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Ausgabe:

1922

Spalte:

417-420

Autor/Hrsg.:

Stammler, Rudolf

Titel/Untertitel:

Lehrbuch der Rechtsphilosophie 1922

Rezensent:

Tillich, Paul

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf Harnack

Herausgegeben von Professor D. Ematlliel Hirsch unter Mitwirkung von

Prof. D. Wilh. Heitmüller, Prof. D. Dr. G. Hölscher, Prof. D. Arthur Titius, Prof. D. Dr. G. Wobbermin.

Jährlich 26 Nrn. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig Vierteljährlich 100 Mark

Bezugspreife für das Ausland vierteljährlich Fr. 12.50; 10 sh.; $ 2.50; holl. Gulden 6—; fkandin. Kr. 9 —

_ . ^ Manufknpte und gelehrte Mitteilungen find au s fehl 1 e ßl 1 c h an _

47. Jahrg. Nr. 20 ProfeflbrD. Hirsch in Göttingen, Nikolausberger Weg 31, zu fenden. 7. Oktober 1922

0 Rezenfionseiemplare ausfchließlich an den Verlag.

An unsere Leser.

Eine Nummer der ThLZ herzuftellen, koftet jetzt 60 000 M. Wenn der Verlag den Inlandspreis für das 4. Vierteljahr mit 100 M.
feftgefetzt hat, fo ergibt (Ich daraus, daß er all das Seine zu tun bereit ift, die Zeitfchrift der Wiffenfchaft zu erhalten. Der Verlag
entfehloß fich zu 100 M. in der Erwartung, daß von allen Seiten, die einen höheren Vierteljahrsbetrag zu zahlen in der Lage find,
ihm eine entfprechende Ergänzung des Abonnementsbetrages zugeht, am beften unter Benutzung von feinem Poftfcheckkonto
Leipzig 51684. — Sollte die Mark noch eine weitere Marke Entwertung erfahren, fo wäre der Verlag genötigt, auf den Mindeftpreis

von 100 M. noch eine Nachzahlung zu erheben.
J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung. Professor D. E. Hirsch.

Stammler, Lehrb.d. Rechtsphilofophie(Tillich).
Ziegler, Geftaltwandel der Götter (Haas).
Weber, Die Kunft der Hethiter (Meißner).
Beer, Steinverehrung b.d. Israeliten (Greßmann).
Scott, The Message of Hofea (Staerk).
Jones, The Four Gospels (Dibelius).
Leifcgang, Pneuma ilagion (Bultmann).
Hauck, Die Stellung des Urchriftentums zu

Arbeit und Geld (Leipoldt).
Ruft, Wunder der Bibel (Greßmann).
Bosshardt, Essai sur Poriginalite et la probite

de Tertullien dans son traite contre Marcion

(Koch).

Laux, Der heilige Bonifatius (Ficker).
Prochnow, Das Spolienrecht und die Teftier

Schröder, Der Archidiakonat im Bistum Augsburg
(Schornbaum),

ThomaeAquinatis, SummaetheologiaepartisI
quaestiones 75—77 de essentia et potentiis
animae in generali una cum Guilelmi de La
Marc correctorii articulo 28 (Seeberg).

Thomae Hemerken a KempisOpera omnia(Clemen).

Luther-Bibliothek (Derf.).

Korczok, Die griechifch-katholifche Kirche in

Galizien (Kattenbufch).
Eucken, Einführung in die Hauptfragen der

Philofophie (Mayer).
Scheffer, Die homer. Philofophie (I.ohmeyer).
Barth, Die Seele in der Philofophie Piatons
(Goedeckemeyer)

fahigkeit der Geiftlichen im Abendland bis , Leopold, Die religiöfe Wurzel von Carlyles
zum 13. Jahrhundert (Sehling). | literarifcher Wirkfamkeit (Tillich).

M e f f e r, Erläut. zu Nictzfches Zarathuftra (Hirfch).
Steiner, Rei'nkarnation und Karma (Schmidt).
Boldt, Rudolf Steiner (Derf.).
Steiner, Das Vaterunfer (Derf.).
Ghose, The Positive Religion (Hirfch).
Seeberg, Antifcmitismus, Judentum und Kirche
(Scliian).

Kittel, Die religiöfe und die kirchliche Lage

in Deutfchland (Derf.).
Hartmann, Kulturwende (Derf.).
Schi an, Die Arbeit der evangelifchen Kirche

im Ffelde (Schmidt).
Braun, Liturgifches Handlexikon (Smend).
Niebergall, Sexuelle Autklärung der Jugend,

ihr Recht, ihre Wege und Grenzen (Rolffs).
Oman, The Paradox of the World (Sippell).
Verzeichnis neuefter Befprechungen.

fchaftsbegriffe „nichts als ein Verfahren des Ordnens".
Nun gehört das Recht in die Sphäre des „verbindenden
Wollens" im Unterfchied von dem Sittlichen, das fich
auf die Ordnung des Innenlebens und feiner Wiinfche
bezieht. Es unterfcheidet fich von der Konvention durch
die Selbftherrlichkeit, mit der es über den einzelnen
Willen fleht und fich ihnen gegenüber durchfetzen will
und hat als „unumftößlich Bleibendes" die Eigenfchaft
der Unverletzlichkeit: „das unverletzbar felbftherrlich
verbindende Wollen", das ift der Begriff des Rechts. —
Die Idee aber des Rechts, die Gerechtigkeit als unendliche
Aufgabe, ift ein reines Wollen, d. h. ein Wollen,
das frei ift von jeder zufälligen endlichen Willensbe-
ftimmung; alfo ein Sollen, und zwar ein Sollen für die
Sphäre des verbindenden Wollens, und das ift die Idee
einer reinen Gemeinfchaft, d. h. einer Gemeinfchaft, in
der kein begrenzter einzelner Zweck herrfcht, fondern
nur der Zweck der Einheit felbft. „Gerechtigkeit ift das
Richten eines belonderen rechtlichen Wollens im Sinne
reiner Gemeinlchaft".

Aus diefen grundlegenden Beftimmungen ergeben
fich nun bedeutungsvolle Folgerungen: Vor allem die
unbedingte Autonomie des Rechts, fowohl was die Begründung
, als auch was die Durchführung betrifft. Be-
nächft auf die Klarheit und formale Schärfe, die jeden , fonders wichtig ift die Kritik der ökonomifchen Gefchichts-
Satz und jede Definition auszeichnet. Hier ift kaum | auffaffung, fofern fie das Recht aus der Wirtfchaft ableitet,
etwas „unausgedacht" — ein Lieblingswort Stammlers, anftatt zu fehen, daß „Wirtlchaft" immer fchon geordnetes
das für "feine Art höchft bezeichnend ift. Der formalen Zufammenwirken, alfo jede Spezialwirtfchaft die Aus

Stammler, Prof. Rudolf: Lehrbuch der Rechtsphilofophie.

(XIV, 392 S.) gr.8°. Berlin, Vereinig, wiff. Verleger 1922.
Es ift für den theologifchen Rezenfenten nicht leicht,
einem Werk wie dem vorliegenden gegenüber die rechte
Stellung zu gewinnen. Möglich ift es für einen Nicht-
Juriften überhaupt nur durch die allgemein-philofophifchen
Grundlagen und die ethifchen und gefchichtsphilofophifchen
Elemente, die das Buch in reichem Maße enthält. Sie
aber zwingen zu einer Stellungnahme; denn wie jedes
fyftematifch durchgeftaltete Sondergebiet der Philofophie
ein Ausdruck des im Hintergrund flehenden Gefamtfy-
ftems ift, fo wirkt es auch ein auf alle anderen Gebiete
und zeigt allenthalben die Gelenke, die es mit den übrigen
Gliedern verbindet. Das ift die allgemein-philofo-
phifche und darum auch theologifcheBedeutung eines großen
(yftematifchen Werkes wie Stammlers Rechtsphilofophie.

Es gibt in wenigen Gebieten der Philofophie Werke
von folcher Gefchloffenheit und fyftematifcher Kraft wie
das vorliegende. Jeder Abfchnitt, ja jeder Satz ift durchdrungen
und getragen von dem kritifchen Grundprinzip,
auf dem alles aufgebaut ift. Es kann kein Zweifel fein:
die Kantifch-Neukantifche Richtung der Rechtsphilofophie
hat in Stammlers Werk eine Vollendung erreicht, die
kaum überboten werden kann. Das bezieht fich zu

Klarheit entfpricht die fachliche Evidenz, mit der die
kritifche Grundlegung der Rechtsphilofophie gegeben ift.
Der Rechtsbegriff bedeutet, wie alle konftitutiven Wiffen-

führung einer beftimmten Rechtsordnung ift. Unmöglich
ift auch die Gründung des Rechts auf die Macht, auf
den Vertrag etc., da jeder derartige Begriff das geordnete

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