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Ausgabe:

1922 Nr. 1

Spalte:

413-414

Autor/Hrsg.:

Schwertschlager, Joseph

Titel/Untertitel:

Philosophie der Natur 1922

Rezensent:

Strunz, Franz

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Seite 1

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413

Theologifche Literaturzeitung 1922 Nr. 18/19.

414

gen (266ff.) finden fich einzelne Bemerkungen zu anderen
Autoren wie Pöhlmann, Wilamowitz-Moellendorff u. a.
Königsberg i. Pr. Goedeckemeyer.

Heynacher, Max: Goethes Philolbphie aus feinen Werken. Ein

Buch für jeden gebildeten Deutfchen. 2., verb. Auflage. (CXXXi,
319 S.) kl. 8°. Leipzig, Felix Meiner 1922.

M. 45—; geb. M. 75—; Gefch. Bd. M. 90—
Der Text der 2. Aufl. ift ein fo gut wie unveränderter Abdruck
der erden. Er gibt die Auszüge aus Goethes Profafchriften und Dichtungen
(viel zu wenige aus den .Gefprächen' und Briefen') in gefchicht-
licher Reihenfolge. Wir vermiffen die großen Ausführungen über das
Dämonifche, mindeflens hätte die Egmontflelle bei den Auszügen aus
.Dichtung und Wahrheit' nicht fehlen dürfen. Auch die Einleitung
(über ,die Entwicklung der Philofophie Goethes') ift i. G. unverändert
übernommen, hat aber doch in einigen Abfchnitten (wie in dem über
das Unfterblichkeitsproblem) erwünfehte Ausweitung erfahren. Das
fachkundig zufammengeftellte Buch, das auch eine gute Auslefe aus
den naturwilfenfchaftlichen Schriften Goethes bringt und den Inhalt des
Ganzen durch reiche Regifter erfchließt, wird fleh auch in der neuen
Auflage als nützlich für den akademifchen Unterricht und für die
Forfchung erweifen.

Hamburg. R. Petsch.

Schwertichlager, Joseph: Philofophie der Natur I. Abt.:
Natur u. Körper im allgemeinen. II. Abt.: Die einzelnen
Klaffen der Körper im befonderen. (Philofoph.
Handbibliothek, Bd. III u. IV) (VI, 317 u. VIII, 276 S.)
gr. 8° Kempten, Köfel & Puffet 1921.

zuf. M. 42 — ; geb. M. 52.—
In gründlicher und weitausgreifender Weife umfpannt
hier der Verf. das Gefamtgebiet deffen, was man heute
mit dem Namen ,Naturphilosophie' zu bezeichnen pflegt.
Ihm entfteht dabei eine induktive Metaphyfik der Natur,
allerdings immer mit dem Beftreben, naturwiffenfehaftliche
Probleme ,in den Gefichtskreis philofophifcher Betrachtung
einzuführen und als Beftandteil einer Metaphyfik der
Körperwelt zu behandeln.' Naturphilofophie ift ein Teil
der fpeziellen Metaphyfik. Der philofophifche Standort
des Verf., der kathohicher Gelehrter ift, ergibt fich aus
den Prinzipien des Ariftotelismus und der Scholaftik.
Seine Darfteilung beherrscht, wie er wiederholt hervorhebt
, der Gedanke einer allgemeinen Relativität der körperlichen
Dinge. Er bekennt fich zum kritifchen Realismus
. Es gibt eine bewußtfeinsunabhangige Außenwelt,
fie löft die Sinnesempfindungen aus und ift alfo körperlich
. Wir erkennen die Dinge in ihrem kaufalen Verhältnis
zu uns und zu unferen Sinnen. Die Naturphilofophie
hat nicht die Gefamtwirklichkeit zum Ziele ihrer
Forfchung, fondern das ,Wefen der Natur' als des Inbegriffs
der körperlichen, durch die finnliche Erfcheinung
fich offenbarenden Wirklichkeit. Sie bringt die finnlichen
Erfcheinungen in fyftematifchen Zufammenhang, ordnet
Chaos in Kosmos um und bedient fich der philofophifchen
Prinzipienlehre d. h. fie erklärt aus den höchften Prinzipien
, aus dem Intellekt, der zum reinen Anfchauen gelangt
ift. Nur fo glaubt der Verf. zu feinem Ziele zu
kommen, das er hoch sieht, nicht niedrig: eine Weltan-
fchauung, die einheitlich ift, vviffenfehaftlich gerechtfertigt,
das Kaufalitätsbedürfnis befriedigend und vor allem auch
ethifch annehmbar. Er nennt es ein geiftig korrektes
Weltbild, das durch geiftige Nachbildung der allum-
faffenden Gemeinfchaft der körperlichen Dinge zustande
kommt.

Die Hauptteile des Werkes behandeln das Körperliche
als folches (Eigenschaften des Körperlichen und
das körperliche Wefen), die Welt als Gefamtheit der
Natürkörper (Phyfiographifche Befchreibung des Welt-
fyftems nach feiner gegenwärtigen Erfcheinung, die Metaphyfik
der Welt und die Entwickelung der Welt), die
einzelnen Klaffen der Körper im Befonderen (die mine-
ralifchen Körper, die lebenden Körper oder Organismen,
das Wefen des organifchen Lebens, das Reich der lebenden
Körper und die biologifchen Syftemarten). Durch
alle Abfchnitte geht der Grundgedanke der theiftifchen
Naturbetrachtung.

Wenn man auch nicht überall dem Verf. folgen
kann -- dort wo er ausfchließlich nur im Geifte des
Thomas von Aquino und der ariftotelifchen Schule fpricht,
begegnet uns Einiges, was oft als trennend und unannehmbar
erfcheint — fo dürfen wir aber trotzdem diefer
Arbeit, die mit fo viel Ernft und Tiefe der Überzeugung
fich um das Erfaffen der Einheit und Einzigkeit des Natur-
und Weltgefchehens müht, unfere Teilnahme nicht verflögen
. Für eine Neuauflage fähe ich die übrigens nicht fpär-
lichen Literaturangaben auchinbezug auf die Gefchichte
der Naturwiffenfchaften (z. B. die neueren kritifchen Arbeiten
über Gefchichte der Chemie und Alchemie, Aftro-
nomie, Phyfik im Altertum und Mittelalter) erweitert.
Gerade die Naturforfchung und Medizin des Mittelalters
und der Renaiffance, das gefchichtliche Verftändnis für
die exakten Wiffenfchaften in der Zeit des Hellenismus
würden Sch.'s Buch zweifellos bereichern und vertiefen.
Wertvoll wäre die Einbeziehung des Problems Natur und
Gefchichte. Auch vermißte ich in den Kapiteln über die
Organismen und die biologifchen Syftemarten die ausgezeichneten
Arbeiten von J. von Uexküll über das Subjekt
als Träger des Lebens, Biologie als Lehre von der
Planmäßigkeit in der Natur, Wirkungen und Gegenwirkungen
im Subjekt, die Frage, wie das Leben ein Subjekt
geftaltet, die Entftehung des Raumes (Raumempfindungen
, Raumfinnesapparat), die fubjektive Anatomie
und Phyfiologie der Gegenftände, objektive und fubjektive
Biologie, Umwelt der Sinnesorgane und Umwelt der
Werkorgane, die Umwelten der Tiere u. a. Auch die
auf Naturphilofophie fich beziehenden Arbeiten vom
Grafen Hermann Keyferling und Karl Joel finde ich nicht
berückfichtigt.
Wien. Franz Strunz.

Fröbes, Prof. Joseph, S. J.: Lehrbuch der experimentellen
Psychologie. 2. (Schluß-) Band. (XX, 704 S. m. iSText-
fig. u. 1 Taf.) gr. 8°. Freiburg i. B., Herder & Co. 1920.

M. 60—; geb. M. 69— u. T.-Z.
Vor allem find es die höheren geiftigen Tätigkeiten,
Verftandesleben im engeren Sinne, Gemütsbewegungen,
Willensleben, nebft den wichtigften Tatfachen über die
Entwicklung des Geiftes im Individuum wie in derMenfch-
heit, die pathologifchen Zuftände nicht zu vergeffen, die
in diefem zweiten Bande Berücklichtigung finden, und in
fünf Hauptabschnitten abgehandelt werden.

Der fechfte Abfchnitt befchäftigt fich mit den Fragen
der Affoziationsftörungen und der Großhirnlokalifation;
Sprechen, Lefen, Schreiben, mit ihren mannigfachen
Störungen werden dabei berückfichtigt. Vielleicht hätte
fchon beim Verfprechen eine Auseinanderfetzung mit
Freud, der fonft viel genannt ift, ftattfinden follen. Der
fiebente Abfchnitt wendet fich den zufammengefetzten
Erkenntnisvorgängen zu, beginnend mit der Aufmerk-
famkeit, eine beftimmte Theorie der Aufmerkfamkeit
wird nicht bevorzugt, F. hält die Frage für noch nicht
fpruchreif. Vielleicht geht F. bei einer Neuauflage etwas
genauer auf die Rolle der Gefühle bei der Aufmerkfamkeit
ein. Darauf folgt ein Kapitel über das Ich, in dem
fich F. mit den Gegnern einer Seelenfubftanz auseinanderfetzt
. Auch hier werden die pathologischen Erfcheinungen,
z. B. Depersonalisation berücksichtigt. Im nächften Kapitel
wendet fich F. dem Gedächtnis zu, unterfcheidend
vor allem die zwei Hauptfragen vom Merken und Lernen
einerfeits und vom Wiedererkennen andrerseits. Dabei
wird auch der in Deutfchland von Stern eingeleiteten
Ausfageforfchung gedacht. Mechanisches Lernen und
Lernen von finnvollen Stoffen folgen. Theorie und Pa-

j thologie der Erinnerung bilden den Abfchluß. Nun
kommen wir zur Intelligenz. Begriff, Urteil und Schluß

I werden unter Berückfichtigung der experimentellen
Unterfuchungen bei der Fülle der Probleme des ganzen
Werkes relativ kurz und überfichtlich dargestellt, auch
läßt es fich F. nicht nehmen, auf die Methoden und Er-