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Ausgabe:

1922 Nr. 24

Spalte:

520-521

Autor/Hrsg.:

Williams, N. P.

Titel/Untertitel:

The first Easter Morning. A suggested Harmony of the Gospel Narratives 1922

Rezensent:

Dobschütz, Ernst

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Theologifche Literaturzeitung 1922 Nr. 24.

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nungen des Auferstandenen erwachfen, fie ift die letzte (II)
Wurzel des Christentums". Das Schweigen der drei im
Kreife ihrer Vertrauten über Solch ein Erlebnis erfchüttert
Meyers Vertrauen alfo nicht; der Gedanke, daß die Ver-
fuchungen mindestens So anfchaulich beschrieben werden
wie die Vorgänge auf dem Verklärungsberg, hindert ihn
nicht, dort wider hier für Glaubwürdigkeit zu votieren;
an dem Verbot Jefu, von dem Vorgang vor feiner Auferstehung
zu Sprechen, beanstandet er nur die Formulierung
. Das Problem des SelbStbewußtfeins Jefu — es
hängt dies eng mit dem vorigen zufammen — löft Sich
für M. dahin, daß Jefus Sich danach gefehnt hat, als
Meffias erkannt zu werden, daß darum die Szene von
Caesarea Philippi für ihn der Höhepunkt feines Lebens
war. Nur vor dem Volk hat er damit vorfichtig zurückgehalten
, und auch bei dem Prozeß noch einen Augenblick
gefchwankt, ob er die Frage des Hohepriefters mit
Ja beantworten Solle. Daß Jefus nicht Meffias nach dem
Gefchmack der Menge fein wollte, betont auch M. Aber,
gerade hier, wo ich ihm gern zuftimmen möchte, da ich
Jefus ohne Meffiasbewußtfein auch nicht zu begreifen
vermag, finde ich die Durchführung der Kritik und die
Begründung des Schlußurteils wenig befriedigend: Jefus
erfcheint bei M. faft als ein kümmerlicher Prätendent.
— Erstaunlich wirkt endlich neben der Bereitwilligkeit
M.'s, dem Bericht des Marcus über die Debatten Jefu in
Jerufalem bis auf die Reihenfolge Glauben zu Schenken,
der entfchloffene Skeptizismus, mit dem er die fynop-
lifche Chronologie der Paffion verwirft. Salbung und
letztes Mahl an einem Tage, und zwar, da der 14. Nisan
als Todestag außer Zweifel Steht, am 13. Nisan: über den
Wochentag der Hinrichtung foll es eine Überlieferung
nicht gegeben haben; die Anfetzung der Auferstehung
könne „natürlich erft recht nicht auf gefchichtliehe Überlieferung
zurückgehen". Daß aber „der Sonntag um der
Symbolischen Bedeutung diefes Tages willen und zugleich
im Gegenfatz gegen den jüdifchen Sabbat aufgekommen
fein muß", — wohlgemerkt lange vor Marcus, auch vor
Paulus, alfo in den erften Zeiten „des Christentums" —
dürfte doch ein Gelehrter nicht fagen, der weiß, wie unbekannt
einem Juden Solche fymbolifche Deutung war,
und der uns die jerufalemifche Gemeinde als eine „jü-
difche Sekte" zu fchildern liebt. Hier mißt M. mit
zweierlei Maß: der Sonntag als Tag der Auferstehung
und der Freitag als Tag der Kreuzigung gehören zu den
gefichertthen Daten der Evangelien, Sicherer als die 6
Tage Zwischenraum zwifchen Petrusbekenntnis und Verklärung
! Schließlich find aber Solche Streitpunkte für
den Urfprung des Christentums nicht ausschlaggebend:
das Letzte ift auch nicht die Verklärung, fondern die
Persönlichkeit Jefu und die von ihm ausgehende Wirkung
auf feine Zeit. Ob darüber M. im Schlußkapitel des
2. Bandes befriedigend, d. h. einigermaßen das Neue erklärend
berichtet hat, wird beffer erft, wenn der letzte
Band vorliegt, erwogen, weil wir den Bewirker nicht von
der Wirkung trennen möchten. Bis dahin warten wir
mit Spannung auf Meyers letztes Wort.

Marburg. Ad. Jülicher.

Duhm, Prof. D. Bernh.: Die Pfalmen, erklärt. Zweite, vermehrte
u. verb. Aufl. (Kurzer Handkommentar zum
AltenTeftament,hrsg. von Karl Marti, XIV.)(XXXVI,
496 S.) gr. 8°. Tübingen, J. C. B. Mohr, 1922.
Was der Rezenfent der 1. Auflage diefes Kommentars
hier in Jahrgang 1900, 577 ff. von der Textkritik des
Verf.'s Sagte: fie fei nicht immer up to day, das gilt von
diefer ganzen 2. Auflage. Vermehrt ift fie ja fehr gegenüber
der Erstausgabe, allerdings in der Hauptlache
durch Beigabe einer Übersetzung der Pfalmen, die Sich
übrigens vorteilhaft abhebt von der 1899 veröffentlichten
Sonderausgabe des verdeutschten Pfalters in Heft 2 der
.Übersetzungen poet. u. proph. Bücher des AT's. in den
Versmaßen der Urfchrift'. Aber das Plus von mehr als

10 Bg. auf die Erklärung der Pfalmen hängt doch auch
mit dem Bemühen D.'s zufammen, die früher meift nur
hingeworfenen einzelnen exegetifchen Bemerkungen etwas
auszuführen und in einen ftrafferen logifchen Zusammenhang
zu bringen.

Gegenüber diefen kleinen formalen Änderungen, die
zu begrüßen find, Steht nun aber leider ein wefentliches
Manko. D.'sNeigungzu einer gewiffenStarrköpfigkeit in Ablehnung
der wiffenfehaftlichen Urteile anderer und in Verfechtung
gewagter Hypothefen, worauf Schon der Ref.
der 1. Auflage hinweifen mußte, tritt in der Neuauflage
noch viel Stärker hervor. Sie geht faft an allem, was in
den letzten Jahrzehnten zum Verständnis der Pfalmen-
literatur beigebracht worden ift, mit offenbarer Abficht-
lichkeit vorüber. Von den Ergebniffen der gattungs-
und ftilgefchichtlichen Forfchung, von dem berechtigten
Widerfpruch gegen die fpäte Anfetzung des ganzen
Pfalters, von dem inzwifchen gewonnenen vertieften Verständnis
der Kultlyrik und der Subjektiven Gefühlslyrik,
von den für die Spätere Zeit charakteristischen liturgifchen
Kompofitionen erfährt der Lefer nichts oder faft nichts.
So kehren denn alle Mängel, Einfeitigkeiten und Übertreibungen
der 1. Auflage in diefer Neubearbeitung
wieder.

Öfters ift nicht einmal die Form, in der eine exegetifchc Marotte
vorgetragen wurde, gemildert, z. B. in der ironifchen Bemerkung zu
Pf. 126, if., obgleich D. aus meiner ,Lyrik d. AT's'2 S. 122 erfehen
konnte, wie leicht der fyntaktifche Anftoß der Imperfekta befeitigt
werden kann; oder in der Schlußbemerkung zu Pf. 110, wo auch jetzt
wieder das angebliche Akrostichon, eine ganz willkürliche Behauptung
D.'s, als Beweis für die Abfaffung des Pfalms durch Simon erwähnt
ift. Auf die nur zu oft wiederholten Gefchmacksurteile ,paßt auf niemand
fo gut wie auf ,kann nur auf .... gedichtet fein' fei
nur nebenher als einen der unbefeitigten exegetifchen Mängel der I. Auflage
hingewiefen. Gelegentlich wird die Subjektivität der früheren Erklärung
noch überboten, fo wenn jetzt D. den von ihm nach Olshaufens
Vorgang ausgefchiedenen Beftandteil Pf. 84, 9f. u. 12L (eine der vielen
Stellen, an denen D.'s Mangel an Stilgefühl hart in die Erfcheinung
tritt, vgl. noch u. a. Pf. 81, 2—5 (S. 314) u. 95, 7fr. (S. 334))' für eine
liturgifche Kompofitiou aus der Hasmonäerzeit erklärt unter Hinweis
auf den Ausdruck magitmenu V. 10, der f. M. n. nur einen kriegerifchen
masih bezeichnen könne 1

Den ftärkften Widerfpruch wird auch jetzt wieder
D.'s Theorie von der Entstehung fo vieler Lieder in fpät-
nachexilifcher, im befonderert hasmonäifcher Zeit finden.
Um nur einen Punkt herauszugreifen: Urteile wie die
über die fog. Königspfalmen Sollten nach dem, was neuerdings
über diefe Gattung, befonders von Gunkel ausgeführt
worden ift, zum mindestens etwas vorsichtiger aussprechen
werden. Es ift m. E. ein Zeichen mangelnder
wiffenfehaftlicher Befonnenheit, zuversichtlich zu behaupten,
Pf. 18 entfpreche in allen Einzelheiten der Gefchichte
des Alexander Jannai, ohne einen einzigen pofitiven
Beweis dafür zu erbringen. Von der Möglichkeit, daß
folche Art Hofdichtung in das Erbauungsbuch der Frommen
aufgenommen werden konnte, zu fchweigenl Auch
folche Behauptungen wie die Deutung von Pf. 42/43
auf Onias III. follten nicht mehr Hitzig nachgesprochen
werden. Wir find in der Verwertung unferer kläglich
dürftigen Kenntnis der äußeren und inneren Gefchichte
des älteren Judentums inzwifchen viel vorfichtiger geworden
.

Doch ich breche ab und wiederhole: diefe Neubearbeitung
verdient nur mit Vorbehalt das Prädikat ,ver-
befferte Auflage', weil fie weder in der Einzelerklärung
noch in den literaturgefchichfliehen und biblifch-theolo-
gifchen Problemen up to day ift.
Jena. W. Staerk.

Williams, N. P.: The first Easter Morning. A suggested
Harmony of the Gospel Narratives. (91 S.) kl. 8°.
London, S. P. C. K. 1920. sh 2/6

N. P. Williams, einft Straßburger Student, ift ein
typifcher Vertreter der heutigen englifchen Theologie
mit ihrer konfervativen Grund Stimmung und einem kri-
tifchen Einfchlag. Die Leibesauferftehung, die Gefchicht-