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Ausgabe:

1922 Nr. 3

Spalte:

67-68

Autor/Hrsg.:

Müller, Johs.

Titel/Untertitel:

Gott. I. u. II. Teil (Vierteljahrsheft der Grünen Blätter) 1922

Rezensent:

Niebergall, Friedrich

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Seite 1

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67

Theologifche Literaturzeitung 1922 Nr. 3.

68

untrennbar im frommen Bewußtfein enthalten ift, das j gar paffend zu unferm heutigen Fragen nach Gott und
betont gerade auch Wobbermin, fo gewiß gerade er den unferer theologifchen Situation.

Anfpruch auf Wahrheit des erlebten Objektgehalts j Heidelberg. F. Niebergall.

als konftitutiv für das fromme Bewußtfein erklärt, ohne
damit die Wahrheitsfrage im erkenntnistheoretifch-kri-
tifchen Sinne als gelöft betrachten zu wollen, — ebenfo
wie auch M. kraft feines phänomenologifchen Verfahrens
bei den Bewußtfeinsausfagen flehen bleibt, die Gegen-
ftände des Bewußtfeins einklammernd (S. 11).

Worauf es M. (ebenfo wie in feinem Auffafz Zeitfchr. Theol. u. Kirche
1921 H. 3 11.4) vor allem ankommt, ift dies: nämlich fcharf herauszu-
ftellen, daß Religion und Wiflenfchaft (uns intereffiert hier vornehmlich
die hiftorifche Wiflenfchaft) fich in ganz verl'chiedenen Sphären bewegen,
indem der Fromme auf eine unmittelbare Berührung mit dein Trans-
cendenten ausgeht, während der Hiftoriker, befonders die religions-
gefchichüiche Schule, ein Netz von weltimmanenten Korrelationszufam-
menuängen flechte, damit alfo das t'berweltliehe und Ablolute überhaupt
nicht erreiche, darum aber in der Beantwortung der Wnhrheits-
frage ausfeheide (S. 4t). Für die Wiflenfchaft gäbe es nur ein non
liquet. Ob damit freilich die Beziehungen des Glaubens zur Gefchichte
einfach abgefchnitten werden können, dünkt mich allerdings eine der
Unterfuchung noch fehr bedürftige Frage. Schon der Hiftoriker wird

Stenz, Carl Hermann: Die rettende WeltanTchauung. Der Gottes -
glaube auf neuer Grundlage. (56 S.) gr. 8". Berlin, Verlag der
Buchdruckerei Hermann Bode 1921 M, 4.—

Ein Verfuch, die Angriffe gegen den chriftl. Gottesglauben durch
eine — Schölling verwandte — Theorie aus der Welt zu fchaflen. Das
Weltureine hat fich gefpalten in unendliche Teile, die zum All zurück-
ftreben. Natur will Geilt werden und ftrebt fo zu Gott, dem gefchaf-
fenen Herrn der Geifterwelt. Aber er kann nur durch Geilt auf die
Natur einwirken, während fein Gegenfpieler, der Teufel, unmittelbar in
der Natur Anfatzpunkte feiner Wirkfamkeit findet. Die Welt ift alfo
nicht Gottes Reich, fondern nur der Schmelzofen dafür. Die anfangs
großzügigen Spekulationen des Büchleins gehen schließlich in phan-
taftifchem Rationalismus und plattem Moralismus unter.

Göttingen. Piper.

wiffenfehaftlicher Betrachtungweile" aus ,alle religiöfen Erfcheinungen auf
einer Fläche' erfcheinen müffen (S. 44). Ferner: mag es zwar eine
für die Struktur religiöfen Denkens nicht genug zu fehätzende Einficht
fein, daß der Glaube fich nur foweit auf Chriftus gründet, gründen kann,
als diefer als ü bergefchichtliche Größe, unmittelbar gegenwärtig, offenbar
zu werden vermag — damit ift doch nicht negiert, daß wie diefer
Chriftusglaube fich einft an einer raumzeitlich fixierten Perfon aktuali-
lierte, er immer wieder auf letztere zurückgreift und nur in und mit

Niebergall, Prof. D. Friedrich: Der evangelifche Geiltliche.

(Am Scheidewege. Berufsbilder.) (80 S.) 8°. Berlin,
Herrn. Paetel. M. 6—+ 20% V.-T.-Z.

imum'j In einer von Hans Vollmer herausgegebenen Sammlung
von Berufsbildern': Am Scheidewege, welche der
deutfehen akademifchen Jugend helfen foll, den jedesmal
richtigen Lebensberuf zu wählen, charakterifiert Fr. Niebergall
den Beruf des evangelifchen Geifllichen. Es ift augen-
fcheinlich feine Abficht, gerade folche für diefen Beruf
zu gewinnen und fest zu machen und ihre etwaigen Vorurteile
zu befeitigen, die der Sache felber noch fremd
ihr Däfern und Söleta des Erhöhten aber der Erwartung d unficher gegenüberftehen. Er beginnt daher mit

lebt, auch der Hiftoriker werde hier (zwar nicht wie der Glaube eine . , r ■ . . ■ ■ >. • t -n ,

individuell zu erlebende Gottesoffenbarung, aber) eine bei aller Bedingt- [ e|ner kurzen fingierten Unterhaltung eines Juriften und
heit finguläre religiöfe Erfcheinung mit einzigartigem Anfpruch vor fich eines Mediziners, die es unbegreiflich finden, wie jemand
fehen. : Theologe werden kann. Um Vorurteile aus dem Wege

Auf Folgendes möchte ich noch aufmerkfam machen: i. Wäre es 1 zu räumen, werden .Kirche', Pfarramt und Theologie kurz

m. E. befondrer Unterfuchung wert zu prüfen, wie weit 1 heologen bei ! i _ 1 . •/•__t j___. tj •■ j ,r r ± _j

der Verwendung Hufferl'fcher Grundfätze ihm wirklich gerecht geworden charaktenfiert, dann Beweggründe Vorausfetzungen und

Vorbereitung des theologifchen Studiums befprochen,
endlich der praktifche Weg des Studenten oder Kandidaten
, des Vikars und des Pfarrers befchrieben. Das
thodoxen Schließt etwa die Kenntnis meiner Eltern den Glauben aus, , gefchieht Alles in der Niebergall eigentümlichen frifchen
,daß mich Gott gefchaffen hat etc.' (Luther ? 3. ift es fehl bedauerlich, ö , r . ... ... „ 6 ,, „. , . .... ,.

daß M. die verkehrte Tradition weitergibt (S. 19), als fei der von Ritfehl und anfchaulichen Weife mit vollem Verftandnis für die

inaugurierte Terminus .Werturteile' im Sinne eines Agnoftizismus ge- ' Verfchiedenflen pfychologifchen Möglichkeiten. Trotz der
braucht, der fich an der Tatfache frommen Erlebens genügen läßt, ohne ! begreiflichen in diefer Sammlung zweckmäßigen Anpaffung
nach feiner Wahrheit zu fragen. , an moderne Empfindungsweife genügt mir das Büchlein

ang Hufferl'fcher Grundfätze ihm wirklich gerecht geworden
find. Darüber werde ich vielleicht an anderer Stelle handeln. 2. er-
fcheint mir Mundles Wunderbegriff (S. 16, cf. auch ZTh K 1921
S. 202 u. ö.) recht revifiorisbedürftig, nämlich eine Neuaullage des or-

Halle a. S. - F. W. Schmidt.

Gott. I. u. II. Teil (Vierteljahrsheft der Grünen Blätter.)
Zeitfchrift für perfönliche u. völk. Lebensfragen v.

doch nach zwei Richtungen nicht: das tieffteinnere Sehnen
nach erkenntnismäßiger Wahrheit tritt hinter den prak-
tifchen Bedürfniffen zu fehr zurück — vor allem müßte
wenigftens zum Schluß ganz pofitiv die Flerrlichkeit
Tohs. Müller. (XXII. Bd. Heft 3/4) (S. 110-T60 u. des Amtes> die HoheBotfchaftJefuChrifti zu verkün-
161-208) 80. Elmau, Verlag der Grünen Blätter. ! d,gen wärmer und begeifterter zum Ausdruck

kommen. Die Formel, der Pfarrer foll die Menfchen
zu Gott, zu fich felber und zu einander bringen hat ein
zu flaches Relief. Auch wo von Jefus, vom Gebet, von
Berufung und Nachfolge Jefu die Rede ift, fehlt ein Klang
von der Tiefe und dem Reichtum des Evangeliums, der
auch modernen Anfängern nicht verborgen werden follte.
Greifswald. Ed. von der Goltz.

-208) --—, .~~6

In die Not des heutigen Gottfuchens fchickt M. feine
beiden Hefte hinein, in denen er feine Anwort auf die
religiöfe Zentralfrage und feine praktifche Löfung der
Probleme anbietet. Im Gegenfatz zu einer Zeit, da er
mit allerhand Umfchreibungen arbeitete, fpricht er nun
rundweg das hehre Wort aus und fagt foviel von feinem
Gegenftand, wie man oder vielmehr er fagen kann. Gott,

die Ichheit, die die Welt durchwaltet, der Sinngeber der schwäbirche Pfarrer im Religionsunterricht. 12 Emzelbelfpiele in
Welt und des Lebens, wird unmittelbar, alfo ohne Be- ; Arbeitsgemeinfchaft m. Stadtpfr. Bayer, Endriß, Flaxland u. f. w.
griffe und Beweife, für den zugänglich, der auf Ein- hrsg. v°n Pfr Andreas Römer. (104 SV) kl. 8". Stuttgart, j. f.
drücke von ihm aus ift. Wer feiner habhaft geworden SjgUjf ^„J^
ift, für den beginnt eine neue Art des Lebens, Zuver- j Das Aufdringliche und Theologifche des üblichen Religionsunterrichts
ficht, Sicherheit und Wirken für alles Wahre. Dem wird ! der Pfarrer ift vermieden, z. T. aber findet fich ftattdeffen eine fchul-
alles ZU einem Suchen von feiten des lebendigen Gottes, ; meifterliche und gefucht volkstümliche Art. Am bellen gelungen find
vor allem aber die Geftalt Jefu ZU einer vollen Offen- die tein poetifche Erzählung des 23. l'falms und die tiefgrabende Dar-
barung feines Wefens. - Jede Vorftellung von ihm ift j ^Äll" ' ^
freilich eine Verkennung feiner Art; nur mit dem Taft- Mannheim. W. Kncvels.

Ann der Seele läßt er fich erreichen, aber nur wenn man j---- -■-~

ihn durch praktifch tätiges Leben verftärkt. Nur diefem Nlulert, Prof. Hermann: Bifchöfe für das evangelilche Deutfch-
ganz urfprünglichen Drang, nicht dem Bewußtfein er- I land? (Sammlung gemeinverftändlicher Vorträge u.
fchließt er fich ganz. So bahnt fich eine Gemeinfchaft 1 Schriften a. d. Gebiet d. Theologie u. Religionsge-
von Jüngern Jefu an, die von fich und der Welt erlöft, fchichte 97.) (III, 41 S.) gr. 8°. Tübingen, J. C. B.
dem Neuwerden alles Lebendigen entgegenharren. Sie ; Mohr 1921. M. 6 —

dringen durch die Gottesferne der Religion zu Gott felbft M. unterscheidet mit Recht zwei verschiedene Vor-

vor. — Alles altes Müllerfches Gedankengut, ganz und fchläge: r. dem efften Geifllichen der Landeskirche den