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Ausgabe:

1922 Nr. 6

Spalte:

126

Autor/Hrsg.:

Blanckenhorn, Max

Titel/Untertitel:

Die Steinzeit Palästina-Syriens und Nordafrikas 1922

Rezensent:

Sellin, Ernst

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Seite 1

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I25

Theologifche Literaturzeitung 1922 Nr. 6.

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Sie muffen aber auch gegenfeitig Nachficht üben, denn
nur feiten beherrfcht Einer beide Gebiete.

Der Schwerpunkt des Buches liegt in den religions-
gefchichtlichen Folgerungen und Ausblicken (S. 93—
150). Hier wird das Erlöfungsmyfterium nach feiner allgemeinen
Bedeutung, feinen Quellen, Analogien und verwandten
Anfchauungen eingehend erörtert.

Zum Schluß wird von dem Hauptwerk abgezweigt eine Studie
über den Aion und die helleniftifche Vorilellung eines Ewigkeitsgottes
als Beigabe geboten. Ausgehend von der orientalifchen Zahlenfymbo-
lik, wie fie auch in dem Erlöfungsmyfterium zum Ausdruck kommt,
zeigt Verf., wie die wiederkehrenden Zeitabfchnitte zum Bilde der
Ewigkeit, der jahresgott zum Aion, zum Ewigkeitsgott wird. So wird
in Indien der Schöpfergott Prajäpati mit dem Jahr identifiziert und
zum Zeitgolt. Die fpätzoroaftrifche Spekulation (teilt über Ormuzd
und Ahriman die endlofe Zeit. In Syrien ward daraus in hellenifti-
fcher Zeit der Kronos-Helios, und dieler leitet zu dem griechifchen Gott
Aion hinüber. Der Sitz diefes Ewigkeilsgottes war die Stadt Alexandria
, die durch ihn zur ewigen Stadt wurde. Hier thront er aut dem
höchften der lieben fabelhaften Berge. Von da aus kam im erften
Jahrhundert v. Chr. die Vorftellung vom Aion nach der Sicbenhügel-
ftadt Rom und verband fich bald darnach mit dem Glauben an eine
Ewigkeit der Herrfchaft Roms.

Dies ift gleichfam nur der Faden, an dem fich die breil angelegte
L'nterlüchung aufreiht.

Aus eigen« r Wiffenfchaft möchte Ref. noch zweierlei bemerken.
Das aveftifche Wort daena bedeutet nicht die denkende Perfonlichkeit,
das Ich (S. 31). Dem indifchen ätman entfpricht am eheften der
urvan im Avesta. Daena ift immer die Religion und zwar entweder
objektiv die Religion als die Summe der Glaubensfätze wie „die mazdaverehrende
daena" oder fubjektiv die Religion des Einzelnen, fein re-
ligiöfes Bewußtfein oder Gewiffen. So wird die bekannte Allegorie
verftiindlich, wonach der Seele nach dem Tode ihre daena d. h. ihr
Gewiffen in Geftalt einer Ichönen Jungfrau entgegenritt. Jüngere Darftellungen
diefer Allegorie fetzen dafür die eigenen guten Werke, die
bekanntlich im Himmel aulgefpeichert werden. Die Rolle, die Zoroafter
felbft die daena an der Richterbrücke fpielen läßt, (Vasna, 46,11) ftimmt
dazu. Auf S. 204 wird die Vermutung ausgefprochen, daß die Aion-
ldee in ihrem letzten Urlprung auf Indien zurückgehe, und zwar käme
der indifche Prajäpati dem Aion wirklich nahe. Noch näher, darf man
fagen, kommt ihr der Skambha (Weltpfeiler) in den hochgeftimmten
Liedern des Atharvaveda. Wenn es dort vom Skambha heißt, daß in
ihm die Welten, die Waffer, die Schöpferkraft enthalten fei, daß er
Frau und Mann, Mädchen und Knabe und Greis, daß er Vater und
Sohn, zugleich Erdgeborener und noch im Mutterfchoße fei, fo ftimmt
das merkwürdig zu den Ergüffen der ägyptifchen Myftik auf S. 166.
Die Selbftvergottung des ägyptifchen Myftcn auf S. 165 hat ihr Gegen-
ftück in den Upanishaden, z. B. im Schluß der Kaivalya-Upanishad.

Marburg. Geldner.

Selected temple Documents of the Ur Dynafty by Clarence
Klwood Keifer, Ph. D., Member of the Yale Baby-
lonian seminary. Yale Oriental Series. Babylonian
Texts Vol. IV.) (54 S. Druck und 90 S. Autographien.)
New Häven; Yale University Press 1919.
Der Gefchäftsurkunden aus der Zeit der 3. Dynaftie j
von Ur gibt es eine Legion. Meift (lammen fie aus !
Tello, Yocha, Nippur und Drehern und enthalten gewöhn- I
lieh Liften und Rechnungen, feltener Verträge und Briefe.
Darum bringen uns Keifers 323 selected temple documents
of the Ur dynafty zwar nicht viel Neues, aber
diefe Texte vervollftändigen doch das uns bekannte Bild
von der Kultur diefer Zeit. Wichtig ift uns eine Reihe
von Namen von ifags verfchiedener Städte (S. 16), die
unter der Oberherrfchaft der Könige von Ur ihre Ländchen
verwalteten, und ferner einige Datenformeln (S. 17),
die uns noch unbekannt waren. Für die Lage von
Simurrum (S. 17), wofür fich auch die Schreibungen
Si-bu-ru-um(Kr)(Nr.o6,8) und Si-ür-ru(KI) (Schroe-
der KAVI. Nr. 183.18) finden, s. OLZ. 1919- fl& —
Wichtig wäre es, wenn K.s Nachweis (S. 19). daß Sasuru,
Sasru identifch mit Assur fei, der Wirklichkeit entfpräche.
Indes erfcheint mir die Lefung As-su-ru(KI) (Nr. 97,8)
doch noch keineswegs ficher.

Von dem Inhalt der Texte hebe ich einiges hervor:
Finer behandelt den Verkauf von zwei Sklaven (Nr. 2),
ein anderer den Kauf eines Haufes (Nr. 4). Geld wurde
ausgeliehen zu 20% (Nr. 28; 59 und ö.), Getreide gegen
331/3°/o (Nr- 26; 28 und öd. Häufig find Empfangsbe-
fcheinigungen von Getreide (Nr. 94), Öl (Nr. 126), Rohr

(Nr. 80; 124), Wolle (Nr. 100), Ziegeln (Nr. 57 f.), Efeln
(Nr. 127), Geld (Nr. 21), Kupfer (Nr. 36), Bronze (Nr. 110).
Uber die Tempelangehörigen wurde genau Buch geführt,
wenn z. B. ein Angefteliter krank war (Nr. 156), wenn
Tempelfklaven vermietet wurden (Nr. 84), oder wenn
Sklavinnen auf dem Felde arbeiteten (Nr. 92; Iii). Die
Einnahmen der Tempel wurden ebenfalls forgfaltig
gebucht: die Rinder, die in die Küche (e-mu) geliefert
wurden (Nr. 251), das Getreide, das in die Mühle (e-har)
kam (Nr. 322) u. a. m. Ausführliche Buchungen gaben
dann Auskunft über die Dattelernte (Nr. 218) oder über
Tiere und Gegenftände, die der Gottheit Sara während
13 Monate geliefert wurden (Nr. 212). — Für die Wirt-
fchaftsgefchichte ift Nr. 295 von befonderem Intereffe,
weil dort die Preife für alle möglichen Hölzer (erin;
zabalum), Rohre (gi), Gewürze (sim; Ii) und Legumi-
nofen (tig-gal; tig-tur) angegeben find.

Die Texte find recht gut ediert, fo daß fie eine
gewiß zuverläffige Grundlage für das Studium abgeben
werden.

Berlin. Bruno Meißner

Blanckenhorn, Prof. Dr. M.: Die Steinzeit Paläftina-Syriens
und Nordafrikas. Erfter und zweiter Teil. (Das Land
der Bibel, hrsg. v. Prof. D. Dr. G. Hölfcher, Bd. III,
H. 5 u. 6 (48 u. 26 S.) gr. 8U. Leipzig, J. C. Hin-
richs 1921. je M. 1.20

Die beiden vorliegenden kleinen Hefte bieten noch
mehr, als der Titel erwarten läßt. Die Entwicklung Paläftina
-Syriens in prähiftorifcher Zeit wird vorgeführt in
einem knappen Rahmen der ganzen Prähiftorie Europas
und Nordafrikas. So erhält der Lefer nicht nur ein ganz
vortreffliches klares Bild jener, fondern zugleich auch ein
kleines Compendium der prähiftorifchen Menfchheitsge-
fchichte. Eine populäre Darftellung der Gefchichte des
nordafrikanifch-fyrifchen Kreifes zu bieten, war Bl. berufen
wie wenige, hat er doch gerade felbft auf diefem
Gebiete durch eigene langjährige Unterfuchungen an
Ort und Stelle die Forfchung beträchtlich gefördert.
Von Einzelheiten fei nur betont, daß er mit vollem
Rechte der fogen. Askalonkultur Bayers definitiv den
Garaus bereitet. Die beiden vorliegenden Hefte führen
den Lefer durch die eolithifche, die alt- und die jung-
paläolothifche Periode. Die Darftellung des Neolithicums
ift einem weiteren Hefte vorbehalten, dem wir mit
Spannung entgegenfehen.

Berlin. Sellin.

Stühe, Prof. Dr. R.: Der Urlprung des Alphabetes und feine
Entwicklung. Mit 20 Bildtafeln und 3 Stammbäumen.
(36 S. IV.) Lex. 8°. Berlin, Heintze & Blanckertz.

M. 31.90

Die Schrift will eine kurze, gemeinverftändliche Darftellung
der Gefchichte des Alphabetes geben. Das Gebiet
ift fehr weitfehichtig, und es giebt kaum jemand, der
für alle feine Teile kompetent ift. Mir ift nun bei der
Lektüre aufgefallen, daß der Teil, der den Intereffen
des Verfaffers am nächften fteht. der über die femitifchen
Zweige des Alphabetes, viele Irrtümer enthält, und ich
weiß nicht, ob die anderen Partieen zuverläffiger find.
Schon die erften Sätze find unrichtig. Da find als äitefte
Denkmäler in femitifcher Schrift „eine Infchrift auf einer
Bronzefchale von Cypern und die Infchrift des Königs
Hiram von Sidon" genannt. Die an zweiter Stelle °-e-
nannte Infchrift giebt es nicht. Die Infchriften auf den
Fragmenten der beiden (fo!) Schalen rühren von einem
Beamten Hirams, des Königs der Sidonier, d. h. der
Phönizier her. Die Infchrift aus dem Siloahkanal ift nicht
die äitefte hebräifche Infchrift, fondern der Kalender von
Gezer. S. 6 ift unrichtig gefagt, daß die neugefundenen
Sinai-Infchriften in ägyptifchen Hieroglyphen gefchrieben
feien. Es find vielmehr neugewählte Zeichen, deren Darfteilung
der der Hieroglyphen ähnelt. Das noch jetzt