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Ausgabe: | 1922 Nr. 14 |
Spalte: | 328 |
Autor/Hrsg.: | Hoffmann, Ernst |
Titel/Untertitel: | Die griechische Philosophie von Thales bis Platon 1922 |
Rezensent: | Goedeckemeyer, Albert |
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Theologifche Literaturzeitung 1922 Nr. 14.
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rung' ift für letzteres ein Beweis. Nicht als ob Scheur-
len da viel Neues dem früheren gegenüber fagte, er
fagt dasfelbe, nur erwogener, vorfichtiger und fefter.
Diefer ,erfte' Band bringt in ,einfacher Aneinanderreihung
der einzelnen Kapitel' (wie der Verf. es felbft
angibt) die Mehrzahl kleinerer Sekten, die in Deutfch-
land zu finden find. Dem ,zweiten' fcheint er die, daß
ich fo fage, ,hiftorifchen' Sekten, den Methodismus und
Baptismus mit ihren Nebentrieben, (ob auch die ,noch'
innerkirchliche Gemeinfchaftsbewegung bei uns?) vorbehalten
zu haben. Im Ganzen find es zehn .Abfchnitte',
die er in der Tat ohne ein erkennbares Prinzip ihrer
Anordnung diesmal darbietet:
1. Die Adventiften. Daß diefe Gruppe diesmal
an der Spitze fteht, kann ich mir kaum anders erklären,
als daß fie nach dem Alphabet den Vortritt vor allen
hat. In der erften Auflage fchloß fie fich an die Bapti-
ften an, mit der fie im Urfprung zufammengehangen
hat. Es handelt fich in Sonderheit um die .Siebenten
Tag (Sabbat) Adventiften', die in Deutfchland allein vertreten
find. Willkommen ift die neuefte Statiftik (von
1918), die Sch. mitteilt, fie ergibt für Deutfchland 19935 Mitglieder
. Ganz erftaunlich ift die Höhe der Einnahmen,
die die Sekte zu erzielen weiß. Sie hat Zehnten-, Sab-
batfchul-, Gebetstags-, Miffions-, Wochentagsabgaben und
erzielte allein in der ,oftdeutfchen Abteilung' (8
.Vereinigungen') bei 8739 Angehörigen eine Jahreseinnahme
(fo muß man die Statiftik S. 12 doch verftehen?)
über 285000 M., und das noch in der Kriegszeit! Der
.Zehnte' werde unter Androhung ,des Fluches Gottes'
befonders ftreng gefordert (er beträgt in der angegebenen
Summe nicht weniger als M. 249037,69). — In der
Kürze ver weife ich hier nur noch auf das Schriftchen
von Stegemann, das Sch. in der erften Auflage des-
felben fchon benutzt hat.
2. In begreiflichem Übergang kommt Scheurlen zu
der .Internationalen Vereinigung ernfter Bibel-
forfcher', der JVEB, wie man ja neuerdings in Nachahmung
englifch-amerikanifcher Gewohnheit aus den An-
fangsbuchftaben auch bei uns folche Unnamen herzuftel-
len liebt. Sie ift ein Zweig am adventiftifchen Stamme
und befteht in Deutfchland feit 1913, anfcheinend in großem
Wachstum. Der Krieg hat ihre Art von .biblifcher'
Deuterei der .Zeichen der Zeit' befonders lockend er-
fcheinen laffen. IhrhatLoofs mit der Sorgfalt, die man
an ihm kennt, eine Studie gewidmet, die Scheurlen in
ihrer erften Ausgabe (1918; fie ift dann 1921 in zweiter,
,fehr erweiterter' Auflage erfchienen) fich nicht hat entgehen
laffen. An diefer Sekte ift geradezu anftößig eine
wüfte .Modernität' bei wüfter .Biblizität'. Mit Recht geht
Loofs, in feiner Weife aber nicht minder auch Scheurlen
mit ihr in hartes Gericht. Der .Prophet' Ruffell hatte
1874 das Jahr 1914 als das des Anbruchs des .Millenniums
' berechnet. Man kann fich vorftellen, wie der
Ausbruch des Weltkriegs in diefem Jahre auf die .ernften
Bibelforfcher', die in Deutichland eben (1913) jene Kunde
empfangen hatten, wirkte.
Zu 3. bringt Scheurlen die .Neuapoftolifche Gemeinde
', die er in der erften Auflage noch mit den
Jrvingianern' zufammengeftellt hatte, mit denen die
Leute doch kaum mehr zufammenhängen als die Adventiften
mit den Baptiften. Diesmal bringt er die Irvingia-
ner nur in der Einleitung hier vor. (Soll das Alles
auch bleiben, was er über fie fagen will, oder follen fie
im zweiten Bande erft .eigentlich' zur Sprache kommen?
Ich würde meinen, daß es fich empfehle, auf fie auch
eigens noch einzugehen). Der Bericht über die neuapoftolifche
Gemeinde ift diesmal erheblich reicher und richtiger
als das vorige Mal. Aufgefallen ift mir, daß Sch.
das Buch von Karl Schmidt, Jenfeits der Kirchenmauern
', 1909, das er das vorige Mal wenigftens nannte
(ohne eigentlich Nutzen von ihm zu ziehen) diesmal bei
der Literatur nicht erwähnt undS. 59 nur mal en^assant für
etwas Nebenfächliches citiert. Aber es enthält die bei
weitem befte Darfteilung der Sekte! U. a. eine Statiftik,
die es gegolten hätte für die Gegenwart, foweit es geht,
zu prüfen und zu erneuern. Im übrigen benutzt Sch.
neuere direkte Quellen über das Leben in der Gemeinde
.
Ich verzichte darauf, des weiteren auf die einzelnen
Gemeinfchaften einzugehen. Sch. behandelte noch 4. den
Darbysmus, 5. die Tempelgefellfchaft, 6. den Spiritismus
, 7. die Anthropofophie, 8. die .Chriftliche
Wiffenfchaft', 9. die Mormonen, 10. Die Bahai-
Weltreligion. Die letzte Gruppe und ebenfo die
Steiner'fche Anthropofophie haben erft diesmal einen
Platz bei Sch bekommen. Der Bahaismus ift im Abendlande
überwiegend von Juden getragen. Vielleicht hat
man um fo mehr auf ihn Acht zu geben! Ihn eine
.chriftliche Sekte' zu nennen, geht kaum an. Und doch
ift's gut, daß Sch. feinen Namen mit unter die Leute
bringt. Von der Anthropofophie war 1912 noch keine
Rede; daß Scheurlen die Steiner-Gruppe berückfichtigt,
ift wohlgetan, denn es gilt den Namen ,Sekte' nicht pe-
dantifch zu nehmen. Was Sch. über die Anthropofophie
fagt, ift ohne jede Gehäffigkeit doch ernft ablehnend
.
Halle. F. Kattenbufch.
Hoffmann, Dr. Ernft: Die griechilche Philofophie von
Thaies bis Piaton. (Aus Natur und Geifteswelt. Bd.
741) (113 S.) kl. 8". Leipzig, B. G. Teubner 1921.
M. 20 —; geb. M. 24 —
Der Arbeit H's, über deren Inhalt der Titel Auskunft
gibt, ift eine Einleitung von J. Cohn vorangefchickt, in
der darauf hingewiefen wird, daß in diefen Bänden über
Gefchichte der Philofophie nur die wichtigften Zufammen-
hänge und Geftalten zur Sprache kommen follen. Diefer
Abficht hat fich H. auch ganz und gar gefügt. PA hat
eine Darfteilung gegeben, die von beachtenswertem Blick
für das Wefentliche Zeugnis ablegt, hat fich aber zugleich,
bewogen durch feine vielleicht etwas zu weitgehende Hoch-
fchätzung der Leiftungen der Griechen, im einzelnen oft
zu Konftruktionen und im ganzen zu Formulierungen verleiten
laffen, die hiftorifch genommen nicht nur irreführend
, fondern m. E. einfach unmöglich find. Man vergleiche
befonders die Darfteilung der parmenideifchen und
platonifchen Philofophie.
Königsberg i. Pr. Goedeckemeyer.
Siegel, Prof. Dr. Carl: Piaton und Sokrates. Darftellung
des platonifchen Lebenswerkes auf neuer Grundlage.
(IV, 106 S.) 8°. Leipzig, F. Meiner 1920. M. 10—
Der Verfaffer will das Werk Piatons nach natur-
wiffenfchaftlicher Methode behandeln. Er fucht die
Hypothese zu eiweifen, daß die Perfönlichkeit des Sokrates
, wie fie Xenophon im wefentlichen richtig fchildere,
für Piaton zum Problem wurde, an dem fich feine Philofophie
aufbaut und aus dem fie fich in ihren fämtlichen
Prägen und Antworten — z. B.: wie muß die Natur gedacht
werden, in der ein Menfch wie Sokrates auftreten
konnte? — verftehen läßt. Die Durchführung bietet
recht intereffante Bemerkungen, ift aber doch im einzelnen
oft zweifelhaft, wie mir auch die ganze Problem-
ftellung wenig einleuchtend zu fein fcheint.
Königsberg i. Pr. Goedeckemeyer.
Wichmann, Dr. Ottomar: Piaton und Kant. Eine vergleichende
Studie. (202 S.) gr. 8°. Berlin, Weidmann
1920. M. 76 —
Der Verfuch, einen .fruchtbaren' Vergleich zwifchen
Piaton und Kant zu ziehen, muß dem Verf. zufolge vom
Grundgedanken der beiden Philofophen ausgehen, alfo
eine Beziehung zwifchen der Ideenlehre und dem Gedanken
des Transcendentalen nachweifen können. Darauf
ift darum die ganze Arbeit abgeftellt. Aus den Dialogen