt werden. ,,Ausgefchloffen find die
wiffenfchafilich-theologifchen Schriften, die nur für den Fachmann In-
tereffe haben. Befonderes Gewicht wird dagegen auf die relormatori-
fchen und politifchen Schriften gelegt, die den Werdegang der Reformation
am deutlichften veranfchauiichen. In 2 Bänden werden die
Schriften zufammengeftellt, die fich mit dem Neuaufbau der Ge'ell-
fchaft und der Kirche befaffen. Ebenfo ift dem Phirofophen Luther
ein Band eingeräumt worden, während die volkstümlich feelforgerifche
Tätigkeit durch eine Auswahl aus den Predigten zur Geltung kommt.
Die Dichtungen und weltlichen Schriften werden vollzählig aufgenommen
, während bei den Ti chreden und Brieien eine Auswahl nötig
war." Der 2., fchon 1914 erfchienene Band enthielt die großen refor
matorifchen Schriften von 1520. Von den beiden jetzt gleichzeitig er-
fchienenen Bänden ift der [. betitelt: ,Der Ablaßftreit und die Leipziger
Disputation"; er enthält aber in der Hauptlache nur — außr dem
Vorwort Luthers zum 1. Bande feiner lateinilchen Schriften von 1545,
das fehr paffend vorangeftellt worden ift, — die 95 The'en, den Sermon
von dem Ablaß und Gnade, die Refolutionen, die Acta Auguftana
und Dokumente zu den Altenburger Verhandlungen zwifchen Luther
und Miltitz; daß die Leipziger Disputation dem Handtitel zuwider un-
berücküchtigt geblieben ift, erfcheint mir nicht in Ordnung; Luthers
13. Thefe vom göttlichen Recht der päpftrichen Gewalt und feine
Erklärung über manche febr chrifUiche und cvangelifche Sätze des
Huß und der Böhmen und den Irrium des großen Konftanzer Konzils
find doch gerade für feine „Entwicklung" und den „Werdegang der
Reformation" von großer Bedeutung. Der 3. Band, betitelt: „Aus den
Tagen des Wormfer Reichtags", enthält den Sermon von dem Bann,
Warum des Papftes und feiner jünger Bücher, Grund und Urfach aller
Artikel, Eine treue Vermahnung zu allen Chriften. Wider den faKch genannten
geiftlichen Stand, S-mdbrief an die Chriften im Niederland, zu
Worms, An die Herren Deutfchen Ordens, Wider die Verkehrer und
Fälfcher, Zwei kaKerl'che uneinige und widerwärtige Gebote. Die Erläuterungen
, die Kalkoff beigefteuert hat, find fehr gründlich und
forgfältig und übertreffen befonders in den Zitatennachweifen die W. A.
und meine Studentenausgabe weit; fie bringen auch dem Fachmann manches
Neue, z. B. über die nächfte Veranlagung des Sermons von dem
Bann oder über die einflußreiche Rolle Dietrichs v. Schönberg als Rates
des Hochmeifters Albrecht von Preußen; daß die Überfetzung von
Warum des Papftes und feiner Jünger Bücher W. A. 7, 157 A von Herrmann
von dem Bufche herrühre und Eine treue Vermahnung zu allen
Chriften g<"gen Hutten gerichtet fei, find Vermutungen, denen weiter
nachgegangen werden muß. Nicht ganz glücklich im Rahmen des
Ganzen finde ich die dem I. Bande beigegebene Abhandlung von
Henry Thode f „Luther und die deutfehe Kultur" und die von Kalkoff
gelieferten ge'chichtlichen Einleitungen zum 2. und 3. Bande. So
wertvoll diefe Arbeiten an und für fich find und fo fehr man's infon-
derheit dem hochverdienten, unermüdlichen und einzigartig kenntnisreichen
Erforfcher der „entfeheidenden Jahre der Reformation" gönnt, daß
er feine Auffaflungen in diefer neuen vornehmen Lutherausgabe hat verewigen
dürfen, in einer Ausgabe, wo fich nichts zwifchen den fpre-
chenden Heros und den Leier drängen foll. wirken diefe Arbeiten zu
umfänglich und auch zu fubjektiv (bei Thode die bekannte Thefe von
der Kultur der Renaiffance von 1200, von Franz von Affifi an!).
Rückhaltlos beiftimmen kann man dagegen wieder den bildnerifchen
Beigaben; die Reproduktionen zeitgenöftilcher Porträts (allmählich foll
eine einigermaßen vollftändige Sammlung von Lutherbildniffen zufam-
menkommen), von Titelblättern und Urkunden find hochwillkommen.
Zwickau i. S. O. Clemen.

Buchwald, Georg: Martin Luther in feinen Tifchreden. (VIII,
216 S.) kl. 4». Leipzig, R. Voigtländer. M. 50 —

Diefe neue volkstümliche Ausgabe der Tifchreden Luthers bringt
diefe (mit Ausnahme einiger weniger Stücke, die anderen — urfprüng-
licheren — Sammlungen in der Weimarer Ausgabe entnommen find,)
nach Aurifaber bei Förftemann-Bindfeil. Mit Recht. Buchwald
hat aber aus den vier Bänden ausgewählt und vor allem die Stücke
neu geordnet, Gleichfalls mit Recht. Denn bei der Anordnung Auri-
fabers „nach Hauptftücken der chriftlichen Lehre ' ift Zufammengehö-
riges zerriffen und find oft Stücke nach verfchiedenen Aufzeichnungen
zwei-, dreimal gebracht worden. Buchwald's Auswahl und Anordnung
(Empor zum Licht! Luther der Held. L. der kindliche Chrift. L.
der Prediger. Lebensweisheit. L. und die Umwelt. L. der Prophet!
hat manches für fich, jedoch ift manches unfehätzbare Wort unter den
Tifch gefallen, konnten die Stoffgebiete nicht fcharf gegen einander
abgegrenzt werden, find die Stücke nicht immer richtig auf die Kapitel
verteilt und ftehen fie oft innerhalb derfelben durcheinander. Der Kommentar
ift mangelhaft. Es wäre ein Leichtes gewefen, zu jedem Auri-
faberftück die Vorlage in der W. A. heranzuziehen und aus den dortigen
Anmerkungen das Nötige zu wiederholen. Vor allem aber hat
Buchwald verfäumt, den Aurifabcrfchen Text nach den älteren Aufzeichnungen
zu korrigieren, Er ift deß in hohem Grade bedürftig. Aus
den beiden Gründen: weil Buchwald unterlaffen hat, den AurKaber-
fchen Text kritifch zu behandeln und genügend zu kommentieren,
bedeutet feine Ausgabe wiffenfehaftlich (was fie ja freilich auch
nicht beanfprucht) keinen rechten Fortfehritt.

Zwickau i. S. D. Clemen.

Becker, Ph. Aug.: Clement Marots Pfalmenüberretzung. (Berichte

über d. Verhandlgn. d. Sächf. Akademie d. Wiffeufchaften, Phi-
lol.-hift. Kl. 72. Band. 1920. 1. Heft). (44 S.) gr. 8". Leipzig,
B. G. Teubner 1921. M. 3 —

Marots Pfalmenübcrfetzung, die infolge feines frühen Todes
(Sommer 1544 in Turin) und feines wechlelvollen Schickfals auf ein
Dritteil des ganzen Buches (30 + 20) befchränkt blieb, aber von
Theodore de Beze vervollltändigt wurde, hat nicht nur die alten Hugenotten
angefpornt und getröftet, fondern fich dauernd im reformierten
Gottesdienft behauptet. Becker unterfucht 1. die äußeren Gtfchicke
der Überletzung, 2. Marots Arbeitsmethode, 3. lein Verfahren u. feine
Leiftung als l'ialmenüberfetzer. Dabei ift manches Neue zu tage gekommen
. So macht er z. B. fehr wahrfcheinlich, daß Marot die Ende

1537 vollendete Überfetzung der erften 30 Pfalmen, nachdem er fie
König Franz und deffen Schweiler Margaretha überreicht hatte, fchon

1538 im Druck veröffentlicht hat, und zwar mit Umgehung der Zen-
fur, die von der theologischen Fakultät in Paris ausgeübt wurde, in Paris
bei Jean Morin; von der polizeilich beschlagnahmten Auflage hat fich kein
Exemplar erhalten; eines muß damals nach Straßburg gelangt fein,
wo der aus Genf verbannte Calvin ihm 12 Pfalmen entnahm, um fie
in der Kirche der franzöfifchen Gemeinde fingen zu laffen; fie ftehen
dann auch in den im Frühjahr 1539 von Knoblauch gedruckten .Aucuns
psaulmes et cantiques mys en chant . . . .' Ferner zeigt B., daß Marot
fich hauptfächlich an den Plälmenkommentar gehalten hat, den Bucer
September 1529 in Straßburg erfcheinen ließ; wahrfcheinlich wurde
Marot darauf geführt durch die Voilefungcu Francois Vatables, kgl.
Lektors der hebräifchen Sprache am Collegium trilingue, dem fpäteren
College de France, der er nach feiner Genefüng von der Peft (Herbft
1531) gehört hat. Der Hauptwert der gediegenen Arbeit liegt darin,
daß fie Marots Pfalmenüberfetzung in die Gefchichte der Pfalmenüber-
fetzungen, in die Gefchichte feines eigenen dichtrrifchen Schaftens und
der franzöfchen Lyrik überhaupt, und in die Gefchichte des reformierten
Gottesdienftes eingeordnet hat. Ich wiederhole nur noch B.s Schluß-
urteil: ,Unterlegen ift das Marot-Bezafche Pfalnienbuch nur dem Wandel
der Sprache und des Stilgefühls, eine belfere Jnterpretation wurde
nicht gegeben. Marots Pfalmen find veraltet, erfetzt wurden fie
nicht.'

Zwickau i. S. O. Clemen.

PfeilTchifter, Prof. Dr. Georg: Die St. Blarianitche Germania

Sacra. Ein Beitrag zur Hiftoriographie des 18. Jahrhunderts.
(Münchener Studien zur hiftorilcheu Theologie Heft 1.) (VI,
198 S.j gr. 8». Kempten, J. Köfel & F. Puftet 1921.

M. 28 —

Pf. veröffentlicht diefe gehaltvolle Studie als Vorläufer feiner
Ausgabe der Korrefpondenz des Fürftabtes Martin Gerbert von St.
Blafien auf dem Schwarzwald (1764—93), zugleich zur Entladung derfelben
, und endlich in der Abficht, „den deutfchen Gclehrtenkreifen
des Kaifer-Wilhelm-Inftituts für deutfehe Gefchichte, welche, überzeugt
von der dringenden Notwendigkeit einer Germania Sacra, eine Wiederaufnahme
der mit der St. Blafianifchen G. s. endenden früheren Vcr-
fuche planen, einen genaueren Einblick in diefes groß angelegte Unternehmen
zu geben." Das Material für feine Arbeit fand Pf. haupt-
fächlich in dem letzten der 11 Foliobände, die die Korrefpondenz Ger-
berts enthalten und jetzt der Benediktinerabtei St. Paul in Kärnten gehören
. Dazu kamen noch Briefe in den andern 10 Bänden und Bride
außerhalb diefer Sammlung in verfchiedenen Archiven, im Ganzen ca.
500 Briefe, die in das Entliehen und Wachten des Plans, in das Werben
um Mitarbeiter und Quellenmaterial, in die Schwierigkeiten und
Hinderniffe, die fich dem Werke entgcgenftelllen, hineinbücken laffen. Die
St. Blafianer planten „eine Kirchengefch. ganz Deutfchlands, fyftema-
tifch bearbeitet im Rahmen einer Gefch. der einzelnen Bistümer." Pf.
rollt zunächft fehr inftruktiv und dankenswert die Vorgefchichte des
Unternehmens auf, von des Caspai Bruschius Epitome de omnibus
Germaniae episcopatibus Mitte des 16. Jhrhs an über Gabriel Bucelinus
kurz nach dem 3ojähr. Kriege zur Jtalia läcra und Gallia Chriftiana,
endlich zur Germania sacra des Jefuitenpaters Marcus Hansizius und
damit bis zur Schwelle des St. Blafianifchen Unternehmens. Der 2.
Teil enthält die Genefis und den Fortgang desfelben und fein vor-
fchnelles Ende mit der Säculariration St. Blaficns und der Überfiedelung
der Jnfaffen nach Kärnten 1806. Zum Schluß entwirft Pf. im Anfchluß
an die beiden Auffätze von A. Brackmann Hiftor. Ztlchr. 102, 325 ff.
und Ztfchr. f. Kirchengelch. 30, I ff den Plan für eine neue Germania
sacra, die P. Kehr in das Arbeitsprogramm des von ihm geleiteten
Kailer-Wilhelm-Jnftituts aufgenommen hatte. Ob aber der Plan
jetzt noch befteht?
Zwickau i. S. O. Clemen.

Endres, Jof. Ant: Einleitung in die Philofophie. (Bd. I
der Philofoph. Handbibliothek.) (V, 195 S.) gr. 8°.
München, J. Köfel 1920. M. 8 —

Sawicki, Franz: Gefchichtsphilofophie. (Philofoph. Hand-
bibl. Bd. II) (306 S.) gr. 8°. Kempten, Jof. Köfel
1920. M. 10 —