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Ausgabe:

1922 Nr. 6

Spalte:

127

Autor/Hrsg.:

Strack, Hermann L.

Titel/Untertitel:

Grammatik des Biblisch-Aramäischen 1922

Rezensent:

Lidzbarski, Mark

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127 Theologifche Literaturzeitung 1922 Nr. 6. 128

von den Berbern angewandte Tifinagh geht über die
altberberifche Schrift auf die punifche zurück (vgl. Ephe-
meris II, p. 363 ff.), fomit lebt auch der phönizifche
Zweig des femitifchen Alphabetes bis zum heutigen Tage
fort. Die fyrifche Schrift, die durch Neftorianer nach
Mittel- und Oftafien gebracht wurde, hat dort keine
neue Tochterfchrift hervorgebracht. Die Schrift der
Uiguren entflammt der foghdifchen, die aus der mittel-
aramäifchen Schrift hervorging. Die wichtige mani-
chäifche Schrift nennt der Verf. im Text nicht; über ihren
Urfprung fiehe Sitzungsberichte der Berl. Akademie
1916, p. 1213 ff. Die beigegebenen Tafeln find gut her-
geftellt und die Proben im Ganzen gut gewählt. Die
auf Taf. V unter 16 abgebildete Rolle mit hebräifchem
Text ift keine Gebetrolle, fondern enthält das Buch
Efter. Für die meiden Lefer werden die Tafeln allerdings
nur dumme Bilder fein. Die Entwickelung der
Schrift zeigen am beden gute Schrifttafeln, freilich erfordert
ihre Herdellung viel Mühe und gründliche Sachkenntnis
.

Göttingen. M. Lidzbarski.

Strack, Prof. D. Dr. Hermann L.: Grammatik des Bib-
litch-Aramäifchen. Mit den nach Handfchriften berich-

Arbeit angefetzt hatte. 17 Jahre findfeitdem verdrichen, und
nun wird die 3. Auflage der Einleitung doch mit einer
Gefchichte der Philologie eröffnet. Es id der 70jährige
Ulrich von Wilamowitz-Moellendorf, der aus der Erfahrung
eines 50jährigen Philologenlebens dem heranwachfenden
Gefchlecht erzählt, was Philologie eind war, was fie jetzt
id und künftig fein foll.

Mit den Zeiten, da aus dem wiffenfchaftlichen Streben heUenifti-
fcher Grammatiker die wiffenlchaltliclie Befchältigung mit der grieclii-
fchen Sprache geboren wurde, hebt feine I larftellung an. Wir fehen
einen nie unterbrochenen Strom durch die Zeit des römifchen Kailerreichs
die Herrfchalt des chriftlichen Bildungsideales in das byzant|i-
nifche Mittelalter hinübertragen. Viel WalTer verfickert im Sande, aber
der Strom verliegt nie. Die byzant|inilche Renaiffance des 9. und 10.
Jahrhunderts, die fich an Namen wie Rhodos und Arethas knüpft,
hebt verborgene und vcrgelTene Schütze ans Tageslicht, und immer
wieder finden fich Männer, die auch in fpäterer Zeit an abgelegener
Weisheit der Alten fich erfreuen und mit Eiler retten, was die virwü-
ftenden Stürme des Jslam, des 4. Kreuzzuges und des Türkencinbruehs
übrig gelalfen haben. In ähnlicher Weife wird die Gefchichte der la-
teinifchen Philologie von Varro und Quiritilian bis zu Kaffiodor und
der karolingifchen Renaiffance geführt. Aus dem Spätmittelalter entwickelt
lieh auf italienifchem Boden der Humanismus und aus diefem
neben andern hiftorifch orientierten Wilfenfchaiten die neuere Philologie.

Und nun verfolgen wir an der Hand eines Meiflers,
dem die Groben der Vergangenheit Arbeitsgen offen und
Ereunde geworden find, das Aufblühen der philologifchen
Wiffenfchaften in Frankreich, den Niederlanden und

t- j • vnr- z u u c an. vviiiciiienaiicu m r 1 hiiki cicn, ueit ilcucrianueu um

tigten Texten und einem Worterbuch. Sechite, n- . , , . . vir 1 • V. <.r 1

a u r u an /im • r • c™;«.; England und die gelegentlichen Wirkungen in Deutfch

durchgefehene Auf age. (C avis Linguarum Semiti- , . ^ , . ^ & 9. . _ ^ ,& ,, .., ., ,

durchgefehene Auflage. (Clavis Linguarum
carum Pars IV.) (60 S.) 8°. München, C. H. Beck
1921. M. 10

land, das in Erasmus feinen Größten der Frühzeit hervorgebracht
hat. Und doch ift es Deutfchland, das

ct''„ 1 n ~ z-t j n urr u a •■•/•i"! l\ z ! endlich den entfeheidenden Schritt tut und an die Stelle
Stracks Grammatik des Biblifch-Aramaifchen hat , „ r, , a .. , . , r , , ,

der fich ltetig verengenden technifchen Philologie das

Ideal einer wirklichen Altertumswiffenfchaft aufbaut. Mit

fich im Unterricht wegen ihrer Kürze und praktifchen

Einrichtung gut bewährt und liegt jetzt in fechfter

ar, tui c-fu r Aar Winkelmann hebt die Bewegung an, an der Leffing,

Auflage vor. Ich kann aus Erfahrung fagen, daß fie t r > /-zu j virie 1 u 1 .r u ■ 1

u c- zv u j cz j z u u z • iz 1 Herder, Goethe und Wilhelm von Humbodt entfcheiden-

auch zur Einfuhrung der Studenten überhaupt ins altere , „ » . :, , , , ,. ... ,.- • , • ■ A n. vi; n

»„ ...r , z • z -n. ta- a o -a u- den Anteil haben und die über l'nednch Auguft Wolt
Aramaifch gut geeignet ift. Die neue Autlage ift bis

auf einige Seiten nur eine anaftatifche Wiedergabe der
vorhergehenden. Der Druck ift nicht fcharf genug, und
der weniger Kundige wird vielfach die Vokale Pathach
und Sere, Qames und Segol nicht auseinanderhalten
können. Ich kann daher eine Wiederholung diefes Verfahrens
bei einer neuen Auflage nicht anraten.

Die bibliographifchen Angaben S. 9—12 bedürfen einer Revifion.
Bei 2 ift die Arbeit von D. H. Müller zu ftreichen, weil veraltet und
an lieh unbedeutend. Bei 5 durfte Ad. Merx' Chrestomatbia targu-
mica nicht übergangen werden. Bei 9 ift außer Nöldeke's Arbeit M.
de Vogüe's Syrie centrale, Inseriptions semitiques zu nennen und aul
die betreffenden Partien in G. A. Cooke's Text-book und in der Nord-
femitifchen Epigraphik zu verweifen. Bei 10 braucht nur auf CIS II
n. 157—3233 verwielen zu werden.

Göttingen. M. Lidzbarski.

MOE bv h"JJH [Passali-Haggada mit Abbildungen von Jofeph Budko.
(Auch der Titel nur HebräifchfJ (41 S.) 4". Wien, K. Löwit 1921.

. geb. M. 25 —

Die Ofterhaggäda, auch kurzweg die Haggada, der in der Nacht
des Palfahfeftes vorgelefene, bezw. aufgeführte Text, ift fehr häufig gedruckt
, oft auch, bef. in Handfchriften, illuftriert worden (f. meine Ausgabe
des Miänatraktats Pesachim Leipzig 1911, Hinrichs, S. 36). Die
jetzt von dem jüd. Künftler Jofeph Budko veranftaltete Ausgabe enthält
weder fberfetzung noch Anmerkungen, ift aber groll und lauber
gedruckt und wird daher in jüdifchen Familien gern gebraucht werden.
Auf die richtige Setzung der Vokalzeichen hätte mehr Sorgfalt verwendet
werden follen (S. 18, Z. 8 v. u. lies 11-15311: (,'ere; S. 25 Z. 7
v. u. lies Mit Plälm 34,10 ftatt IX"!"1). — Die Bilder find teilweife
viel zu klein. !als daß fie gut wirken' könnten, vgl. namentlich S. 15
die zehn Plagen. >

Berlin-Lichterlelde Well. Herrn. L. Strack.

Wilamowitz-Moellendorf, Ulrich von: Gefchichte der

Philologie. (Einleitung in die Altertumswiffenfchaft

3. Auflage Bd. I, H. l.) (80 S.) gr. 8°. Leipzig,

B. G. Teubner 1921. M. 16—; geb. M. 20—

Als Gerijke und Nordens Einleitung in die Altertumswiffenfchaft
zum 1. Male erfcheinen follte, hatte der
70jährige Hermann Ufener für das Werk die Gefchichte
der Philologie zu fchreiben verfprochen; aber der Tod

nahm ihm die Paeder aus der Hand, ehe er fie noch zur | Jena. Hans Lietzmann

und Gottfried Hermann, Niebuhr und Boeckh, Lachmann
und Ritfehl in die jüngft vergangene Periode führt, in
der die Philologie die ihr feit hundert Jahren in Deutfchland
geftellte Aufgabe in vollem Umfange erfaßt und
mit allen lebendigen Kräften zu löfen bemüht ift. Was
Wilamowitz in feiner Einleitungsrede auf der Jenaer Phi-
lologenverfammlung im llerbft 1921 als die künftigen
Aufgaben der Philologie verkündete, das reiht fich wie
ein Ausblick in die Zukunft an die hier vorliegende,
mit wuchtigen Strichen gezeichnete Schilderung der Vergangenheit
. Es ift das gleiche Ideal der großen umfaf-
fenden Altertumswiffenfchaft, an dem Vergangenes und
Künftiges gemeffen wird. Zumal uns Theologen freut die
Aufmerkfamkeit, mit der Wilamowitz die mannigfachen
Verbindungen zwifchen Religion, Theologie und Philologie
verfolgt, nicht nur in Spätantike und Mittelalter, fondern
auch bei der Würdigung der philologifchen Studien
während der Gegenreformation in Italien und Frankreich.
Es ift zutreffend, daß die Bedeutung der Philologie in
der geiftigen Bewegung der frühlutherifchen Zeit noch
vielfach problematifch ift, und daß Luthers exegetifche
Arbeit uud Grundfätze ebenfo wie die gewaltige kritifch-
hiftorifche Leiftung des Iftacius ohne Wirkung auf die
Philologie geblieben find (S. 20), daß auch fpäterhin,
ja allzulange, die Philologie es verfchmäht hat, fich von
der Schwefterdifz.iplin anregen zu laffen. Es erfcheint
faft wie eine kummerliche Vergeltung, wenn Lachmanns
geniale Philologenarbeit auf theologifchem Gebiet von
der Zunft beifeite gefchoben wurde. Das letztvergangene
Menfchenalter deutfeher wiffenfchaftlicher Arbeit,
hat dem Nebeneinander ein Ende gemacht. Und wenn
Wilamowitz S. 72 fagt: „Auch die Schranken zwifchen
klaffifcher und chriftlicher Philologie und Archäologie
find gefallen" und S. 74 die Arbeit auf dem gemeinla-
men Neuland fchildert, fo dürfen wir ihm dankbar bezeugen
, daß das Niederlegen diefer Schranken auch ein
Stück, und nicht das geringfte, feiner Lebensarbeit gewe-
fen ift.