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Ausgabe:

1922 Nr. 9

Spalte:

206

Autor/Hrsg.:

Grützmacher, Richard H.

Titel/Untertitel:

Nietzsche. 5. u. 6., durchges. Aufl 1922

Rezensent:

Hirsch, Emanuel

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Theologifche Literaturzeitung 1922 Nr. 9.

206

folchen Anfprüchen aufgetreten wie die katholifche | liehe — hinausdividiert werden! — Die Ausftattung ift
Kirche mit dem römifchen Papfttum an der Spitze. Und j natürlich beim Drei Maken Verlag wie immer gut und
noch keine Einrichtung ift den Beweis für die Berechti- I der Fichtekenner wird auch durch diefe Auswahl nicht

gung ihrer Anfprüche fo fchuldig geblieben wie fie
Dabei denkt fie niemals daran, über ihre Anfprüche
rechten zu laffen. Darum ift es nicht überflüffig, immer
wieder und in allen Sprachen hinzuweifen auf die vielen
Irrungen, Unftimmigkeiten und Unfinnigkeiten der dog-
mengefchichtlichen Entwicklung, auf die menfehlichen
Leidenfchaften, die den Gang der Kirche fo vielfach be

irre an diefem deutfehen Mann.

München-Solln. Traub.

Meyer, Friedrich: Eine Fichte-Sammlung, befchrieben. Mit
e. Einf. von Prof. Dr. O. Bergmann. (VIII, 94 S.)

gr. 8°. Leipzig, Friedr. Meyers Bchh. 1921. M. 40_

Der durch feine Sammelkataloge zu Goethe und
Itimmten, auf die groben Falfchungen, die das Papfttum Hebbel bekannt gewordene Buchhändler F. Meyer druckt

lieh geleiftet oder fich zu Nutze gemacht, auf die Strome j jetzt den Katalog einer von ihm auf dem Grundftock des

Windelband TchenNachlaffes feit 1915 zufammengebrachten
Fichtefammlung (624 Nummern). Er hat damit ein Hilfsmittel
gefchaffen, das kein Fichteforfcher ganz ungeftraft
wird verachten dürfen. Die Stärke der fo zuftande gekommenen
Bibliographie liegt in dem wundervollen Nachweis
von Brofchüren, Zeitfchriften- und Zeitungsauffätzen
aus der Lebenszeit Fichtes felber. Es ift auch von Fichte
felbft noch diefe und jene Kleinigkeit neu zum Vorfchein
gekommen ; die Hinweife auf das Wefentlichfte gibt Bergmann
in feiner Einführung.

Vollftändigkeit will M. nach feinem Vorwort nicht verbürgen, er
zählt nur auf, was er befitzt. Wunderlich ift mir aber, warum er, der
bei feiner Abficht, auch alle neuere deutfehe Fichteliteratur zu erfafien

von Blut, die es vergoffen, «las Meer von Leid, das es
angefüllt hat, auf die unerfättliche Herrfchfucht, die aus
feiner Gefchichte fpricht. Damit ift auch der Inhalt des
vorliegenden Werkes im allgemeinen angegeben.

Der Verf. fchöpft nicht unmittelbar aus den Quellen, aber er benützt
die Literatur mit Umficht und Vcrftändnis, auch die katholifche
und gerade diefe fehr ergiebig, namentlich das Dictionnaire apologe-
üque de la foi catholique. Die deutfehe Literatur ift dem Wallonen
mit wenig Ausnahmen unbekannt, auch das Werk des Grafen Hoens-
broech, mit dem fich die Ausführungen auf weiten Strecken berühren,
ebenfo Döllinger-Friedrich. Die Sprache ift entfehieden und lebhalt
und verfügt apologetifchen Winkelzügen gegenüber auch über feine
Ironie und beulenden Spott.

Bei all dem ift C. nicht blind gegen die Lichtfeiten

der kirchlichen Wirkfamkeit, und für die ftille Arbeit , fo leicht keine Differtation über Fichte fich hat entgehen lallen, an einigen

eines Seelforgers und für die I Ialtung der Feldgeiftlichen | befonders wichtigen Veröffentlichungen der Neuzeit vorübergegangen ift.

im Kriege hat er Worte hoher Anerkennung. Aber S£*£*Z* fi^n l,^u£. Y*' ^/^"^f??"1 laffen' lch zähle

S, . , . r tj /VT , als Beifpiel nur (olche litel auf, die irgendwie früher uniredruckte Texte

was er ablehnt, das ift der Anfpruch des Papfttums auf , bringenP alfo um Ueinen Preis i^^SZ^ibBo^U^

göttliche Stiftung, auf Unfehlbarkeit und Beherrlcnung : Ausg. von H. Schulz Leipzig 1918. — Predigten. Herausgeg. von M.

der Gewiffen. Das Papfttum ift eine gefchichtliche Er- I Runze. Leipzig 1919. — Rechtslehre von 1812, nach der Handfchrilt

fcheinunp- die alle Irrungen der Zeiten mitgemacht, alle i herausgegeben von H. Schulz. Leipzig 1920. — H. Schulz, aus Fichtes

Schwächin und Leidenfchaften an fich erfahren hat, die £*5^Go£ i^T^CiXL^

in keiner Hinficht über das Menfchliche hinausgewach-
fen, wohl aber in manchen Vertretern darunter hinabge-
funken ift.

Die einzelnen Kapitel des Buches fcheinen urfprünglich als Auf-
fätze niedergefchrieben worden zu lein und tragen noch vielfach die
Spuren ihrer Abfaffungszeit, namentlich der Zeit der Moderniftenkämpfe,
an fich. So ift S. 358 Merry del Val noch Kardinalftaatsfekretär.
Daher auch die Wiederholungen, felbft von Anführungen. Diefe find
nicht feiten unnötig lang. Die Entwicklung der Tiara ift zweimal
(S. 174 und S. 190), und zwar verfchieden, angegeben. S. 320 f. muß
es ftatt Stephan IV. heißen Eugen IV. S. 330 Alzog ftatt Afzog. Die
dem Buche beigegebene Lifte der ,Errata' ift fehr reichhaltig, aher lange
nicht vollftändig. Schell war kein ,pere zumal nicht S. J. (S. 341).
Der Verf. täufcht fich, wenn er die Abfaffung der .Nachfolge Chnfti'
durch den Parifer Kanzler Gerfon für .heute faft einftimmig anerkannt'
hält (S. 199, 322, 345). Daß ,die vatikanifchen Archive' feit langem
aus Furcht vor unliebfamen Veröffentlichungen verfchloffen feien

Fichtes Philofophie. Tübingen 1920 (Anhang S. 62—67: Überfchrift und
Schluß einer ftudentifchen Nachfchrift der Wiffenfchaftslehrc aus dem
Jahre 1798), — S. Berger, Über eine unveröffentlichte Wiffenfchaftslehie
j. G. Fichtes Marburg L. 1918. — Überhaupt aber ift die neuefte Fichteliteratur
noch recht der Ergänzung bedürftig. Daß dagegen die aus-
ländifche zum größten Teile fehlt, wird man in der gegenwärtigen Notlage
des Vaterlandes entfchuldbar finden.

Ich veranfehaulichte die Lückenhaftigkeit, weil der
Katalog wegen feiner großen Bequemlichkeit leicht zu
einem Vcrgeffen der nicht erwähnten Bücher führen könnte.
Göttingen. E. Hirfch.

Jodl, Friedrich: Ludwig Feuerbaoh. Mit Bildnis. 2. Aufl. (From-
mans Klaffiker d. Philof. XVII.) (VIII, 132 S.) 8". Stuttgart,
Fr. Frommans Verl. 1921. M. 14—; geb. M. 18 —

Der Krieg hat das Wiedererfcheinen diefes Buches, deffen Verf
,S- 355 A. 1), ift nicht richtig. Das trifft nur beim Archiv der Inqui- , januar IQ,4 geft0rben ift, um 7 Jabre verzögert. Die geringen Verän-
htion zu. S. 115 f. wird überfehen, daß Mat. 28,19 flcn .fch°n ilf" j Gerungen an der 1. Aufl. hat der Verf. faft fämtlich noch felbft vor-
näus, Terttillian und Cyprian findet. In der Lifte der römifchen Fal- genommen. Bereichert find vor allem die Anmerkungen. Der Herausfehungen
S. 289 f. fehlt Pfeudo-Cyrill. Wo der Verf. auf den Welt- geber, W. Börner, verweift die Leier auf Jodls Gefchichte der Ethik
*rieg zu fprechen kommt, redet aus ihm der Belgier.

München. Hug° Koch.

Johann Gottlieb Fichte: Volk und Staat. Eine Auswahl
aus feinen Schriften. Zufammengeftellt und mit einer
Einleituno- von Prof. Dr. Otto Braun. Mit einem Porträt
(Der deutfehe Staatsgedanke. Erfte Reihe: Führer
u. Denker IV) (IX, 345 S.) 8°. München, Drei Masken-

(2. Aufl. 1919), deffen 2. Band eine Darfteilung von Feuerbachs
Ethik enthält und fomit zur Ergänzung diefes Buches dient.

Hannover-Kleefeld. Schufter.

Grützmacher, Prof. Richard H.: Nietzfche. 5. u. 6. durch-

gefehene Auflage. (154 S.) 8°. Leipzig, A. Deichert
1921. M. 18—; geb. M. 25 —

Das bekannte Buch ift im wefentlichen unverändert
Verlap-^ 1Q21 *' V'"' ' M. 40 —; geb. M. 46— geblieben, aber einer Durchficht unterzogen worden; auch

Über Fichte ift ietzt naclmerade genug erfchienen. ift auf Neuerfcheinungen gelegentlich Ruckficht genommen.

Wir ffiriten daß e^angfS in den Maß gelefen, Bei der ftarken Vertiefung, die die Nietzfcheauffaffung

* nachgÄÄS Def Herausgeber will durch diefe 5£3X,?JEK * ' ™*

Auswahl das .verzerrte Bild' eines .einfeitigen Nat.ona- Umgeltaltung vonnoten.

'iften' zurechtrücken — damit fich Deutfchland ja wieder Gottingen. E. Hirfch.

t?ald an ,rein objektive' Gefchichtsauffaffung gewöhne und

r'ch nicht zu fehr von glühendem Patriotismus anftecken Winkler, Lic. Dr. Robert: Phänomenologie und Religion.

lafle. Nation muß .Kulturnation', .Bildungsnation' fein, um ; Ein Beitrag zu1 den Prinzipienfragen der Religions-

Gottes willen nicht Staat! Im .Macchiavell' durchlief | philofophie. (VII, 101 S.) gr. 8°. Tübingen, J. C. B.

K'chte ,den Punkt der größten Erdennähe.' So merkt , M^hr 1921 M. 18-

mari die Abficht der Auswahl vom demokratifchen Stand- Die fcharffinnige Schrift, die einleitend in knapper

Punkt aus. Selbft ein Meinecke läßt noch zu viel Rea- Form die phanomenologifche Methode im Anfchluß an

'"«mus in Fichte' Er muß wieder ins allgemein Menfch- Hufferls Ideen erläutert, führt nach einer Auseinander-