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Ausgabe:

1922 Nr. 12

Spalte:

277

Autor/Hrsg.:

Holloway, Henry

Titel/Untertitel:

The Reformation in Ireland 1922

Rezensent:

Kattenbusch, Ferdinand

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Seite 1

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277 Theologifche Literaturzeitung 1922 Nr. 12. 278

Die vorliegende Überfetzung und Auswahl hat rein erbaulichen
Zweck. Die Überreizung ift finn- und wortgetreu, in der Reihenfolge
und den Überfchrilten hat der Verfaffer lieh Freiheit gewahrt, ohne
Gründe anzugeben, warum er vom Original abgewichen ift; auch ift
das erfte Buch Frachets weggelaffen. Wenn man die Legende etwa
mit den Fioretti oder dem Speculum perfectionis vergleicht, fo kann
man fich fchwer dem Eindruck entziehen, daß dort ein Original, hier
eine wenig gelungene Konkurrenzarbeit vorliegt. Das Originale im
Dominikanerorden war der Kampf mit den Ketzern und die gelehrte
Wirfenfchaft; wo fie den Troubadour von AIfifi nachmachen wollten, da
ift's ihnen wenig gelungen.

Stuttgart. Ed. Lempp.

Holloway, Henry, M. A., B. D.: The Reformation in Ire-

land. A study of ecclesiastical legislation. (Studies
in Church History.) London, Soc. for Fromoting
Christian Knowledge 1919. (240 S.) 8°. s. 7. 6

Eine monotone reizlofe Gefchichte, die Holloway mit
Gründlichkeit in parteilofer Haltung vorführt. England
hat Irland ruinieren, aber nie für fich gewinnen können.
Auch in der Reformationszeit nicht. Obwohl dem Namen
nach Herr über die ganze Jnfel, konnte der König von
England doch feinen Willen immer nur in befchränktem
Mäkle durchfetzen. ,The Pale', der Bezirk, d. h. Dublin
und drei weitere shires an der Oftküfte, waren wirklich
in feiner Gewalt, darüber hinaus kümmerte fich im Grunde
niemand um ihn. Zeitweilig, wenn gerade ein Aufftand
mal wieder blutig zufammengebrochen war, gelang es im
Mittelalter den Königen, auch 1535 wieder Heinrich VIII,
dies und das für den Moment durchzufetzen. Die paffive
Renitenz blieb doch bald ftegreich. Unter Eduard II
(1307—27) bekam .Irland' fein eigenes Parlament; über
the Pale hinaus bedeutete auch es nichts. Es hatte eine
gewiffe Selbftändigkeit. Unter Heinrich VII wurde es
durch die fog. Poyningsakte (Poyning war der Statthalter
des Königs in Dublin) 1495 in höherem Maße als
bisher unter den Einfluß des Königs und des Parlaments
in London gebracht. Das bedeutete praktifch nichts, im
Grunde nur Umftundlichkeiten und Reibereien, denn in
gewiffem Sinne wollten auch die englifchen eingewanderten
Elemente, befonders die Landlords, .unabhängig' fein
und bleiben. Es ift willkommen, daß man in Holloways
Buch jetzt, wenn man das Bedürfnis bat, es zu erfahren,
nachfchlagen kann, welches Echo Heinrich VIII, Eduard
VI, Maria und Elifabeth für ihre kirchlichen Maßnahmen
im einzelnen fanden. .Reformieren' wollten fie
,the church of Ireland' Schritt für Schritt genau in dem
Maße wie the church of England. Heinrich ernannte
auch einen Erzbifchof von Dublin, der fleh als Anglika-
ner behauptete (Maria natürlich umgekehrt einen Katholiken
). Ganz vereinzelt konnten auch andere Sitze momentan
.reformiert' werden. Das erfte Common prayer-
book Eduards VI wurde noch oktroyiert (.gefetzlich'), mit
Bezug auf das zweite verzichtete man. Holloway verfolgt
die Reformation bis zu den .zwölf Artikeln' unter Elifabeth
1560, die eine Art von vorläufigem Abfchluß brachten
. Er teilt fie dankenswerterweife in ch. XIV wörtlich
mit, denn fie find nur noch in einem einzigen Exemplare
in der Bibliothek des Trinity College zu Dublin erhalten.
Sie enthalten unbeftimmter im Ausdruck nichts anderes
als die .neununddreißig Artikel'. Aber bedeutet haben
auch fie für das Leben der Kirche in Irland nichts.
Nominell war diefe Kirche über das ganze Land verbreitet
, faktifch in Geltung nur in the Pale. Das Volk hielt
treu zu feinem alten römifchen Gottesdienft, und die Bi-
fchöfe blieben faft alle dem Papfte ergeben. Ich meine,
Holloway hätte feine Darftellung fortführen muffen bis
zu den eigentlichen .Irifchen Religionsartikeln', von 1615
(bzw. 1634). , , ,

Halle. F. Kattenbufch.

Diels, Prof. Paul: Die Al.tpolnifchen Predigten aus Heiligenkreuz
. Mit Einleitung, Überfetzung und Wortverzeichnis.
(67 S.) gr. 8°. Berlin, Weidmannfche Buchh. 1921.

M. 10 —

Der Berliner Slawift Alexander Brückner hat 1891
in einer Petersburger Handlchrift aus dem Klofter zum
heiligen Kreuz auf der Lysa göra zwifchen Schnur und
Papier 18 eingelegte Pergamentftreifen bemerkt, die zu-
fammengelegt einen zwar lückenhaften, aber fortlaufenden
polnifchen Text mit lateinifchen Einftreuungen ergaben.
Nach feiner Überzeugung liegt hier das erfte bekannte
Dokument des polnifchen Schrifttums vor. Paul Diels
unterzieht nun auf Grund einer photographifchen Kopie
die betreffenden Stücke einer neuerlichen wiffenfehaft-
lichen Unterfuchung. Er bietet einen vollftändigen Text —
Brückner hatte in feiner nur fchwer zugänglichen Veröffentlichung
die lateinifchen Partien weggelaffen — und
eine Überfetzung mit fehr eingehenden philologifchen Erläuterungen
zum polnifchen Text. Das genaue Wortverzeichnis
ift von allgemein fprachwiffenfehaftlichem Wert.
Die Pergamentftreifen enthalten Bruchftücke von Predigten
auf den Michaels-, Katharinen-, Nikolaus-, Weihnachts-,
Dreikönigs-, und Mariä- Lichtmeßtag. Über Entftehungs-
zeit- und Ort läßt fich nichts Sicheres ermitteln. Vermutlich
flammen die Texte ebenfalls aus dem Klofter zum
heil. Kreuz auf der Lysa göra und zw. in Anbetracht
eines fpätmittelalterlichen lateinifchen Verfes, der in der
Predigt zum Dreikönigstag angeführt wird, aus dem 14.
oder 15. Jahrhundert. Eine Reihe von Fragen, die den
Kirchenhiftoriker intereffieren, läßt Diels offen: Sind die
Predigten von Haus aus polnifch verfaßt oder aus dem
Lateinifchen überfetzt? Bilden fie, fo wie fie vorliegen,
ein zufammenhängendes Ganze oder find fie einer größeren
Predigtfammlung entnommen? Stammen alle von einem
und demfelben Verfaffer? Für welchen Hörerkreis waren
fie beftimmt? Aus dem Text felbft laffen fich nur beiläufige
Schlüffe ziehen. Da in den Predigten mit keinem
Wort örtliche Verhältniffe berührt werden, darf wohl
angenommen werden, daß fie fich an lateinifche Vorbilder
anlehnen. Es ift wahrfcheinlich, daß die Predigten von
vornherein in ihrer vorliegenden Faflung als Einheit gedacht
waren; fie betreffen die Heiligen, die bei den Polen
fich ftets der befonderen Gunfl erfreuten und deren Gedenktage
zeitlich an das Weihnachtsfefl herangerückt find:
St. Michael, die heil. Katharina, der hl. Nikolaus, die hl.
drei Könige und die Jungfrau Maria. Daß keine anderen
Predigten dazwifchen gefchoben waren, beweift der Um-
ftand, daß der Schluß der Katharinen- und der Anfang
der Nikolauspredigt in einer Zeile flehen. Es ift auch
nicht anzunehmen, daß der Michaelspredigt noch andere
vorangeftellt waren, da Michaelis als eine Art Stichtag
zu Beginn des Herbftes galt. Einen größeren Kodex
hätte man auch nicht ohne weiteres zerfchnitten, wohl
aber einige Blätter, deren Inhalt die Aktualität verloren
hatte. Die gleichmäßige Art der Schriftauslegung macht
den Eindruck, daß alle Predigten von demfelben Verfaffer
flammen. Der lange Auszug aus dem lateinifchen
Martyerium der hl. Katharina fcheint eine Zuhörerfchaft
vorauszufetzen, die diefe Sprache verftand. Andererfeits
werden die lateinifchen Bibelzitate fofort ins Polnifche
übertragen. Diefe Tatfachen deuten darauf hin, daß die
Predigten vor einem Laienpublikum mit abgeftufter Bildung
gehalten worden find.

Wien. Karl Völker.

Baumgarten, Otto: Religiöfes und kirchliches Leben in
England. (Handbuch d. englifch-amerikanifchen Kultur
, hrsg. v. W. Dibelius.) (122 S.) 8°. Leipzig, P.
G. Teubner 1922. Geb. M. 26 —

Nur fehr wenige andere Deutfche würden imftande
gewefen fein, die Aufgabe, die dies Buch fich geftellt hat,
fo zu löfen wie O. Baum garten. Denn diele Aufgabe
forderte nicht nur ein tiefes und weites Verftändnis des
Chriftentums, nicht nur Kenntnis Englands, englifchen
Wefens, englifcher Gefchichte, englifcher Kirchenformen
und englifcher Literatur, fondern auch geläuterten Ge-
rechtigkeitsfinn, eine entwickelte Fähigkeit des Anempfin-