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Ausgabe: | 1922 Nr. 20 |
Spalte: | 427 |
Autor/Hrsg.: | Rust, Hans |
Titel/Untertitel: | Wunder der Bibel. I. Die Visionen des Neuen Testaments 1922 |
Rezensent: | Gressmann, Hugo |
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Theologifche Literaturzeitung 1922 Nr. 20.
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nicht gekannt. Dies wird m. E. durch slav. Hen. 52; äth. Hen. 5, 7
ebenfo widerlegt, wie es m. E. falfch i(t, in Lk 6, 20ff. griechifche
Rhetorik und kynifche Ethik zu finden.
Ich möchte aber zum Schluß betonen, daß dies Buch,
das ich im Ganzen für verfehlt halten muß, im Einzelnen
manches Wertvolle zur Gefchichte der helleniftifchen
Myftik enthält.
Marburg. Bult mann.
Hauck, Pfarrer Lic. Friedrich, Die Stellung des Urchriftentums
zu Arbeit und Geld. (Beiträge zur Förderung chriftlicher
Theologie 2. Reihe 3. Bd.). (168 S.) gr. 8U. Gütersloh,
C. Bertelsmann 1921. M. 40 —
Eine Erlanger Lizentiatenarbeit, von Strathmann angeregt
und nach der forgfältigen Methode durchgeführt,
die in Strathmanns ,Gefchichte der frühchriftlichen As-
kefe' beobachtet wird. Breit werden die zeitgefchicht-
lichen Verhältniffe entwickelt: Arbeit und Geld im Alten
Teftamente, im Spätjudentume, im griechifch-römifchen
Heidentume (hier werden, neben den Urteilen des Volks,
Piaton, die Neupythagoreer, die Kyniker, die Stoiker behandelt
). S. 63 fetzt die Darftellung der chriftlichen Entwicklung
ein, die von Jefus bis etwa zum Anfange des
dritten Jahrhunderts (einfchließlich Tertullian und Klemens)
verfolgt wird. Der Vf. zeigt, daß das Urchriftentum ur-
fprünglich keine foziale Bewegung ift. Deutlich treten
die verfchiedenartigen Problemftellungen auf dem Boden
Paläftinas und in der Heidenchriftenheit hervor. Schade,
daß der Vf. uns nicht gleich eine Gefamtdarflellung des
Themas ,Urcbriftentum und Sozialismus' gibt: bei der
engen Verflochtenheit der Dinge ift er fo wie fo zu zahlreichen
Grenzüberfchreitungen genötigt, und dieDarftellung
Lohmeyers, fo wertvoll fie ift, ift doch für einen weiteren
Kreis benimmt und bedarf deshalb mancher Ergänzung.
Bei dem heutigen Stande der Forfchung muß das
Neue, das eine Arbeit wie die Haucks bringen kann, vorzugsweise
auf dem Gebiete der Zeitgefchichte und ihrer
Nutzbarmachung für das Urchriftentum liegen. Hierleiftet
der Vf. Wertvolles, ohne freilich irgendwie Abfchließendes
zu bringen. Sein Quellenftudium ift nicht umfaffend genug.
Was das Judentum betrifft, fo ließe fich aus den Rabbinen
mehr herausholen. In der griechifch-römifchen Welt
fcheinen mir die Stimmungen des Volks und der kleineren
Geifter noch nicht genügend berückfichtigt: wir müffen
hier von der Sammmlung zufälliger Lefefrüchte zur fyfte-
matifchen Bearbeitung kommen. Wertvoll erfcheint mir
auch eine vergleichende kulturgefchichtliche Bearbeitung
der Bilderfprache, wenn fie mit reichem Materiale durchgeführt
wird: ift diefe Arbeit geleiftet, fo wird fich auch
aus den Bildern des Neuen Teftaments manches sicherer
erfchließen laffen, als zur Zeit möglich ift.
Leipzig. Lei pol dt.
Ruft, Prof. Lic. Dr. Hans: Wunder der Bibel. I. Die Vifionen
des Neuen Teftaments. (Die Okkulte Welt, Nr.
67/70) (82 S.) kl. 8°. Pfullingen, Joh. Baum M. 9.60
Trotz des .okkulten' Ortes handelt es fich um eine
wiffenfchaftlich bedeutfame Studie, wie fchon die 204 Anmerkungen
auf S. 61—82 lehren, bedeutfam nicht nur
für die Neu-, fondern auch für die Altteftamentler; denn
die prinzipiellen und religionspfychologifchen Unter-
fuchungen über das Wefen der verfchiedenartigen Vifionen
gelten ebenfo für das AT, wie für das NT. Überdies
werden die Vifionen des A. T.s vielfach geftreift (befon-
ders S. 55—68) und zum Teil ausgezeichnet erläutert (eigenartig
und einleuchtend Jerem. I,i4f.) Im einzelnen wird
man bisweilen abweichender Meinung fein, aber auch dann
noch lernen, z. B. bei der Verklärungsgefchichte (S. 43ff.),
deren vifionärer Hintergrund eindrucksvoll gefchildert
und verftandlich gemacht wird, auch für den, der den
Stoff andersartig betrachtet. Große Belefenheit, feines
Nachempfinden und ein klug befonnenes Urteil erfreuen
den Lefer und fördern die wiffenfehaftliche Erkenntnis.
Berlin-Schlachtenfee. Hugo Greßmann.
Bosshardt, Erneft: Essai sur l'originalite et la probite de
Tertullien dans son traite contre Marcion. (17 iS.) gr. 8U.
Florence, G. Ramella u. Co. 1921.
Eine gleichzeitig mit A. v. llarnacks großem Werk
über Marcion erfcheinende Unterfuchung über den Kampf
Tertullians gegen diefes Ketzerhaupt fclfeint auf den
erften Blick bereits post festum zu kommen. Und doch
trifft das bei der vorliegenden forgfältigen, kenntnisreichen
und methodifch gediegenen Studie nicht zu. Denn ihr
Zweck ift nicht, die Lehre Marcions herauszuftellen, fondern
die Art und Weife zu beleuchten, wie Tertullian fie
bekämpft hat. Darüber hat fich v. Harnack nur kurz
(S. 251*—254*) ausgefprochen, aber in der Hauptfache
im felben Sinne, wie B. in feinen eingehenden Darlegungen
. B. prüft nämlich die Kampfesweife Tertullians unter
den beiden Gefichtspunkten der Urfprünglichkeit u.
der Ehrlichkeit und zieht zu diefem Zwecke andere Ket-
zerbeftreiter u.Tertullians eigene anderwärtigeÄußerungen,
fowie die Anweifungen der Rednerfchule zum Vergleich
heran. Dabei kommen zur Sprache: der Gottesbegrift,
die perfönlichen Angriffe, die logifchen Beweisgänge, die
Genauigkeit in den biblifchen Anführungen u. die bib-
lifche Exegefe. Ergebniffe: Tertullian hat fich vieles
von der ftoifchen Philofophie, Juftin u. der Rednerfchule
zunutze gemacht, aber er hat es fich innerlich angeeignet
u. allem den Stempel feines Geiftes aufgeprägt. Er ift
in feinem Kampfe gegen Marcion nicht der Sophift u.
Advokat, als den ihn de Faye hingeftellt hat. Von einem
Sophiften unterfcheidet ihn vor allem die Aufrichtigkeit
feiner Überzeugung. Gewiß finden fich bei ihm Ausführungen
, die man nur mit Kopffchütteln lefen kann und
die leine Ehrlichkeit in zweifelhaftem Lichte erfcheinen
laffen. Aber anderfeits find feine Angaben über Marcions
Lehre und Bibeltext zuverläffig, und man kann
auch nicht fagen, daß er eine wefentliche, zugunften Marcions
fprechende Seite feiner Lehre unterfchlagen hätte.
Was die perfönliche Herabfetzung des Gegners betrifft,
fo tut er allerdings im 1. Kapitel dem rednerifchen rpoyoc;
Genüge, aber im übrigen ift er maßhaltender als in andern
Streitfchriften. Man merkt, daß Tertullian einen
Marken und fittlich unantaftbaren Gegner vor fich hat,
den er nicht mit wilden Befchuldigungen u. leichtem
Spott abtun kann.
Die Art, wie Tertullian adv. Marc. IV, 12 die Stelle Exod. 20, 10
anführt u. ausdeutet (S. Il8f.), erinnert an eine paulinifche Gcplloijcn-
heit, vgl. raeine Bemerkungen in ,Kallift und Tertullian' 1020, 16 A 2.
München. Hugo Koch.
Laux, Johann Jofeph, C. S. Sp.: Der heilige Bonifatius,
Apoftel der Deutfchen. Mit 11 Bildern. (XII, 307 S.)
kl. 8°. Freiburg i. Br., Herder & Co. 1922.
M. 53Ti geb. M. 63—.
Die neueren Arbeiten über Bonifatius, die Neuausgabe
feiner Briefe durch Tangl, und Anderes, laffen eine neue
Biographie gerechtfertigt erfcheinen. Es ift anzuerkennen,
daß Laux Fleiß und Sorgfalt nicht gefpart hat, feiner
Aufgabe gerecht zu werden, auch die Quellen eifrig zu
Rate gezogen hat, wofür der Anhang von Einzelunter-
fuchungen S. 271—283 Zeugnis ablegt. Das Buch lieft
fich auch gut; Verftöße gegen die deutfehe Sprache find
mir nur Wenige aufgefallen (S. 22: fie begleiteten feine erften
Schritte als Glaubensbote; S. 109: er ftörte fich wenig
daran; S. 135: in einem Alter, wo das Lebenswerk der
meiften Menfchen fich dem Ende naht, trat er erft an
den fchwierigften und wichtigften des feinigen heran;
S. 151: Gregor III. fah fich genötigt, die Bifchöfe gegen
fie zu warnen; S. 275: Zugehörigkeit mit der römifchen
Kirche). Öfter werden die benutzten Vorlagen nicht
richtig verftanden. S. 66 über die Weglaffung des Ver-
fprechens im Bifchofseid, dem byzantinifchen Kaifer die
Treue zu halten: das konnte und wollte Bonifatius in
in feiner befonderen Lage nicht verfprechen. Statt deffen
fügte e r das Gelöbnis ein . . . Tangl, an den er fich an-