Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1922 Nr. 1

Spalte:

373-377

Autor/Hrsg.:

Karrer, Otto

Titel/Untertitel:

Der heilige Franz von Borja, General der Gesellschaft Jesu 1510 - 1572 1922

Rezensent:

Stoeckius, Hermann

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3

Download Scan:

PDF

373

Theologifche Literaturzeitung 1922 Nr. 16/17.

374

führen konnte, wie S. 13,4) ,relegionis', S. 17,15) ,quoae-
ternus', S. 23,9) ,quoaequasti', S. 81,3) ,quoapostolum' (vgl.
Liber Pontificalis ed. Duchesne 1,447,12. 455,13 ,quo-
angelici = coangelici; die verderbte Stelle im Brief des
Römifchen Archidiakons Theophylakt ed. Tangl, Die
Briefe des hl. Bonifatius, 1916, Nr. 84, S. 188,22 erhält
Sinn, fobald 'quo angelicas' in ein Wort zufammengezogen
wird), u. a. Ludwig der Blinde war nicht König von Aquitanien
(S. XXiy), fondein von Niederburgund. Doch
das find Dinge ohne Belang, die dem Wert der Ausgabe
nicht Eintrag tun, deren Brauchbarkeit durch ein vom
stud. theol. H. Bornkamm bearbeitetes reichhaltiges Wort-
regifter fowie ein Verzeichnis der Anfänge der liturgi-
fchen Formeln und der im Gregorianum vorkommenden
Stationskirchen und anderen Römifchen Kultftätten erhöht
wird. Sie befchränkt fich auf das eigentliche Gregorianum
, während der von Alkvin hinzugefügte Anhang
ausgefchloffen blieb; über ihn wird eine befondere Veröffentlichung
von P. Moniberg in Aussicht geftellt. — Vgl.
jetzt auch die Befprechung von D. de Bruyne, Revue
Bcncdictine 34 (1922), 165 f.

Der Band ift Franz Ehrle gewidmet, dem langjährigen
Präfekten der Vatikanifchen Bibliothek; den Dankesworten
des Herausgebers an ihn und an feine Nachfolger in der
Leitung jener Sammlung, Ratti, den jetzigen Papft, und
Giov. Mercati, wird jeder zuftimmen, der einmal Gelegenheit
gehabt hat, in Rom felbft oder aus der Ferne fich
mit dem Handfchriftenreichtum der Vaticana zu beschäftigen
und dabei die Hilfsbereitfchaft ihrer Leitung zu erproben
.

Bonn. Wilh. Levif011.

Karrer, Otto, S. J.: Der heilige Franz von Borja, General
der Gefellfchaff Jefu 1510—1572. Mit einem Titelbild.
(XVI, 442 S.) 8°. Freiburg, Herder & Co. 1921.

M- 5?—j £eb- M- 70—
Zur Gefchichte des Jefuitenordens ist in jüngfter Zeit
ein höchft umfangreiches und inhaltreiches originales
Quellenmaterial an das Licht gegeben worden. Zu sehr
wertvollen Brieffammlungen und Akten jefuitifcher Provenienz
, wie z. B. den Epistulae et acta des Peter Cani-
fius von O. Braunsberger, S. J. Bd. I—VI, Freiburg i. Br.
1896 fr. und den Rheinifchen Akten zur Gefchichte des
Jefuitenordens 1542 —1585 von J. Hänfen (Bonn 1896) trat
vor allem das ganz hervorragende Quellenwerk der Mo-
numenta historica Societatis Jesu (Madrid 1894fr.),
von dem bisher bereits 57 ftarke Bände erfchienen sind.
Diefe Quellen wurden für Einzeluntersuchungen zu-
erft von proteftantifchen Gelehrten (H. Boehmer, H.
Stoeckius) benutzt. Aus der Reihe der Ordensmitglieder
hat als erfter O. Karr er Arbeiten solcher Art in Angriff
genommen: außer des hl. Ignatius von Loyola, Stifters
der Gefellschaft Jesu, Chriftliche Briefe und Un-
terweifungen (vgl. hierzu die Befprechung von Hoens-
broech ThLZ 1922 Sp. 226fr) das vorliegende Werk
über den hl. P'ranz von Borja.

Im erften Teile entwirft der Verf. ein farbenreiches
Gemälde von der Entwicklung des fpanifchen Granden,
von seiner Jugend (1510/28), von feinem Aufenthalte am
Kaiferhof Karls V. (1528/39), von feiner Erhebung zum
Vizekönig von Katalonien (i 539/43) und schließlich von
feiner Verbannung als Herzog von Gandia (1543/46 bzw.
1551) — Borja follte eigentlich Oberhofmeifter, feine
Gemahlin Eleonore, felbft Portugiefin von Geburt, Oberhofdame
der portugiefifchen Infantin Maria, vermählt mit
dem Thronerben Prinz Philipp (feit 1543), werden, aber
die Infantin hatte die Ernennung ihres Oberhofmeifters
und ihrer Hofdame durchzuletzen gewußt — unter energischer
Betonung alles deffen, was für das pfychologische
Verftändnis des (fpäteren) Heiligen von Bedeutung sein
konnte. Im zweiten Teile wird B. als Jesuit, zunächft
als geheimer (mit Rückficht auf die Regelung der Familienangelegenheiten
) gefchildert (1546/51). Nach dem Tode

feiner Gemahlin (1546) war nämlich der Weg frei, um
die früheren engen Beziehungen zur Gefellfchaft Jefu und
ihrem Stifter weiter zu pflegen, vor allem durch die Stiftung
eines Jefuitenkollegs in Gandia. Bei der Grundftein-
legung diefes Kollegs durch P. Faber (Mai 1546) faßte
B. den Entfchluß zum Eintritt in den Jefuitenorden.
Nachdem er fich unter Oviedos Leitung faft fämtlichen
Exerzitien unterzogen hatte, legte er am 2. Juni (nicht
Juli, wie irrtümlicherweife im Urtext fteht) 1546 das Gelübde
der Gefellfchaft Jefu ab und bat am 9. Oktober
(1546) den Ordensgeneral um leine Aufnahme. Von da
ab lebte B. der Entwicklung feines inneren Lebens, das
nicht ohne Gefahr blieb. Mußte doch Loyola feiner
übermäßig ftrengen Afkefe entfchieden Einhalt gebieten!
Aber auch die Geftaltung feines äußeren Lebens konnte
feinem Ordensberufe gefährlich werden: die Verzögerung
der Verhandlungen in Sachen der Heirat feiner Kinder
und vor allem feine Wahl zum Major domo am Plofe
Philipps. Da fuchte und fand Loyola einen Ausweg:
mit päpftlicher Erlaubnis legte B. die feierlichen Profeß-
gelübde ab (1. Febr. 1548). Damit war aber die Möglichkeit
einer weltlichen Berufung ausgefchloffen. Am
23. Oktober trat dann der Herzog im Profeßhause zu
Rom ein. Als ihm da aber die Ernennung zum Kardinal
drohte, zog er fich im Einverständnis feines P. Generals
nach Onate in Spanien zurück. Nach vollzogener Abdi-
catio zugunften Don Carlos, feines Erdgeborenen (11. Mai
1551), war er auch der Welt gegenüber der Ordensmann
1 S. J. — ein Ereignis, das gewaltiges Auffehen auf der
Pyrenäenhalbinlel hervorrief. Als aber wieder die Kardinalsfrage
für ihn brennend wurde, ließ ihm der Vifitator
P. Nadal die öffentlichen Profeßgelübde ablegen, die
dazu verpflichteten, keine Würde anzunehmen, außer der
Papft befehle es unter Sünde (22. Aug. 1554). Nach
Nadais Abreife wurde B. Generalkommiffar der Gesell-
fchaft Jesu (1554/61), deffen Tätigkeit den Inhalt des
dritten Kapitels bildet. Als jedoch feine Stellung gegenüber
dem Hofe Philipps II. durch Intriguen und Verleumdungen
erfchüttert war, ward seine Flucht nach Rom
mit Zuftimmung des Vifitators Nadal die willkommene
Löfung. Hier erfolgte seine Ernennung zum Generalvikar
(Mai 1562), da P. Salmeron zu Laynez in das Trien-
ter Konzil berufen war. Nach Laynez' Rückkehr vom
Konzil (1564) wurde B. zum Affiftenten für Spanien und
Portugal ernannt. Nach Laynez' Tode (19. Januar 1565)
wurde B. am 2. Juli 1565 auf der zweiten Generalkongregation
mit 31 von 39 Stimmen zum General gewählt.
Die Schilderung diefer Amtsführung bildet den dritten
Teil der Arbeit, aus der ich hervorhebe: die Herausgabe
der „Regeln" (1567 u. d. Titel: Regulae communes)
als einer Ergänzung der Konftitutionen, indem fein
Streben auf durchgängige Gleichförmigkeit gerichtet
war; fie bedeuteten keine Neuschöpfung, nur die allgemeingültige
Form bildete das Neue. Auch eine (zweite)
lateinifche Ausgabe der Konftitutionen wurde auf fein
Betreiben veranftaltet (1568). Ferner gab er die Anregung
zur Abfaffung einer Lebensgefchichte Loyolas, die
Ribadeneira ausführte (die erfte Ausgabe dieser Vita
1572). Weiter widmete er der geiftlichen Ausbildung
der Ordensjugend ein reges Intereffe: Sammlung der
Novizen in eigenen „Probehäufern" (Noviziaten), diesen
„Goldgruben der Heiligkeit", und Verfaffung einer Noviziatsordnung
. Bei der Beurteilung feiner Bemühungen
um die Studien und Kollegien der Gefellschaft Jefu
darf man nicht die Tatfache aus dem Auge verlieren,
daß B. zwar einer tieferen wiffenfchaftlichen Ausbildung
keineswegs abhold war, aber doch zu wenig Fachmann,
um von fich aus eine Studien Ordnung zu entwerfen,
vielmehr vertraute er ihre Ausführung dem P. Diego
Ledesma an.

Um ein rechtes Verftändnis von Borjas Einfluß auf
die Entwicklung des Gebetslebens in der Gefellschaft
Jefu zu gewinnen, fucht der Verf. diefen Gegenftänd von