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Ausgabe:

1922 Nr. 1

Spalte:

15

Autor/Hrsg.:

Massarette, Joseph

Titel/Untertitel:

Neu Italien und die päpstliche Souveränität 1922

Rezensent:

Mulert, Hermann

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Seite 1

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i5 Theologifche Literaturzeitung 1922 Nr. 1. 16

Clerus, fowie der in den Bruderfchaften vorliegenden Form
der kirchlichen Betätigung der Frömmigkeit.

Dem aus verfchiedenen Bearbeitungen forgfam zu-
fammengeftellten Material wird das Intereffe des Lefers
nicht fehlen.

Königsberg. Benrath.

MaTfarette, Dr. Jofeph: Neu Italien und die päpftliche Souveränität.

Bücher der Stunde, 13. Bd. (115 S.) kl. 8°. Regensburg, F. Puftet
o. J. [1919] M. 2.25

Kurze Darrteilung der .römifchen Frage' und ihrer Gefchichte von
(treng katholifchem Standpunkte aus. Wie nach M. ,von Anfang an
der Bifchof von Rom als Haupt der allgemeinen Kirche, als Papft an-
gefehen und verehrt worden' ift, wie M. hier keine Probleme kennt, fo
hillt er auch nicht dazu, das Problem päpftlicher Souveränität zu löi'en.
Brauchbar fcheint ihm Ehrles Vorfcblag, wenigftens das Gebiet des Vatikans
als wirklich fouveränen Staat dem Papfte zu überlaflen. Dem
Wunfche Seppelts, es möge die Zufammenfetzung der Kurie internationaler
werden, damit die Nationen mehr Intereffe an der Stellung des
Papftes gewinnen, ftimmt er zu.

Kiel. H. Mulert.

Quirico, P. Jofeph: Das Wirken Papft Benedikts XV. im Weltkrieg.

Überfetzung aus dem Italienifchen des Q. (74 S.) kl. 8°. München,

J. J. Lentner. 1919. M. 1 —

Uberficht über die mannigfachen Bemühungen des Papftes im Intereffe
der Menfchlichkeit und des Friedens, abgefchloffen 1918, fchlicht
zur Ehre des hl. Stuhls zufammengeftellt, ohne daß auf-Fragen wie die
eingegangen würde, ob Benedikt XV. politifch wirklich neutral blieb
und ob feine Fürforgetätigkeit beiden Parteien gleichermaßen zu gute
gekommen ift.

Kiel. H. Mulert.

Rundrehreiben Unferes Heiligften Vaters Benedikt XV über die Ausbreitung
des katholifchen Glaubens auf dem Erdkreis (30. XI. 1919:

.Maximum illud'). Lat. und deutfeher Text. (39 s.) gr. 8°. Frei- j S. auf dem politifchen Gebiet fo umfichtig verfährt wie auf

bürg i. B., Herder 1920. M. 2.80

Päpftliche Empfehlung der Heidenmiffion nach dem Kriege, ohne
bemerkenswerte Äußerungen über nichtkatholifche Miffion. Gewarnt
wird vor politifch-nationaler Ausnutzung der Miffion, empfohlen forg-
fältige Heranbildung eines eingeborenen Klerus, angeordnet die Einrichtung
einer Profeffur für Mifftonskunde am Urbans-Kolleg in Rom
und die Förderung des Priefter-Milfionsvereins. Unter 1000 Millionen
ethnici find die Muhamedaner mitgerechnet.

Kiel. H. Mulert.

Askefe', die heute in wachfendem Maße zur Forderung
eines ,proteftantifchen Mönchtums' zugefpitzt wird.

Der Hauptton fällt wieder, ja noch mehr als früher,
auf den 3. Teil, die Durchführung der chriftlichen Sittlichkeit
in den Gemeinfchaften des Lebens' (S. 121—283).
Hier gibt S. die ftärkften Anregungen. Merkwürdig, daß
er dabei nicht den Begriff der Kultur an die Spitze
ftellt, etwa in dem lehrreichen § über die leitenden Ge-
fichtspunkte, der dadurch noch größere Bedeutung erhalten
hätte; gerade der fcharfe Kampf um das Verhältnis
von Religion und Kultur, den die Krifis des Abendlandes
neuerdings entfacht hat,' müßte das nahe legen. Statt
deffen behandelt S. die Kultur erft im Zufammenhang
mit dem Volkstum, obwohl auch die vorher befprochenen
Größen Kirche, Familie u. a. zu ihr gehören. Hier zeigt
fich von neuem, daß S. weniger fystematifch als fozio-
logifch und aktuell eingeftellt ift: die völkifchen Gefichts-
punkte ftehen ihm zur Zeit fo ftark im Vordergrund,
daß er die Behandlung der Kultur an ihnen orientiert.
Damit wird ein befonderes Verdienft feiner Ethik auf der
andern Seite zur Schranke. Im einzelnen erlaubt es der
größere Umfang der neuen Auflage, die Ausführungen
noch ftärker auf die bewegenden praktifchen Gegenwartsfragen
zu beziehen: auf die eigentümliche Stellung der
theologifchen Fakultäten und die Entftaatlichung der
Kirche ebenfo wie auf die furchtbaren fozialen und politifchen
Schwierigkeiten unfrer Lage. Dabei mifcht fich
eine große Feinfühligkeit und ein großes Verftändnis für
die Gegenwart mit einer kräftigen Betonung des Objektiven
, daher auch der Tradition und der Autorität. Ob

Seeberg, Reinhold: Syftem der Efhik. 2., neubearb. Aufl.
(XI, 295 S,) 8". Leipzig, A. Deichert 1920.

M. 31 —; geb- M- 37 —
Die neue Auflage des reichen und eindrucksvollen
Buches (über die 1. vgl. 1914, S. 43 5 f.) hat nach Inhalt
und Umfang aufgehört, ein Grundriß zu fein. Sie behandelt
alle Teile der Ethik in ftraffer Einheitlichkeit
und geht häufig auch auf die Sonderfragen mit großer
Liebe ein. Freilich trifft der Begriff des Syftems auch
jetzt noch nicht völlig zu; die Ungleichmäßigkeit des In-
tereffes und der Raumverteilung ift beftehen geblieben
— was an fich der Eindruckskraft und dem Verdienft
des Buches keineswegs fchadet.

Die Prinzipienlehre ift zwar an die 1. Stelle gerückt,
vor die gefchichtliche Orientierung, und an Umfang beinahe
verdoppelt (29 Seiten). Allein fie füllt wieder nur
den 10. Teil des Ganzen und ift bei aller Feinheit vieler
Erörterungen noch immer fo knapp, ja unvollftändig, daß
fie mehr eine Einführung als eine Grundlegung für das
.Syftem' bedeutet. Auch diesmal wird der Gedanke an
die Ausführlichkeit, die gerade hier die Vorlefung anzunehmen
pflegt, von Einfluß gewefen fein. Sachlich ift
die Haltung der Prinzipienlehre durchaus idealiftifch,
doch ohne daß die Linien zum philofophifchen Idealismus
fcharf hervortreten. — Der 1. Teil des eigentlichen Syftems
, ,Entftehung und Inhalt der chriftlichen Sittlichkeit',
und der 2., ihre .Entwicklung und Erhaltung', weifen bei
ftarker Erweiterung doch wenig eigentliche Änderung
auf. Vielleicht könnten fie im Sinne der Gefamtanlage
noch gewinnen, wenn folche Fragen beifeite blieben,
die in der Glaubenslehre ihre eigentliche Stelle haben
(die Glaubenslehre ift auch fonft weithin Vorausfetzung
der Ethik) und der fo gewonnene Raum auch hier den
Gegenwartsfragen gewidmet würde, etwa der ,evangelifchen

dem der Kirche und der Weltanfchauung, ob er im be-
fonderen den politifch Andersdenkenden überall gerecht
wird, läßt fich hier nicht unterfuchen. Doch werden diefe
gut tun, fich mit feinen beziehungsreichen Gedankengängen
gründlich auseinanderzufetzen. — Sehr dankenswert
ift das neu hinzugefügte ausführliche Inhaltsverzeichnis
.

Marburg. Stephan.

Nordau, Max: Biologie der Ethik. (224 S.) 8°. Leipzig,
B. Elifcher Nfl, 0. J. M. 13—; geb. M. 15 —

Der bekannte Schriftfteller krönt fein Lebenswerk
durch eine Ethik. Schon der Titel zeigt ihre Art: fie
ordnet das Sittliche im Gegenfatz zu allen metaphyfifchen
Ableitungen und der ,Myftik des kategorifchen Imperativs
' einer naturwiffenfehaftlich beftimmten Gefamtent-
wicklung ein. Die Sittlichkeit ift Inhibition, Sieg der
Vernunft über den Trieb, aber nicht im Dienfte Gottes
oder eines felbftändigen Sittengefetzes, fondern als Er-
fcheinung der gefellfchaftlichen Entwicklung. ,Sie macht
den Beftand der Gefellfchaft möglich, die unter den gegebenen
Verhältniffen unferes Planeten die unerläßliche
Bedingung der Lebenserhaltung jedes Individuums ift, und
ift aus dem Selbfterhaltungsbedürfnis der Gattung ent-
ftanden. . . Das Gewiffen ift die Stimme der Gefamtheit
Im individuellen Bewußtfein' (S. 65 f.). Außer diefem ,fozio-
logifchen' Verdienft übt und kräftigt die Moral auch die
Inhibition, ift alfo, ,da wir diefe als Hauptfaktor der Entwicklung
und der Differenzierung alles Lebenden kennen
gelernt haben, ein Mittel, das Individuum biologifch zur
Vollendung emporzuführen' ^89f.). Je kräftiger die Hemmungseinrichtung
des Individuums eingerichtet ift, ,umfo
beffer ift es für den Kampf ums Dafein gerüftet, umfo
wirkfamer ift es bewaffnet, umfo leiftungsfahiger ift es
(185).' Eingefpannt ift diefe .Ethik' in den Rahmen des
überkommenenEntwicklungsoptimismus und eines Agnofti-
zismus, der fich mit der Selbftzwecklichkeit des Lebens
begnügt. Die Moral ermöglicht das Leben und zeigt
uns wenigftens einen Zweck des individuellen Lebens,
die Vermenfchlichung des Tieres. Freilich hat N. dabei
kein gutes Gewiffen: .Möglich, daß die Moral, die uns
die unheimliche Unverftändlichkeit des Lebens verdeckt,