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Ausgabe:

1922 Nr. 14

Spalte:

325-326

Autor/Hrsg.:

Delehaye, Hippolyte

Titel/Untertitel:

A travers trois siècles. L’oeuvre des Bollandistes 1615-1915 1922

Rezensent:

Kattenbusch, Ferdinand

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Theologifche Literaturzeitung 1922 Nr. 14.

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rigkeit der Sache jedes, auch mittelbare Zeugnis verwertet (freilich
auch kritifch und nicht mit gewöhnlicher „Seminartechnik" geprüft)
werden muß, ift ficherlich richtig, wir werden nicht einfach die „unechten
" Schriften ausfcheiden können. K. nicht i. g. den Wortlaut
der Vorlage beizubehalten, da fich P. ohne fchwere Schädigung nicht
ins Neuhochdeutfche überletzen lalfe. Dafür läßt fich vieles fagen.
Aber find feine Änderungen wirklich bloß orthographifcher Art? (vgl.
„ihr werdet" für „ihr werdend" bei P. und v. a.). Wenn die fprach-
lichen TJngenauigkeiten die Brauchbarkeit der Auswahl nur für den
germaniftifchen Lefer herabfetzen mögen, der Mangel an fprachlichen
Erläuterungen macht die Schriften auch in diefer Form oft genug für
den wiffenfehaftlich intereffierten Laien ungenießbar, an den K. zunächft
gedacht hat- In einem Satze wie diefem: „Wie wird es euch
Cornuten anfehen ufw." bleibt nicht bloß der Begriff Cornutus unerklärt
, auch den feltenen Gebrauch des Wortes „anfehen" (im Sinne
von „fcheinen", „vorkommen") wird der Lefer erft verftehen, wenn er
A. Götzcs vortreffliches neuhochdeutfch.es Gloffar zuhilfe nimmt (fo-
eben in der 2. Aufl. erfchieuen bei Marcus & Weber in Bonn).

Im ganzen dürften die Texte recht gefchickt ausgewählt
fein und zufammen mit den Beigaben des Herausgeb
ers das Bild des P. von den verfchiedenften Seiten beleuchten
. — Befonders erwünfeht ift, auch für den Forfcher,
das beigegebene „Wörterbuch und Index", das zugleich ein
Begriffsinventarium des Gefamtwerkes darftellt und das in
dankenswerter Weife nach Möglichkeit an die eigenenErklä-
rungen des P. anknüpft. Wer da weiß, wie uns die Schriften
der myftifchen Naturphilofophen hin und her reißen und
der wahre Sinn eines Satzes nur aus dem zufammenge-
faßten Inhalt des Ganzen erfaßt werden kann (worunter
fchon der junge Goethe feufzte), der wird gern nach
dielem bequemen Orientierungsmittel greifen. Sehr erwünfeht
, wenn auch nicht ohne eigene Kritik zu benutzen
ift die „Literaturüberficht", die wieder ganz von myftifchem
Standpunkt aus die Schriften des Paracelfus beurteilt.
Hamburg. R. Petfch.

Delehaye, Hippolyte, S. J.: A travers trois siecles.

L'oeuvre des Bollandistes 1615—1915. (283 S.) 8°.
Bruxelles, Bureaux de la Societe des Bollandistes,
1920.

Eine Schrift, die mancherlei Intereffe bietet. Die
Societe des Bollandistes ift doch wohl die ältefte noch
beftehende private Gefellfchaft oder Organifation für
einen wiffenfehaftlichen Zweck. Man mag die Acta Sanc-
torum, die fie herausgibt, etwa vergleichen mit den Mo-
numenta Germaniae historica, nur daß der Kreis der ,Socii'
kleiner, die Dokumente, um deren Sammlung und kriti-
fche Sichtung es fich handelt, gleichartiger find. Aber
.leicht' war und ift die Arbeit an ihnen wahrlich nicht.
Schon die Vielheit der Sprachen, die dabei in Betracht
kommen, mag erinnern, wievielerlei Vorkenntniffe in
Frage ftehen können. Und alle Fragen der fog. niederen
und höheren Kritik tauchen ja auf Schritt und Tritt, bei
jedem neuen Dokumente von neuem auf. Es gehört zu
den intereffanteften Momenten in der kleinen Schrift Dele-
hayes, daß man in ihr verfolgen kann, in welchem Maße
feit Begründung der Acta der Sinn für die Anforderungen
an die wiffenfehaftliche -Bereitftellung und Auskaufung
hiftorifcher Quellen ganz allmählich gewachfen ift, wobei
die Herausgeber der Acta Sanctorum nicht etwa immer
die getriebenen, fondern ebenfo fehr mit die treibenden
gewefen find. Diefe Acta haben, bis in die Gegenwart
hinein, ftets auf der Höhe der Anfprüche der Wiffen-
fchaft ihrer Zeit geftanden. Delehaye ift kein ruhmrediger
Berichterftatter bei Anlaß des Jubiläums'. Die Ziffer
1615 bedeutet die Erinnerung daran, daß in jenem Jahre
die Vitae Patrum von Heribert Roswey (Rosweidus, daher
gewöhnlich .Rosweyde' genannt) erfchienen find.

richtiger Würdigung feiner Bedeutung für die römifche
Kirche und ihren eigenen Ruhm. Sie hatte Rosweyde
autorifiert und gewann nach feinem Tode (1629) den
Johann Bolland, welcher — ohne volle Vorftellung
davon, weffen er fich unterwinde, wenn er die Akten
,aller' Sancti quotquot toto orbe coluntur vel a catholi-
cis scriptoribus celebrantur (fo ftets von Anfang an bis
heute auf dem Titelblatt jedes der Bände), geordnet nach
den Tagen des Jahres, fo zwar, daß jeder Monat als eine
Einheit (wenn auch nicht ,ein Band') vorgeftellt wurde —
der eigentliche Urheber des Riefenwerks wurde und
mit Recht mit der Zeit gewiffermaßen zu feinem Heros
Eponymos erhoben ift. Die erften Mitarbeiter, die
Bolland fich gewann, waren Henfchen und Papebroch
. Ich fehe nicht recht, feit wann der Kreis der
Bearbeiter der Akta (er rekrutierte fich immer, im Einvernehmen
mit den ,Obern', in unverkennbar glücklicher
Auswahl aus den vorhandenen Gelehrten der Gefellfchaft
Jefu und erhielt durch Bolland feine ebenfo fchlichte,
freie als glückliche Organifation bzw. Arbeitsteilung)
fich als .Bollandiften' bezeichnet. Vielleicht ift er
früher fo genannt worden als er fich felbft fo nannte.
Nach einer Notiz auf S. 45 fcheint es, daß der Name
adoptiert worden, als der Jefuitenorden aufgelöft wurde
(1773). Auf dem Titelblatt der Acta-Bände erfcheint
nichts was die ftets einzeln namhaft gemachten zeitweiligen
Socii anders denn als theologi oder presbyteri S. J.
charakterifierte. Bei Nov. t. II, p. 1., 1894 finde ich zuerft als
Verlagsort bezeichnet: (Bruxellis apud Socios Bollan-
dianos'. Der Wahlfpruch der Acta, den man auf jedem
Titelblatte trifft, ift: Eruditio, Veritas Gelehrfamkeit im
Dienfte der Wahrheit. Man muß den Bollandiften laffen
— ich denke befonders an Papebroch und de Buck, und was
Delehaye von den Anfechtungen, die fie zu erleiden
hatten und- charakterhaft beftanden, mitteilt —, daß fie
ihren Wahlfpruch in Ehren gehalten haben. Sie wollen
in letzter Linie ihrer Kirche dazu helfen, nur ,echte'
Heilige zu verehren. Dabei konnten Konflikte mit mancherlei
Jntereffen' nicht ausbleiben. Wie groß der Betrieb
der Bollandiften zur Zeit ift (die Acta felbft haben
eine Ergänzung erhalten an einer Revue trimestrielle
,Analecta Bollandiana' und nach Bedürfnis erfcheinenden
,Subsidia hagiographica', auch einer Fülle feparat erfchei-
nender gelehrter Werke) führt Delehaye im letzten,
neunten Kapitel vor Augen.
Halle. F. Kattenbufch.

Scheurlen, Paul: Die Sekten der Gegenwart. 2. Aufl.
(176 S.) 8°. Stuttgart, Quell-Verlag der Ev. Gefellfchaft
1921. M. 12—; geb. M. 15 —
Stegemann, Pfr.: Kennen die ,Siebenten-Tag-Adventiften'

(Sabbatiften) das Evangelium? 2. Aufl. (120 S.)
160. Stuttgart, Buchh. d. Deutfch. Philadelphia-Vereins
1921. M. 4.80
Das Werk von Scheurlen ift wirklich ,umgearbeitet'.
Es foll jetzt in zwei Bänden erfcheinen. Das ift auf dem
Titel nicht gefagt, wird aber im Vorwort mitgeteilt. Das
Werk ift ganz offenbar einem lebhaften Bedürfnis entgegengekommen
, es ift ,feit einiger' Zeit vergriffen gewefen
und ift jetzt mit demVermerk ,4.-7- Taufend' gedruckt.
In meiner Befprechung der erften Ausgabe ThLitZ. 1913,
Nr. 20, konnte ich es, trotz allerhand Anftände, die ich
erheben mußte, doch den Pfarrern, die in den Gemeinden
auf fektirerifche Bewegungen flößen, durchaus emp-
, fehlen als wirklich volkstümlich' und doch in allem We-
Uber die Entftehung diefes grundlegenden hagiologifchen fentlichen wiffenfehaftlich ausreichend begründet. Auch
Werks (2. vermehrte Ausgabe 1628) berichtet Delehaye diesmal wird das Werk, denke ich, feinen Weg gehen,
im erften Kapitel; es ift die Keimzelle des Werks der : und ich finde keinen Grund, ihm etwa entgegenzutreten.
Bollandiften, das feinerfeits bisher es zu 62 Foliobänden '• Im Gegenteil, der Verfaffer hat es fich redliche Mühe
(abgefehen von verfchiedenen Ergänzungen, wie z. B. j koften laffen, weiter felbft zu lernen und, was er bietet,
zwei fog. Propylaea, auch Foliobänden) gebracht hat (der | nach Seiten der Tatfachen, wie der Beurteilung und
letzte, Novembris t. III, dies 5—8 ift 1910 erfchienen). Empfehlungen für die praktifche Haltung zumal der Pfarrer
Die Gefellfchaft Jefu hat das ganze Werk getragen in 1 nur noch, reifer zu machen. Sogleich die kurze ,Einfüh-