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Ausgabe:

1922 Nr. 23

Spalte:

498-499

Autor/Hrsg.:

Nottarp, Hermann

Titel/Untertitel:

Die Bistumserrichtung in Deutschland im achten Jahrhundert 1922

Rezensent:

Sehling, Emil

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Theologifche Literaturzeitung 1922 Nr. 23.

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loie aneinandergereiht und nicht durch fchärfere Herausarbeitung
der treibenden Gedanken innerlich verbunden
hat, ifl; ein Fehler, der zu vermeiden gewefen wäre. Der
Standpunkt ift, wie fchon bemerkt wurde, der ftreng ka;
tholifch-kirchliche. Von einem eigentlichen Verftändnis
für abweichende Anfchauungen ift nicht viel wahrzunehmen
. Oder kann man die Grundfätze der ,fog. hifto-
rifch-kritifchen Wiffenfchaft' fchiefer kennzeichnen als
durch die Behauptung (S. 6), fie mache ,ihre fubjektive
Auffaffung zum allein gültigen Maßftab allen Gefchehens'r
Ift es nicht vielmehr das eifrige Beftreben des wirklichen

Hiftorikers, fich aller vorgefaßten Meinungen zu entfchlagen ! f„ , £*. def MögllchlBBll rechnen, daß der Bericht eines Synopti-
und ledio-lich aus rlen Onellr-n heraus Hnrrh fortrftlficrft 55.'«* d^ P«»?«»^« F«ff«Mg beetafltült llt Diefelbe Ver-
und_ lecnglicn aus den (Quellen heraus durch lorgtaltlge wechflung von textlicher Urfprünglichkeit (bei vcrfchiedener handfchrift-

Ilandlung und Sakrament zugleich in. Daß Jefus gleich zwei äußere
Zeichen eingefetzt habe, ,um eine Gnade zu vermitteln', findet F. bei
Dibelius, der Taufe und Abendmahl in ihrer Wirkung gleichftellt, ,ab-
furd' — gibt es denn nach katli. Lehre nicht mehrere von Jefus ein-
gefetzte Zeichen, durch die jedesmal der hl. Geift mitgeteilt wird? —
,Dic Verfchiedenheit der einzelnen Berichte ift gerade ein Zeichen der
Echtheit', bemerkt F. S. 162 und bringt damit zweierlei .Echtheiten',
die textliche und die gefchichtliche, durcheinander: die Frage, wie die
Texte an den betreffenden Stellen urfprünglich lauteten, und die andere,
welche Faffung dem tatfächlicheu gefchichtlichen Vorgang entfpreche.
Im erften Sinne zeugt in der Tat gerade die Verfchiedenheit für die
.Echtheit;' im zweiten Sinn aber foll gerade der .echte' Wortlaut aus
den verfchiedenen Berichten gewonnen werden u. dabei muß man ent-

Prüfung das Gefchehene zu gewinnen? Wo freilich
fchon gegen die bloße Möglichkeit, daß der Völkerapo-
ftel eine gefchichtliche Tatfache oder eine Überlieferung
umgebogen haben könnte, mit Entrüftung Verwahrung
eingelegt wird (S. 19), wo der Grundfatz gilt, daß über
ein hochwichtiges Ereignis im Leben Jefu in den Kreifen
der Apoftel u. Jünger nicht zweierlei Auffaflungen ent-
ftehen konnten (S. 73), wo die euchariftifche Verheißung
bei Joh. 6 als gefchichtlich gleichwertig neben die fynop-
tifchen Berichte geftellt u. zur Grundlage oder zur Stütze
eines Beweifes gemacht wird (S. 123. 126. 153. 183.) -
da ift eine halbwegs gedeihliche Ausfprache nicht zu erhoffen
. Der Verf. hat fleh eben noch nie klar gemacht,
wie beifpielsweife der Völkerapoftel mit altteftamentlichen
Schriftftellen umgeht, wie Johannes' die fynoptifchen
Überlieferungen vergewaltigt, wie über das Lebensalter Jefu,
die Dauer feiner öffentlichen Wirkfamkeit, das Ende des
Verräters verfchiedene Überlieferungen feftzuftellen find.
Gewiß ift es F. gelungen, die Schwächen oder die Halt-
lofigkeit mancher Auffaffung, die inneren Widerfprüche
in ihrer Begründung aufzudecken. Aber daß gegen feine
eigene Stellung ähnliche Stöße gerichtet werden können,
fcheint er nicht zu merken.

So ift es ein häufig wiederkehrender Einwand gegen diefe oder
jene Anfchauung, daß die Jünger das hätten unmöglich verftehen können
. Aber ,eine Gegenwart des myftifchcn Leibes Jefu' müßte
ihnen geläufig gcwefen fein (S. 131). S. 152 heißt es: ,Das, was
Schweitzer hier Jefus andeuten läßt, mußte den Jüngern durchaus
unverftändlich fein.' Gleich auf der nächften Seite (153 A. 2): ,Das
Bedenken, das Spitta geltend macht, die Jünger hätten eine wörtliche
Deutung der Worte Jefu nicht erfaffen können, ift nicht ftichhaltig. Jefus
hätte, wie Haupt treffend bemerkt, überhaupt auf das Ausfprechen feiner
höchften u. tiefften Gedanken verzichten müffen, „wenn er immer
ängftlich mit der Faffungskraft feiner Jünger gerechnet hätte." ' Und
welches Verftändnis für den Tod Jefu u. feine Bedeutung wird nicht
bei der rechtgläubigen Lehre den Jüngern zugetraut, denfelben Jüngern,
die dann bei der Gefangennahme Jefu auseinanderftoben u. wieder ihrem
früheren Berufe nachgingen, die erft vom Auferftandenen über den Sinn
feines Todes belehrt werden mußten (Luk. 24, 26 f.). Steckt übrigens
hier nicht ein Fingerzeig dafür, daß die Jünger fpäter auch das Abendmahl
im Lichte der Auferftehung betrachten gelernt haben, daß allo
im Aufcrftehungsglauben der Schlüffel zum Abendmahlsglauben der
Jünger liegt? Und warum follte die Abendmahlsfeier Jefu nicht escha-
tologifch beftimmt fein können, wo doch feine ganzeGedankenwelt undfein
Vaterunfer eschatologifches Gepräge trägt? — Eine große Rolle fpielt ferner
für F. das, wie er glaubt, geficherte Ergebnis, daß ICor. 11,20ff. die euchariftifche
Feier in Verbindung mit einem Agapenmahl gefchildert fei. Ich
bin heute noch, wie vor 25 Jahren, wo ich meine abweichende Anfchauung
meinem Lehrer v. Funk gegenüber im Gefpräche darlegte, der
Anficht, daß es fich hier nur um die Euchariftie in Form eines wirklichen
Mahles handelt. Wüßte man nichts von einer ,Agape", kein
Mcnfch dächte daran, fie in diefem Kapitel zu finden. Es geht aber
nicht an, Begriffe und Erfcheinungen, die uns fpätcre Quellen bieten,
in frühere Quellen hineinzutragen, ftatt diefe aus fich felbft zu deuten
u. das Spätere danach zu erklären. Auf das Einzelne kann hier nicht
eingegangen werden. Eigentümlich aber berührt es, wie F., der fonft
große Verfchiedenhciten in Eins zu bringen weiß, bei einer Verglei-
chung von 1 Cor. 10, 21 und II, 2off. ,mit aller nur wünfehenswerten
Deutlichkeit' findet, daß ,es fich hier um ganz verfchiedene Dinge handelt
' (S. 88). — Der .gciftlole Vergleich', der S. 134 Jülicher vorgeworfen
wird, ift bekanntlich auch bei kath. Dogmatikern zu treffen,
nur muß er bei ihnen zur Ausdeutung des Opfercharakters der Euchariftie
dienen. Und wenn Dibelius nach S. 147 mit dem Begriff .Sakrament
' ,Unlüg treibt', wie groß wäre dann der Unfug, der mit diefem
Wort von den Kirchenvätern u. Theologen bis in die Scholaftik hinein
getrieben wurde! Auch brauchte ,die Gleichfetzung cinpr juriftifchen
Handlung mit einem Sakrament' auf der Seite nicht heiter zu ftimmen
(S. 147), wo es mehr als einen rituellen Vorgang gibt, der juriftifche

lieber Überlieferung derfclben Stelle) und gefchichtlicher Wirklichkeit
(bei verfchiedenen Berichten über denfelben Vorgang) verrät S. 169 die
Bemerkung, daß gerade die fchwicrigere Lesart in der Textkritik im
allgemeinen als die richtigere gelte. — Die Auslaffung der Worte xovxo
noielxt elg xf/v iflhv ävä/ivrjoiv bei Mt. u. Mk. erklärt der Verf. S. 170
damit, daß fie allgemein bekannt gewefen feien u. die diesbezügliche'
Anordnung des Herrn ja in der tatfächlichen Begehung der Feier ihren
bellen u. eigentlichen Ausdruck gefunden habe. Aber Mt. u. Mk.
wollen doch offenbar für die Kreife, für die fie fchreiben, ,das Evangelium
' fein; fie fetzen nicht, wie Lk. u. Joh., andere Evangelien als bekannt
u. verbreitet voraus. Und wenn die Anführung von Bekanntem
für überflüffig erachtet werden konnte, wieviel hätte dann noch ausge-
laffen werden können! Wurde nicht auch die Taufe tatfächlich gefpen-
det u. doch erzählt Mt. 28, 19 ihre .Einfetzung' durch den auferftandenen
Jefus? — ,Legendcn u. Märchen bilden fich, wie jedermann weiß,
nicht in folchen Zeiten gewaltiger Kämpfe, fondern in den folchen Er-
eigniffen weit abliegenden Zeiten' (S. 165) — eine durch Gefchichts-
u. Legendenkenntnis nicht getrübte Behauptung. — .Schmiedel follte in
der Theologie hinreichend bewandert fein, um zu wiffen, daß katholi-
fcherfeits diefer Glaube [an die Einfetzung der Sakramente durch Jefus]
immer vorhanden war' (S. 183) — und F. follte in der Theologie hinreichend
bewandert fein, um zu wiffen, daß diefer Glaube bis zur Hoch-
fcholaftik weit davon entfernt war, Gemeingut der kath. Theologie zu
fein (vgl. P. Schanz, Die Lehre von den hl. Sakramenten r893, H2f.).

Die Unterfuchung von F. ift brauchbar als fleißige
Sammlung u. Zufammenftellung von Anflehten. Eine
wiffenfchaftliche Förderung der Abendmablsfrage ift fie
nicht.

München. Hugo Koch.

Dieckmann, Hermann, s. j.; Antiochien, ein Mittelpunkt urchriftlicher
MifTionstätigkeit. (Abhandlgn. aus Miffionskunde u. Miff.-Gefch.,
17. Heft) (56 S.) 8°. Aachen, Xaverius-Verlag 1920.
Die Schrift ift im Wefentlichen eine Umfchreibung deffen, was
die Apoftelgefchichte über die von Antiochia ausgehende urchriftliche
Miffion erzählt. Kritifche Bedenken gibt es nicht. .Hauptquelle ift
naturgemäß die Apoftelgefchichte des Lukas*. (S. 4) ,Wenn Lukas
Antiochener war und als folcher die Gründung der Gemeinde erlebt
hat — was fchwer ficher feftzuftellen fein dürfte —, fo haben wir in
ihm einen Augenzeugen der von ihm berichteten Vorgänge, dem wir
trauen dürfen. Im andern Fall (landen ihm zuverläffige Quellen zu
Gebote.' (S. 52). Die drei Berichte über die Bekehrung des Paulus
find nur ein Zeichen, wie wichtig und folgenreich diefes Ereignis Lukas
erfchien. Daß fich zwifchen Dieckmannn und mir (Antiochia in der
älteften Kirchengefchichte) .zahlreiche verfchiedene Auffüllungen finden,
ift durch den abweichenden Standpunkt der Schriften bedingt' (S. 4),
begründet aber anfeheinend nicht die Notwendigkeit, zu den von mir
angeregten Problemen (z. B. über die Entftehung der Kirchenverfaffung
in Antiochia und ihre Übertragung von da auf die Miffionsgebiete)
irgendwie Stellung zu nehmen. Vorausgefchickt find diefem Haupt-
ftück (,Die Vorbereitung der Heidenkirche', Die erfte .Heidenchriften-
gemeinde', ,Die erfte Miflionsfahrt', ,Der Kampf um die Freiheit vom
Gefetze', ,Neue Miffionszentren') zwei vorbereitende Kapitel (,Die Welt-
ftadt', Jüdifche Diaspora'), die unfere Kenntnis indeffen nicht bereichern.
Den Schluß bildet ein Kapitel .Antiochia und die Kirche des Oftens'
in dem wahrfcheinlich gemacht wird, daß das Chriftcntum in Indien,
Perlicn, Arbela und Edeffa nicht von Antiochia, fondern von Jerufalcm
ausgegangen ift, fo daß die Möglichkeit bleibt, den Apoftel Thomas
als Miffionar Jndiens zu retten, wofür fich D. (S. 42) auf A. Väth (der
H. Thomas, der Apoftel Jndiens) beruft. Den Ruhm Antiochias findet
D. in den drei Tatfachen begründet: .Hier wurden die Jünger zuerft
Thrillen genannt. — Antiochia hat zur Zeit der Hungersnot die Urkirche
mit Almofen unterftützt. — Seine Kirche hat zur Zeit der Gefahr Paulus
und Barnabas nach Jerufalem entfandt und das Apofteldekret erwirkt,
das auf der ganzen Welt die Freiheit der Chriften vom Gefetze verkündete
.'

Münfter i. W. K. Bauer.

Gefcher, Priefter D. Franz: Der köln. Dekanat und Archidia-
konat in ihrer Entftehung und erften Entwicklung. Ein

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