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Ausgabe:

1922

Spalte:

400-401

Autor/Hrsg.:

Eberle, Adolf

Titel/Untertitel:

Die Mariologie des hl. Cyrillus von Alexandrien 1922

Rezensent:

Koch, Hugo

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Theologifche .Literaturzeitung 1922 Nr. 18/19.

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gegen feinen Beftreiter Bafilius widerlegen wollen, das
vierte ftellt eine vernichtende Kritik der von Eumonius
383 auf einer Konftantinopeler Synode vorgelegten IxdeOiq
jtiöxecog dar. Da es nicht lange nach 383 gefchrieben
fein dürfte und Gregor den litterarifchen Kampf mit Euno-
mius früheftens 380 aufgenommen hat, liegt für die 3 früheren
Werke die Abfaffungszeit zwifchen 380 und 383
feft. Zweifellos ift aber Buch 1 gefondert erfchienen,
eine Widerlegung von Buch 1 der Apologie des Euno-
rnius, Ipäter Buch 2, das nicht in allen Exemplaren den
Anfchluß an 1 erreichte; in längerem Abftand und durch
eine neue Provokation feitens des Eunomius hervorgerufen,
vielleicht 383, das Werk III, das Gregor in 10 loyoi oder
röfioi eingeteilt hatte. Der gleiche Gegenftand drängte
auf Vereinigung der 4 Werke; mit unglücklicher Hand ift
folche zweimal verfucht worden. Das Ergebnis war bis
vor kurzem, daß man 12 Bücher von Gregor gegen Eunomius
zu lefen bekam, wovon nur 1 an der richtigen
Stelle ftand; was Buch 2 hieß, ift das 4. Werk, Buch
3—12a find in Wahrheit die 10 Teile des dritten Werkes,
(alfo richtiger III 1 bis III 10), 12b (oder auch 13) gehört
hinter Buch 1 und vor 3. Diefen Sachverhalt hat teil-
weife M. Albertz 1908, vollkommener F. Diekamp 1919
aufgedeckt: es ift befchämend für die Patriftik, daß man
nicht längft wenigftens bei dem ,Buch 2' die Ungeheuerlichkeit
feines Platzes zwifchen 1 und 3 wahrgenommen
hatte; Jaeger bietet den Text natürlich in der richtigen
Reihenfolge, hat aber nun auch aus den Handfchriften die
allmähliche Entftehung des Verkehrten nachgewiefen.

Daß die Textüberlieferung unter diefen Umftänden
bei den 4 Teilen verfchieden reichlich und gut ift, verlieht
fich von felbft; nirgends ift fie fo befchaffen, daß
nicht dem Scharfblick und dem Inftinkt des Herausgebers
weiter Spielraum gelaffen wäre: fowohl im Grundlätzlichen
wie in der Einzelausführung hat fich Jaeger Anfpruch
auf hohes Vertrauen erworben, und wir freuen uns der
Ankündigung, daß er auf diefem Gebiet weiter arbeiten
und zunächft noch uns mit einem zuverläffigen Text der
Schriften des Eunomius befchenken wird. An der vorliegenden
Ausgabe, deren Druck geradezu mufterhaft ift,
finde ich nur zweierlei zu beanftanden— denn ausführlichere
Indices, wie einen für Gregor befonders erwünfchten der
Bibelzitate, durfte man heute nicht verlangen.

Die indirekten Zeugniffe für den Text einzelner Ab-
fchnitte unfers Werkes, die in Florilegien und anderen
theologifchen Werken der nachgregorianifchen Zeit vorliegen
, find mit geringfügigen Ausnahmen unbenutzt geblieben
. Sie wären z. B. für die betreffenden Werke in
Diekamps Doctrina Patrum von 1907 vielleicht ohne viel
Mühe zu erlangen gewefen: wenn aber und wo dies nicht,
fo hätte der Herausgeber folche Zeugen zu den betreffenden
Stellen doch nennen follen. Daß Facundus Hermianenfis
um 550 ein gewiß wertvoller Zeuge für 6 Abfchnitte aus
Buch 5 und 6 mit XI 4 feiner Defensio trium capit. (Mi-
gne P. 1. 67, 805 — 809) ift, verrät uns J. nicht einmal in
den Prolegomena; er fcheint aus Byz. Ztfchr. 18 zwar
Diekamps Artikel S. 1 —13, aber nicht den S. 190—4 ge-
lefen zu haben; da der Afrikaner fo genau überfetzt, daß
der Wortlaut feiner griechifchen Vorlage nirgends zweifelhaft
bleibt, konnte er in Streitfällen zwifchen zwei Gruppen
der Griechen die Entfcheidung geben. S. 132,17 z. B.
würde ich zwar auch ohne ihn das ovxs, das J. nach VLTS
in den Text aufnimmt, für fachlich unmöglich halten und
mit v ?']xe lelen; daß Facundus entweder nur rj oder ?/rt
gelefen hat, wird diefe Lefung aber nützen; S. 150, 15
hatte ich fchon vor einer Vergleichung mit Facundus
gegen alle Überlieferung yevöfiEVog ftatt (aXXo xi cov xäl
iiXXo) yivofiEVog zu lefen befchloffen; Fac. bietet: alius
existens et aliud effectus. Daß umgekehrt aus dem Gregor-
Text der Facundus-Text, wenigftens wie er bei Migne
vorliegt, Verbefferungen empfangen kann, wird nicht minder
klar; im Befitz von Jaegers A pparat wird man lolche Korrekturen
vorfichtiger vollziehen.

Ein Verdienft hat fich J. erworben, indem er nicht
nur bei Gregor notiert, wo diefer Stellen aus der Profanliteratur
, etwa Homer oder die klaffifchen Redner, verwertet
, fondern auch die bei Migne verzeichneten Bibel-
ftellen-Zitate revidiert hat. Da lag allerdings höchft nach-
läffige Arbeit vor. Aber ganze Arbeit ift hier noch keineswegs
getan. Vereinzelt find falfche Angaben eingedrungen,
S. 279,26 finde ich keine Spur von Jac. 1,18 und II Theff.
2,13, fondern höchftens Rom. 11,16 war zu notieren; 275,12
flammt jcoQsvopai doch nicht aus Joh. 20,17, fondern aus
Joh. 14,28 oder 16,28; Joh. 20,17 wäre etwa zu Z. 7 und
11 anzuführen gewefen. Viel größer ift indeffen die Zahl
der immer noch überfehenen Bibelzitate; ich fchätze fie in
jedem Bande auf ein paar Hundert, worunter einige allerdings
fich vielmals wiederholen. Z. B.315,41 Tim.6,15, S.322,
3 I Tim. 1,7, S. 326,25 Col. 1,18, S. 326,27h Hebr. 8,13,
S. 355,10, Gal. 3,20; 345,21 fchreibe neben Exod. 34,35
11 Cor. 3,7. — Sollte übrigens an der letzten Stelle Z. 20 die
Korruptel nicht befeitigt werden können, wenn man elye xcd
[ort] [iTjötß'uw lieft, das oxi alfo als einen mißglückten
Emendationsverfuch befeitigt? —Bei den Pfalmen - Zitaten
follte der Zufatz ,Sw'. (übrigens nicht in Sweete, fondern
Swete aufzulöfen!) fortfallen, da er den Anfchein erweckt,
als ob diefer englifcbe Herausgeber für die Zählung der
LXX verantwortlich wäre. Verweifungen auf verwandte
Stellen, fei es im gleichen Werk fei es in andern Schriften
des Nyffeners, könnten auch öfter, als bei J. gefchieht, ausgeführt
werden und zur F'eftftellung des Wortlautes mithelfen
.

Befonderes Lob verdient fchließlich wieder die gute
Interpunktion, durch die Jaeger durchgehends dem Lefer
den Genuß des nicht immer bequemen Werkes erleichtert,
bisweilen fehr glücklich ihn vor falfchem Zweifel an der
Haltbarkeit des überlieferten Textes bewahrt.

Marburg. Ad. Jülicher.

Eberle, Seminarpräfekt D. Dr. Adolf: Die Mariologie des
hl. Cyrillus von Alexandrien. (Freiburger Theologifche
Studien, 27. Heft.) (XII, 140 S.) 8U. Freiburg, Br.,

Herder & Co. 1921. M. 36--1- T.-Z.

Da Cyrillus von Alexandrien feine in der Verteidigung
des &eox6xoq gipfelnde Auffaffung von Chriftus u. feiner
Mutter äycoviöxixmg gegen Neftorius entwickelt u. begründet
hat, fo muß fie eben aus diefer Kampfftellung
heraus gewonnen u. verftanden werden. Nach einer kurzen
Einleitung mit literaifchen Vorbemerkungen und einer
Erörterung über die davidifche Abkunft Mariens, die Cyrill
im Anfchluß an eine mit Origenes beginnende Meinung
behauptet hat, befaßt fich £. darum bei der Behandlung
der Gottesmutterfchaft Mariens zuerft mit der
Anfchauung des Neftorius. Er ift der Anficht, daß diefer
tatfächlich einer Irrlehre über Chriftus gehuldigt habe,
die aber nicht, wie Junglas meint, in einer eigentümlichen
Bewährungslehre, fondern — wie die Armut beim Onkel
Bräfig von der pauvrete kommt — in der Leugnung der
cyrillifchen hypoftatifchen Union u. fomit in der Annahme
einer Doppelperfon in Chriftus wurzle. Darauf wird die
Auffaffung Cyrills über die phyfifche Mutterfchaft und
über die Gottesmutterfchaft Mariens und feine Beweisführung
hierfür dargelegt u. gegen den Vorwurf des
Monophyfitismus oder Apollinarismus inSchutz genommen:
feine ivwöiq cpvaixrj oder fiia rpvoiq fei, im Gegenfatz zu
den, zwei Perfonen in fich fchließenden övo (pvoeig des
Neftorius, lediglich im Sinne von einer Perfon (tv nQoomxov,
H'ia vjtoaxaöig, tvcoöig xad- vjtöoxaoiv) zu verliehen. Wie
aber bei einermenfchlichen Naturohne, eigenes menfchliches
Ich' der Apollinarismus vermieden fein foll, ift nicht einzuleiten
. Zu den .Privilegien Mariens' gehören 1. ihre
Jungfräulichkeit vor, in und nach der Geburt (die Brüder
Jefu erklärt Cyrill, wie andere Väter, als Söhne Jofefs
aus erfter Ehe) 2. ihre Sündelofigkeit. Zwar erklärt Cyrill
nach dem Vorgang von Origenes, Bafilius u. Chryfo-
ftomus das Schwert, das nach Luk. 2,35 die Seele der