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Ausgabe:

1922

Spalte:

548

Autor/Hrsg.:

Slipyi, Josef

Titel/Untertitel:

Die Trinitätslehre des Byzantinischen Patriarchen Photios 1922

Rezensent:

Kattenbusch, Ferdinand

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547

Theologifche Literat u:

rzeitung 1922 Nr. 25.

548

fpricht er über die katholifchen Sakramente u. ihre Be
gründung im NT im allgemeinen.

München. Hugo Koch.

Smith, Preserved, Ph. D.: A Short History of Christian
Theophagy. (223 S.) 8°. Chicago, The Open Court
Publishing Co. 1922. $2 —

An Gelehrfamkeit mangelt es dieler Skizze der Ge-
fchichte des chriftlichen Abendmahls nicht. Sm. kennt nicht
nur die gefamte deutfche Literatur zur Sache, fondern auch,
wenigftens foweit es fich um Urchriftentum und Reformation
handelt, die Quellen aus eigner Anfchauung. Im Mittelalter
freilich und in der Neuzeit vermag er nur fehr dünne
Fäden zu fpinnen. Reichlich die Hälfte des Buchs
(S. 99—211) ift der Reformationszeit gewidmet, die Sm.
zu feinem befonderen Arbeitsgebiet gewählt hat.

Das Buch ift gefchrieben von dem Standpunkt der
vergleichenden Religionsgefchichte aus. Sm. fleht der
chriftlichen Abendmahlsfeier mit der gleichen Sachlichkeit
und der gleichen Unbeteiligtheit gegenüber, mit der der
Zoologe einen Frofch feziert. Die Vorftellung der Vergottung
durch Genießung des Gottes und die mit ihr zu-
fammengehörende der Opferung des Gottes find uralte Be-
ftandteile aller heidnifchen Religion. Paulus hat fie aus den
Myfterienreligionen gekannt, auf Grund einer Offenbarung
(1. Kor. u23) in das Chriftentum übertragen und ift damit
Urheber des chriftlichen Abendmahls fowie der ätiologifchen
Kultlegende vom letzten Mahl Jefu geworden. Der Kampf
zwifchen paulinifchem und jüdifchem Chriftentum bezog
fich auf diefe Neuerung, wie aus den Schriften des N. T.'s
noch abgelefen werden kann. Die Gefchichte der Abendmahlstheorien
vom 3. und 4. Jahrh. ab ift die Gefchichte
der fortfchreitenden Auflöfung diefes primitiven Glaubens
durch allmählige Vergeiftigung und Rationalifierung.
Auguftinalsfür ein Jahrtaufend zunächft ungehört bleibender
Spiritualift fleht am Anfang diefes Prozeffes. Die Trans-
fubftantiationslehre, die Confubftantiationslehre, Luther,
Carlftadt, Zwingli bedeuten ebenfo viel Stufen der Rationalifierung
, Calvin natürlich einen Rückfehritt faft bis zu
Luther hin. Die Neuzeit bringt die endgiltige Befreiung
.

Man wird nicht erwarten, daß Sm. von diefem Standpunkt
aus irgendwie fähig oder willig gewefen wäre, fich
in den eigentümlichen Geift irgend eines der behandelten
chriftlichen Theologen einzufühlen. Er faßt überall nur
die Schalen. Es ift ein erfchütterndes Beifpiel für die
Unmacht redlicher und gründlicher Gelehrfamkeit, daß
jemand, der Luthers Schriften fleißig gelefen hat, uns den
Reformator vorführt als Vertreter einer reinen Sakramentsreligion
als feiner einzigen Möglichkeit, Todesfurcht und
Höllenfchrecken zu überwinden. Man verfleht gar nicht,
wie Luther dann zu der doch auch von Sm. wahrgenommenen
Kritik an der katholifchen Lehre gekommen
fein mag. Die Kritik am Meßopfer erklärt Sm. dann
auch aus Luthers antihierarchifchen Abfichten, die Er-
fetzung der Transfubftantiafion durch die Confubftantiation
durch Anlehnung an die fcholaftifchen Autoritäten. Das
ift alles, was Sm. über diefen Punkt zu fagen weiß.

Betreffs des Alters des Sakraments- und Opferglaubens
im Chriftentum ftimmt Sm. natürlich mit den katholifchen
Sätzen überein. Was der evangelifchen Gefchichtsforfchung
als fpätere Verbildung gilt, ift ihm nur theologifch gemildertes
Erfcheinen des Urfprünglichen. Die religions-
gefchichtliche Betrachtung, fo wie Sm. fie verfteht, kann
ja einen Wefensunterfchied zwifchen chriftlicher und heid-
nifcher Frömmigkeit nicht zugeben, muß alfo den fynkre-
tiftifchen Paganismus der fpäteren Kirche in die Urzeit
zurückdatieren, um überhaupt einen lebendigen Inhalt
für die chriftliche Religion zu bekommen. So ift das
Buch lehrreich, es führt eine falfche Methode durch folgerichtige
Anwendung ad absurdum.

Göttingen. E. Hirfch.

Slipyi, Dr. Jofef: Die Trinitätslehre des byzantinifchen
Patriarchen Photios. (S.-Dr. aus Zeitfchrift f. kath. Theologie
1920/21.) (90 S.) 8°. Innsbruck, Felicitas Rauch
1921.

Ich war, aufrichtig geftanden, erfchrocken, daß mir
zugemutet werde, ganze neunzig Seiten über die Trinitätslehre
des Photios zu lefen, blos um zum Schluffe —
das ftand ja zum Voraus feft, wenn ich anfah, daß diefe
Differtation (das ift die Abhandlung doch wohl?) in Innsbruck
und in der ,Zeitfchr. f. kath. Theologie' er-
fchienen ift — mal wieder bewiefen zu fehen, daß das
abendländifche Filioque in jedem Sinne notwendig, richtig,
einleuchtend fei. Aber ich will fogleich fagen, daß Slipyi
fich als nicht nur fcharffinnig, fondern auch recht forg-
fältig in der Benutzung der Quellen und gelehrt in der
Kenntnis der Entwicklung der altkirchlichen Trinitätslehre
, fo morgenländifchen wie abendländifchen Gepräges,
erweift. Die Dogmenhiftoriker werden die Schrift nicht
bei Seite laffen dürfen. Wieweit Photios in echter mor-
genländifcher Tradition ftand, deren dialektifcher Orientierung
folgt, von ihr abbiegt und .Neues' aufbringt, nicht
ohne allerhand Unficherheiten, das wird mit Umficht erörtert
, ob im einzelnen überall mit Recht, laffe ich dahin-
geftellt. Für Sl. ift Photios natürlich der große Störer
der Eintracht, die ,im Grunde' bis dahin in beiden Kirchenhälften
geherrfcht habe. Und daß er nicht einfach vorbringt
oder geltend macht, was die klaffifchen Theologen
des Orients gelehrt oder vorbereitet hatten, das weiß
die Dogmengefchichte längft. Aber es bleiben im einzelnen
genug Kontroverfen. Soweit Holl mit bezug auf
die Kappadocier, in gewiffem Maße Loofs widerfprechend
und, katholifcher' Auffaffung begegnend, diefer dann doch
auch in anderer Art Schwierigkeiten bereitet, wird er bei
Gelegenheit gewiß gern Anlaß nehmen, fich mit Slipyi
auseinanderzufetzen. Mir am intereffanteften waren bei
letzterem die Erörterungen über den Mönch Job (6. Jahrh.),
fo weit ich orientiert bin, ift, was Sl. hier bringt, neu. Daß
der Streit um das Filioque hoffnungslos wurde, bringt
Sl. in Verbindung damit, daß man im Abendland kein
Griechifch und im Morgenland kein Latein mehr ver-
fland. Von Flriugena (Sl. fchreibt natürlich .Erigena'),
der Griechifch verftand, glaubt er feflftellen zu können,
daß er auf dem Wege war, den Ausgleich, d. h. die auch
für die Griechen überzeugende gedanklicheBegründung des
Filioque zu fchaffen. Dasletzterebleibedahingeftellt. WasSl.
überfieht, ift, daß bei dem Filioque der Umftand eine
Rolle fpielt, den ein Abendländer empfindungsmäßig nicht
ganz zu würdigen weiß, daß es zu einem Zufatz im .Symbol
' (C) geworden war; das Morgenland empfindet das
wir eine Blasphemie: Rom hätte im 9. Jahrhundert noch
geltend machen dürfen, daß es ja das Symbol .intakt'
halte.

Halle a. S. F. Kattenbufch.

Heilmaier, Ludwig: Die Gottheit in der älteren chriftlichen
Kunft. (118 S.) 8°. München, Selbflverlag 1920.
Es ift nicht ganz leicht, diefem Buche gerecht zu
werden. Der rührige, auf den Gebieten der Ortsgefchichte
und des religiöfen Unterrichtes fchriftftellerifch fruchtbare
Verfaffer hat vor dem Weltkriege mehrere Monate im
Campo tedesco Anton de Waals zu Rom geweilt, mit
offenen Augen und heller Begeifterung Italien durchzogen,
mit Eifer und Fleiß fich in die Denkmäler der altchnft-
lichen Kunft (und des Mittelalters) hineingefehen und mit
großer Umficht fich in die Literatur hineingegraben: die
Frucht diefes Aufenthaltes und diefer Bemühungen find
die hier vorgelegten .befcheidenem Studien. H. felbft
bezeichnet fie als die Aibeit nicht eines Fachmannes und
gewiß mit vielen Mängeln und Lücken behafiet (9), an
anderer Stelle fogar als .flüchtig und lückenhaft' (96),
wenigftens foweit fie den Bemühungen der [altchrifllichen]
Kunft nachgehen, die unerfchöpfliche Geflalt Chrifti fernzuhalten
. Man muß leider diefes Urteil beftätigen. Wäre