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Ausgabe:

1922 Nr. 4

Spalte:

84

Autor/Hrsg.:

Hessen, Johannes

Titel/Untertitel:

Der augustinische Gottesbeweis, historisch und systematisch dargestellt 1922

Rezensent:

Scheel, Otto

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Seite 1

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83 Theologifche Literaturzeitung 1922 Nr. 4. 84

nahmslos rechnet er S. 595—599 für Johannes II mit 532 Einleitung verrät in ihrer gedankenfchweren Kürze, daß

(ftatt 3. Januar 533)—535, für Innocentius I 401 (ft. 402) : H.über Auguftin, feinen Charakter, feine Geiftesrichtung und

—417 und für die Päpfte von Pelagius I 556 bis Pelagius II : feine weltgefchichtliche Bedeutung noch mancherlei zu

579 je ein Jahr zu niedrig. Sonft forgt er dafür, daß . fagen hätte.

allgemein zugänglich werde, was bis 1920 die Forfchung ' Iburg. W. Thimme.

aller Nationen an Fortfehritten der Erkenntnis herausge- ! —-----------------'__

bracht hat, und nicht minder dafür, daß dem aufmerkfamen ; Auswahl aus Auguftins Confemones. Hrsgeg. v. A. KurfeB. (Eclogae
Lefer klar wird, wie viel Aufgaben auf diefem Gebiet: Graecolatinae, Fase 1.) (32 S.) 8«. Leipzig, B. G. Tettbner 1921.
noch der Löfung harren. Zufammenfaffende Rück- 1 M. 3 —

blicke wie etwa über Überfetzungsliteratur, bewußte und _... Es lft febr «foulich, daß diefem Heftchen zum erßen Mal die

uiieiec, wie cL»a s »u-lft«.,,— Selbftbiographie Auguftins der Schule zugänglich gemacht wird, nicht

unbewußte Beeinfluffung durch das griechlfche Schllftturn, Dur wei, der Kirchenvater zu den großen lateinifchen Stilißen gehört,

auch Verfuche der lateinifchen Literatur in die griechlicne nicht nur wegen der allgemeinen religionsgefchichtlichen und religions-

einzudringen, würden das noch kräftiger veranfehaulichen. : pfychologifchen Bedeutung, die dies Buch befitzt, fondern vor allem

Mnrhnrrr Ad lülicher aUch deshalb, weil es geeignet iß, dem reiferen Schüler wunderbar an-

lViarDUrg. " • J ^ ■ ^ fchaulich und begreiflich zu machen, daß und warum die Entwicklung

- - -— ——- — der Menfchheit nicht mit der Kultur der klaffifchen Antike, in welche

Des Heiligen AugUStin Bekenntniffe. Ubertragen und einge- das humanjftifche Gymnaßum einführen will, abfchließen konnte, daß

leitet von Herman Hefele. (XIX, 317 S.) 8°. Jena, es mächtige feelifche und geißige Bedürfniffe und Kräfte gibt, die

E Diederichs 1921. M. 40,—; geb. M. 50,—. , darüber hinausdrängen, dem Mittelalter,- der Neuzeit entgegen. Die

' - TTi , Tr r rr- a /v ■ n. bier gebotene Auswahl iß ja reichlich knapp, (32 S.) doch kann ge-

Diefe Übertragung der Konfeffionen Auguitins lit , fagt werdcn) tlaß< wenn einmal nicht mehrRauni zur Verfügung ßand,

mit Warmer Freude als ein Meifterwerk der UberfetzungS- , die ausgefuchten Abfchnitte die für den Schüler intereffanteßen und

kuilft, als erfte kongeniale Verdeutfchung der Selbftbio- lehrreichften find. Ein kurzer Lebensabriß Auguflins wird vorausge-

trranhie des großen Bifchofs zu begrüßen. Bei aller J^f*1;, ,ElV, hätte auch ein Wort über die geißes- und literaturge-

6, Jv .. . a j 1 .,~a c„t,k,„ ft-vBKi- Gm mit LYfrdrr l khtchtliche Bedeutung der ConfeflIonen gefagt werden können. Es würde

Freiheit im Ausdruck und Satzbau ftrebt he mit Frfolg , fich woh] auch *hlen haben) in ^urch philologifch gehal-

phllologlfche Exaktheit in der Wiedergabe des Sinnes an. , tenen Anmerkungen mit ein paar Worten den Inhalt der weggelaffenen
In keiner der bisherigen Überfetzungen, foweit fie mir zur . Partien anzudeuten. Möchte das Büchlein in dem Gymnafium Eingang
Verfügung ftehen, kommt auch nur annähernd ebenfo die ; finden'

Feinheit der auguftinifchen Dialektik und feine klangvolle
l'ihetorik zur Geltung.

Da die Bekenntniffe eins der wichtigßen Bücher der chrißlichen
Religionsgefchichte find, fei es erlaubt dies Urteil an einem längerem
Beifpiel zu beßätigen. Das nicht leicht in gutes Deutlch zu übertragende
myßifche Gefpräch Auguftins mit feiner Mutter, in feinem
letzten Abfchnit, wird to überfetzt: ,Wir fagten alfo: wenn jede Fleifches-
regung fchwiege, wenn jedes Bild der Erde fchwiege, des Waffers und
der Luft, und wenn die Himmel fchwiegen, und wenn die Seele felbß
fich fchwiege und ihrer felbß vergehen aus dem eigenen Kreife träte,
wenn alle Träume fchwiegen und alles, was der Geiß fich finnt und
bildet, wenn alles Wort nun fchwiege, alles Denken und alles, das
wird und werdend endet, und fo alles, alles nun im Menfchen fchwiege,

I Jburg. w. Thimme.

Hessen, Dr. theol. et phil. Johannes: Der augustinische fiottesbeweis,

hiß. und lyßem. dargeftellt (112 S.) 8». Münster, H. Schöningh
192°- M. 14—

Heffen will zeigen, daß eine rationale Begründung der Exißenz
Gottes auch auf dem Boden einer anderen als der ariftotelifchen Erkenntnislehre
möglich iß. Er befchränkt fich darum nicht auf eine
Darßellung des auguftinifchen Gottesbeweifes und feiner Stellung in
der Gefchichte bis zur Gegenwart, fondern fügt auch fyftematifche Erörterungen
hinzu, die an die modernen platonifchen Strömungen anknüpfen
. Die Arbeit ruht auf der Grundlage der hier fchon angezeigten
Schrift Heßens über die Begründung der Erkenntnis nach dem heiligen
daß er nur ihr Letztes höre, daß fie fagten: nicht wir lind's, die uns I Auguftinus. Auguftins Erkenntnistheorie enthält einen Gottesbeweis.

fchufen, er ift's, der uns gefchafl'en hat, der bleibt in Ewigkeit; und wenn j Die veritates und rationes aeternae, welche die Gegenftände im Urteil
danach das All nun gänzlich fchwiege, weil felbß fein Oh: fich laufchend j beftimmen, befitzen ftreng apriorifchen Charakter, wurzeln aber meta-

zu ihm wendet, der es gefchaffen hat; und wenn der Herr allein dann
fpräche, nicht durch die Dinge, durch fich felbß, daß wir fein Wort
nur hören; und wenn er nicht mit irdifcher Zunge fpräche, nicht aus
dem Munde eines Engels und nicht durch Schall (per sonitum
nubis, warum iß nubis weggelalfen'r) und nicht durch Bild und Gleichnis,
fondern fo, daß wir ihn hörten ohne alles dies, wie wir in alledem
ihn lieben, wenn wir allein ihn hörten, fo wie wir jetzt nach ihm uns
reckten und wie in windfchnell flüchtigem Gedanken wir an die ewige
Wahrheit rührten, die da über allem iß; und wenn dies Dauer hätte,

phyfifch in Gott. Von feinem Licht erleuchtet tritt unfer Geiß mit
dem mundus intelligibis in Berührung und nimmt die ewigen Wahrheiten
unmittelbar wahr. Das apriorifche Element in unterer Erkenntnis
wird alfo in feiner Geltung und Genefis auf Gott zurückgeführt. Demnach
iß in der Erkenntnistheorie ein Gottesbeweis enthalten. Das Erkenntnisproblem
wird gelöft durch Rückgang auf Gott, die Begründung
der Wahrheit wird zum Erweis von Gottes Exißenz. Heffen weiß übrigens
, daß diefer Beweis, auch mit modernen Mitteln unterßützt, weder
ein empirifcher Induktionsbeweis, noch auch ein Deduktionsbeweis

und wenn alle andern Bilder, fo lerne feiner Art, verlänken und nur : mit ftrengem Syllogismus ift. ,Wir müffen das Dafein eines abfoluten

dies eine Bild (die Cberfetzung von visio durch Bild ift ftiliftifch glück
lieh, erreicht aber nicht ganz die von Auguftin gemeinte geiftige Höhenlage
) uns bliebe und wenn es den Befchauer packte und verfchlänge

Geißes annehmen, wenn wir einen vollgültigen Erklärungsgrund der
auf logifchem, ethifchem und äfthetischrm Gebiete aufgedeckten Sachverhalte
befitzen wollen. Logifch erzwingen läßt fich freilich diefe Annahme

und ihn tauchte in die innerft tiefßen Freuden; und wenn es fo ein J nicht, weil fie fich ja nicht auf einen denknotwendigen Satz als Prämiffe

ewiges Leben wäre wie jener eine flüchtige Augenblick des Sehens,
da wir feufzend tief geatmet (momentum intelligentiae, cui suspiravimus,
hier ziehe ich die genauere v. Hertling'fche der äfthetifch wirkfameren
Überfetzung Hefeies vor) wär's dann nicht das, wovon gefchrieben ßeht:
,Geh ein in deines Herren Freuder' An andern Stellen gefchieht es
wohl, daß im Unterschied von der eben mitgeteilten Uberfetzungsprobe
die langen auguftinifchen Satzketten allzu rückfichtslos zerfchlagen werden,
fo daß die bisweilen erhabene Monotonie feiner Rheotorik fich auflüft.
Folgendes Beifpiel mag diefe Beobachtung veranfehaulichen: Summe,
optime, potentissime, omnipotentissime, misericordissime et iustissime,
secretissimc et praesentissime, pulcherrime et fortissime, stabilis et in-
comprehensibilis, immutabilis, mutans omnia, numquam novus, num-
quam vetus, innovans omnia; in vetustatem perducens superbos et
nesciunt; Semper agens, Semper quietus, colligens et non egens, portans
et implens et protegens, creans et nutriens, perficiens, quaerens, cum
nihil desit tibi. .Höchfter, Beftcr, Mächtigfter du, Allermächtigftcr, Allerbarmer
und Allgerechter, Verborgenfter und Allgegenwärtiger, Schöuheits-
herrlicher, Kraftgewaltiger! Du fteheft feft und biß unfaßbar, unwandelbar
biß bu und wandelft alles. Nie neu, nie alt, erneuerft du alles
und führeft ins Alter die Stolzen, und fie wiffen's nicht. Ständig
wirkend ruheft du ftändig, fammelft immer und haß nie Bedarf. Träger,
Erfüller, Befchützer du! Schöpfer, Erhalter, Vollender; Der du fucheft,
wo nichts dir fehlt.' Das ift, könnte man fagen, anguftinifcher als
Auguftin felbß.

Mag man ferner im Einzelnen noch dies oder jenes
ausfetzen, im Ganzen ift die Überfetzung wundervoll. Die

gründet'. (S. 110).

Tübingen. Scheel.

Monumenta Coelestiniana. Quellen zur Gefchichte des Papftes
Coeleftin V. Hrsg. u. bearb. v. Franz Xaver Seppelt.
(Quellen u. Forfchungen a. d. Gebiete d. Gefchichte
hrsg. v.d. Görres-Gefellfchaft, XIX. Bd.) (LXIV, 334 S.)
gr. 8° Paderborn, F. Schöningh 1921.

M. 9?--h 5o°/0 V.-T.-Z.

Vorliegendes Werk verdankt feine Entftehung einem
Plane, den Max Sdralek vor fünfundzwanzig Jahren in
Angriff nahm, zu deffen Ausführung er fpäter feinen Schüler
Seppelt mit heranzog, um fie ihm fchliefilich allein zu über-
laffen. Dem Andenken des heimgegangenen Breslauer
Kirchenhiftorikers ift darum auch das Buch gewidmet.
Ein eigenartiges Zufammentreffen fügte es, daß inzwifchen
die Bollandiften zum guten Teile gerade jene Quellen zur
Gefchichte Cöleftins V bearbeitet und veröffentlicht haben,
für die Sdraleks Vorarbeiten verhältnismäßig am weite-
ften gediehen waren. Wie der Herausgeber erklärt, trägt
er für die ganze Veröffentlichung, für die Textgeftaltung,
dengefamten textkritifchen Apparat und die Sachanmerk-