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Ausgabe: | 1922 |
Spalte: | 57-58 |
Autor/Hrsg.: | Gillmann, Franz |
Titel/Untertitel: | Zur Lehre der Scholastik vom Spender der Firmung und des Weihesakraments 1922 |
Rezensent: | Seeberg, Reinhold |
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Bildungen und anregende Urteile in der Ethik des Thomas
enthalten find. Mausbach hat dies auch immer wieder
betont und faft bei jedem Abfchnitt die Vorzüge der
thomiftifchen Ethik vor der vieler Modernen hervorgehoben
. Uer Gegenfatz zur Reformation tritt dabei
zurück. Der Verf. denkt mehr an Philofopben wie Kant,
Nietzfche und Wundt, vor allem aber an die populären
modernen Ideen über die Lebensgeftaltung. Auf zweierlei
kommt es ihm dabei an. Er will zeigen, wie Thomas
die richtige Mitte einhält zwifchen den Extremen eines
rationaliftifchen Naturalismus und eines weltfremden Spiritualismus
und er will klar machen, wie aller Bedarf der
menichlichen Seele ihre Befriedigung findet in einer
Lehre, die den Menfchen fowohl als Geift- wie als Sinnen-
wefen verfteht und diefe beiden Seiten in einen inneren
organifchen Zufammenhang miteinander bringt.
Im einzelnen ließe fich über manches reden. Der
Verf. betont ftark, daß Thomas nicht Determinift gewefen.
Aber was er zumBelege beibringt, erweift keineswegs Indeterminismus
im modernen Sinn (S. 64fr.) Es ift richtig, wenn
der Verf. die thomiftifche Ethik wider Luthers Verwerfung
in Schutz nimmt, aber es ift unrichtig, wenn er Luther
in der Ethik wie den Quietiften Uberfpannung des reh-
giöfen Zuges der Moral vorwirft (S. 61). Sonderbar ift
die Beleuchtung der organifchen Verbindung von Geiftigem
und Sinnlichem bei Thomas durch den modernen Kultus
des Herzens Jefu (S. 119). Li dem gleichen Gedanken-
zufammenhang wird die Verdienftlichkeit der Sittlichkeit
als .herrlicher Schlußftein der thomiftifchen Theorie' ge-
priefen (S. 145). Von Intereffe ift gegenüber der bekannten
jefuitifchen Thefe der Satz des Thomas: ea, quae secun-
dum se mala sunt, nullo fine bene fieri possunt (II I q.
88 a. 6 ad 3). Der ariftotelifche Intellektualismus der thomiftifchen
Ethik wird anerkannt, aber doch auch verfchleiert.
Berlin-Halenfee. R. Seeberg.
Gill mann, Prof. Dr. Franz: Zur Lehre der Scholaitik vom
Spender der Firmung und des Weihefakraments. (235 S.)
gr. 8°. Paderborn, F. Schöningh 1920. M. 20 —
^Bekanntlich ift nach katholifcher Lehre die Spendung
der Firmung fowie aller Ordines dem Bilchof vorbehalten.
Aber als außerordentlicher Spender kann nach ficherer
Meinung auch der Priefter gelten, fofern ihm durch gemeines
kirchliches Recht oder durch befonderes päpftliches
Indult diefe Befugnis zugefprochen ift. Gillmann hat in
diefer gelehrten und ftoffreichen Arbeit die Anfchauungen
der Theologen und Kanoniften von dem 12. bis zum ausgehenden
15. Jahrhundert gefammelt und dargeftellt.
Das Problem befteht darin, ob neben dem ordentlichen
Spender der Papft Priefter als außerordentliche Spender bevollmächtigen
kann und ob dies etwa auch auf Laien ausgedehnt
werden darf. Es fpielt auch die Frage herein,
ob denBifchöfen eine derartige Delegationsgewalt zukomme,
fie wird aber im Mittelalter fo gut wie immer verneint.
Bei der Erörterung der Hauptfrage fpielt eine hervorragende
Rolle die von Gratian aufgenommene Stelle aus
Gregors I. Regiftrum (IV, 26), wo der Papft den sardi-
nifchen Prieftern die Salbung der Täuflinge an der Stirn
mit dem Chrifam, d. h. die Firmung geftattet. Sodann
der Grundfatz. daß nur der Papft, weil im Befitz der
Machtfülle befindlich, derartige Indulte gewähren kann,
fowie die Regel, daß niemand einem anderen etwas geben
kann, was er nicht felbft befitzt, wonach alfo es möglich
wäre, daß ein Laie die Befugnis zu firmen erhielte, niemals
aber könnte er ordinieren. Im übrigen tritt die
Beteiligung der Laien ganz zurück. Die übliche theo-
logifche Darftellung ift von Alexander von Haies geprägt
und von Bonaventura und Thomas wiederholt worden
(S. Soff). Sie bietet eine vermittelnde Auffaffung. Der
Bifchof foll an fich Firmung und Weihen vollziehen, weil
es fo deren Einfetzung erfordere und weil die Fülle und
Vollendung der Gnade nur von der höchften Autorität
geboten werden kann ufw. Aber dem Papft fteht die
Macht zu, Priefter mit diefer Funktion zu betrauen. Originelle
Anfchauungen findet man auf diefem Gebiet nicht
eben häufig, handelte es fich doch nur darum, für eine
rechtlich feftgelegte Praxis theoretifche Gründe ausfindig
zu machen. Aber mit Recht verweift Gillmann auf die
eigenartigen kritifchen Erwägungen, die Duns Scotus und
Durandus von St. Portiano trotz diefer Befchränkung vorgebracht
haben. — Im übrigen wächft die Darfteilung
Gillmanns nicht hinaus über eine Aneinanderreihung der
einander im ganzen recht ähnlichen Meinungen vieler
Theologen und Juriften. Über die religiöfen oder wiffen-
fchaftlichen Motive der auf diefem Gebiete auftretenden
Meinungen in ihrer Einheit und Verfchiedenheit erfahren
wir fo gut wie nichts. Aber nur bei Beobachtung diefer
Gefichtspunkte läßt fich eine wirklich gefchichtliche Entwicklung
erfaffen und darftellen. — Im Anhang hat der
Verf. die Entftehungszeit der Glossa ordinaria des Gratia-
nifchen Dekrets fehr eingehend unterfucht (S. 184fr.) mit
dem Refultat, daß ihr Verfaffer Johannes Teutonicus an
zahlreichen Stellen feines Dekretapparates auf die Befchlüffe
des 4. Laterankonzils Bezug nimmt, alfo nach diefem
und zwar nicht ganz bald nach ihm, fein Werk abgefchloffen'
hat.
Berlin. R. Seeberg.
Albertus Magnus de animalibus libri XXVI nach der Kölner Ur-
fchrilt. Hr'sj;. v. Herrn Stadler. II. Bd. 1919.
Zur Bedeutung diefer erften, allen textkritifchen Forderungen ent-
fprechenden Ausgabe vgl. Tlieolog, Literaturzeiiung 1919 Nr. 3/4. Hier
fei noch auf die befonders wichtigen und reichhaltigen Indexes aul'merk-
fam gemacht, (index rerum et vocabulorum rariorum, index nominum
Arabicorum): Auch wer nicht bloß mit Albert dem Großen fich be-
fchäftigt, wird diefe indices mit Gewinn benutzen können.
Tübingen. Scheel.
Clauß, Pfr. Lic. theol. H.: Die Schwabacher Kirchenbibliothek
. (118 S.) 8°. München, Müller & Fröhlich
1921. M. 18.—
Die Schwabacher Kirchenbibliothek ift bisher fo
ziemlich unbeachtet geblieben, felbft G. Fr. Hirfching ift
anfcheinend an ihr vorübergegangen. Das verdiente fie
wahrlich nicht. Nicht nur reichen ihre Anfänge in das
fpätere Mittelalter zurück, fie ift auch jeder Zeit vermehrt
und ergänzt worden. Da ihr auch widrige Schickfale,
wie Beraubung, Brand erfpart blieben, bietet fie ein treffendes
Bild der jeweilig in der Pfarr- und Kapitelsgeift-
lichkeit Schwabachs herrfchenden Geiftesrichtungen.
Clauß hat fich daher ein Verdienft erworben, wenn er
uns hier einen eingehenden Einblick in die hier verwahrten
Bücherfchätze — auch Unika fehlen nicht (S. 16) — verschafft
; nicht minder die Verlagsbuchhandlung, wenn fie
in der jetzigen Zeit die Herausgabe eines lolchen Werkes
wagte. Nach einem kurzen Überblick über die Gefchichte
der Bibliothek wendet fich Clauß zu einer eingehenden
Befchreibung der in ihr verwahrten Bände. 21 mittelalterliche
Manufkripte enthalten 104 einzelne Werke; daran
fchließen fich 161 Wiegendrucke und 79 Werke aus
der Zeit von 15CXJ—1517. Unter diefen 344 Büchern
find faft*/5 theol. und kirchlichen Charakters, erft in der
Zeit vor der Reformation macht fich der Humanismus
bemerkbar. Mit dem Beginn der Reformation bekommt
die Bibliothek einen evangelifchen Charakter. Der Reformator
Schwabachs Aug. Obermeier hat ihr eine über
350 Nummern zählende Sammlung von Reformations-
fchriften hinterlaffen. Darunter find manche Seltenheiten-
fo die Predigt des Petrus Pitonius, von der bis jetzt nuV
in Rothenburg o./T. ein Exemplar nachgewiefen werden
konnte. (Beiträge zur bayr. K. G. XIII, 192 XV, 124.
J. Bergdolt, Die' freie Reichsftadt Windsheim im Zeitalter
der Reformation 1520—1580. Leipzig. Erlangen 1921
S. 146). Auch in fpäterer Zeit erfreute fie fich immer
der Fürforge der Geiftlichen. Der Gefichtskreis aber erweitert
fich, deutfche und ausländifche Literatur tritt öfters
in den Vordergrund des Intereffes. Daraufhin wendet
fich Clauß der typographifchen und künftlerifchen