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Ausgabe:

1922 Nr. 7

Spalte:

154

Autor/Hrsg.:

Buchwald, Georg

Titel/Untertitel:

Redeakte bei Erwerbung der akademischen Grade an der Universität Leipzig im 15. Jahrhundert 1922

Rezensent:

Clemen, Otto

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Theologifche Literaturzeitung 1922 Nr. 7.

154

des Judentums.) (X, 185 S. u. 173 Abbildgn.) Lex. 8°.
Leipzig. O. Harrassowitz 1919. M. 40 —

Von den im vorliegenden Werk veröffentlichten 185
jüdifchen Grabinfchriften (lammen die Nummern 1 —128
aus dem Nachlaffe des 1912 verftorbenen bekannten chrift-
lichen Archaeologen Nikolaus Müller; fie mußten
aber vielfach revidiert und ergänzt werden. Die Nummern
129—185 find ganz neu von Bees bearbeitet worden.
Über die viele Mühe und Zeit koftende und in tech-
nifcher Hinficht wohlgelungene Publikation berichtet Bees
felbft im Vorwort S. V—IX. Zur Erklärung der Infchriften
hat befonders Deißmann reiche Beiträge beigefteuert.
Bei der Lefung und Überfetzung der feltfamen hebrä-
ifchen Infchrift Nr. 142 war der Herausgeber u. a.
von Lidzbarski, Littmann u. Greßmann beraten.

Die Zeit der Infchriften anlangend, fo gehören fie
dem erften bis vieiten (fünften) nachchriftlichen Jahrhundert
an. Nach Sprachen geordnet find 124 griechifch,
38 lateinifch, 3 lateinifch mit griechifchen Buch (laben,
3griechifch-lateinifch bzw. lat.-griechifch, 1 aram.-griechifch,
3 hebräifch, l griech.-hebr., 1 (lat.-)hebräifch, 3 unent-
fchieden u. 8 Nummern weifen gar keine Buchftaben auf.

Auffallend ftark ift alfo das Zurücktreten der hebräifchen Sprache
in den Infchriften. Jedoch finden fich unter dem Bilderfchmuck fpe-
zififch jüdifche Embleme, fo z. B. bei einem Drittel der Infchriften der
fiebenarmige Leuchter; weit feltner Ethrog, Lulab und Torafchrein.
Der Anpaffung an das Griechifche und Lateinifche entfprechen die vielen
unjüdilchen Männer- und Frauennamen z. B. Aurelius, Claudia, Con-
ftantius, Eugenia, Eulogia, Felicitas,Gaudentia. Marceila, Regina, Verusufw.
Ihnen gegenüber treten die fpezififch jüdifchen Namen wie Benjamin,
Jukob, Rebekka, Sara, Simon u. a. fehr zurück. Wie kräftig die heid-
nifche Lmgebung auch fonft auf das Judentum abgefärbt hat, zeigt
u. a. die Widmung an der Spitze den D(is) M (anibus) ,den Göttern
der Unterwelt' in Nr. 4, 100, 101, 103; doch könnten diefe Infchriften
auch heidnifch fein. Aber die gleiche Formel ift für jüdi'che, ja fogar
für chriftliche Grabdenkmäler auch fonft belegt, vgl. S. 7 f. Die 13 zeilige
lateinifche Regina-Infchriit Nr. 145 ahmt fogar den Hexameter nach!
Im übrigen ift der Stil der Infchriften im Durchfchnitt der ftereo'ype de.'
Grabinfchriften: tVehlrJe xeitai .... am Anfang, und am Schluß: iv
ilpr'/vji tj xoifii]Oi<; aviov ( —//c). Auffallend ift die Akklamation in
Nr. 6z: ziere! rü/v öalwv ,bei den Heiligen' fei feine Ruhe! Ein gutes
Beifpiel für ein Totengebet ift Nr. 18, 2—4, ältefte Belegftelle für die
Sitte des jüdifchen lotengebets ift nach Deißniann 2. Mak. 12, 44.

Die Infchriften find für die Gefchichte der Juden, ihre
Verbreitung in Italien, ihre Verfaffung, ihre Religion u.
übrige Kultur, ganz befonders aber für die Volksfprache
fehr wichtig. Die Gefellfchaft zur Förderung der Wfffen-
fchaft des Judentums, die bereits eine Reihe fehr verdienft-
licher Werke veröffentlicht hat, kann auch auf diefe Publikation
mit Recht ftolz fein. Gleichzeitig ift das Werk
ein fchönes Zeichen von dem erfprießlichen wiffenfchaft-
lichen Zufammenarbeiten jüdifcher u. chriftlicher Gelehrter.
Heidelberg. Georg Beer.

The Latin and Irish Lives of daran. By R. A. Stewart Macaltster.
(190 S.) kl. 8°. London, Society for Promoting Christ. Knowledge
1921. 10 sh-

Einen der vornchmften irifchen Heiligen, aus der erften Hälfte
des 6. Jhdts, den Gründer der Hochfchulc im Klofter Clonmacnois am
Shannon, lehrt uns dies Büchlein kennen. Es exiftieren von ihm 4
Wen, 3 in latcinifcher, I in iri'eher Sprache, alle freilich fpäten, mittelalterlichen
Urfprungs und faft nur Sammlungen von Legenden oder
halbmylhilchen Anekdoten. Nach einer präzifen Einleitung gibt
der Herausgeber eine gute Cberfetzung feiner 4 Quellen, von der zwe ten la-
teinifchen Vita auch S. 172—183 zum erften Mal den Text; im Kommentar
zu den — durch Kombination der Qnchen auf 59 Nummern gebrachten
— Einzelabfchnitten wird hiftorifche Kritik geübt, befonders
eomparative. und zwar erweift fich der Kritiker als ebenfo vertraut mit
der reichen, hiehergebörigen Literatur wie zu der gebotenen Skepfis bereit.
IJa diefe Gattung von Mönchsromanen uns wenig bekannt ift, verlohnt
fielt die Beschäftigung mit dem eigenartigen Stoffe wohl.

An dem lateinifchen Texte hätte mehr gebeffert werden follen,
befonders die zahlreichen Ausladungen von Buchflaben und Silben, wo
M. leider nur ei n e Art von eckigen Klammern für Addenda wie für Delenda
verwendet. Auf die merkwürdige Tendenz der Ciaran-I'berlieferung,
ihren Helden Jefus ähnlich zu geftalten, hat M. wohl geachtet, mit Recht
auch feinen Tod im 33. Lebensjahr für tendenziös vorausdatiert angefallen
. Aber feine Berufung auf die Kalender-Daten der irifchen Vita
'•u Gunften von 556 gegen das überlieferte 548 wirkt nicht überzeugend,

weil das Datum in cp. 42 doch wieder nicht zu 548 oder 556 wirklich
paßt. — Hier wird fich mehr Licht wohl bloß durch gleichzeitige Durcharbeitung
des gefamten Cberlieferungsftoffes aus jener Welt gewinnen
laffen.

Marburg, a. d. Lahn. Ad. Jülich er.

Redeakte bei Erwerbung der akademifchen Grade an der
Univerfität Leipzig im 15. Jahrhundert. Aus Hand-
fchriften d. Leipziger Univerfitätsbibliothek. Hrsgeg.
v. Georg Buchwald und Theo Herrle. (Des XXXVI.
Bandes d. Abhandlgn. d. philolog.-hiftor. Klaffe d.
Sächf. Akad. d. Wiffenfchaften Nr. V.) (97 S.) Lex.
8°. Leipzig, B. G. Teubner 1921. M. 7.50

Bei der Durchforfchung mittelalterlicher Predigtbände
der Leipziger Univerfitätsbibliothek fließ Buchwald
auf zahlreiche Reden, die bei Univet fitätsakten gehalten
worden find. In anderen Bänden fand er weiteres
Material. Er hat daraus fo viel Reden veröffentlicht,
daß jede Promotionsfeier vom baccalaureus artium bis
zum Dr. theol. belegt wurde, und einige Rektoratsreden
angefügt. Herrle hat fich der Mühe unterzogen, die
Zitate nachzuweifen, und außerdem die Publikation mit
einem lehrreichen Auffatz im Neuen Archiv f. Sächf.
Gefch. 42, 227 ff. begleitet. Man bekommt ein gutes
Bild von dem Hergang bei folchen Univei fitätsfeiei lich-
keiten und von der Gedankenwelt, den Ausdrucksmitteln,
der Lektüre und den Studien der Leipziger Univerfitäts-
gelehrten im 15. Jahrh. Merkwürdig ift die Hoch-
fchätzung der heil. Schrift, befonders in der von Herrle
S. 206 f. im Auszug wiedergegebenen Rede über
1. Petr. 1,25.

Als Lefefehler korrigiere ich Enax, muß heißen Euax, wie
Herrle S. 232 richtig hat, der aber wieder in der Anm. fälfehlich
fchreibt: „herausgeg. von H. Rantzovic ', während der Herausgeber
der fchleswigfche Humanift Heinrich Ranzau ift ADB 27, 278 f, dazu
Fr. Bertheau, Zeitfchr. d. Geiellfchaft für Schleswig-Holllein-Lauen-
burgifche Gefch. 18, 131 ff., 21, 307 ff.): De gemmis, scriptum Evacis
regis Arabum, olim a poeta quodatn non inteliciter carmine redditum
et nunc primum in lucem editum. Opera et studio D. Henrici Rantzo-
vii . . . Lipsiae 1585 (Zw. RSB. 6. 6. 10 ) Ferner war durchweg zu
drucken Hcnricus Septimellcnsis und Matthaeus Vindocinensis. Die
Versus, bei denen Herrle's Findigkeit vertagt, konnte ich auch mit
Hilfe der Leipziger Sprichwörterdrucke in dem koftbaren Sammelbande
Zw. RSB. 24. 10. 16 (H. Cop. 15596, Cop. 2, 5042, Cop. 2, 2417,
H. 7360, H. 6848, H. 387, H. 7618, Cop. 2, 5118) nicht nachweifen
.

Zwickau i. S. O. Cleinen.

Martin Luther. Ausgewählte Werke. Unter Mitwirkung
v. A. herausg. von Hans Heinrich Borcherdt. 1. u. 3.
Bd. (CVIII, 425 S. und CIX, 331 S.) 8°. München,
G. Muller 1922.

Der 2. Band diefer neuen Lutherausgabe erfchien
1914 wenige Wochen vor Ausbruch des Krieges. Durch
den Krieg wurde die Fortfetzung verzögert. Es ift
freudig zu begrüßen, daß das Werk nun doch wieder in
Angriff genommen und gefördert ift. Nachdem jetzt der
1. u. der 3. Band herausgekommen ift, lollen die weiteren
Bände rafch hintereinander folgen. Die Ausgabe
(Borcherdt in Bd. 1) wendet fich ,an die Theologen, die
fich nur nebenbei mit Luther befchäftigen können, vor
allem aber an die gebildeten Laien, die den Entwicklungsgang
einer großen Perfönlichkeit zu verfolgen wünfehen,
an die Gefchichtsfreunde, die in diefen Schriften die
Denkmäler einer der bedeutendften Epochen der deutfehen
Gefchichte fchätzen'. Vergegenwärtigt man fich diefes
Leferpublikum, dann erfcheinen Textdarbietung, Auswahl
und Kommentar als angemeffen. Die in den vorliegenden
drei Bänden von Borcherdt und Kalkoff be-
forgte Textdarbietung ift tadellos. Befonders hervorzuheben
find die ausgezeichneten Übersetzungen, die Kalkoff
bietet, z. B. von den Refolutionen, die er in Anlehnung
an die von Greif in der Walch Ichen Ausgabe, aber
doch ganz neu hergeftellt hat.

Was die Auswahl betrifft, fo foll die neue Ausgabe ,,in erfter
Linie die für die Entwicklung der Perfönlichkeit Luthers wichtigen