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Ausgabe:

1922 Nr. 1

Spalte:

404-407

Titel/Untertitel:

Documents bearing on the Problem of Christian Unity and Fellowship 1916-1920 1922

Rezensent:

Hirsch, Emanuel

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403 Theologifche Literaturzeitung 1922 Nr. 18/19. 404

machen. Ähnlich fpielt beim Kapitel über die Sekte
neben Tröltfch L. Keller, der. durch das ganze Buch
wetterleuchtet, eine wichtige Rolle. Nachdem er fo das
Feld rein gefegt hat, kommt Bl. an Münzer felbft. Er
faßt Münzer als den Wegbereiter der (in Bl.s Sinn) höch-
ften Religiofität: „Die göttliche Effenz im innerften, im
Urlichtmenfchen felber fuchend u. durchaus nicht in
irgend einem Objekthaften, das äußerlich bleibt, verlchiebe
es fich felbft noch fo fchwierig in die Tranfzendenz; und
Gott: wie er aufgeht durch den Tod hindurch grünend,
tränenlofe Luft u. Silberblick in der Nacht des brauenden
Gemüts, helle, goldene, asphodelifche Wiefe unter dem
Brunnen, unter dem Orkus des Nichts — ift in feiner
Vollendung u. Stetigkeit zugleich der Geift des nächft-
inwendigen Seelenreichs, das ewige Leben u. Zentrum
geheimer Menfchenglorie felbft." Es „bleibt (bei Münzer)
doch die fpirituale Freiheit, das fich erfaffende Herz, der
ungefaltene, ungefchöpfliche Funke, die myftifche Funktion
des Seelengrunds fchließlich fowohl Subj ekt wie
Objekt der Frömmigkeit: der Sohn fchallt in das
entfernte Dunkel des Vaters u. Gott Vater, Sohn u. Heiliger
Geift zerbrechen vor dem Anfturm der Subjektenergie
gleich bloßen Bildern, vergänglichen Abbildern
der Selbftbetretung, der Wiroffenbarung als des einzig
realen, innerften Ebenbilds Gottes." Es ift, wie man fleht,
die von den Schwachfeeligen in der Nietzfchegemeinde
aus dem Meifter herausentwickelte Religion ohne Gott,
die hier Münzer als der tieffte Sinn feines Glaubens un-
terfchoben wird. Daß alle Myltik auf der Grenze fleht,
Gott zu verlieren u. anftatt deffen das eigene Ich zum
Gott zu erheben, bin ich nicht gewillt zu beftreiten.
Aber daß gerade Münzer diefer Grenze befonders nahegekommen
wäre u. er deshalb vor andern als Prophet
jener bloßen Innerlichkeitsreligion angefehen werden
dürfte, ift ebenlo ficher eine Verzeichnung. Münzer
glaubt'— felbftverftändlieh — ernfthaft an die „Objekt-
haftigkeit" Gottes u. diefen Zug verwifchen heißt die
Kraft u. das Belle feiner Frömmigkeit verkennen.

Für den wirklichen Münzer u. feine Bedeutung ift
alfo aus dem Buch fo gut wie nichts zu lernen. Aber
es ift beachtenswert als Stimmungsausdruck unferer Zeit.
Es ift ein Verfuch, religiöfe Gedanken in den deutfehen
Kommunismus hineinzuleiten. Bl. fieht in dem „ruffifchen
Menfchen" — ob diefes Schlagwort nun beftimmt ift, den
„gotifchen" u. den „fauftifchen" Menfchen abzulöfenf — das
„Traumbild" der Zukunft. Auch ich habe nach dem Buch
des Deutfehen zur Erholung die „Skythen" u. die „Zwölf"
von A.Block wiedergelefen. Der Vergleich ift fchmerzlich.
Beim Ruffen trotz alles Nebelhaften, das feinem chriftusinni-
gen Bolfchewismus anhaftet, wirklicher Geift, tiefer Ernft
u. unerfchütterter Glaube an Recht u. Wert feines Volkes.
Beim Deutfehen fällt das letzte von felbft weg — gleich
auf den erften Seiten wird man belehrt, daß der Staat
der Teufel fei — u. was das andre anlangt, fo zeigt fich
bei Bl. wohl ein heißes Bemühen, geiftreich u. tieffinnig
zu ericheinen, aber keine Kraft zum Vollbringen.
Berlin. Karl Holl.

Reimann, Dr. Arnold: Sebaftian Franck als Gelchichtsphilolbph.

Ein moderner Denker im 16. Jahrhundert. (Comenius-Schriften
z. Geiftesgefchichte. Beihefte der Zeitfchrift d. Com.-Gef.: „Geiftes-
kultur u. Volksbildung", i. Heft.) (101 S.) 8°. B-rlin, A. TJnger
1021. M 20—.

Es ift eine nützliche und verdienftliche Arbeit, in der der Verf.
ein kurzes Referat über die Gedankenwelt des eigentümlichen und eigenwilligen
Zeitgenoffen Luthers gibt. Das Referat ift gefchickt und führt
die Hauptpunkte überfichtlich und klar heraus; es ift ohne weiteres
erfichtlich, daß es aus einer liebevollen Befchäftigung mit der Perfon
und dem Schrifttume Francks herausgewachfen ift. Indeffen über ein
Referat kommen wir in der Schrift auch nicht heraus. Das große Problem
der gefchichtlichen Stellung F.s, das nun im Vordergrunde ftehen
müßte, ift gar nicht angerührt, und darum ift auch der Untertitel zwar
vorangeftellt, die Schrift felbft aber bringt nichts, um ihn wirklich zu
erörtern und zu begründen.

Halle a. S. Hermann Bauke.

Feder, Alfred, S. J.: Lebenserinnerungen des hl. Ignatius von Loyola.

Nach dem fpanifch-italienifchen Urtext übertragen und mit Anmerkungen
verleiten. (13g S.) kl. 8°. Regensburg, Jof. Kofel u.
Friedr. Puftet 1922. .. M. 12—; kart. M. 16.50

Feder, Alfred, S. J.: Die geiltlichen Übungen des hl. Ignatius von
Loyola. Nach dem fpanifchen Urtext übertragen, eingeleitet und
mit Anmerkungen verfehen. (XI, 107 S.) kl. 8°. Regensburg,
G. J. Manz 1922. M. 12—; geb. M. 18—

Weisweiler, Heinrich, S. J.: Der Jesuitenorden. Sein Werden und
Wollen. (104 S.) 160. Berlin, Germania-Verl. 1922. M. 12.50
Seit der Jesuitenorden in Deutfchland wieder zugelaffen ift, überflutet
er das Land mit Schriften über fich; meiftens find es kleine, für
die Maffe beftimmte Bücher. Zur wirklichen Kenntnis des Ordens tragen
fie nichts bei, da sie, gänzlich ungefchichtlich, nur Lobreden auf feinen
Stifter und auf fich felbft find. Wiffenfchaftlichen Anfchein geben fich
allerdings die beiden Schriften des Jcfuiten Feder; ,Lebensbefchreibungen'
usw. und; .Ignatius von Loyolas geiftliche Übungen'. Aber man fragt
fich: Wozu diefe Schriften? Denn beide, .Lebensbefchreibung, u.
,GeiftI. Übungen', find fchon oft herausgegeben worden, wie Feder
SJ. felbft zugibt. Offenbar will man von fich reden machen. Wer
ohne Voreingenommenheit die Selbftlebensbefcheibung des Ignatius
lieft, bekommt von ihm den Eindruck eines hyfteiifchen Menfchen,
eines Pfychopathen: merkwürdigfte Erfcheinungen; ,ein weißes Etwas
ohne Glieder'; ,etwas, was wie Gold ausfieht'; Tränen usw. Dabei
ein Sich- Verlieren in belanglofe Kleinigkeiten, die nicht das mindeste
Intereffe beanfpruchen können. Bedeutendes, wie doch die Selbft-
lebensbefchreibungen bedeutender Männer enthalten, findet sich in ihr
nicht. Bezeichnend ift des Ignatius Bemerkung über die Allgemeinheit
des Konkubinenunwefens mit Prieftern in Spanien (104). Wie wenig
Verlaß auf die Mitteilungen des Ignatius ift, beweifen feine Angaben
über feine Erlebniffe in Alcala. Er verfchweigt was aus den
Akten des gegen ihn geführten Inquifitionsprozeffes (der mit feiner
Verurteilung endete) hervorgeht, wie eigentümlich dort fein Verkehr
mit Frauen war (Böhmer, Stud. z. Gfcht. des Jesuitenordens, I, 67;
101 ff. u. Texte). Auch der in der Gefchichte des Ordens zur Tat gewordene
Grundfatz: Man folle fich nur ,mit fehr vornehmen Frauen'
einladen, findet fich in der Lebensbelchreibung (112). Verfchwiegen
werden auch die großen. Aus'chweifungcn feiner Jugendzeit (21); dagegen
hält er es, um feine Abtötung zu zeigen, für wichtig, mitzuteilen,
daß er Hand- .Fußnägel und Haar wild wachsen ließ (37). Selbft-
gefälligkeit und Eitelkeit treten in der Lebensbefchreibung fo ftark
hervor, daß der Jefuit Kreiten von einer ,in der Form fich faft eiteler
Ruhmrederei nähernden Ausdrucksweife' fpricht (Stimmen aus Maria
Laach 1882, 38), was der Jefuit Feder aber verfchweigt — die Schrift
des Jefuiten Weisweiler: ,Der Jefuitcnorden, fein Werden und Wollen'
ift völlig wertlos, nur zur ,Erbauung' blindgläubiger Lefer gefchrieben;
für ernfthafte Befprechung fcheidet fie aus. Man lefe den Äbfchnitt:
,Das Leben in der Gefell chaft Jefu' (32—41), um zu erkennen, daß
auch die .deutfehen' Jefuiten der Gegenwart ebenfo voll Eitelkeit und
Selbftgefälligkeit find, wie ihre Ordensbrüder früherer Zeiten.

Berlin-Lichterfelde. Graf Hoensbrocch.

Documents bearing on the Problem of Christian Unity and
Fellowship 1916—1920. (93 S.) kl. 8«. London, S. P.
C. K. 1920. sh. 2 —

Swinstead, f. Howard, D. D.: The Swedish Church and

Ours. (VIII, 128 S.) kl. 8°. London, Society for

Promoting Christian Knowledge 1921. 6 sh. 6 d.
Moss, Rev. C. Bcaufort: The Body is one. An introduc-

tion on the Problem of Christian Unity. (XII, 154 S.)

8°. London, S. P. C. K. 1920. sh. 4—

Bigg-Wither, Reg. F.: A Short History of the Church of

Russia. Its Teaching and its Worship. (VIII, 112 S.,

14 Illustr. u. 4 Appendices.) 8°. London, S. P. C. K.

1920. sh. 8—

Die Herltellung einer weltumfpannenden kirchlichen
Einheit, the problem of Christian unity, ift diejenige Aufgabe
, die in der Church of England zurzeit als die drin-
gendfte und wichtigfte empfunden wird. Ihr dienen auch
die vier vorftehenden Bücher. Sie find nur eine kleine
Welle aus der Flut von Literatur, die fich in England
gegenwärtig über diefen Gegenftand ergießt, geben aber
zufammen ein lebendiges Bild von der Art, wie man
drüben die Frage empfindet und zu löfen fucht.

Andere englbche Bücher über Christian Reunion fiehe Th L Z
1922 Sp. 43ff. (Headlam). Sp. 28of. (Manning). Die Schrift von Beau-
fort Moss enthält reichliche Literaturangaben.

Das wichtigfte Schriftchen von den vieren find die
Documents. Sie enthalten nicht alles, was wir vielleicht
zufammengeftellt wünfehten. Sie befchränken fich auf die
Frage der Home Reunion (der Vereinigung der englifchen
Kirche mit ihren Diffenters) und der Union der englifchen
Miffionskirchen. Innerhalb diefer Grenzen aber find